Guten Morgen! Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren! Es wäre gut, wenn wir anlässlich der Aktuellen Stunde über Maßnahmen für eine wirksame Klimaschutzpolitik sprechen könnten. Die Rahmenbedingungen, um die es hier geht, sind zwar Bundessache; das wissen wir alle. Aber selbstverständlich müssen wir als Energie- und Industrieland Nummer eins nicht nur mitdiskutieren, sondern auch mitprägen. Dass wir nun in eine Diskussion über ein kluges Konzept zur CO2-Bepreisung einsteigen, finden wir gut.
Herr Stinka, von Ihrer Rede war ich allerdings ein bisschen enttäuscht. Sie haben sich zunächst in Vergangenheitsbewältigung und Schwärmereien ergangen. Dann haben Sie sehr allgemein etwas zu dem Thema gesagt. Anschließend haben Sie konkrete Maßnahmen eingefordert. Die einzige konkrete Maßnahme, die ich wirklich bei Ihnen wahrgenommen habe, war Ihre Auffassung, dass Fliegen teurer sein müsse als Zugfahren. Da sind wir ja d’accord – aber das reicht leider nicht, Herr Stinka.
Frau Brems, Ihre Rede war sicherlich konkreter. Aber Sie verweisen einfach nur darauf, dass die Landesregierung jetzt mal etwas machen müsse. Hier muss ich Ihnen entgegnen: Wir wissen doch beide ganz genau, dass der Bund jetzt erst einmal am Zuge ist.
Und das, was die Landesregierung zu tun hat, tut sie doch. Das müsste Ihnen spätestens gestern klar geworden sein. Mit der Vorlage der Energieversorgungsstrategie hat die Landesregierung hier in diesem Hause eine umfassende, eine fundierte und eine stringente Strategie vorgelegt,
Wenn Sie gestern zugehört hätten, wüssten Sie auch, dass das Thema „CO2-Bepreisung“ hier sehr wohl eine Rolle spielt.
Wie sieht es denn da aus? Schauen wir uns die Situation doch einmal an. Die Bundesumweltministerin hat etwas vorgelegt, was Sie einen Plan nennen. In Wahrheit ist das kein Plan, sondern ein Gutachten zu einer möglichen Ausgestaltung. Es ist auch kein Vorschlag, der dem Koalitionspartner vorgelegt wird – geschweige denn ein Plan, der in Gesetzesform gegossen werden soll.
Wenn hier jemand Farbe bekennen muss, liebe SPD, dann sind das doch Sie. Es ist Ihr Teil der Bundesregierung, und es ist Ihre Bundesumweltministerin. Da fehlt mir noch einiges.
Um aber zur Versachlichung beizutragen, will ich deutlich sagen: Alle demokratischen Parteien haben sich nach meiner Wahrnehmung im Grunde genommen für eine gewisse Form der CO2-Bepreisung ausgesprochen.
Es gibt Unterschiede bei der Vorstellung der Ausgestaltung; das ist richtig. Darüber sollten wir streiten. Darum geht es in einem demokratischen Diskurs ja auch.
Es wäre übrigens auch hilfreich, wenn wir hier nicht durch Worte verschleierten. Das, was Sie hier in Ihrer Überschrift zur Aktuellen Stunde „Bepreisung“ nennen, und das, was Ihre Bundesumweltministerin vorgelegt hat, ist doch in Wahrheit eine CO2-Steuer.
Wir sind der Auffassung, dass eine Ausweitung des Zertifikatehandels auf die Sektoren Wärme und Verkehr fairer und einfacher als eine Steuer wäre. Vor allen Dingen wäre es gerade auch mit internationalem Bezug – und Klimaschutz ist eine internationale Aufgabe – wesentlich effektiver. Das ist ein konkreter Vorschlag, lieber Herr Stinka.
Eines will ich Ihnen aber auch sagen: Grundsätzlich teilen wir durchaus einige Vorgaben bezüglich einer CO2-Bepreisung, insbesondere etwa, dass sie sozialverträglich ausgestaltet sein muss.
Deshalb sage ich auch in aller Deutlichkeit: Wir stehen für einen effektiven und entschlossenen Klimaschutz. Aber das Ganze darf nicht zu etwas werden, was Geringverdiener oder die Mitte der Gesellschaft so stark belastet, dass es zu einer Spaltung kommt und der Konsens über den Klimaschutz aufgeweicht wird.
Das Ergebnis dessen spielt Radikalen in die Hände. Ein solches Ergebnis haben wir gestern hier gesehen: ein erbärmliches, armseliges Schauspiel, das von der rechten Seite des Hauses hier vorgeführt worden ist.
Dem dürfen wir nicht auf dem Leim gehen. Denn diese rechte Seite des Hauses ist es, die die Menschen am Ende alleine lässt. Das ist nämlich die Wahrheit.
Wir sollten alle gemeinsam dafür arbeiten, dass wir im Hinblick auf den Klimaschutz die Gesellschaft insgesamt, also die Menschen insgesamt mitnehmen.
(Beifall von der FDP, der CDU und der SPD – Zuruf von Roger Beckamp [AfD] – Gegenruf von Josef Hovenjürgen [CDU]: Guter Mann!)
Ich könnte es mir einfach machen und sagen: Jetzt muss die Bundesregierung handeln. Die Bundesregierung trägt Verantwortung, also: Auf geht’s!
Aber so einfach machen wir Freien Demokraten es uns nicht. Es gibt den konkreten Vorschlag der CDUParteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer, einen gemeinsamen Konsens zu suchen. Unser Parteivorsitzender Christian Lindner und unsere Generalsekretärin Linda Teuteberg haben sehr deutlich gesagt: Wir erklären unsere Bereitschaft zur Mitarbeit bei dieser Suche.
Das gilt für uns hier in Nordrhein-Westfalen genauso. Selbstverständlich sind wir bereit, gemeinsam als Koalition bei dieser großen Aufgabe, die der Klimaschutz bedeutet, mitzuarbeiten und nach einer breit getragenen Lösung zu suchen. Aber dann dürfen wir einen solchen Konsens auch nicht im Vorhinein gefährden oder unmittelbar danach direkt wieder gefährden, wie wir das leider beim Kohleausstieg in Teilen erleben.
Nur wenige Wochen nach der Unterzeichnung distanzieren sich einige von diesem sehr breit getragenen gesellschaftlichen Kompromiss. Sie erheben neue Forderungen und reden das Erreichte klein.
Frau Brems, Folgendes bedauere ich ein bisschen: Sie haben hier zwar den Kompromiss gelobt; aber ein klares Bekenntnis zur Eins-zu-eins-Umsetzung habe ich heute von Ihnen auch wieder nicht gehört.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, wenn Sie sagen, dass wir hier nach einem Konsens suchen müssen, frage ich mich, warum Ihr Fraktionsvorsitzender im Bund, Herr Hofreiter, auf den Vorschlag von Frau Kramp-Karrenbauer, nach einem solchen Kompromiss zu suchen, dann antwortet, dass es einen solchen Konsens mit dem Pariser Klimaschutzzielen schon gebe; er müsse nur umgesetzt werden; das sei alles gar nicht nötig.
Genau um diese Umsetzung geht es doch. Weil die Ziele unstrittig sind, müssen wir uns jetzt über die Umsetzung unterhalten. Das ist doch genau der Punkt.
Mein Verständnis für eine solche Verweigerungshaltung, wie sie Herr Hofreiter deutlich gemacht hat, geht wirklich gegen null. Wenn Klimaschutz eine so große Aufgabe ist, und wenn Sie das Thema nicht nur selber instrumentalisieren wollen, können Sie sich doch aus einer solchen Diskussion nicht ausklinken, sondern dann müssen Sie auf ein solches Gesprächsangebot eingehen.
Erster Punkt: Die Antwort zu einem Bekenntnis zu den Klimaschutzzielen und einer CO2-Bepreisung ist gegeben; eindeutiges Ja.