Protokoll der Sitzung vom 22.05.2019

Natürlich haben die Kommentatoren völlig recht, wenn sie sagen, dass es an der Zeit gewesen wäre, Herr Minister, die Stunde der Wahrheit zu nutzen,

Gestaltungsanforderungen, die Sie für sich haben, die die Koalition für sich hat, zu nennen. Das hat sie aber nicht getan. Sie haben das hier getan, indem Sie Dinge übertüncht haben.

Beispielsweise hat der Kollege Moritz gesagt, es hätte die rote Laterne im Ländervergleich im Wirtschaftswachstum für das Land Nordrhein-Westfalen gegeben. Unsere Kolleginnen und Kollegen, die im Wirtschaftsbereich, im Finanzbereich tätig sind, wissen, dass es diese rote Laterne im Ländervergleich nie gegeben hat.

(Zuruf von Ralph Bombis [FDP])

Nein, die gab es nie. Es gab immer ein Wirtschaftswachstum,

(Zuruf von Ralph Bombis [FDP])

das im Zusammenhang mit der Finanzkrise von 2008/2009 zugegebenermaßen langsamer gewachsen ist.

(Henning Höne [FDP]: Nullwachstum!)

Lieber Kollege von der FDP, Nullwachstum gab es in diesem Jahr auch nicht. Sie wissen, dass das im Nachhinein korrigiert worden ist.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Vielmehr hat es in dem von Ihnen genannten und gedachten Jahr Wachstum gegeben. Sie haben das Wirtschaftswachstum in einem industriellen Land, beispielsweise Nordrhein-Westfalen, mit einem Land wie das Saarland verglichen. Ich habe Ihnen damals schon vor Augen geführt, dass Sie das Wirtschaftswachstum in kleineren Bereichen, beispielsweise einer Currywurst-Bude, eher messen könnten, als Sie das in Nordrhein-Westfalen tun können.

Die Currywurst-Bude ist ein schönes Beispiel mit Blick darauf, was Sie gerade hier behauptet haben. Sowohl Kollege Moritz als auch Kollege Witzel haben gerade hier behauptet, dass die Entfesselungspakete – um den Plural zu nehmen – dazu genutzt worden seien, um Nordrhein-Westfalen jetzt auf die Stufe zu heben.

(Ralf Witzel [FDP]: Genau!)

Das ist schon eine interessante Herausforderung.

Ich kann mich noch gut an die Debatten hier zum Thema „Hygieneampel“ – deshalb habe ich das Beispiel Currywurst-Bude genannt – erinnern, wo Sie behauptet haben, dass die Hygieneampel das wirtschaftliche Wachstum in Nordrhein-Westfalen behindern würde, obwohl es die Hygieneampel noch gar nicht gab.

Ich verrate Ihnen jetzt mal ein besonderes Geheimnis: Die Hygieneampel ist nie eingeführt worden, sondern sie war nur auf dem Weg. Es gab eine lange Übergangsfrist. Jetzt verraten Sie mir mal eines: Wie

kann es dann sein, dass die Hygieneampel zu diesem atemberaubenden Wachstum, von dem Sie gerade gesprochen haben, einen Beitrag geleistet haben soll?

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

In den letzten zwei Jahren, Herr Kollege Witzel, ist es wirklich zu einer Witzaussage gekommen. Sie haben gesagt: Deshalb bekommen wir weniger Bundesergänzungszuweisungen. – Herr Witzel, es ist nicht in Ordnung, wie Sie versuchen, den Leuten Sand in die Augen zu streuen, anstatt mit den realen Problemen umzugehen.

(Beifall von der SPD)

Darüber hinaus haben Sie behauptet, wir bräuchten eine grundlegende Neuorientierung in der Finanzpolitik, und die hätten Sie auf den Weg gebracht. Ich frage mich ehrlich gesagt, wo.

Ich will nochmals die Kommentare der letzten Tage aufgreifen. Die Kommentatoren sagen völlig zu Recht: die Stunde der Wahrheit. Die bisherige Finanzentwicklung ist kein Verdienst Ihrer Regierungskoalition, sondern Sie sind in eine Glücksphase von hohen Steuereinnahmen gekommen, wozu die siebenjährige rot-grüne Regierung sicherlich mehr beigetragen hat als Sie in Ihrer Regierungszeit.

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Wenn Sie jetzt in Rage kommen, spricht das nur dafür, dass man einen ziemlich wunden Punkt getroffen hat.

(Beifall von der SPD – Lachen von der FDP)

Diese Fragen haben Sie nicht beantwortet. Wie ist es denn in Zukunft bei Ihnen, wenn Sie mit den Anforderungen umgehen wollen, die Sie im Bereich der Bildung genannt haben? Beabsichtigen Sie überhaupt, die Stellen, die Sie im Haushalt ausgewiesen haben, zu besetzen?

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Oder ist es nicht vielmehr so, dass Sie diese Dinge, die Sie jetzt im Haushaltsvollzug als Vorteil für sich verbuchen wollen, gerne in Kauf nehmen, Sie aber im Bereich der Bildung nur symbolische Politik betreiben und kein echtes Handeln dahinter legen?

(Bodo Löttgen [CDU]: Nein!)

Die Kommentatoren fragen zu Recht: Wie ist die Haltung im Bereich der Bildung? Wie wollen Sie mit den Grundschullehrern im Verhältnis zu den Gymnasiallehrern umgehen? Wollen Sie im Bereich der Inklusion tätig werden,

(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Nicht so wie Sie!)

oder wollen Sie einfach nur die Gymnasien schützen?

Alle diese Fragen im Bereich der Bildungspolitik beantworten Sie nicht. Stattdessen verstecken Sie sich hinter einem Haushaltsvollzug. Das ist nicht in Ordnung und streut den Leuten Sand in die Augen.

(Beifall von der SPD)

Sie haben gerade gesagt, wir würden vonseiten der Opposition Vorschläge machen, die überhaupt nicht ausfinanziert sind,

(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Wie Sie es selbst schon sagen!)

und kommen jetzt mit dem Beispiel der Straßenausbaubeiträge. Meine Güte, das ist aber ein armes Beispiel. Wir haben Sie als Landesregierung doch gefragt: Was ist die gesamte Summe, die Sie dafür aufbringen müssen? Sie haben gesagt: Irgendetwas zwischen 120 Millionen Euro und 130 Millionen Euro sind dafür aufzubringen. Der Fraktionsvorsitzende Löttgen bezeichnet die Überlegung als „Freibier für alle“.

Dem stellen Sie jetzt 1,7 Milliarden Euro Minderausgaben gegenüber und sagen, das sei völlig unfinanzierbar. – Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, so leicht können Sie es sich nicht machen!

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Es geht darum, dass wir in Ihrer Finanzpolitik sehen wollen, wo Ihre Prioritäten liegen. Wir erkennen Ihre Priorität: Sie wollen die Straßenausbaubeiträge für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land beibehalten; Sie wollen daran nichts ändern. Das hat ganz klar etwas mit der Finanzpolitik zu tun, die Herr Lienenkämper zu verantworten hat. Und das ist nicht in Ordnung.

Ich komme zum Ende.

(Zurufe von CDU und FDP)

Gut, nicht? Da freut sich der eine oder andere. – Sie haben heute keine Vorschläge gemacht. Wir haben erwartet, dass Sie entsprechende Vorschläge machen würden, Herr Lienenkämper. Wir haben vielleicht noch die Chance, in eine zweite Runde zu gehen und mit Zukunftsinvestitionen und Zukunftsüberlegungen zu agieren. Das tun Sie heute erkennbar nicht. Sie stellen sich hierhin wie jemand, der die Landesregierung im Controlling berät und sagt: Ja, das kriegen wir so oder so hin.

Politische Zielsetzungen sind das aber nicht, und das ist nicht in Ordnung. Das entspricht nicht den Ansprüchen, die Sie den Bürgern dieses Landes versprochen haben. Das werden wir dauerhaft bemängeln. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Hübner. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Lehne.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sowohl in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland als auch in der Geschichte Nordrhein-Westfalens hat es – Gott sei Dank! – noch keinen Finanzminister der Grünen gegeben, und das augenscheinlich nicht grundlos. Denn wenn Grüne eines haben, dann einen schier endlosen Munitionsvorrat an mäßigen Ideen für Ausgaben der öffentlichen Hand, unabhängig davon, ob genug Geld da ist oder nicht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ihr Verhalten ist unverantwortlich, insbesondere für die nachfolgende Generation. So sieht die Vision der Grünen jedenfalls aus.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Leg mal den Zettel weg!)

Wir könnten uns die Mühe machen, die Kosten all Ihrer Forderungen aus der Vergangenheit einmal zusammenzurechnen. Aber aufgepasst: Jetzt hören wir genau das Gegenteil. Jetzt sollen wir plötzlich sparen. Erst waren es zu wenig Investitionen, und jetzt müssen wir sparen, weil die Steuerschätzung so schlecht ausfällt. Aber verwundert das? – Nein.