Protokoll der Sitzung vom 24.05.2019

So mancher Oppositionspolitiker – da muss ich leider zu Ihnen schauen – hat aber in den letzten Monaten dieses konsequente Vorgehen ein Stück weit belächelt. Von PR-Show des Innenministers war die Rede. Nein, meine Damen und Herren von SPD und Grünen, das will ich Ihnen ehrlich sagen: Genau dieses notwendige konkrete und massive Handeln und Eingreifen belegt und beweist das neue Lagebild Clankriminalität.

(Beifall von der AfD – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Das zeigt nicht nur die brutal erschreckende Realität dieser kriminellen Clanstrukturen auf. Es zeigt auch insbesondere – auch das gehört zur Wahrheit mit dazu – das jahrelange Verharmlosen, Versagen und Wegschauen einer rot-grünen Vorgängerregierung.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Dieses Phänomen – Herr Wagner, das geht vielleicht an Ihre Adresse, damit Sie es auch verstehen – ist nicht 2015 vom Himmel gefallen und kommt auch nicht über Nacht. Diese Strukturen haben sich lange und langsam ausgebreitet. Wenn man mit den Menschen vor Ort in den betroffenen Stadtteilen spricht, dann sagen die auch: Wir sagen euch doch schon seit Jahren, dass da etwas schiefläuft. Das sieht doch jeder.

Aber Sie konnten und wollten sich in Ihrer Regierungszeit vielleicht nicht dieser riesigen Problemlage stellen und haben hingenommen, dass sich diese Clans ausbreiten. Es gab kein Halt bei Ihnen, es gab keinen Stopp bei Ihnen, es gab keine rote Karte. Nichts ist in all den Jahren passiert.

Das hat sich nun zum Glück grundsätzlich geändert; denn wir wehren uns. Wir packen an –

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

entschlossen und mit langem Atem, was in diesen Strukturen besonders wichtig ist. Wir verhelfen dem Rechtsstaat in unserem Land wieder zu Respekt und Durchsetzungskraft.

Aber wir werden es nicht allein bei Polizei und Justiz belassen. Wie das Lagebild aufzeigt, bestehen auch bei der Prävention und der Forschung erhebliche Defizite. Auch das werden wir langfristig mühsam aufbauen müssen.

Allein, das wird nicht reichen. Notwendig ist auch die Zusammenarbeit unter den Bundesländern, im Bund und auf europäischer Ebene. Auch als Konsequenz aus dem Lagebericht hat NRW – das muss man an dieser Stelle einmal deutlich hervorheben – dazu eine führende Rolle unter den Bundesländern eingenommen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Zusammenarbeit, Zusammenhalt und Unterstützung sind bei diesem Thema in der Gesamtgesellschaft wichtig. Die Gesellschaft muss zeigen und vorleben, dass wir eine weitaus bessere Form des Zusammenlebens, der Wertvorstellungen und des Respekts voreinander, vor unserer Freiheit, vor unseren Regeln, vor unserem Eigentum und insbesondere vor unserer körperlichen Unversehrtheit haben.

Genau das wollen wir schützen. Deshalb ist es so wichtig, konsequent und mit langem Atem gegen diese Clanstrukturen vorzugehen. Genau das erwarten die Bürgerinnen und Bürger von uns. Sie erwarten das zu Recht. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU, der FDP und Roger Beckamp [AfD])

Danke, Herr Kollege. – Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Brockmeier das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Clankriminalität findet aktuell äußerst große Aufmerksamkeit, und zwar nicht nur in Serien wie „4 Blocks“. Dort geht man zunächst von einer Art Fiktion aus – bis Clanmitglieder dann mitteilen, dass das schon ganz schön nah an der Realität dran ist. Auch die Schlagzeilen in den Zeitungen reden von Vermögensabschöpfungen und Beschlagnahmungen von Luxuswagen.

Dieser gefährlichen Entwicklung müssen wir entschieden entgegentrete; denn unsere Rechtsordnung duldet keine Parallelgesellschaften, in denen nicht das Gesetz, sondern die Familienehre Maßstab für Handlungen ist.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Deswegen bin ich Innenminister Reul äußerst dankbar, dass er das Problem früh erkannt und nicht weggeschaut hat. Er hat sich dem Koalitionsvertrag von CDU und Freien Demokraten verpflichtet gefühlt und

das Lagebild möglichst schnell auf den Weg gebracht. In der letzten Woche hat er das alarmierende Lagebild über Clankriminalität vorgelegt. Es ist das deutschlandweit erste Lagebild, das die Tatsachen wirklich auf den Tisch legt.

Nur wenn das Kriminalitätsfeld sichtbar ist, kann man nachhaltige und zielgerichtete Maßnahmen ergreifen, die diesen Strukturen auch wirklich wehtun und effektiv wirken.

(Beifall von der FDP und Josef Hovenjürgen [CDU])

Wie dringend dieses Lagebild benötigt wird, will ich an einem Beispiel deutlich machen. Noch im Januar dieses Jahres, also vor ungefähr vier Monaten, gingen die Behörden von 50 Clans in Nordrhein-Westfalen aus. Jetzt spricht das Lagebild von mehr als dem Doppelten. Die Zahlen sind wirklich erschreckend: Rund 6.500 Tatverdächtige aus 104 Clans haben allein zwischen 2016 und 2018 14.225 Straftaten begangen.

Aus der Analyse geht auch hervor – das wurde gerade auch schon gesagt –, dass mehr als ein Drittel davon Rohheitsdelikte sind, also schlimme Straftaten wie Nötigung, Raub, gefährliche Körperverletzung und Bedrohung. Die Rede ist auch von 26 Tötungsdelikten, von denen zwei leider vollendet wurden. Gut 6 % der Tatverdächtigen sind für mehr als 30 % der Straftaten verantwortlich. Rund 20 % der Taten gehen auf das Konto von nur zwei Familienclans.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, eines ist doch völlig klar: Diese Zahlen hätte es viel, viel früher geben müssen. Es ist nicht selbstverständlich, dass dieses Lagebild jetzt vorliegt. Das ist der Verdienst von Schwarz-Gelb.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Obwohl es die Anzeichen und entsprechende Meldungen aus den Polizeipräsidien schon seit Langem gibt, hat der ehemalige Innenminister Ralf Jäger aus falscher politischer Korrektheit eben kein solches Lagebild in Auftrag gegeben, sondern sich lieber mit dem Projekt KEEAS zufriedengegeben und keine einzige Maßnahme ergriffen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die Begründung der damaligen Landesregierung für ihre Untätigkeit in diesem Bereich lautete, man wolle niemanden aufgrund seiner Familienzugehörigkeit diskriminieren.

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Und Sie wollen das?)

Was für ein Unfug! Wir gehen das nicht wie die AfD an, die mit einem völlig falschen Menschenbild und völlig falschen Fakten da herangeht.

(Helmut Seifen [AfD]: Sie kennen unser Men- schenbild gar nicht! Unverschämtheit! – Wei- tere Zurufe von der AfD)

Wir wollen eine weltoffene Gesellschaft. Aber wenn man eine weltoffene Gesellschaft haben will, dann darf man eben nicht die Augen vor denjenigen verschließen, die dieses weltoffene Bild für ihre kriminellen Geschäftsmodelle ausnutzen wollen – im Gegenteil!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Eines ist doch völlig klar: Wir reden hier nicht über die friedliche Eltern-Kind-Familie, sondern über hierarchisch organisierte Parallelgesellschaften, die sich von archaischen Ehrvorstellungen leiten lassen und sich gegen den Rechtsstaat erheben.

Weil die Lage so ernst ist, sind wir nicht untätig geblieben, bis das Datenmaterial vorlag, sondern haben Maßnahmen ergriffen. Was hat sich die Opposition von Rot und Grün noch Anfang Januar über die Großrazzien in den Ruhrgebietsstädten beschwert – das sei ja alles nur PR.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Lächerlich! – Zu- rufe von der SPD)

Während die ehemalige Landesregierung unzählige Überstunden und unzählige Ressourcen auf einen jährlichen Blitzer-Marathon verschwendet hat,

(Zuruf von der SPD: Oh!)

richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die echten Kriminellen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das, was Sie gemacht haben, war planlose Symbolpolitik und hatte nichts mit effektiver Innenpolitik zu tun.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir gehen nun mit der Nulltoleranzstrategie unermüdlich gegen kriminelle Strukturen vor. Das haben wir den Bürgerinnen und Bürgern im Wahlkampf versprochen, und daran halten wir uns auch.

(Beifall von der FDP)

Schon im August 2018 haben wir eine Taskforce gebildet, bestehend aus Innenministerium, Finanzministerium und Justizministerium, um schlagfertig mit allen nötigen Kompetenzen gegen die kriminelle Energie vorzugehen. Dabei ist dies unser oberstes Ziel: Wir wollen keinen Zentimeter von der Seite der Organisierten Kriminalität weichen und zu jedem Zeitpunkt auf den Füßen der kriminellen Mitglieder stehen.

An dieser Stelle möchte ich es auch nicht versäumen, der Polizei insbesondere für ihren Einsatz im Namen der NRW-Koalition zu danken.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die Polizistinnen und Polizisten in Nordrhein-Westfalen leisten einen großartigen Job für unser Land und

für unsere Gesellschaft. Gerade der Kampf gegen diese kriminellen Strukturen erfordert oft viel Engagement und verlangt viele Stunden mit hartem körperlichen Einsatz. Dafür danken wir ausdrücklich.