„Ich habe schon den Eindruck, dass mancher verleitet ist, nach Stimmungslage Politik zu machen. Ich glaube, das wäre grundlegend falsch. Ich will nicht ausschließen, dass wir uns in gewisser Weise beeinflussen lassen, durch Medienlagen, durch Erwartungshaltungen. (…) Man braucht aber in bestimmten Bereichen Grundwerte und eine Haltung, die eben nicht abhängig sein darf von Umfragewerten.“
„Wenn ich nur kläre: Wie steht die Bevölkerung zu einem Thema, und mich dann erst positioniere, macht das Politik, so glaube ich, auf Dauer unglaubwürdig.“
(Wolfgang Jörg [SPD]: Sehr gutes Zitat! – Sven Wolf [SPD]: Guter Satz! – Vereinzelt Bei- fall von der SPD)
Wie recht Sie damals hatten und wie weit Sie sich heute in Ihrer SPD-Fraktion von diesem selbst gesetzten Anspruch entfernt haben.
(Beifall von der CDU und der FDP – Wolfgang Jörg [SPD]: Ich hoffe nicht, dass Sie für die Rede zahlen mussten!)
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Bei den Straßenausbaubeiträgen gab es zuerst die Initiative des Bundes der Steuerzahler, die durchaus zu Recht klären wollte,
warum manche Anlieger heute im Gegensatz zu früher höhere Anliegerbeiträge zahlen. Daraus haben Sie als SPD abgeleitet, wie die Bevölkerung zu dem Thema steht, und sind anschließend auf den bereits fahrenden Zug aufgesprungen. Ihr eigenes Urteil zu dieser Art von Politik, Herr Kutschaty: unglaubwürdig.
Der Kollege Zimkeit von der SPD lamentiert in Richtung der NRW-Koalition: Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden und Mietervereinen fordert von Ihnen eine Umkehr in der Wohnungsbaupolitik.
Sie haben es heute angesprochen, Herr Kutschaty, und auch am 11.10.2016, nach sechs rot-grünen Regierungsjahren, war in der „NRZ“ zu lesen:
„In vielen Großstädten in NRW ist die Anzahl der Sozialwohnungen innerhalb von nur drei Jahren deutlich gesunken. Die Landesregierung will den Trend“
„Wie aus der Antwort der Landesregierung auf eine Nachfrage (…) hervorgeht, stehen heute ,nicht ausreichend mietpreisgebundene Wohnungen zu Verfügung, um die Nachfrage zu decken‘.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist Quatsch, und das wissen Sie auch! Schauen Sie sich doch einfach mal die Zahlen an!)
Sie wollen uns in die Schuhe schieben, was Sie selbst verbockt haben, und beschweren sich, dass die Aufräumarbeiten heute zu lange dauern.
Meine Damen und Herren, in der eigenen Regierungszeit haben Sie versagt, heute machen Sie Politik nach Stimmungslage. Ihr eigenes Urteil zu dieser Politik, Herr Kutschaty: unglaubwürdig.
Besonders deutlich macht dies ein Blick auf die ehemalige Herzkammer der SPD. Da ist noch heute auf den Internetseiten der Ruhr-SPD nachzulesen: Die SPD im Ruhrgebiet hat das Vertrauen der Menschen. – Realitätsverlust in Reinkultur!
aus 2018 wissen wir, dass Arbeitslose mit 62,9 % ein besonders hohes Armutsrisiko tragen und besonders stark von Armut betroffen sind.
Dem aktuellen Bericht von 2019 ist zu entnehmen, dass zwischen 2008 und 2018 nicht nur die Armut in NRW um 23,1 % gestiegen ist, sondern auch, dass die Armut im Ruhrgebiet fast viermal so schnell wie im gesamten Bundesgebiet gewachsen ist. Drei der fünf beschlossenen Handlungsfelder der Ruhr-Konferenz unter der Überschrift „Chancenregion Ruhr“
beschäftigen sich mit wirksamen Konzepten, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, und mit Fragen wie: Wie bekomme ich mehr Arbeitsplätze ins Revier? Wie organisiert man Mobilität, beste Bildung, integrativen Zusammenhalt, damit das Revier dauerhaft attraktiver Standort bleibt und wird?
(Beifall von der CDU – Marc Herter [SPD]: Das haben die Hauptgeschäftsführer der IHKs nicht richtig verstanden, ja?)
Die aktuelle Einschätzung der Opposition – die kennen Sie ja, Herr Herter – aus SPD und Grünen dazu ist, die Konferenz befasse sich nicht mit den wirklichen Problemen des Reviers.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Ignoranz der Opposition, diese Ignoranz der SPD perfektioniert eine Kunst, die Sie wirklich beherrschen, nämlich mit offenen Augen nicht sehen zu wollen.
(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU] – Wolf- gang Jörg [SPD]: Tosender Applaus von Josef Hovenjürgen! – Weitere Zurufe von der SPD)
Sie tun immer so, als wäre alle Problematik, über die wir hier sprechen, nach dem 14.05.2017 entstanden. Herr Kutschaty, Sie haben die Grundlagen mit Ihrer verfehlten Politik gelegt, und damit müssen wir heute aufräumen.
Also beklagen Sie sich jetzt nicht darüber, dass uns diese Aufräumarbeiten Engagement, Kraft und vor allen Dingen auch Zeit kosten.
Im September 2013 entschied die Landesregierung, keine Landesbürgschaft in Höhe von – Achtung! – nur 17,5 Millionen Euro für den newPark in Datteln/Waltrop zu übernehmen.
Hier sollten auf 136 Hektar industrielle und gewerbliche Großvorhaben mit rund 10.000 Arbeitsplätzen entstehen. Einen dunklen Tag für die EmscherLippe-Region nannte mein Kollege Josef Hovenjürgen diese Entscheidung damals. Nicht der letzte dunkle Tag! Zwei Jahre später verweigerte sich der grüne Umweltminister Remmel dem Kauf. Das unwürdige Spielchen wurde fortgesetzt.
Diese parteipolitischen und ideologischen Spielchen auf Kosten der Menschen, deren Armutsrisiko deutlich gesenkt worden wäre, wenn diese neuen Arbeitsplätze entstanden wären, haben Sie, meine Damen und Herren, zu verantworten.