Protokoll der Sitzung vom 13.07.2017

Vielen Dank, Herr Kamieth. – Für die FDP erteile ich Herrn Hafke das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Elementarbildung ist neben dem Elternhaus das wichtigste Element der persönlichen Entwicklung eines jeden Kindes. Genau deswegen haben wir uns als CDU und FDP dafür entschieden, diesem wichtigen Fachbereich einen großen Schwerpunkt zu widmen und uns dieser Herausforderungen anzunehmen.

Das, was uns die Vorgängerregierung von SPD und Grünen hinterlassen hat, ist eine riesengroße Baustelle. Es wurde viel angekündigt und versprochen – zum Beispiel ein neues Kindergartengesetz. Das haben wir bis heute nicht vorgelegt bekommen. Es wurde angekündigt, eine auskömmliche Finanzierung für die Kindertageseinrichtungen sicherzustellen. Fehlanzeige!

Es gibt in Nordrhein-Westfalen viel zu wenige Plätze in U3 und Ü3. Das KiBiz ist mit Bürokratie überlastet. Die Flexibilität an den Kindertageseinrichtungen, um Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten, findet faktisch kaum statt. Der Super-GAU, den wir im Moment aufgrund der Finanzierung des Kinderbildungsgesetzes erleben, sind Trägerabgaben bis hin zu Kitaschließungen in Nordrhein-Westfalen.

Das ist das, was uns Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen hinterlassen hat.

Im Wahlkampf wurde dann viel über Beitragsfreiheit in Nordrhein-Westfalen gefaselt. Die SPD hatte ein Konzept vorgeschlagen, das geschmeidige 1 Milliarde € gekostet hätte, konnte aber in den letzten Jahren kein Konzept vorlegen, mit dem man die Elementarbildung tatsächlich nach vorne bringt.

Der Witz der Woche ist dann der Entschließungsantrag, der uns hier auf den Tisch flattert. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten daraus, weil ich den ersten Punkt schon sehr humorvoll fand:

„Die Kita-Träger, die Kommunen, die Eltern und schließlich auch die Kinder in Nordrhein-Westfalen brauchen ein neues, auskömmliches und qualitätsförderndes Finanzierungssystem, …“

Da frage ich mich ernsthaft, ob die SPD bei den Anträgen von CDU und FDP in den letzten Jahren abgeschrieben hat und warum Sie nicht in der Lage waren, das in den letzten sieben Jahren umzusetzen. Ich halte das für ein Armutszeugnis.

(Beifall von der FDP – Henning Höne [FDP]: So ist es!)

Meine Damen und Herren, weil die Fraktionen von SPD und Grünen und die damalige Regierung nicht in der Lage waren, die Kinderbildung in den Griff zu bekommen, werden wir nun verschiedene Maßnahmen Schritt für Schritt auf den Weg bringen, um Nordrhein-Westfalen tatsächlich beste Bildung zu sichern.

Wir werden als ersten Schritt ein Kitarettungsprogramm auf den Weg bringen, das insbesondere dafür sorgen wird, dass wir keine Trägerabgaben und Kitaschließungen in Nordrhein-Westfalen mehr vornehmen müssen. Das ist ein ganz wichtiges Signal an alle Verbände und alle, die sich mit Kitas beschäftigen.

In einem zweiten Schritt müssen wir dann sicherstellen, dass es eine auskömmliche Finanzierung für die Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen gibt, damit sie verlässlich arbeiten können und nicht mehr die prekäre finanzielle Situation vorfinden, die wir heute haben.

In einem dritten Schritt – das ist im 21. Jahrhundert genauso wichtig – müssen wir über Vereinbarkeit von Familie und Beruf und über Flexibilität sprechen. Wir müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen sicherstellen, damit das in Nordrhein-Westfalen auch möglich ist und wir hier nicht bundesweit das Schlusslicht sind.

Deswegen liegen viele Aufgaben vor uns. Ich bin aber sehr optimistisch, dass wir das mit dem, was im Koalitionsvertrag steht, hinbekommen werden und die Baustellen, die uns Rot-Grün hinterlassen hat,

(Dr. Dennis Maelzer [SPD]: Das stimmt doch nicht!)

auch sehr zeitnah abräumen werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Hafke. – Für die SPD erteile ich Herrn Dr. Maelzer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Kamieth, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer ersten Rede als familienpolitischer Sprecher der CDUFraktion. Ich muss jedoch gestehen, dass ich Ihnen gegönnt hätte, zu einem Antrag mit deutlich mehr Tiefgang zu sprechen.

Ich muss schon sagen: Das, was uns hier die Koalitionsfraktionen präsentieren, ist eine ziemlich dünne Suppe. Es ist lediglich ein Aufguss dessen, was Sie in Ihrem Koalitionsvertrag aufgeschrieben haben. Ganze sechs Zeilen Ihres Antrages beschäftigen sich mit der Zukunft der Kitafinanzierung. Weil Sie anscheinend selber gemerkt haben, dass sechs Zeilen für einen Antrag nicht ausreichen, widmen Sie sich stattdessen der Rückschau, was SPD und Grüne in ihrer Regierungszeit angeblich alles nicht geschafft hätten.

Eines muss ich Ihnen beiden gleich konstatieren, Herr Hafke und Herr Kamieth: Gute Historiker wären Sie beide nicht geworden.

(Beifall von der SPD)

Aber einverstanden; lassen Sie uns einen Blick zurück werfen – aber ohne die Legendenbildung, die Schwarz-Gelb hier betreiben möchte. Als die SPD 2010 an die Regierung kam, fanden wir mit dem KiBiz ein reines Spargesetz zulasten der Erzieherinnen und Erzieher, der Träger und der Kinder vor. Das Gesetz startete schon mit der sogenannten KiBizLüge; denn es war niemals auskömmlich finanziert. Ein ganzer Tarifabschluss wurde von Ihnen nicht berücksichtigt.

In den Jahren unserer Regierungszeit haben wir bei den Kleinsten nicht gespart. Wir haben alles dafür getan, die finanzielle Situation unserer Kitas zu verbessern.

(Daniel Sieveke [CDU]: Das sehen wir aber anders!)

Wir haben die Landesmittel mehr als verdoppelt – auf mehr als 2,8 Milliarden €. Wir haben eine neue U3Pauschale eingeführt und dabei die Betreuungsrelationen im U3-Bereich verbessert. Wir haben mehr Geld für Kitas in schwierigen Stadtteilen bereitgestellt. Mehr Geld fließt in jede einzelne Gruppe und

mehr in die Familienzentren. Alles das hat das Land alleine finanziert.

Warum alleine? – Weil die Kommunen nach den Erfahrungen, die sie mit Schwarz-Gelb gemacht haben, aus dem Reformprozess ausgestiegen sind. Das hat sich erst mit dem Gesetz zur überbrückenden Verbesserung der finanziellen Ausstattung der Kindertagesbetreuung geändert.

Damit wurden – das unterschlagen Sie in Ihrem Antrag geflissentlich – die Mittel aus dem von SchwarzGelb auf Bundesebene verfassungswidrig eingeführten Betreuungsgeld 1:1 dahin gegeben, wohin sie auch gehören. 431 Millionen € fließen jetzt in die frühkindliche Bildung. Erst durch diesen Schritt waren auch die Kommunen bereit, ihren Eigenanteil höher zu dynamisieren.

(Beifall von der SPD – Daniel Sieveke [CDU]: Also wieder fremdes Geld!)

Stellen Sie doch eine Zwischenfrage; ich antworte gerne. Man merkt, dass Sie fachfremd sind.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh! – Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])

Jetzt sind die Kommunen wieder mit im Boot. Damit wurde die Grundlage für eine grundständige KiBizRevision gelegt. Denn dafür braucht es alle Beteiligten: Land, Träger und Kommunen.

(Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])

Diese Chance muss man dann aber auch nutzen.

Jetzt steht in Ihrem Antrag, dass Sie die Landesregierung beauftragen wollen, ein kurzfristiges Programm für die Kitas aufzulegen. Sie wollen die Landesregierung beauftragen, Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Kitaträgern aufzunehmen. Na, Donnerwetter!

Herr Dr. Stamp, dafür brauchen Sie allen Ernstes einen Auftrag von CDU und FDP? Ich hätte Ihnen zugetraut, dass Sie als Familienminister von ganz alleine auf diese Idee gekommen wäre. Aber so kann man sich täuschen.

(Daniel Sieveke [CDU]: Trauen Sie das mal lieber Herrn Dr. Stamp zu!)

Nein, meine Damen und Herren; das einzige Ziel dieses Antrags ist es, Handeln vorzutäuschen. Sie hoffen, mit diesem dürren Papier über die Sommerpause zu kommen. Sie hoffen, mit diesem Papier über die Bundestagswahl zu kommen.

Aber die Wählerinnen und Wähler, die Erzieherinnen und Erzieher und nicht zuletzt die Familien mit kleinen Kindern haben Antworten verdient.

Verraten Sie, was Ihr Plan für die frühkindliche Bildung in unserem Land ist. Oder seien Sie so ehrlich

und gestehen Sie ein: Sie haben keinen konkreten Plan.

Wie groß ist die entstandene KiBiz-Lücke, die es zu schließen gilt? – Kein Wort dazu in Ihrem Antrag. Wie hoch soll der Einmalbeitrag für die Kitas sein? – Kein Wort dazu in Ihrem Antrag. Wird das Land den Einmalbeitrag allein aufbringen? – Kein Wort dazu in Ihrem Antrag. Wann fließt das Geld? – Kein Wort dazu in Ihrem Antrag. Und heißt ein durch Pauschalen finanziertes System, das Sie in Ihrem Antrag fordern, dass Sie nicht bereit sind, die Strukturen des KiBiz grundsätzlich infrage zu stellen? – Auch darauf gibt Ihr Antrag keine Antwort.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, keine Antworten, stattdessen Beschimpfungen der politischen Mitbewerber – das alles zeigt: CDU und FDP sind in ihren Rollen als regierungstragende Fraktionen noch nicht angekommen.

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Das könnte mich freuen; denn das macht mir und der SPD das Leben in der Opposition leicht.

Aber, meine Damen und Herren der neuen Landesregierung, es ist nicht Ihre Aufgabe, mir das Leben leichter zu machen. Es ist Ihre Aufgabe, das Leben der Familien, der Kinder sowie der Erzieherinnen und der Erzieher leichter zu machen.

(Beifall von der SPD)

Dazu leistet dieser dürre Antrag keinen Beitrag. Schenken Sie den Betroffenen reinen Wein ein, und hören Sie auf damit, sich um die notwendigen Antworten herumzudrücken.