Allerdings bin ich mit dem Glauben hierhin gekommen, Zusammenarbeit würde bedeuten, dass wir uns darum bemühen, gute Lösungen zu organisieren. Die Debatte, die ich gerade erlebt habe – das gilt zumindest für ein paar Wortmeldungen –, hat mich jedoch irritiert. Nur mit Fanatismus, Lautstärke und Rechthaberei wird man solche Probleme nicht lösen können.
(Beifall von der CDU – Josefine Paul [GRÜNE]: Nur mit dem Grundgesetz! – Martin Börschel [SPD]: Sind Sie aber zart besaitet! Meine Güte!)
Schaut man sich den Sachverhalt einmal an – und der ist gar nicht so kompliziert –, erkennt man, dass es um zwei Werte geht, die uns wichtig sind. Das eine ist das Gebot der Bestenauslese. Der Bessere soll den Vorzug bekommen. Das Zweite ist das Gebot der Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Die Schwierigkeit liegt nun darin, beides zusammenzubekommen und einen fairen Ausgleich zu schaffen. Das ist für die Zukunft des öffentlichen Dienstes von höchster Bedeutung, denn wenn wir die besten Leute, wenn wir gute Leute auch für Führungspositionen gewinnen wollen, ist es ganz wichtig, dass wir gut, richtig und vernünftig auswählen und dabei nach Leistung und Qualifikation und unabhängig vom Geschlecht beurteilt wird.
Um diese Fairness geht es jetzt. Ich verstehe es nicht, dass sich mancher hier über den Vorschlag der beiden Fraktionen aufregt. Wenn es Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts gibt, die besagen, dass es so nicht geht, dann kann man sagen: „Ich habe trotzdem recht“ und „Ich habe immer noch recht“ und weiter vor die Wand rennen, oder man sagt: „Das nehme ich jetzt zur Kenntnis; offensichtlich ist da etwas falsch gelaufen, und wir müssen einen neuen Weg finden.“
Niemand behauptet, dass dieser Vorschlag, der heute auf dem Tisch liegt, der beste, einzig mögliche und endgültige ist, sondern alle Redner der Regierungsfraktionen haben gesagt, das sei der erste Schritt. Wir wollen aber wenigstens wieder Rechtssicherheit herstellen. Denn das, was vorher gesetzlich galt, war eindeutig, klar und verfassungsfest. Damit gab es kein Problem, und die Gerichte haben es akzeptiert. Nur darum geht es jetzt, zu sagen: Wir schaffen den ersten Schritt, damit wieder Rechtssicherheit entsteht, damit gehandelt werden kann und damit diejenigen, die befördert werden, auch sicher sein können, dass sie auf der sicheren Seite sind. Dann ist überhaupt nichts ausgeschlossen. Im Gegenteil: Darin steckt auch der Auftrag, darüber nachzudenken, ob wir noch bessere und klügere Lösungen finden.
Im Übrigen zieht der Hinweis auf Ihren Chefberater, Professor Papier, in dieser Sache auch nicht. Er hat dazu geraten, dass man mehr machen muss, er hat aber nicht gesagt, dass Sie es auf diese Weise machen müssen.
Es ist immer ganz gut, erst einmal zuzuhören. Erst das Gehirn einschalten, dann darüber nachdenken und dann entgegnen.
Ein Zweistufenschritt ist hilfreich. Deshalb ist es meiner Meinung nach vernünftig, dass wir diesen Weg jetzt gehen. Der erste Schritt ist die Rechtssicherheit, und dann sollten wir uns den Auftrag geben, den bestmöglichen Weg zu finden, der aber auch rechtssicher sein muss.
Es tut mir leid, aber nur weil Sie laut sind und intensiv herumbrüllen, werden Sie es nicht erreichen, etwas Falsches als richtig hinstellen zu können.
(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Was soll das? Hören Sie doch auf, Zeugnis abzulegen! Es reicht doch langsam! – Zuruf von der SPD)
Ich wünsche uns eine gute sachliche und fachliche Bewertung und Beratung und gute Ergebnisse im Sinne der Beamten in Nordrhein-Westfalen.
Vielen Dank, Herr Minister Reul. – Ich frage einmal in die Runde, ob noch weiter das Wort gewünscht wird. – Das ist erkennbar nicht der Fall. Dann sind wir am Schluss der Aussprache und kommen zur Abstimmung.
Die antragstellenden Fraktionen haben die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 17/78 an den Haushalts- und Finanzausschuss beantragt. Zwischenzeitlich haben sich die Fraktionen darüber hinaus verständigt, den Gesetzentwurf zur Mitberatung auch an den Ausschuss für Gleichstellung und Frauen zu überweisen.
Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, den darf ich jetzt um das Handzeichen bitten. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das einstimmig vom Hohen Haus so überwiesen.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die antragstellende Fraktion dem Kollegen Bolte-Richter das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir legen Ihnen heute einen Antrag vor, mit dem wir klar Nein sagen zur deutlichen Ausweitung von Quellentelekommunikationsüberwachung und Onlinedurchsuchung, wie sie vor kurzer Zeit im Deutschen Bundestag beschlossen worden ist.
Was in Berlin vorgelegt wurde, ist ein Angriff auf zentrale Grundrechte, es ist unverhältnismäßig, und es ist verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Das alles passiert, meine Damen und Herren, während CDU und SPD in Berlin die Vorratsdatenspeicherung, ein anderer massiver Angriff auf die Grundrechte, um die Ohren fliegt. Das passiert als Annex zu einer StPOReform, bei der es eigentlich nur um das Fahrverbot als Nebenstrafe gehen sollte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn der Bundesinnenminister stets etwas anderes behauptet und seine Verbündeten von CDU und SPD ihm dabei auch munter beispringen, ist es rechtlich wie technisch etwas völlig anderes, ob man eine SMS auf dem Leitungsweg abfängt oder ob man ein Mobiltelefon hackt.
Rechtlich ist der Unterschied ganz klar: Der eine Vorgang ist im Wesentlichen ein Eingriff in Artikel 10 – das ist klar geregelt –, das andere ist ein Eingriff in die Integrität eines informationstechnischen Systems, also in das Computergrundrecht.
Technisch ist es deutlich diffiziler. Bei der – in Anführungszeichen – „klassischen“ Telekommunikationsüberwachung ist gewährleistet, dass allein das gesprochene oder geschriebene Wort abgefangen wird. Bei Quellentelekommunikationsüberwachung und Onlinedurchsuchung haben die Ermittler teilweise – bzw. im Fall der Onlinedurchsuchung vollständig – Zugriff auf die auf dem Smartphone gespeicherten Informationen.
Wenn man sich vergegenwärtigt, was man selbst auf dem eigenen Smartphone gespeichert hat, dann weiß man sehr genau um die grundrechtliche Eingriffsqualität, wie tief das in unser aller Privatsphäre hineinreicht.
Meine Damen und Herren, wir Grüne wollen die Sicherheitsbehörden bestmöglich ausstatten. Dazu gehört natürlich auch eine Ausstattung an rechtlichen Befugnissen. Aber diese rechtlichen Befugnisse müssen immer verhältnismäßig sein. Und diese Verhältnismäßigkeit, dieses Urversprechen des demokratischen Rechtsstaats, ist beim massenhaften Einsatz des Staatstrojaners nicht gegeben.
Herr Löttgen, es geht um einen massenhaften Einsatz. Es geht um ein Instrument, dem das Bundesverfassungsgericht klare Grenzen gesetzt hat, das immer im Kontext von Terrorismusbekämpfung und der Verfolgung schwerer Straftaten diskutiert wurde. Dieses Instrument soll jetzt im Fall der Quellen-TKÜ für 38 zusätzliche Straftatbestände geöffnet werden. Und da geht es nicht mehr nur um Terror und Mord, da geht es um Drogendelikte und Sportwettenbetrug.
Die „Zeit“ schreibt in der Bewertung: „Die Kanone wird zur Standardwaffe – auch gegen Spatzen.“ Der Staat soll zum größten aller Hacker werden. Das ist der Plan von CDU und SPD im Bundestag. Sie schwächen damit auch den IT-Standort Deutschland. Letzten Endes fallen sie sogar der Kanzlerin in den Rücken, die nach den Enthüllungen von Edward Snowden immer nur „Verschlüsseln, verschlüsseln“ predigt.
Meine Damen und Herren, dem müssen wir dringend einen Riegel vorschieben. Deshalb fordern wir heute die Landesregierung auf, keine landesgesetzlichen Grundlagen für einen NRW-Trojaner zu schaffen. Vielleicht widersteht ja die FDP dem Druck aus der Law-and-Order-Fraktion der CDU, die gleich nach mir sprechen wird.
Besser wäre natürlich, wenn Herr Lindner, der ja in dieser Frage den Mund ordentlich voll genommen hat, dem auch Taten folgen ließe. Wir sind da sehr gespannt, Herr Lindner, ob Sie halten, was Sie versprochen haben, solange Sie noch hier sind. Am besten wäre natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn der Ministerpräsident seine Ankündigung wahrmachen und Einfluss in Berlin nehmen würde. Ich wünsche mir dann, dass Sie diesen Einfluss für etwas Sinnvolles geltend machen, dass Sie auf die Rücknahme des Staatstrojaners bestehen und dass Sie damit den Grundrechtsschutz für 18 Millionen Nordrhein-Westfälinnen und Nordrhein-Westfalen gewährleisten. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Bolte-Richter. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Golland das Wort. Bitte schön.