Ich bin da hundertachtzigprozentig bei Ihnen. Aber das wird anstrengend werden. Da dürfen wir uns nichts vormachen. Im Koalitionsvertrag ist der Auftrag klar formuliert, und wir sind auch an der Arbeit. Genauso wird das auch passieren.
Ich bin nur auf einige Punkte eingegangen. Ich wollte eigentlich auch nicht so eine Streiterei, denn das macht keinen Sinn. Aber, Herr Kutschaty, das müssen Sie mir schon zugestehen: Mit einem solchen Antrag und mit dem Drumherum erwecken Sie den Eindruck, als müssten Sie uns erst auf das Thema aufmerksam machen, und wir hätten es nicht kapiert, wo die Glocken hängen.
Das hat mich ein Stück geärgert, man könnte auch sagen verletzt. Ich gehe aber nach vorn und sage, das hat alles keinen Sinn. Es ist eine so gigantisch bedeutsame Aufgabe, sich auseinanderzusetzen mit dem, was Rechtsextremisten in dieser Republik schon angerichtet haben und auch anrichten können, dass wir unbedingt alle, Mann und Frau in allen demokratischen Parteien, zusammenarbeiten müssen, um dieses gesellschaftliche Klima konstruktiv zu verändern und zu bekämpfen.
Der Kollege hat schon was gesagt zu Ihrem Hinweis auf die Shisha-Bars. Dazu sage ich nichts mehr. Ich war eine Zeit lang auch mal Oppositionspolitiker hier im Land. Aber man muss aufpassen, dass man die richtigen Stellen erwischt. Ich glaube, das war eine falsche Stelle.
Aber bei der Aufgabe, gemeinsam alles zu bündeln an Kraft, an intellektueller Kraft, auch an Ideen für neue Maßnahmen, nicht nach dem Motto „möglichst viele“, sondern die richtigen im Hinblick auf die Wirksamkeit, um diese Riesengefahr in unserer Republik
Deshalb freue ich mich auf die hoffentlich auch sehr sachlichen Debatten im Ausschuss, die allerdings dann auch ergebnisorientiert sein müssen.
Wir müssen ganz konkrete Maßnahmen noch zusätzlich finden. Ich wäre dankbar, wenn wir an all den Stellen, die wir heute schon haben, in Zukunft gemeinsam weiterarbeiten können. Am Allerwichtigsten ist wahrscheinlich nicht irgendeine einzelne repressive oder sonstige Maßnahme, sondern das Allerwichtigste ist das Wort, die Argumentation, das Neinsagen und das Auseinandersetzen. Dafür ist dieses Parlament der richtige Ort. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Minister Reul. – Sie haben gesehen, es ist eine Kurzintervention des Abgeordneten Seifen angemeldet worden. Es steht Ihnen frei, Herr Minister, die am Rednerpult oder an Ihrem Platz entgegenzunehmen und zu erwidern.
Das Erste. Eine Ursachenanalyse ist nicht eine Begründung in dem Sinne, dass man Taten rechtfertigt. Da kam bei Ihnen so ein bisschen der Zungenschlag hinein. Ich habe eine Ursachenanalyse aus meiner Sicht betrieben, aber keine Begründung und schon gar keine Rechtfertigung für irgendwelche Gewalttaten hervorgebracht.
Ich betone, dass keine Gewalt zu rechtfertigen ist, weder gegen Sachen noch gegen Personen, im Grunde genommen auch keine verbale Gewalt. Der parlamentarische Weg ist der Weg, den man beschreiten muss, um sich auseinanderzusetzen mit dem Denken anderer Menschen.
Jetzt komme ich zum zweiten Punkt, Herr Innenminister. Ja, Regierungen machen Fehler, wie Menschen Fehler machen. Aber wissen Sie – wir haben ungefähr das gleiche Alter –, in der Vergangenheit war es so: Wir können uns beide noch erinnern an die Auseinandersetzungen im Parlament mit Strauß, Wehner und wie sie alle hießen. Da wurde im Parlament gestritten, und zwar tatsächlich schonungslos, aber dem anderen wurde nicht unterstellt, er sei Nazi oder irgendetwas anderes.
Das ist das Problem, was wir heute haben. Das heißt, wir verbieten einigen Menschen den Mund. Genau das Mundverbieten macht die Leute erst so verrückt. Man muss die Leute reden lassen,
oder man hat jemanden wie eine Partei, die für die Leute redet. Es ist das Problem, dass das unterbunden wird. Deswegen sprach ich. Wenn Sie sich die Rede von Herrn Kutschaty aufmerksam angehört haben – das haben Sie, das war jetzt eine rhetorische Floskel –, dann war das ein Stück geistiger Bürgerkrieg.
(Michael Hübner [SPD]: Was? Was ist das jetzt? – Marc Herter [SPD]: Würden Sie das bitte mal zurücknehmen!)
Unterschiedslos wird da jede Position als rassistisch und nationalsozialistisch verdächtigt, Herr Reul.
Das ist das Problem. Wir müssen trennscharf unterscheiden zwischen Extremisten, Gewalttätern und konservativen Positionen,
Ich will es sehr kurz machen, Herr Seifen. Unterschiedliche Meinungen haben und sich zu streiten, ist das eine. Wenn aber aus einem solchen politischen Streit Verschwörungstheorien werden, wenn Szenarien entwickelt werden, die dann den Boden dafür bereiten, dass andere Menschen glauben, sie hätten eine Legitimation, auch mit Gewalt unterwegs zu sein, dann finde ich, ist es Zeit, sich davon zu trennen und zu sagen: Das eine ist die Kritik, und das andere ist die Entwicklung eines Verschwörungsszenarios in einer Gesellschaft, das ist Brunnenvergiftung.
Ich glaube, in Ihrer Partei ist der Bogen überspannt worden. Das ist meine persönliche Bewertung. Ich glaube, das ist total überspannt worden, und Sie machen sich jetzt jeden Tag mehr mitverantwortlich dafür, wenn etwas passiert – nicht Sie persönlich, aber Ihre Partei.
Vielen Dank, Herr Minister Reul, für die Erwiderung auf die Kurzintervention. – Als nächster Redner hat nun für die Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Löttgen das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege Löttgen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Talmud steht geschrieben: Zuerst kommen die schlechten Gedanken, dann kommen die schlechten Worte, und dann kommen die schlechten Taten.
Auf die schlechten Worte ist heute hingewiesen worden. Ich will Ihnen einige davon noch einmal zitieren – Worte, die aus dem Mund von AfD-Politikern kommen, die dazu beitragen, das, was der Innenminister gerade gesagt hat, als Brunnenvergifter ein Klima zu schaffen, in dem Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus erst stattfinden können.
Meine Damen und Herren, ich könnte diese Liste jetzt endlos fortsetzen. Aber zum Schluss will ich auf etwas kommen, was mir aufgefallen ist. Herr Seifen hat heute versucht, das Thema für seine AfD zu relativieren.