In jedem Fall zeigt schon die schiere Menge an Forderungen, die immer wieder erhoben wird, dass die CDU nicht bereit ist, wie es im Rechtsstaat eben notwendig wäre, die Chancen und Risiken neuer Instrumente in der notwendigen Differenziertheit gegeneinander abzuwägen. Manchmal mögen solche Forderungen vielleicht am Wahlstand helfen. Vielleicht hilft es sogar Herrn Bosbach in den Talkshows.
Aber Sie helfen damit letzten Endes nicht den Ermittlerinnen und Ermittlern. Die Vergangenheit zeigt doch, dass es den Sicherheitsbehörden bei der Verfolgung schwerster Straftaten – in aller Regel jedenfalls – nicht an den Daten gemangelt hat. Wenn es heute schon eine schwierige Aufgabe ist, was wir auch immer wieder feststellen, die berühmte Nadel im Heuhaufen zu finden, dann ist es doch der falsche Weg und kann es nur die falsche Strategie sein, dass man immer noch mehr Heu, noch mehr Daten anhäuft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es vorhin schon gehört: Alle Parteien haben den Bürgerinnen und Bürgern immer wieder versprochen, dass es bei der strikten Zweckbindung der Mautdaten bleiben soll, dass das gilt, was im Gesetz steht.
die Möglichkeit zur Erstellung umfassender Bewegungsprofile schaffen. Denn damit würde man George Orwell auf die Autobahn bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließende Worte an die SPD: Wir stehen – ich habe es eben schon gesagt – diesem Antrag sehr positiv gegenüber. Aber ich kann es Ihnen nicht ersparen, darauf hinzuweisen, dass es eben auch die Sozialdemokraten waren, die in der ablaufenden Legislaturperiode im Bundestag eine ganze Menge an Überwachungsgesetzen mitgetragen haben. Ich nenne das BKAGesetz, den Staatstrojaner, die Vorratsdatenspeicherung als Gesetz gewordenen Generalverdacht.
Da wird es noch ein bisschen dauern, bis wir Ihr bürgerrechtliches Profil so ernst nehmen, wie Herr Kutschaty das heute versucht hat, hier darzustellen. Aber da haben Sie natürlich noch Potenzial. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kutschaty, ich will mit einem kleinen Gag beginnen. Sie haben gerade angeboten, sich schützend vor die Menschen in diesem Land zu stellen. Ich fürchte, Sie haben keinen Platz mehr. Da stehen wir längst.
Auch wenn Herr Bolte das heute nach wie vor nicht wahrhaben will, aber s lohnt sich nicht, mit ihm zu debattieren. Hier ist er traumatisiert. Deswegen muss ich dazu wirklich nicht mehr Stellung nehmen.
Meine Damen und Herren, die rechtspolitische Diskussion um die Verwendung von Mautdaten zu strafrechtlichen Zwecken ist so alt wie die Autobahnmaut selbst. Im Jahre 2004 hat der Gesetzgeber eine Entscheidung des Amtsgerichts Gummersbach, das den Zugriff auf Mautdaten bei einem Lkw-Diebstahl erlaubt hatte, zum Anlass genommen, im damaligen Autobahnmautgesetz einen besonderen Datenschutz zu etablieren. Den Text hat Ihnen Herr Dr. Pfeil bereits vorgelesen. Das brauche ich nicht zu tun. Die Rechtslage ist damit schlichtweg eindeutig.
Die Frage der strafrechtlichen Nutzung von Mautdaten, insbesondere zur Aufklärung schwerster Verbrechen, ist seitdem immer wieder Gegenstand der rechtspolitischen Diskussion gewesen, so auch jetzt.
Warum? – Die Auswertung von österreichischen Mautdaten hat zu Ermittlungen und zur Festnahme eines Fernfahrers geführt, der zwei junge Frauen in Deutschland und Österreich ermordet haben soll.
Anders als in Deutschland konnten die österreichischen Behörden im Rahmen ihrer Ermittlungen auf die dort erhobenen Mautdaten zurückgreifen, und dies hat die Diskussion um den strafrechtlichen Zugriff bei uns neu eröffnet.
Ihr Antrag, meine Damen und Herren von der SPD, läuft darauf hinaus, diese zugegeben rechtspolitisch schwierige Debatte im Keim zu ersticken. Das bedeutet aber schlicht ein Denkverbot, das den Grünen sympathisch wäre, aber eigentlich nicht politisches Leben mit einer dynamischen Entwicklung betreffen kann.
Um es deutlich zu sagen: Auch bei uns gibt es keine Interessen, keinen Ansatz, auch nicht den Wunsch, jetzt darüber zu debattieren, eine Initiative zu ergreifen.
Aber heute zu sagen, ohne zu wissen, was sich in den nächsten Jahren entwickeln kann, dass wir gar nicht darüber nachdenken dürfen, das halte ich für falsch. Für das Nachdenken benötigen wir aber den Sachverstand von Datenschützern, Verfassungsrechtlern, der gerichtlichen und auch der staatsanwaltschaftlichen Praxis sowie der Anwaltschaft.
Denn wir sind uns in einem einig: Mautdaten sind besonders sensible Daten. Theoretisch könnten mit ihnen Bewegungsprofile von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern erstellt werden. Auch das will hier niemand, auch bei uns nicht. Aber wir reden von der Aufklärung schwerster Verbrechen. Darum halten wir Denkverbote für falsch.
Auch Datenschützer lehnen die Verwendung von Mautdaten zur Aufklärung von Kapitalverbrechen und Schwerkriminalität nicht rigoros ab. Sie fordern aber zu Recht eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende Ausgestaltung. Dazu gehören in der Debatte der Richtervorbehalt, eine restriktive Speicherdauer und die Begrenzung auf Daten mit spezifischem Tatbezug, beispielsweise einem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit der Straftat selber.
Ich will aber auf der anderen Seite auch sagen: Wir sollten uns davor hüten, eine strafrechtliche Nutzung von Mautdaten mit zu hohen Erwartungen zu versehen. Toll Collect nutzt die Kontrollbrücken aus Kostengründen nicht flächendeckend, sondern nach dem Zufallsprinzip.
Heute gilt allerdings – und das ist jetzt wichtig –: Die Nutzung von Mautdaten zu Zwecken der Strafverfolgung ist nach der eindeutigen Gesetzeslage unzulässig. Überlegungen, daran etwas zu ändern, liegen bisher nicht auf dem Tisch. So etwas wird von uns auch nicht geplant.
Deshalb hat der Landtag in Nordrhein-Westfalen keine Veranlassung, sich heute mit diesen Fragen zu beschäftigen. Erst recht gibt es aber auch keine Veranlassung, auf Vorrat Denkverbote auszusprechen.
Wir kommen zur Abstimmung. Die Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, den Antrag Drucksache 17/79 nicht direkt abzustimmen, sondern an den Innenausschuss – federführend – sowie an den Rechts- und den Verkehrsausschuss zu überweisen. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dieser Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD, Grüne, CDU, FDP und AfD. Stimmt jemand dagegen? – Gibt es jemanden, der sich enthält? – Damit ist die Überweisung des Antrags Drucksache 17/79 einstimmig erfolgt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Kollegen Kamieth für die CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön.
Schönen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute den gemeinsamen Antrag von CDU und FDP, dessen Ziel es ist, die rechtlichen und finanziellen Grundlagen für ein kurzfristiges Kitarettungsprogramm zu schaffen. Damit wollen wir den finanziell überforderten und in ihrer Existenz bedrohten Kitaträgern helfen, sie entlasten und so einen Grundstein zur Rettung der Kindertageseinrichtungen hierzulande legen.
Die Situation ist dramatisch. Kirchen, freie Träger und Elterninitiativen sprechen offen darüber, Einrichtungen zu schließen. Die Erzieherinnen und Erzieher klagen über permanente Überlastung und demonstrieren gemeinsam mit Eltern vor unserem Hohen Hause.
Wie konnte es dazu kommen? – Lassen Sie mich Ihnen die Geschichte noch einmal kurz in Erinnerung rufen. Das Kinderbildungsgesetz ist am 1. August 2008 in Kraft getreten. Es war ein Meilenstein. Damit wurde das alte GTK abgelöst. Die Umstellung auf Pauschalen war ein wichtiger Schritt.
CDU und FDP haben wichtige Punkte wie den Ausbau der U3-Betreuung, die Tagespflege einschließlich ihrer Finanzierung und die Sprachförderung in ein Gesetz aufgenommen. Wir haben auch die Familienzentren ins Leben gerufen.
Damals haben wir nicht gesagt, dass das KiBiz unfehlbar ist. Im Gegenteil! Uns war bewusst, dass ein so großes Gesetz, eine so große Reform nach ein paar Jahren evaluiert werden muss, um zu sehen, was funktioniert und was nicht funktioniert. Daher haben wir auch von Beginn an die Evaluation in das KiBiz hineingeschrieben.
Sie alle hier wissen, dass es die Evaluation unter Rot-Grün nie gegeben hat. Stattdessen erfolgten 2011 und 2014 Revisionen des Gesetzes, die allerdings weit hinter den Erwartungen der Beteiligten zurückgeblieben sind.
Die ehemalige Landesregierung hat es versäumt, die dringend notwendige Erhöhung der Kindpauschalen vorzunehmen und stattdessen sogar den Bürokratieaufwand für die Kitas erhöht.
Auch das letzte KiBiz-Gesetz von SPD und Grünen aus dem letzten Jahr, das Gesetz zur finanziellen Überbrückung, wie es so schön hieß, war nicht der große Wurf, sondern vielmehr ein Tropfen auf den heißen Stein.
2015 trafen sich die damals regierungstragenden Fraktionen von SPD und Grünen mit den kommunalen Spitzenverbänden. Sie unterzeichneten eine Vereinbarung, Kitafinanzierungseckpunkte aufzustellen. Diese sollten bis Ende der 16. Wahlperiode vorliegen.
Das Ergebnis: Der Termin wurde trotz mehrfacher gegenteiliger Ankündigungen der damaligen Landesregierung nicht eingehalten. Es kam weder zu einer Vereinbarung noch zu Treffen. Die kommunalen Spitzenverbände in Nordrhein-Westfalen haben übereinstimmend darüber berichtet, dass weder das SPD-geführte Ministerium noch die Fraktionen auf sie zugekommen sind und das Gesprächsangebot angenommen haben.
Die Bilanz nach sieben Jahren rot-grüner Politik für die Kinder ist bitter. SPD und Grüne konnten in sieben Jahren Regierungsverantwortung keinerlei Vorstellung davon entwickeln, in welche Richtung das Kinderbildungsgesetz weiterentwickelt werden soll. Notwendige Verbesserungen wurden verschleppt. Anstatt die Herausforderungen anzugehen, beschränkten sich SPD und Grüne auf eine Politik der Ankündigungen und Andeutungen.
Jetzt aber, meine Damen und Herren, ist die Zeit des Aufbruchs. Wir haben jetzt gemeinsam die Verpflichtung, den Kitakollaps zu verhindern. Das geht nur mit einem Kitarettungsprogramm als Soforthilfe.
Lassen Sie uns gemeinsam anpacken. Die NRWKoalition hat sich zum Ziel gesetzt, mit allen Spitzenverbänden und den freien Trägern auf Basis von Pauschalen eine neue Finanzierung auf die Beine zu stellen, um die Kitas und vor allen Dingen auch die Trägervielfalt in Nordrhein-Westfalen zu retten.
Deswegen wollen wir die CDU-geführte Landesregierung beauftragen, erstens einen rechtlichen und finanziellen Rahmen für eine finanzielle Soforthilfe zu schaffen und zweitens die notwendigen Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Trägern der Kindertageseinrichtungen zu führen, um eine dauerhafte und auskömmliche Finanzierung zu finden, damit Kitas fortbestehen und Erzieherinnen und Erzieher weiterhin einen guten Job machen können – für den sie, nebenbei bemerkt, unsere höchste Anerkennung bekommen sollten –, damit Vereinbarkeit von Familie und Beruf keine leere Worthülse bleibt und damit die Politik für Familien, Kita-Träger und Eltern wieder ein verlässlicher und zukunftsfähiger Partner wird. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.