Protokoll der Sitzung vom 13.07.2017

Das haben Sie zu verantworten, und nun müssen wir die Kohlen aus dem Feuer holen. Es wird nicht so weit kommen, dass wir uns auch noch Ratschläge von Ihnen holen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ein ganz ernst gemeinter Tipp an SPD und Grüne: Sie sollten ganz kleine Brötchen backen und mit Demut an diese Debatte herangehen. Ich glaube, dann können auch Sie wieder vernünftig mit den Betroffenen sprechen.

(Zuruf von der SPD: So wie Sie in den letzten sieben Jahren!)

Wir werden jetzt erst einmal schauen, dass wir das umsetzen, was wir in den letzten sieben Jahren angekündigt haben, nämlich eine auskömmliche Kitafinanzierung. Dafür müssen wir zuerst einmal die Träger retten; denn wir wollen eine Vielfalt in NordrheinWestfalen garantieren. Wir wollen, dass es verschiedene Träger gibt, die mit Kitas zusammenarbeiten, und den Eltern ein Bildungsangebot unterbreiten. Das wollen wir nun auf den Weg bringen, und deswegen ist es so entscheidend, dass dieser erste Schritt erfolgt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP, der CDU und der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Wir sind damit am Ende der Debatte zu Tagesordnungspunkt 7 und kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen erstens ab über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/77. Es ist direkte Abstimmung beantragt. Wer also dem Inhalt dieses Antrags zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind CDU, FDP und die Piratenfraktion.

(Zurufe: Nein! Die gibt es nicht mehr! – Heiter- keit)

Entschuldigung. Sehen Sie es mir nach. Ich wusste, irgendwann treten die Automatismen ein. Ich meinte die AfD-Fraktion. Ich entschuldige mich bei Ihnen, ich entschuldige mich bei den Piraten, bei den Bürgerinnen und Bürgern

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Marcus Pretzell [AfD]: Bei der SPD ist heute ein humoriger Tag!)

und wiederhole es ganz korrekt für das Protokoll. Meine beiden Schriftführer werden jetzt sehr genau hinhören und aufpassen.

Ich wiederhole: Für den Antrag haben gestimmt die CDU-Fraktion, die FDP-Fraktion und die AfD-Fraktion. – Wer stimmt dagegen? – Das sind SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Antrag Drucksache 17/77 angenommen.

Wir kommen zur zweiten Abstimmung, und zwar über den Entschließungsantrag der SPD Drucksache 17/141. Wer möchte diesem Antrag zustimmen? – Das sind die SPD-Fraktion und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP und die AfD-Fraktion. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Entschließungsantrag Drucksache 17/141 abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf:

8 Wirksame Nachrüstung von Diesel-Fahrzeu

gen durch Automobilhersteller umsetzen und so anhaltend hohe Stickstoffdioxid-Emissionen reduzieren

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/68

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat für die antragstellende Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Remmel das Wort.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Wird das Ihre Jungfernrede?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir führen heute hoffentlich keine Grundsatzdebatte

(Lachen von der CDU)

über Verbrennungsmotoren ja oder nein, über die Dieseltechnologie ja oder nein, über die klimafreundliche Gestaltung des Individualverkehrs

(Marcus Pretzell [AfD]: Was soll das denn dann?)

oder über neue technische Entwicklungen.

(Marcus Pretzell [AfD]: Dann können wir ja jetzt aufhören!)

Nein, das sind Zukunftsdiskussionen, die hier heute möglichst nicht stattfinden sollten.

Es geht um das Hier und Jetzt.

Herr Minister Wüst, wir sollten auch keine Spiegelfechtereien betreiben: den Spiegel des Fahrverbots aufstellen und dann einen netten Florettschritt machen, um dagegen anzukämpfen. Nein, niemand – ich vermute, auch die AfD-Fraktion in diesem Landtag nicht – möchte Fahrverbote. Nein, das möchte Nordrhein-Westfalen im Interesse der Autofahrerinnen und Autofahrer, der Verbraucherinnen und Verbraucher eben nicht.

Herr Wüst, ich glaube, es geht auch nicht um die Maßnahmen – die müssen wir sowieso ergreifen –, um die Luft in unseren Städten zu verbessern, nämlich die Taxiflotten so umzustellen, dass sie möglichst emissionsarm fahren, neue Busse in unseren Städten fahren zu lassen, Lieferverkehre so ähnlich zu gestalten, wie es die Post tut, den Fahrradverkehr so zu fördern wie in Kopenhagen oder eine verstärkte Förderung des öffentlichen Verkehrs anzustreben. Das müssen wir zwar alles machen, aber darum geht es heute nicht.

Es geht schlicht und einfach um die Kernfrage: Wer im Hier und Jetzt nicht schnell gegenüber der Automobilindustrie eine wirksame technische Nachrüstung durchsetzt, wird am Ende Fahrverbote verantworten müssen. Das ist die Gretchenfrage. Das ist die Kernfrage, um die es hier und heute geht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dabei gibt es Begrenzungen und klare Ableitungen. Zum einen sind das technische Ableitungen. Das ist jetzt rauf und runter untersucht und diskutiert worden: Nur eine wirksame technische Nachrüstung kann gewährleisten, dass Fahrzeuge der Euro-5- und der Euro-6-Norm die Vorgaben einhalten, die einzuhalten für die saubere Luft in unseren Städten notwendig ist.

Es ist auch mathematisch ableitbar, denn mit Prognosemodellen kann man berechnen, welche Maßnahmen notwendig sind, um die Anforderungen der Europäischen Kommission, aber auch die gerichtlichen Anforderungen zu erfüllen.

Es ist rechtlich notwendig und ableitbar, weil wir Verwaltungsgerichtsentscheidungen haben, weil wir ein EU-Vertragsverletzungsverfahren haben und weil im Mittelpunkt dieser Entscheidungen ein Grundrecht unserer Verfassung steht: die körperliche Unversehrtheit und die Gesundheit der Menschen. Deshalb muss hier und heute gehandelt werden, und deshalb können wir nicht auf irgendwelche Zukunftsoptionen setzen.

Der Abgasskandal tut ein Übriges. Bei den Menschen entsteht zurzeit der Eindruck, dass man die Großen, die dafür verantwortlich sind – das ist nicht nur VW –, laufen lässt, und die Kleinen sollen dafür büßen, indem sie ihre unter Vertrauensschutz erworbenen Fahrzeuge nicht mehr benutzen sollen.

Deshalb ist es gut und richtig – ich begrüße das außerordentlich –, dass die Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen eine entsprechende Resolution verfasst haben. Aber da bleiben Fragen offen. In dem gemeinsamen Positionspapier heißt es, dass man eine „rasche Verbesserung der Flottenwerte bei DieselFahrzeugen durch kostenfreie Nachrüstungen für Kunden von Diesel-Pkw durch Kostenübernahme“ – das ist wichtig – „durch die Automobilindustrie und durch Anreize für den Kauf von Euro-6d-Temp- und Euro-6d-Diesel-Pkw“ fordert.

Das ist gut, aber es bleiben, wie gesagt, entscheidende Fragen offen: Welche Nachrüstung genau soll eingefordert werden – eine, die die Automobilindustrie möchte, oder eine, die für die Luft und für die Gesundheit der Menschen gut ist? Beide Maßnahmen unterscheiden sich erheblich durch die Kosten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Nach Berechnungen von ADAC und anderen, auch von Umweltverbänden, kostet die einfache Billiglösung ungefähr 1,5 bis 2 Milliarden €, und die Kosten für die notwendige technische Nachrüstung werden im zweistelligen Milliardenbereich liegen.

Da geht es dann um die Frage der politischen Durchsetzbarkeit: Wird Nordrhein-Westfalen auf Bundesebene eine Initiative starten, um die Bundesregierung – und gegebenenfalls auch den Bundestag – dazu zu zwingen, diese Nachrüstung gesetzlich einzufordern? Das ist notwendig, denn die Zeit drängt. Es bedarf dann nämlich auch noch einer Typenzulassung beim Kraftfahrzeugbundesamt – das bedeutet eine zeitliche Dimension –, um das am Ende des Tages so wirksam werden zu lassen, dass die anstehenden Gerichtsentscheidungen, beispielsweise die des Bundesverwaltungsgerichts, nicht zu anderen Maßnahmen zwingen.

Die Zeit läuft uns also davon, und deshalb ist es notwendig, dass die Landesregierung bzw. der Landtag hier eine entsprechende Initiative startet und die Notwendigkeit einer Nachrüstung präzisiert und dass im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher auch von Nordrhein-Westfalen aus politischer Druck auf die Bundesregierung, die Automobilindustrie und den Bundestag ausgeübt wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Voussem.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Man könnte froh sein, wenn die Luft so rein wäre wie das Bier.“ Das hat der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker einmal gesagt.

(Zurufe von der SPD: Ah!)

Leider ist die Luft in vielen Städten unseres Landes nicht so rein, wie sie es tatsächlich sein müsste. Daher muss das Problem der Luftreinheit auf vielfältige Weise angegangen und gelöst werden.

Die Kernforderungen des Grünen-Antrags an die Landesregierung lauten, sich gegenüber der Bundesregierung und den Fahrzeugherstellern für eine wirkungsvolle Nachrüstungsoffensive einzusetzen und den Fahrzeugbesitzern keine finanziellen Nachteile entstehen zu lassen. Diese Forderungen hat die Landesregierung bereits erfüllt. Wie Sie, Herr Kollege Remmel, richtig bemerkt haben, haben die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, BadenWürttemberg, Bayern, Hessen und Niedersachsen bereits am vergangenen Freitag in Berlin ein entsprechendes Papier unterzeichnet. Ihres Antrags und einer solch ausführlichen Debatte darüber hätte es heute gar nicht mehr bedurft.

Die Ministerpräsidenten sprechen sich dafür aus, dass die Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge nicht von den Kunden, sondern von der Automobilwirtschaft bezahlt werden soll. Vom Bund erwarten die Regierungschefs, dass verlässliche Rahmenbedingungen für das Nachrüsten der Dieselfahrzeuge gesetzt werden. Die fünf Bundesländer mit Automobilfirmen wollen vor allem die Umstellung auf umweltfreundliche Fahrzeuge vorantreiben.

Die Ministerpräsidenten, allen voran Armin Laschet, benannten bei dem Treffen in Berlin zwei Hauptprobleme: erstens – ganz akut – die vielen Schadstoffe in den Städten mit drohenden Fahrverboten für Dieselfahrzeuge und zweitens – mittelfristig – der technologische Wandel in der Automobilindustrie.

Winfried Kretschmann, der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, sagt in diesem Zusammenhang, das Auto werde neu erfunden. – Er hat damit recht. Der Wandel zur Elektromobilität ist eine Umwälzung, wie ihn die Automobilindustrie noch nicht erlebt hat. Daher geht der heutige grüne Antrag auch nicht weit genug.