Protokoll der Sitzung vom 12.07.2017

Ich möchte Ihnen zwei Hinweise geben: Es gibt Untersuchungen, die in Schulen gemacht worden sind. Das hat mit der Frage von Geschlecht und Herkunft überhaupt nichts zu tun. Klassenarbeiten wurden versuchsweise bewertet, ohne den Namen des Schülers zu kennen – der wurde separat abgegeben.

Das führte in vielen Fällen dazu, dass Schülerinnen und Schüler, die früher schlechtere Noten hatten, besser bewertet worden sind; denn sie waren nicht bereits durch mögliche „Karrieren“ in anderen Schulfächern stigmatisiert. Wir sind alle nur Menschen. Deswegen ist es doch nachvollziehbar, die Ergebnisse dieses Instruments auszuwerten und es weiter zu ausprobieren, um das wichtige Ziel zu erreichen. Das ist das erste Beispiel.

Zweites Beispiel: Es gibt erfolgreiche Orchester, die das Vorspielen mittlerweile hinter einem Vorhang stattfinden lassen. Das hat vielfach dazu geführt, dass für Instrumente, für die klassischerweise Männer genommen worden waren, Frauen genommen worden sind. Und umgekehrt sind in den Rollen, in die klassischerweise Frauen gepackt worden sind, nun Männer zum Zuge gekommen.

Das sind Hinweise, die uns deutlich machen, dass es doch etwas mit der Person zu tun haben kann – mit Eigenschaften, die zugeschrieben werden, also mit Vorurteilen, die wir ausschließen können.

Wenn es bessere Instrumente gibt, liebe Kolleginnen und Kollegen, können wir gern darüber reden. Aber das Kind mit dem Bade auszuschütten, halten wir für völlig falsch. Das Instrument und den Vorgang zu leugnen, ist völlig abstrus. Deswegen müssen wir uns mit dem Thema weiter beschäftigen. Wir müssen an dem Instrument weiter arbeiten, und ich hoffe, dass die Staatssekretärin bei diesem Thema zur Seriosität zurückkehrt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh. – Für die Landesregierung hat jetzt noch einmal Herr Minister Stamp das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Stichwort Seriosität: Lieber Herr Mostofizadeh, zur Seriosität gehört zunächst einmal, dass man einer Debatte folgt und auch zur Kenntnis nimmt, wenn alternative Vorschläge gemacht werden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir haben die DIN 33430 hier ausdrücklich mehrfach genannt. Wenn Ihnen das entgangen ist, zeigt das, dass Sie hier nicht mit der nötigen Seriosität zugehört haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Frau Kollegin Lüders, Sie haben mit einer gewissen Theatralik gesagt, wir müssten an diesem Instrument festhalten, wenn es allein in einem Fall genutzt hätte.

Ich finde, das ist ein sehr schlichter Ansatz angesichts dessen, dass uns die Experten in einem Expertengespräch ausdrücklich gesagt haben, dass es bessere Instrumente gibt, die tatsächlich mehr als einem helfen.

(Nadja Lüders [SPD]: Das kann man zusätz- lich machen!)

Wie Ihre Kollegin eben selbst ausgeführt hat, gibt es für den Erfolg in dem einen Fall noch nicht einmal einen Beweis. Es hat sich also gezeigt, dass dieses Instrument überhaupt nicht taugt, und deswegen werden wir andere Instrumente prüfen und bessere Instrumente einführen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es liegen in der Aktuellen Stunde keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann schließe ich die Beratung über Tagesordnungspunkt 2 und rufe auf:

3 Förderschulen vor der Schließung retten –

Wahlmöglichkeiten für Familien sichern

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 17/76

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/137

Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin hat für die antragstellenden Fraktionen Frau Kollegin Vogt das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich darf im Hinblick auf die Arbeit in den vergangenen Jahren eine ganz persönliche Anmerkung machen: Ich habe mich fünf Jahre lang auf diesen Antrag gefreut, und ich bin sicher, dass wir ihn am heutigen Tag so beschließen werden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wer sich in unserer Schullandschaft auskennt, der weiß, wie die Sorge um den Erhalt der Förderschulen viele Schüler, Eltern, Lehrer und auch Kommunen in den vergangenen Jahren umgetrieben hat. Allein seit 2010 sind 100 Standorte von Förderschulen weggefallen. Dass diese Zahl nicht noch weit höher liegt, ist dem Einsatz vieler kommunaler Entscheidungsträger

zu verdanken, die um die Bedeutung ihrer Förderschulen vor Ort wissen und häufig alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, um diese Schulen zu retten. Dafür möchte ich am heutigen Tag den ganz besonderen Dank der CDU-Fraktion aussprechen.

(Beifall von der CDU)

Denn Förderschulen sind und bleiben ein wichtiger Bestandteil des nordrhein-westfälischen Schulangebotes. Sie sind die Voraussetzung dafür, dass es eine tatsächliche Wahlmöglichkeit zwischen der Beschulung an einer Regelschule und einer Förderschule gibt.

Die Praxis hat gezeigt, dass beide Angebote nachgefragt werden – aus unterschiedlichen, aber sehr nachvollziehbaren Gründen. Teile der Kinder empfinden die Regelschule als besten Förderort, andere wiederum wünschen die spezifische Beschulung an der Förderschule zur bestmöglichen persönlichen Entwicklung.

Beunruhigend ist dabei die steigende Anzahl von Schülerinnen und Schülern, die aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen für inklusiven Unterricht den Regelschulen wieder den Rücken kehren und einen Platz an der Förderschule suchen. Hier, liebe Kolleginnen und Kollegen, besteht dringend Handlungsbedarf.

(Beifall von der CDU)

Nun stellen aber die betroffenen Familien gerade im ländlichen Raum fest, dass die Mindestgrößenverordnung der rot-grünen Vorgängerregierung zu einem Förderschulsterben geführt hat, was es ihnen aufgrund der Entfernung häufig gar nicht mehr möglich macht, tatsächlich zwischen einer Regelschule und einer Förderschule zu wählen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Sie haben also gar kein Wahlrecht mehr. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir ändern. Wir wollen allen die Möglichkeit geben, Ja zu sagen zu inklusiver Beschulung, aber auch Ja zur Förderschule. Dafür stehen wir heute hier.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir werden unser Wahlversprechen halten. Wir werden die Schließung dieser Schulen stoppen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich dann in den Entschließungsantrag hineinschaue, den die SPD heute eingebracht hat, dann muss ich aus der Erfahrung der vergangenen Jahre ganz ehrlich sagen: Das ist wirklich blanker Hohn. Da steht tatsächlich unter dem Abschnitt „Handlungsbedarf“ folgender Punkt 3:

„Die Symbolpolitik der Landesregierung wird den Anforderungen, die Inklusion an sie stellt, nicht gerecht.“

Da muss ich wirklich sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Weil die Vorgänger-Landesregierung den Anforderungen von gutem inklusivem Unterricht überhaupt nicht gerecht geworden ist, sind Sie abgewählt worden!

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von der AfD)

Nach diesen ganzen Erfahrungen, die ja nicht nur wir in den Schulen gesammelt haben, sondern die Sie auch gehört haben, hier heute tatsächlich zu sagen, Sie wüssten, wie vernünftige Inklusion gemacht wird, das ist wirklich ein Witz.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Machen Sie mal eine Wahlanalyse! Überlegen Sie mal, warum Sie abgewählt wurden! – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Vogt. – Für die FDP-Fraktion hat Frau Müller-Rech zu ihrer ersten Rede vor dem Plenum das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die NRW-Koalition will bei der Inklusion eine Wende vollziehen in Richtung Qualität und Eröffnung von Wahlmöglichkeiten. Mit dem nun vorliegenden Antrag leiten wir den ersten Schritt für diesen Paradigmenwechsel ein.

CDU und FDP bekennen sich ausdrücklich zur Inklusion. Mit diesem Antrag lösen wir die ideologische Kluft zwischen Regel- und Förderschulen auf

(Lachen von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

und sichern Wahlmöglichkeiten für Kinder mit Förderbedarf. Wir ermöglichen inklusive Angebote an Regelschulen und an den spezialisierten Förderschulen bei jeweils gesicherter Qualität der Förderung.