Protokoll der Sitzung vom 30.06.2017

(Beifall von der SPD)

Wir werden Sie sehr genau an dem messen, was Sie hier tun werden. Und das soll keine Drohung sein. Das ist ein Versprechen. Glück auf!

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Lüders. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Preuß.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn man Frau Lüders zuhört, könnte man den Eindruck gewinnen, dass alles das, was Arbeit schafft, unsozial sei.

Meine Damen und Herren, wir werden dafür sorgen, dass das Land Nordrhein-Westfalen das Land der starken Wirtschaft wird. Vieles dazu ist im Koalitionsvertrag geregelt.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Lüders, haben Sie einmal darüber nachgedacht, warum die rot-grüne Landesregierung abgewählt worden ist? Es ist ein starkes Stück Realitätsverweigerung zu meinen, die abgewählte rot-grüne Landesregierung hätte dafür gesorgt, dass Nordrhein-Westfalen das Land der fairen und guten Arbeit sei und dass das auch so bleiben solle. Warum sollten wir eigentlich eine Politik fortführen, wegen der Sie abgewählt worden sind?

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es ist doch völlig unbestritten, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen gestiegen und die Zahl der Arbeitslosen tendenziell gesunken ist. Das ist aber doch nicht Ihr Verdienst. Das ist im gesamten Bundesgebiet auch so. Und Sie sind offenbar nicht bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass bei aller positiven Entwicklung des Arbeitsmarktes generell Nordrhein-Westfalen auch im Bereich des Arbeitsmarktes in zahlreichen Bereichen Schlusslicht ist.

(Beifall von der CDU)

Im Bund hatten wir im Jahre 2009 eine Arbeitslosenquote von 8,1 %. Seitdem hat eine konstante Entwicklung stattgefunden bis zu einer Quote von 6,1 % im Jahr 2016. Für den gleichen Zeitraum lässt sich das aber für Nordrhein-Westfalen eben nicht feststellen. Dort gibt es eben keine konstante und nachhaltige Abnahme der Arbeitslosenquote.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Entgegen der positiven Entwicklung im Bund pendelt bei uns die Quote immer um die 8 %. Und für 2016 können wir dann in der Tat einen Wert von 7,7 % feststellen. Gerade sind auch neue Zahlen bekanntgegeben worden, da ist die Quote noch einmal gesunken. Aber im Vergleich zum Bund sind wir weit zurück. Das ist das Entscheidende.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Besonders die Situation der Langzeitarbeitslosen ist aussagekräftig. Seit Jahren ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Nordrhein-Westfalen konstant. Sie betrug im Juni 2017 rund 300.000. Das entspricht einer Quote von 42 %. Der Bundesdurchschnitt hingegen beträgt 36 %. Auch hier sind wir wiederum deutlich schlechter.

Das unterdurchschnittliche Ergebnis für NordrheinWestfalen loben Sie komischerweise. Wir wollen es aber besser machen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Beim sogenannten sozialen Arbeitsmarkt blenden Sie doch aus, dass es Ihnen im Rahmen Ihrer Arbeitsmarktpolitik in den vergangenen Jahren nicht gelungen ist, die Zahl der Langzeitarbeitslosen wirksam zu senken – trotz der guten Konjunktur und trotz der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und trotz der Maßnahmen, die im Wesentlichen aus ESFMitteln finanziert wurden.

Unter Ziel ist es, eine Beschäftigung für möglichst viele langzeitarbeitslose Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu erreichen.

Dabei haben wir natürlich auch diejenigen im Blick, die kaum eine Chance auf eine Beschäftigung haben. Die Schwierigkeiten sind auch in den vergangenen Jahren in den Fachausschüssen immer wieder

sehr intensiv diskutiert worden. Es geht vor allen Dingen auch darum, dafür zu sorgen, dass ungelernte oder nur angelernte Menschen und vor allen Dingen Menschen ohne Berufsabschluss entsprechend qualifiziert werden können, um ihnen dann eine Chance zu ermöglichen, auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Beschäftigung zu finden.

Da geht es um Qualifizierungsmaßnahmen und Teilqualifizierungen, Modularausbildungen und dergleichen mehr.

Wir wollen im Besonderen die Zahl der langzeitarbeitslosen jungen Menschen reduzieren, sie bedarfsgerecht ins Arbeitsleben integrieren und dort, wo es notwendig ist, Qualifikation nachholen.

Die Teilhabe am ersten Arbeitsmarkt ist eine zentrale Gerechtigkeitsfrage. Wer in Arbeit ist und sich fortlaufend qualifiziert, kann vorankommen und aufsteigen.

Dies zu erreichen, ist eine Querschnittsaufgabe. Wir wollen die Unternehmen im Land unterstützen, ausreichend Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen und gemeinsam mit allen Akteuren am Arbeitsmarkt die Chance nutzen, Menschen in Arbeit zu bringen.

Wir werden die Menschen im Blick haben, die durch Bildung, Qualifizierung und Weiterbildung eine Chance erhalten müssen, auf dem ersten Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen.

Die Redezeit.

Wir werden dabei auch diejenigen im Blick haben, die nur geringe oder keine Chancen haben, sich auf dem Arbeitsmarkt zu etablieren. Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Preuß. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Bombis.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Sehr geehrte Herren! „NRW muss das Land der fairen und guten Arbeit bleiben“. So lautet der Titel des Antrags der Fraktion der FDP – ach, Entschuldigung, natürlich der SPD.

(Heiterkeit und Zurufe von der SPD)

Hören Sie erst mal zu, meine Rede kommt ja erst noch.

Werfen wir doch mal einen Blick auf die Fakten. Die Arbeitsmarktpolitik in Nordrhein-Westfalen ist wahrhaftig keine Erfolgsbilanz. NRW hinkt hinterher; der

Rückgang der Arbeitslosigkeit, den es in NRW zwar gibt, liegt deutlich unter dem Bundestrend.

Bei einem absoluten Vergleich der Jahresdurchschnittszahlen der BA von 2010 und 2016 ergibt sich im Bund ein Rückgang von 16,9 %, in NRW hingegen nur um 6,9%. Hätten wir den gleichen Rückgang wie im Bundesdurchschnitt zu verzeichnen, hätten wir heute fast 80.000 Arbeitslose weniger.

Dabei fördert das Land in der Arbeitsmarktpolitik über den Europäischen Sozialfonds mit 135 Millionen € bereits eine Vielzahl von Maßnahmen und Projekten. Hinzu kommen 110 Millionen € für landeseigene Programme. Seit 2013 ist öffentlich geförderte Beschäftigung ein Förderschwerpunkt innerhalb der ESFMaßnahmen. Vonseiten Land, Bund und Europa gibt es viele Programme mit den unterschiedlichsten Zielsetzungen und Voraussetzungen, um die öffentliche Beschäftigung zu fördern.

Doch auch mit all diesen Programmen ist es bisher nicht gelungen, die Langzeitarbeitslosigkeit – und um die geht es uns insbesondere – wirklich zu verringern. Der Sockel mit rund 300.000 Langzeitarbeitslosen bleibt bestehen.

Damit liegt NRW auf dem drittletzten Platz, nur noch vor Brandenburg und Bremen. Unser Bundesland leidet unter der hohen verfestigten Arbeitslosigkeit wie kaum ein anderes Land. Das sind die Fakten, das ist die Situation hier in NRW. Auch das ist ein Grund dafür, warum die Menschen Ihnen mit Ihrer rot-grünen Landesregierung eben kein Vertrauen mehr geschenkt haben.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Lassen Sie mich drei Punkte nennen, wie wir dem mit unserer Arbeitsmarktpolitik zukünftig begegnen wollen. Wir wollen eine zukunftsfähige Arbeitsmarktpolitik statt vermehrter Regulierung.

Erstens. Zentraler Punkt ist die Möglichkeit zum Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt – das ist eine Gerechtigkeitsfrage – als ein Weg zur Verwirklichung von Teilhabe, als ein Weg zur Selbstverwirklichung. Das kann nur durch fortlaufende Qualifikation gelingen. Nur so kann man einsteigen, und nur so kann man aufsteigen und fortkommen.

Wir als FDP-Fraktion sind ganz klar der Auffassung, dass zum Beispiel auch mit den Flexibilisierungsmaßnahmen der Agenda 2010, die bekanntermaßen nicht auf Initiativen der FDP zurückgingen, eine Stärke am Arbeitsmarkt erreicht worden ist.

Diese Stärke wollen wir erhalten.

Fehlentscheidungen, die in der Arbeitsmarktpolitik zum Beispiel durch eine zu starke Bürokratisierung getroffen werden, würden bei einer nachlassenden Konjunktur oder gar einer Rezession dazu führen, dass immer mehr Menschen gerade nicht die Möglichkeit hätten, aus eigener Kraft voranzukommen.

Das setzen wir solchen Konzepten wie den von Ihnen beschriebenen eindeutig entgegen.

Zweitens. Wir wollen deutlich machen, dass ein dauerhafter sozialer Arbeitsmarkt keine Lösung sein kann. Es kann nicht die Lösung sein, die Menschen in diesem Arbeitsmarkt „gefangen“ zu halten. Ein dauerhafter sozialer Arbeitsmarkt kann dazu führen – und das ist ein Problem –, dass sich die Menschen nicht mehr aus diesen Programmen hinausbewegen können.

Ziel muss die Integration der Menschen in den ersten Arbeitsmarkt sein und nicht das Verschieben dieser Integration in eine ungewisse Zukunft. Gerade für Langzeitarbeitslose, die dem ersten Arbeitsmarkt noch näher stehen, kann eine solche öffentlich geförderte Beschäftigung schwierig sein.

Wir sagen es ganz klar: Es gibt natürlich Menschen, die in diesem Zusammenhang genau betrachtet werden müssen, denen man von der öffentlichen Seite her Angebote machen muss. Ziel muss jedoch immer wieder der Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt sein. Da darf öffentlich geförderte Beschäftigung doch kein Hinderungsgrund sein!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Um gleich irgendwelchen Missverständnissen vorzubeugen, sagen wir es am Anfang noch einmal: Jeder Mensch ist wichtig; jeder Mensch wird gebraucht; jeder Mensch kann etwas. Das gilt natürlich auch in Bezug auf den Arbeitsmarkt.