Protokoll der Sitzung vom 18.09.2019

Aber – ganz toll – die Landesregierung will im Frühjahr 2020 und 2022 eine Woche des Respekts an Schulen ausrufen. Die wird wahrscheinlich genauso helfen wie die Flyer des Innenministers gegen Chaoshochzeiten, nämlich gar nicht.

Aber weiter zu den Folgen der Politik des Mangels im Bildungsbereich: Alleine im Primarbereich wurde beispielsweise eine Verschlechterung der Handschrift mit einem Negativwert von rund 90 % nachgewiesen. Das ist ein alarmierendes Ergebnis, welches Leistungsabfall begünstigt. Auch der Zeitumfang beschwerdefreien Schreibens fällt erschreckend aus. Nur zwei von fünf Schülern können länger als 30 Minuten beschwerdefrei schreiben.

Beim INSM-Bildungsmonitor 2019 belegt NRW gerade einmal Platz 13, bei der Ausgabenpriorisierung sogar Platz 15. Lediglich Bremen hat schlechter abgeschnitten, und Bremen schneidet immer schlechter ab, meine Damen und Herren.

Schlecht abgeschnitten trifft es denn auch insgesamt ganz gut. Was Sie hier heute vorgelegt haben, ist ein der schädlichen Nullzinspolitik geschuldeter, nur vermeintlich ausgeglichener Haushalt. Die Schulden zurückzuzahlen, sie endlich wirksam zu tilgen, das fällt Ihnen gar nicht erst ein. Investitionen in die Kernaufgaben des Staates? – Unzureichend. Grenzsicherung will Herr Laschet nicht. Abschiebungen? – Totalversagen von Herrn Stamp.

Wenn das ernsthaft der Haushalt sein soll, mit dem sich Armin Laschet bei möglichen Neuwahlen im Bund als Kanzlerkandidat empfehlen wollte, dann geht der Schuss sprichwörtlich nach hinten los. So kann NRW nicht als Beispiel für den Rest der Nation dienen, höchstens als schlechtes. Unser Anspruch ist da ein anderer. – Ich danke Ihnen.

(Anhaltender Beifall von der AfD)

Vielen Dank. Das war der Abgeordnete Wagner. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Lienenkämper das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wenigstens ein paar Ausführungen möchte ich richtigstellen, bevor wir in den intensiveren Austausch im Haushalts- und Finanzausschuss, in allen anderen Ausschüssen und dann auch wieder hier im Plenum eintreten.

Herr Kollege Kutschaty, ich habe mir bei Ihnen mal die Wohnraumförderung herausgesucht. Sie haben Frau Kollegin Scharrenbach dafür kritisiert und ihr sinngemäß unterstellt, sie sei im Bündnis mit den Unternehmern gegen die Mieterinnen und Mieter. Das finde ich persönlich angesichts der unfassbar vielen Termine, die Frau Kollegin Scharrenbach in der gesamten Wohnungswirtschaft mit Mietern und Eigentümern durchführt, ausgesprochen fragwürdig. Außerdem ist es auch noch falsch.

Ich will Ihnen sagen, wie die Volumina der Wohnraumförderung in Ihrer Regierungszeit ausgesehen haben. Im Durchschnitt betrug das Volumen der Wohnraumförderung von 2011 bis 2016 858 Millionen Euro. Dabei habe ich zu Ihren Gunsten schon das starke Jahr 2016 eingerechnet, das wegen der flüchtlingsbedingten Bundeshilfen ein ganz besonderes Ausreißerjahr nach oben war.

Das Volumen der Wohnraumförderung unter dieser Landesregierung und Ministerin Ina Scharrenbach lag 2018 bei 1,1 Milliarden Euro, 2019 bei 1,1 Milliarden Euro, und es liegt 2020 bei 1,1 Milliarden Euro, 2021 bei 1,1 Milliarden Euro, 2022 bei 1,1 Milliarden Euro.

(Sven Wolf [SPD]: Und wie viel ist abgerufen worden?)

Sogar Sie werden den Durchschnitt ermitteln können: 1,1 Milliarden Euro.

(Beifall von der CDU und der FDP – Thomas Kutschaty [SPD]: Und wie viel davon sind Bun- desmittel?)

Sowohl beim Mietwohnungsneubau als auch bei der Eigentumsförderung, bei den Modernisierungen im Bestand, bei den Quartiersmaßnahmen und beim studentischen Wohnungsbau sind darin Steigerungen enthalten. Beim Mietwohnungsneubau sind es prozentual die weitaus größten Steigerungen. Das entkräftet den Vorwurf, diese Landesregierung sei eine Regierung, die Eigentümerförderung, aber keine Mietwohnungsförderung betreibe.

(Sven Wolf [SPD]: Herr Lienenkämper, Strich drunter: Wie viele Wohnungen sind denn ent- standen?)

Wir kümmern uns um die kleinen Leute genauso wie um die Wohnungswirtschaft.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das waren nun die Volumina. Sie sind Fachmann und wissen, dass man die Ergebnisse davon unterscheiden muss.

(Christian Dahm [SPD]: So ist das!)

Das Ergebnis für 2018: 8.662 geförderte Wohneinheiten in der Wohnraumförderung; 923,4 Millionen Euro echtes Fördervolumen. Das ist ein Plus von 5,5 % gegenüber dem Ergebnis von 2017 und das beste Förderergebnis seit 2012.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wenn Sie dieses Thema also weiter bearbeiten wollen, dann empfehle ich Ihnen die Beachtung eines alten amerikanischen Sprichworts, lieber Kollege Kutschaty: If you sit in a hole, stop digging.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Kommen wir zum Bereich der Justiz. Herr Kollege Kutschaty, Sie haben der Landesregierung vorgeworfen, wir hätten massiv Vertrauen bei der Justiz verspielt. Falls Sie damit die Justizpolitik gemeint haben sollten,

(Thomas Kutschaty [SPD]: Nein!)

darf ich Ihrer Aufmerksamkeit zuführen, dass wir …

(Thomas Kutschaty [SPD]: Sie wissen, was ich gemeint habe!)

Dazu komme ich gleich ja noch.

Falls Sie damit die Justizpolitik gemeint haben sollten, darf ich Ihrer Aufmerksamkeit zuführen,

(Zuruf von Martin Börschel [SPD])

dass wir in den vergangenen Jahren unserer Regierungszeit die Regierung waren, lieber Herr Justizminister a. D., die die meisten zusätzlichen Stellen in der Justiz geschaffen hat.

(Vereinzelt Beifall von der CDU – Sven Wolf [SPD]: Und wie viele davon sind besetzt?)

Im nächsten Jahr wird das fortgesetzt: 257 neue Stellen im kommenden Jahr – 56 neue Stellen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften, Stärkung des Justizvollzugs, Bewältigung der Klagewelle in der Sozialgerichtsbarkeit, und wir streichen zusätzlich noch kw-Vermerke.

Die Justizpolitik kann sich also wirklich sehen lassen. Herr Justizminister a. D., Sie wären froh gewesen, wenn Sie diese Stellen hätten schaffen können. Wir tun es jetzt, und das ist gut für die Justiz in NordrheinWestfalen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Sven Wolf [SPD]: Herr Kutschaty hat Stellen geschaffen und besetzt! Das schafft Herr Biesenbach nicht!)

Und falls Sie, lieber Kollege Kutschaty, mit Ihrer Bemerkung den Fall „Sami A.“ gemeint haben sollten

(Christian Dahm [SPD]: Na guck mal! – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

und damit Herrn Kollegen Stamp indirekt vorgeworfen haben, das Vertrauen und das Verhältnis zur Justiz nachhaltig beschädigt zu haben, ist die erste Botschaft: Inzwischen ist rechtskräftig entschieden, dass diese Maßnahmen des Kollegen Stamp rechtmäßig waren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ist es wirklich Ihre Position, dass Sie dem Oberverwaltungsgericht, welches so entschieden hat, vorwerfen, dass damit das Verhältnis dieses Oberverwaltungsgerichts zum Rest der Gerichtsbarkeit gestört ist? Glauben Sie das wirklich? Oder glauben Sie sogar ernsthaft, dass es Ihre Position sein kann, dass Joachim Stamp sich dafür bei der Justiz entschuldigen muss, dass Sami A. jetzt in Tunesien ist?

Überlegen Sie mal, wie Sie das den Menschen erklären. Ich finde es gut, dass es rechtmäßig ist, dass Sami A. jetzt in Tunesien ist.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Gregor Golland [CDU] – Sven Wolf [SPD]: Und was ist mit der Debatte davor, Herr Li- enenkämper? Die hat geschadet!)

Dann kommen wir, liebe Frau Kollegin Düker, zur Investitionsquote. Darüber werden wir ganz bestimmt noch viel miteinander diskutieren. Ich will aber versuchen, einige Dinge ins Verhältnis zu rücken.

Ihre Vorwürfe wären glaubwürdiger, wenn Sie in Ihrer Regierungszeit entweder eine höhere Investitionsquote gehabt hätten als wir oder in Ihrer Mittelfristigen Finanzplanung eine steigende Investitionsquote.

(Bodo Löttgen [CDU]: Ja!)

Beides war nicht der Fall.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ihre Mittelfristige Finanzplanung für 2016 bis 2020 sah sinkende Investitionsquoten vor – von 8,8 % auf 8,3 % in 2020.

(Monika Düker [GRÜNE]: Ja, da war die Schuldenbremse!)

Wir sprechen jetzt über 10,0 % in 2020 und im Haushaltsentwurf bis 2023 über dann 9,1 %. Unsere schlechteste Zahl ist besser als Ihre beste.