Protokoll der Sitzung vom 16.11.2018

(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von der SPD)

Herr Kollege Kutschaty ist mit 45,4 % der Erststimmen gewählt worden – ohne Stichwahl. Herr Kollege Dahm ist eben schon angesprochen worden: 39,4 % der Erststimmen – keine Stichwahl. Frau Kollegin Dos Santos Herrmann: 32,1 % der Erststimmen – keine Stichwahl. Trotzdem sind sie alle …

(Stefan Zimkeit [SPD]: Wie viele Erststimmen haben Sie denn gekriegt?)

Mein Gott, muss das wehtun! Das muss wirklich wehtun, wenn sich jetzt auch wieder der Oberhausener Kollege aus der letzten Reihe meldet. Auch darauf freue ich mich bei jeder Rede.

(Beifall von der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD)

Alles das zeigt übrigens noch einmal: Sie wollen in dieser gesamten Debatte Lautstärke und Klamauk. Sie wollen sich mit den fachlichen Fragen überhaupt nicht auseinandersetzen. Das kann ich nur bedauern.

(Beifall von der FDP und der CDU – Christian Dahm [SPD]: Wenn man Landtagswahlen mit Bürgermeisterwahlen vergleicht, geht das am Thema vorbei!)

Wir arbeiten hier in diesem Hause, Herr Kollege Dahm, mit einer Einstimmenmehrheit. Dieses Haus, ohne Stichwahl gewählt, entscheidet über 78 Euro Milliarden Steuergeld. Wir entscheiden über die innere Sicherheit und die Bildung, kontrollieren die Exekutive

(Zuruf von der SPD: Sie vergleichen Abgeord- nete mit Bürgermeistern! Was soll das denn? Das geht an der Sache vorbei!)

und tragen Verantwortung für 18 Millionen Menschen – das alles ohne Stichwahl.

(Unruhe – Glocke)

Da frage ich Sie einfach mal ganz offen und ganz nüchtern: Der Job eines Bürgermeisters ist extrem wichtig – aber ist er für die Antragsteller denn so viel wichtiger als die Arbeit hier, dass es dort nur mit Stichwahl geht und nicht ohne?

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Ich meine, nicht.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Was wollte er? Noch einmal lauter, bitte. Dann höre ich es auch, Herr Kollege Zimkeit.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Kennen Sie den Unter- schied zwischen einem Parlament und einem einzelnen gewählten Stadtverordneten über- haupt?)

Herr Kollege Zimkeit, also …

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Herr Kollege Zimkeit, wenn Sie intellektuell nicht in der Lage sind, Dinge auch mal voneinander zu abstrahieren und sich unterschiedliche Ebenen im Vergleich anzuschauen, dann klären Sie das doch bitte mit sich selbst und machen es nicht mit mir hier über die Zwischenrufe aus.

(Beifall von der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD)

Machen Sie sich ehrlich!

(Lachen von der SPD – Michael Hübner [SPD]: Vorsicht an der Bahnsteigkante!)

Das passiert hier immer noch nicht. Sie argumentieren rein strategisch. Ich meine, strategische Überlegungen muss man außen vor lassen. Ich meine auch – das sage ich ganz deutlich für den Fall, dass das gleich noch angesprochen werden sollte –, man sollte die Kosten außen vor lassen. Das ist für mich auch kein entscheidendes Argument.

Die Befürworter der Stichwahl wollen eine höhere politische Legitimation der Gewählten. Ich sage Ihnen ganz offen: Auf den ersten Blick erscheint das auch logisch. Aber wenn man sich das Ganze genauer anschaut, dann sind schon ernsthafte Zweifel angebracht, ob diese höhere Legitimation wirklich erreicht wird.

Die Wahlbeteiligung – das haben wir eben schon gehört – ist bei den Stichwahlen im Jahr 2015 gesunken. Bielefeld liegt mit einem Rückgang um 20 Prozentpunkte an der traurigen Spitze.

Wir kommen dann zu Ergebnissen wie in Mönchengladbach: Dort lag der Kandidat Bude von der SPD im ersten Wahlgang mit 40,6 % und 35.600 Stimmen leicht vor dem CDU-Kandidaten mit 34.000 Stimmen. Im zweiten Wahlgang hat der CDU-Kandidat gewonnen, er hatte aber 5.000 Stimmen weniger als der SPD-Kandidat im ersten Wahlgang. Wenn so etwas passiert, kommen bei mir – das sage ich ganz offen – Zweifel auf, ob das wirklich zu mehr Akzeptanz in der Bevölkerung führt.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Führt es zu mehr Akzeptanz in der Bevölkerung, wenn, wie im Fall Korschenbroich,

(Zurufe von der SPD)

ein Bürgermeisterkandidat im ersten Wahlgang 50,0 % der Stimmen erhält, drei Stimmen – in absoluten Zahlen – an 50,1 % fehlen und es dann 14 Tage später zu einer neuen Wahl kommt?

(Michael Hübner [SPD]: Absolute Mehrheit ist absolute Mehrheit!)

Ich stelle Ihnen diese Frage ganz offen. Im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern habe ich nicht das Gefühl und bekomme nicht die Rückmeldung, dass das die Akzeptanz für die Kommunalwahlen erhöht. Insofern stellen wir uns einer inhaltlichen Diskussion. Schade, dass die inhaltliche Diskussion hier bisher viel zu kurz gekommen ist.

(Michael Hübner [SPD]: Das ist doch unterir- disch, Herr Höne!)

Ich hoffe vor allem, dass diese Diskussion in dem gebotenen Stil, in der gebotenen Lautstärke für das

Vertrauen der Wählerinnen und Wähler in unsere Wahlen geführt wird. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die AfD spricht nun der Abgeordnete Herr Strotebeck.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben es gerade von Herrn Höne gehört: Die SPD-Fraktion im Landtag NRW erhebt den schweren Vorwurf, die CDU würde einen Angriff auf die Demokratie planen. – Was ist geschehen?

Die CDU-Fraktion will laut Zeitungsberichten das Instrument der Stichwahl bei den Kommunalwahlen wieder abschaffen und damit einen Zustand herstellen, wie er bereits unter Jürgen Rüttgers gegeben war. Dies war ein Zeitraum, in dem es zwar keine Stichwahl gab, aber sehr wohl kommunale Demokratie. Daher distanziere ich von der AfD mich von solchen populistischen Attacken wie im vorliegenden SPD-Text.

Der Verfassungsgerichtshof befand im Jahr 2009: Der Wegfall der Stichwahl ist mit der Landesverfassung vereinbar und trägt dem Erfordernis demokratischer Legitimation ausreichend Rechnung.

Lassen Sie uns daher bitte differenzierter über das Thema „Stichwahl“ sprechen. Um es klarzustellen: Dem Kern des Anliegens, dem Erhalt der Stichwahl bei den Kommunalwahlen, schließen wir uns an. Die Argumente für eine Stichwahl überwiegen gegenüber den Argumenten, die gegen eine Stichwahl sprechen.

Daher hoffe ich auch für meinen Kreis Mettmann, dass bei der Kommunalwahl 2020 jeder Bürgermeister und der Landrat weiterhin mindestens die Hälfte der Wähler auf sich vereinen müssen.

(Beifall von der AfD)

Die AfD ist bundesweit dafür bekannt, sich für mehr Demokratie, insbesondere für mehr direkte Demokratie einzusetzen und ein Garant für hohe Wahlbeteiligungen zu sein.

Das erste Kapitel im Wahlprogramm zur letzten Bundestagswahl trägt die Überschrift „Verteidigung der Demokratie in Deutschland“. Dieses Kapitel ist gefüttert mit zahlreichen konkreten Forderungen, zum Beispiel zur Direktwahl des Bundespräsidenten und zur freien Listenwahl.

Auch im AfD-Programm zur Landtagswahl spielte das Thema „direkte Demokratie“ eine Rolle. Die Bürgermeister- und Landratswahlen in Nordrhein-Westfalen sind hervorragende Beispiele für direkte Demo

kratie in unserem Land. Was spricht eigentlich dagegen, auch den Ministerpräsidenten vom Volk wählen zu lassen oder die Bürger bei Fragen auf kommunaler Ebene unmittelbar mitentscheiden zu lassen?

Die AfD nutzt direkte Demokratie auch innerhalb der Partei. Bis vor wenigen Tagen hatte jedes AfD-Mitglied die Möglichkeit, auf einer geschützten Internetseite an Abstimmungen zu diversen Themenkomplexen des EU-Wahlprogramms teilzunehmen.

Des Weiteren müssen unsere Abgeordneten, um einen Platz auf der Liste für staatliche Wahlen zu erhalten, mindestens 50 % der Stimmen erlangen. Sofern dies kein Bewerber schafft, kommt es zu einer Stichwahl. Jeder Abgeordnete hat also mindestens die Hälfte der Delegierten oder Mitglieder hinter sich und ist damit demokratisch legitimiert.

(Lachen von der SPD)