Protokoll der Sitzung vom 12.07.2017

Auch Jürgen Krahl, Präsident der Hochschule Ostwestfalen-Lippe sagte – Zitat –:

„Es wäre ein Nachteil für die NRW-Wirtschaft, wenn Studenten aus Schwellenländern wie Russland und Indien nicht mehr zu uns kommen.“

Recht hat er!

Die diskriminierende Ausländer-Campus-Maut wird dazu führen – das hat Kollege Bell gerade schon erläutert –, dass weniger junge Menschen aus anderen Ländern bei uns studieren werden.

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Bereits vor dem Inkrafttreten der Gebühren in BadenWürttemberg ist dort die die Zahl der Einschreibungen ausländischer Studierender um 43 % zurückgegangen. Das wird auch bei uns in NRW passieren.

Mit Blick auf die letzten Monate ist doch allen klar, was jetzt kommen wird. Die FDP fordert sowieso allgemeine Studiengebühren, und die CDU wird dann wieder so tun, als gäbe es irgendwelche Sachzwänge, und dann werden Sie das mitmachen. Sie werden sich noch daran erinnern, dass ich Ihnen das heute angekündigt habe.

(Bodo Löttgen [CDU]: Oh!)

Wir sind überzeugt, dass das Land ausreichend Mittel bereitstellen muss und bereitstellen kann, um die Hochschulen angemessen zu finanzieren, damit sie für Qualität in Lehre und Studium sorgen können. Dafür müssen zunächst die Qualitätsverbesserungsmittel entsprechend den erhöhten Studierendenzahlen dynamisiert werden.

(Christian Lindner [FDP]: Sieben Jahre Zeit gehabt! – Zuruf von Dr. Stefan Berger [CDU])

Genau das, Herr Dr. Berger, war unsere ganz klare Ankündigung vor dieser Landtagswahl:

(Christian Lindner [FDP]: Ihr habt aber nichts gemacht!)

Wir waren bereit, in diesem wichtigen Bereich zu investieren.

(Beifall von den GRÜNEN – Christian Lindner [FDP]: Nichts gemacht!)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, lassen Sie mich abschließend sagen: Ob es auf der Autobahn oder auf dem Campus ist – die Ausländermaut ist Murks. Sie ist bürokratisch, und sie ist genau das Gegenmodell zu einem weltoffenen Land. Nehmen Sie Abstand von diesem Irrsinn! – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bolte. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Berger.

(Michael Hübner [SPD]: Wir sind gespannt!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es war nicht anders zu erwarten: Der Schmerz über den Verlust Ihrer Regierung muss

sehr groß sein, wenn Sie sich direkt in der ersten regulären Landtagssitzung diesem Thema widmen,

(Michael Hübner [SPD]: Der frühe Vogel fängt den Wurm!)

die Grünen mit einem Antrag und die SPD gleich mit einem kompletten Gesetzentwurf,

(Heike Gebhard [SPD]: Wir sind dazu in der Lage!)

in dem angebliche Ungerechtigkeiten oder Wortbrüche aufgedeckt werden sollen.

Warum wir Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer für vertretbar halten, will ich Ihnen kurz erläutern.

(Michael Hübner [SPD]: Aha!)

Erstens. In allen Podiumsdiskussionen – ich will an die Debatte an der Universität zu Köln erinnern, wo auch Ihr früherer Finanzminister Norbert Walter-Borjans für Sie gesprochen hat – waren sich alle Beteiligten einig, dass der finanzielle Ausgleich über die Kostenbeteiligung am Studium nicht über Gebühren erfolgen sollte, sondern über das Steuersystem und insbesondere über das Einkommensteuersystem.

Jetzt ist es so, dass wir im gesamten EU-Raum ein Austauschsystem von öffentlichen Geldern haben. Wir geben Geld nach Brüssel; wir erhalten Geld aus Brüssel. 2014 gingen 6.800 Personen aus Nordrhein-Westfalen über das Erasmus-Programm ins EU-Ausland, 4.160 Personen kamen nach Nordrhein-Westfalen. Nicht-EU-Ausländer sind aber nicht Teil des europäischen Steuerausgleichsystems.

(Dietmar Bell [SPD]: Das ist ja etwas ganz Neues! Überraschende Erkenntnis!)

Sie leisten daher also keinen Beitrag zur Gerechtigkeit im europäischen Hochschulraum.

Zweitens. In vielen anderen Nicht-EU-Ländern werden Studiengebühren erhoben. In China sind sie für Ausländer sogar noch teurer als für Einheimische und betragen bis zu 8.000 € pro Jahr. In Indien sind es bis zu 10.000 €. In den USA und in Australien ist Bildung längst ein Geschäftsmodell. Dort werden Gastakademiker übrigens bestens betreut; sie zahlen viel, und dennoch explodieren die Zahlen der ausländischen Studierenden.

Nach dem Brexit zählt bald auch England zum NichtEU-Ausland, und dort werden dann Gebühren von bis zu 10.000 € erhoben.

(Dietmar Bell [SPD]: Hört, hört!)

Nebenbei bemerkt gibt es auch eine Menge von EULändern, die Gebühren erheben, zum Beispiel Österreich, Polen und Schweden. Aus eigener Beobachtung kann ich Ihnen sagen: Auch die grenznahen Hochschulen in den Niederlanden wie Venlo und Maastricht tun dies.

Ihr Argument, Studierende kämen nicht länger nach Nordrhein-Westfalen und die Internationalisierung sei bedroht, ist angesichts dieser Fakten absurd.

(Beifall von Dr. Ralf Nolten [CDU] – Dietmar Bell [SPD]: Frenetischer Beifall!)

Drittens ist überhaupt nicht nachzuvollziehen, warum die Grünen diesen Antrag stellen, steht doch der grüne Ministerpräsident in Baden-Württemberg Winfried Kretschmann an der Spitze unserer Argumentation. In Baden-Württemberg sollen ab dem Wintersemester 2017 Studierende aus Nicht-EULändern 1.500 € pro Semester zahlen. Und nur mal nebenbei: Für das Zweitstudium werden in BadenWürttemberg dann 650 € erhoben.

Winfried Kretschmann argumentiert ähnlich wie wir:

(Marcus Pretzell [AfD]: Das ist das Problem!)

Es sei nicht nachvollziehbar, dass die deutschen Steuerzahler die Bildungssysteme der Industriestaaten weltweit entlasten, indem deutsche Studierende Gebühren zahlen müssen. Ich stimme also Herrn Kretschmann zu: Wir können die Qualität der Lehre an den Hochschulen verbessern. Wir können auch Ausnahmen für Studierende einführen, beispielsweise aus schwierigen Ländern,

(Michael Hübner [SPD]: Schwierige Länder! Was sind denn „schwierige Länder“? – An- dreas Bialas [SPD]: Schwierige Länder? – Marc Herter [SPD]: Es gibt auch ganz schwie- rige Reden, die man halten muss! Das ist rich- tig!)

für anerkannte Flüchtlinge oder für Studierende mit besonderen sozialen Härten, sodass man nicht davon sprechen kann, dass Menschen, die aus schwierigen ökonomischen Verhältnissen kommen, ausgegrenzt werden.

Studierende aus Nicht-EU-Ländern sind es gewohnt, für herausragende Bildung einen Eigenbeitrag zu leisten. Wir wollen, dass Studierende zu uns kommen, weil unsere Hochschulen attraktiv sind, und nicht, weil es bei uns günstiger ist. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Berger. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Körner, und das ist auch seine erste Rede.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der SPD-Fraktion ist schon formal obsolet, weil es derzeit überhaupt keine rechtliche Grundlage für die Hochschulen gibt, Gebühren zu erheben. Er ist auch handwerklich schlecht,

(Michael Hübner [SPD]: Was?)

weil Sie sich nur und ausschließlich in Ihrer Begründung nicht an der Sache abarbeiten, sondern am Koalitionsvertrag von CDU und FDP.

(Zuruf von der SPD: Das ist unsere Aufgabe!)

Sie scheinen immer noch in der Regierung zu sein und Gesetzentwürfe zu schreiben, tun dies aber handwerklich schlecht. Konstruktive Oppositionsarbeit geht anders.

(Beifall von der FDP – Stefan Kämmerling [SPD]: Das ist ein ganz Schlauer!)