Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie alle willkommen zur heutigen, 40. Sitzung des Landtags von Nordrhein-Westfalen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.
Für die heutige Sitzung haben sich sechs Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.
Wir dürfen heute gemeinsam Geburtstag feiern. Unsere Kollegin Dr. Patricia Peill von der Fraktion der CDU feiert ihren Geburtstag hier im Plenum. Herzlichen Glückwunsch und alles Gute!
Die Fraktionen von CDU und FDP haben mit Schreiben vom 12. November 2018 gemäß § 95 Abs. 1 GO zu der oben genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner dem Abgeordneten Schnelle von der CDU das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Diese Aktuelle Stunde wurde aufgrund jüngster bedauernswerter Ereignisse von uns beantragt. Vergangenen Samstag wurden sechs Besucher einer Bochumer Shisha-Bar durch das Atemgift Kohlenmonoxid verletzt. Die vergifteten Personen mussten in einer Spezialklinik behandelt werden. Gut 60 Einsatzkräfte der Bochumer Feuerwehr mussten ausrücken, um die ca. 120 Gäste der Bar in Sicherheit zu bringen.
Dass wir dies nun zum Thema machen, liegt jedoch auch darin begründet, dass es sich hier keineswegs um einen Einzelfall handelt. In fast allen größeren Städten des Landes ist es bereits zu lebensgefährlichen Kohlenmonoxidvergiftungen gekommen. In der speziellen Druckkammer des Düsseldorfer Uniklinikums mussten im letzten Jahr 40 Personen aufgrund
2016 waren es fünf Fälle, Tendenz somit stark steigend. Sicherlich steht dies in Relation zu der ebenfalls steigenden Zahl der sich überall vermehrenden Shisha-Bars in den Städten Nordrhein-Westfalens.
Doch sind es nicht nur die Gesundheitsrisiken für unsere Bürgerinnen und Bürger, welche sich mit den Wasserpfeifen in unseren Städten ausbreiten, und es ist auch kein Zufall, dass diese Lokale immer wieder gegen Kohlenmonoxidgrenzwerte verstoßen und Ordnungsverfügungen ignorieren.
Begibt man sich erst einmal in das undurchsichtige Milieu der Shisha-Bars, zeigen sich Muster immer wiederkehrender Rechtsverstöße in allen Bereichen: Ordnungs- wie Zollämter versuchen seit Jahren, dem illegalen Tabakschmuggel der Shisha-Szene Herr zu werden. Verstöße gegen das Nichtraucherschutzgesetz scheinen wie eine notwendige Bedingung des Wasserpfeifengeschäfts; es kommt regelmäßig zu Steuerhinterziehungen, Steuerhehlerei, illegalem Alkoholausschank, illegalen Spielautomaten sowie zu Verstößen gegen den Mindestlohn.
Das sind keine Einzelfälle; das sind vielmehr Teilstücke einer enormen Bandbreite an Rechtsverstößen und kriminellen Aktivitäten, welche die Beamten der zuständigen Ordnungs- und Zollämter in erschreckend verlässlicher Repetition bei ihren Razzien erleben.
Bevor wir uns jedoch auf den Grund dieses Molochs wagen, müssen erst einige Fakten und Rechtslagen in Bezug auf das Shisha-Geschäft geklärt werden.
Zuallererst: In einer Shisha-Bar gilt ein uneingeschränktes Rauchverbot. So wie bei Zigaretten und ähnlichen Tabakwaren, greift das Nichtraucherschutzgesetz auch beim Wasserpfeifentabak innerhalb der Gastronomie der Shisha-Bar.
Dass es trotz des Rauchverbots immer wieder zu Kohlenmonoxidvergiftungen in den Lokalen kommt, liegt schlichtweg daran, dass die Gesetze von den Barbetreibern ignoriert werden. Es werden zwar mittlerweile in vielen der Lokale auch getrocknete Früchte oder sogenannte Shiazo-Steine angeboten, welche nicht unter das Nichtraucherschutzgesetz fallen, doch können wir diese Fälle vernachlässigen, da kaum ein Konsument diese Angebote wahrnimmt. Durch die regelmäßigen Razzien der Zoll- und Ordnungsämter wissen wir, dass in den Lokalen zu nahezu 100 % klassischer Shisha-Tabak geraucht wird.
In der Stadt Mülheim wurde bereits 2017 nach mehreren Fällen lebensbedrohlicher Kohlenmonoxidvergiftungen in Shisha-Bars gehandelt. Den Betreibern
wurde durch Ordnungsverfügung die Nutzung von Kohle innerhalb der Gastronomie untersagt. Dies ist zum einen leichter zu kontrollieren als eine Kohlenmonoxidmeldepflicht und würde zum anderen auch die angeblich ausschließliche Nutzung der Früchte und Shiazo-Steine im Inneren der Bar entlarven.
Nicht ohne Grund ließ das Hauptzollamt Dortmund zu Beginn dieses Jahres noch verlauten, dass die Shisha-Bar-Betreiber bei gesetzeskonformem Verhalten mit den Wasserpfeifen allein nicht überleben könnten.
Wir sehen uns hier also mit einem Gastronomiezweig konfrontiert, welcher der Illegalität als Existenzbedingung bedarf. Bisher sprachen wir nur über das Nichtraucherschutzgesetz. Gehen wir etwas weiter, sehen wir, dass bei nahezu jeder der Razzien unversteuerter Tabak beschlagnahmt wird. 40 kg Schmuggeltabak wurden beispielsweise bei der von Herrn Minister Reul begleiteten Razzia im Oktober konfisziert. Die Steuerhinterziehung zeigt sich geradezu üblich für das Umfeld einer Shisha-Bar.
Die zuvor angesprochene Gefahr einer Kohlenmonoxidvergiftung, welche auch den Ausgangspunkt dieser Aktuellen Stunde bildet, besteht jedoch neben den zwielichtigen Geschäften dieses Gewerbes grundsätzlich bei Benutzung einer Shisha. Die Kohle, welche den Tabak zum Schwelen bringt, lässt das Gas Kohlenmonoxid entstehen. Für eine Vergiftung reichen bereits wenige Atemzüge. Somit sind schlecht belüftete Räume in der Shisha-Bar eine Gefahr für jeden Besucher und jede Besucherin.
Die Angestellten der Bars sind den giftigen Gasen zudem den gesamten Tag hindurch ausgesetzt, und das, obwohl wir – diese Absurdität müssen uns immer wieder erneut bewusst machen – von der Gastronomie reden, in der eigentlich ein Rauchverbot gilt.
Wie bereits erwähnt, müssen Personen, welche eine Kohlenmonoxidvergiftung erlitten haben, in speziellen Druckkammern behandelt werden. Davon gibt es nicht allzu viele im Land, und sie dienen zum Beispiel auch der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Luftembolien, Infarkten, Schlaganfällen durch Luftblasen und nach Tauchunfällen. Durch jeden Shisha-Raucher, der hier eingeliefert wird, kann es dazu kommen, dass anderen Patientinnen und Patienten kein Platz in der Druckkammer zur Verfügung steht.
Bezeichnend für das Geschäft mit den Shisha-Bars ist also ein Geist der Kriminalität, welcher scheinbar die Normalität in diesem Gewerbe darstellt. Dieses gesetzeslose Daseinsverständnis der Shisha-BarBetreiber begründet sich zum einen durch die Voraussetzung des Betriebs einer solchen Raucherbar unter der Prämisse des Nichtraucherschutzgesetzes, zum anderen aber auch durch die ursprüngliche
Nähe zu kriminellen Milieus, welchen die Shisha-Bar oft als Rückzugsort oder Tatort ihrer Aktivitäten dient.
Die unsichtbaren Gefahren der Shisha-Bars erschöpfen sich somit keineswegs in den lebensgefährlichen Kohlenmonoxidunfällen. Die Gefahren sind strukturell im Geschäft mit den Shisha-Bars, und sie sind krimineller Natur.
So weit zu den derzeitigen Verhältnissen. Auf mögliche Lösungsansätze wird mein Kollege Herr Golland gleich näher eingehen. – Vorab schon einmal vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! ShishaBars erfreuen sich zweifellos zunehmender Beliebtheit und breiten sich in vielen Städten rasant aus. Aber das kann, wie leider das jüngste Beispiel aus Bochum zeigt, manchmal auch ein gefährlicher Trend sein. Deswegen muss man sich dem Thema einmal ganz sachlich nähern.
Von den vielen Shisha-Bars gehen einerseits nicht nur nach getrockneten Früchten und Aromen riechende Wasserdampfwolken aus, sondern bei unzureichender Belüftung auch erhebliche gesundheitliche Gefahren. Darüber müssen wir sprechen. Andererseits ist offensichtlich, dass bestimmte ShishaBars Rückzugsorte für kriminelle Geschäftsmodelle sind. Auch das muss man thematisieren.
Ich möchte mich da richtig verstanden wissen, weil manchmal auch alles in einen Topf geworfen wird. Als Freie Demokraten haben wir natürlich nichts gegen ordnungsgemäß und durch redliche Betreiber geführte Shisha-Bars – natürlich nicht! Denn nicht jede Shisha-Bar im Land verstößt gegen Gesetze.
Die Shisha-Gastronomie ist mittlerweile sehr vielfältig. Viele junge Menschen besuchen gern diese Bars. Aber gerade deshalb ist es umso wichtiger, dafür Sorge zu tragen, dass wir den schwarzen Schafen der Branche konsequent auf den Füßen stehen und dass die Sicherheit und die Gesundheit in den Bars möglichst zu jedem Zeitpunkt gewährleistet ist.
Der Vorfall von Kohlenmonoxidvergiftungen in einer Bochumer Shisha-Bar am vergangenen Wochenende ist daher bedrückend. Den sechs in Bochum Verletzten möchte ich im Namen der FDP-Fraktion ausdrücklich gute und schnelle Genesung wünschen.
Der Bochumer Vorfall gibt aber auch Anlass, darüber nachzudenken, wie mit den zum Teil erheblichen und sehr unterschiedlichen Gefahren, die von ShishaBars ausgehen können, umzugehen ist.
Die Antwort der FDP-Fraktion lautet ganz klar: Geltendes Recht muss konsequent umgesetzt werden. Dabei ist es letztlich egal, ob es um den Jugendschutz, den Nichtraucherschutz, Zollvorschriften, das Betäubungsmittelgesetz oder eben den Gesundheitsschutz geht. Geltendes Recht muss umgesetzt werden!
Die gesundheitlichen Gefahren von Shisha-Bars müssen wir ernst nehmen. Sie werden von der Regierung auch ernst genommen. Dabei geht es beispielsweise um Kohlenmonoxidwarner, es geht um einheitliche Standards, um Druckkammern; dazu hat der Kollege Schnelle gerade schon ausgeführt. Das ist die eine Seite, wie man sich dem Thema nähern muss.
Die andere Seite ist leider – das gehört zur Wahrheit dazu –, dass die Behörden klare und nicht zu leugnende Erkenntnisse haben, dass bestimmte ShishaBars nicht nur gesundheitliche Risiken bergen, sondern auch verstärkt als Rückzugsorte für diverse Halbweltgestalten und allerlei illegale Geschäfte von Gruppierungen, von Familienclans dienen, die jenseits unserer Rechtsordnung agieren. Davor darf man auch nicht die Augen verschließen.
Das habe ich im Übrigen bei der Vorgängerregierung immer zu Recht kritisiert. Sie hatten beim Thema „Clankriminalität“ noch nicht mal einen Überblick, geschweige denn, dass Sie die Notwendigkeit gesehen hätten, einmal ein ernsthaftes Lagebild zu erstellen. Das machen wir anders. Da gehen wir einen anderen Kurs. Die Nordrhein-Westfalen-Koalition hat der Clankriminalität durch spürbaren Kontroll- und Verfolgungsdruck klar den Kampf angesagt.