Wir werden endlich verstehen, was diese Menschen leisten und was sie schon immer waren: unentbehrlich und unabkömmlich – genauso wie Lkw-Fahrer, Busfahrer, Bäcker, Feuerwehrleute, Reinigungskräfte, Sozialarbeiter und noch viele Menschen mehr. Niemand wird sie mehr übersehen. Niemand wird ihre Arbeit mehr gering schätzen oder ihre Leistungen für selbstverständlich halten. Dieses Land wird endlich zu würdigen wissen, was sie für uns alle tun – auch, indem wir ihnen endlich die Löhne zahlen und die soziale Sicherheit geben, die sie verdienen.
Wenn all das nicht der Fall sein sollte, all das nur vergebliche Hoffnungen sind und wir nach der Krise einfach so weitermachen wie zuvor, dann werden alle Opfer, die wir noch erbringen müssen, und alle Verluste, die wir noch erleiden werden – menschliche wie ökonomische –, umsonst gewesen sein. Schlimmer noch: Dann wird in spätestens zwei Jahren eine Spar- und Verzichtspolitik auf der Agenda stehen, die unser Land tiefer und brutaler spalten wird als jemals zuvor. Meine Damen und Herren, das dürfen wir auf keinen Fall zulassen.
Im Gegenteil: So furchtbar und schwierig diese Krise auch ist, sie bietet auch eine Chance. Wir sind kein Land von Egoisten. In Nachbarschaften, am Arbeitsplatz und in Freundeskreisen erleben wir eine Welle der Solidarität. Das ist der Zusammenhalt, den wir brauchen, um unser Land gerechter und solidarischer zu machen. Mehr noch: Wir können es auch moderner und innovativer machen.
Das ist die Stunde der sozialen und liberalen Demokratie. Eine Gemeinschaft, die zusammenhält, kann jede Herausforderung meistern – in Freiheit, Verantwortung und Solidarität. Diesen Beweis können wir jetzt erbringen.
Was auch immer diese Krise an Opfern verlangen wird, an ihrem Ende werden wir auch eine besondere Fähigkeit erworben haben. Wir werden das Normale vom Selbstverständlichen unterscheiden können. Das wird ein großes Glück sein; denn es bedeutet, dass wir wieder erfahren, wie kostbar Normalität in unserem Land ist. Wir werden wieder lernen, dass Freunde da sind, um ihre Hand zu halten, dass Oma und Opa da sind, um sie zu umarmen, und dass das Leben da ist, um es zu feiern. All das werden wir an einem nicht allzu fernen Tag wieder tun.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bis dahin brauchen wir drei Dinge: Mut, Zuversicht und Solidarität. – Glück auf, Nordrhein-Westfalen!
Vielen Dank, Herr Kollege – Für die Fraktion der CDU erteile ich dem Abgeordneten Herrn Löttgen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Land hat stille Helden. Sie alle sorgen dafür, dass sich die wichtigen Räder des Gesundheitssystems, der Versorgung mit den Dingen des täglichen Bedarfs und der Aufrechterhaltung unserer Infrastruktur trotz der Einschränkungen in unserem täglichen Leben weiter drehen.
Deshalb – auch wenn einige schon genannt worden sind – gelten unser Dank und Respekt der Arbeit und dem großen Engagement der Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus, der Krankenschwestern, Pfleger, Krankenhausmitarbeiter und -techniker, Hausärzte, Apotheker und Zahnärzte, Altenpflegerinnen, der meist ehrenamtlichen Kräfte bei DRK, Maltesern, Johannitern und der Freien Wohlfahrtspflege sowie der unterstützenden Kräfte der Bundeswehr.
Unser Dank und Respekt gelten den Verkäuferinnen, Bäckern, Metzgern, Lkw- und Busfahrern, Bauarbeitern, Straßenwärtern, Bankkaufleuten, Postboten und Zeitungausträgern, den Erzieherinnen und Erziehern, Lehrerinnen und Lehrern, aber auch den Bürgermeistern und Landräten, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Behörden und Verwaltungen der Städte, Gemeinden und Landkreise, den Polizisten und Ordnungskräften, den Müllwerkern, den Mitarbeiterinnen von Wasser- und Elektrizitätswerken sowie Telekommunikationsunternehmen.
Er gilt den Journalistinnen und Journalisten und Medienschaffenden, die berichten, Zeitungen, Radio,
Fernsehen und Onlinemedien bestücken und mit Fakten einen hörbaren, sichtbaren und merkbaren Kontrapunkt zu all den kursierenden Falschmeldungen und Verschwörungstheorien schaffen.
Er gilt den Künstlerinnen und Künstlern, die uns Konzerte und Unterhaltung, meist kostenfrei und ohne Publikum, über das Internet ins Haus liefern.
Unser Dank gilt den Forschern und Wissenschaftlern, die dabei sind, Impfstoffe zu entwickeln, den Unternehmen, die sich entschieden haben, ihre Produktion zu ändern und nun dringend benötigte Gegenstände wie Schutzkittel und Masken herstellen, sowie den Arbeitnehmern, die diese jetzt in 24-Stunden-Schichten fertigen.
Ein besonderer Dank, meine Damen und Herren, gilt abschließend all denen, die auch ich jetzt noch vergessen habe.
Eine geradezu unfassbar große Zahl von Anfragen, Hilferufen, Anregungen und Forderungen erreicht uns Abgeordnete – ich denke, das ist in allen Fraktionen so – auf allen verfügbaren Kanälen. Wir schaffen es kaum, jedem zeitgerecht eine belastbare Antwort zukommen zu lassen, die ihm in seiner Situation hilft. Das ist unbefriedigend und auch ungewohnt.
Aber die hervorragende Zusammenarbeit mit der Regierung und den Ministerien, die Absprachen und die Koordination in vielen Telefon- oder Videokonferenzen helfen uns, diese fehlenden Antworten Stück für Stück zu erarbeiten und weiterzugeben. Neue Formen der Organisation – auch unter uns – sind notwendig. Wir lernen jeden Tag dazu.
Deshalb gilt mein abschließender Dank dem Ministerpräsidenten unseres Landes, allen Mitgliedern der Landesregierung und den Beamten und Angestellten in den Ministerien und Landesbehörden für ihren großartigen Einsatz.
Nach Tagen und Wochen, in denen die Exekutive, nämlich das Handeln von Regierung und Verwaltung, im Vordergrund stand, ist heute hier im Landesparlament und morgen im Deutschen Bundestag der Tag der Legislative. Das Parlament tagt und ist arbeitsfähig – auch unter erschwerten Bedingungen. Abstands- und Hygieneregeln gelten für uns wie für jeden anderen im Land.
Wir werden heute den NRW-Rettungsschirm in einem Nachtragshaushalt beschließen. Das Königsrecht des Parlaments, über Haushalte zu debattieren, wird auf einen Tag verkürzt. Die Fraktionsvorsitzenden aller Fraktionen haben sich im Vorfeld geei
nigt: Zusammenarbeit in der Krise; keine parteipolitischen Spielereien; Ausschüsse tagen, aber in drastisch reduzierter Zusammensetzung.
Wichtig für uns als Parlamentarier – aber hoffentlich auch für die Bürgerinnen und Bürger – ist: Das Parlament ist notwendig, und es ist handlungsfähig. Wir beraten und treffen alle für die Eindämmung der Epidemie und die Bewältigung ihrer Folgen notwendigen Entscheidungen.
Aber, meine Damen und Herren: Das ist ein einmaliger politischer Kraftakt. Das Sondervermögen wird errichtet. Damit wird das Fundament gebaut. Aber alles, was darüber hinausgeht – die Bewirtschaftung und die Ausführung; das, was jetzt auf uns zukommt –, muss weiterhin unter parlamentarischer Kontrolle bleiben.
So schnell wie nie zuvor in der Geschichte unseres Landes wird gehandelt und beschlossen. Es gibt Hilfspakete für Krankenhäuser, Wirtschaft, Unternehmer, Arbeitnehmer, Landwirtschaft, Solo-Selbstständige, Busunternehmer, Künstler, Kreativschaffende, KMU und Gründer. All das ist ein Anfang. Keiner wird vergessen.
Aber immer häufiger denke ich daran, dass es wie in der Medizin notwendig wäre, die grundlegenden Mechanismen einer Triage auch auf die Wirtschaft unseres Landes anzuwenden. Wir haben die auch ethisch schwierige Aufgabe, darüber zu entscheiden, wie und wann die endlichen personellen und materiellen Ressourcen auf die überwältigend große Anzahl von Betroffenen aufzuteilen sind.
Mein Verständnis für Menschen, die besser wissen, wie etwas, das nicht vorhanden ist, verteilt werden kann, ist begrenzt. Unser Ziel, gerade hier im Parlament, muss es sein, die Übersicht zu behalten und Folgen von Entscheidungen zu bedenken – schon, weil einige nachvollziehbar und durchaus verständlich auf ihre ureigenen Probleme fixiert sind. Ziel muss es sein, dass möglichst viele Arbeitnehmer, Unternehmen, Unternehmer, Selbstständige und Freiberufler das Ereignis mit möglichst wenig Schaden überstehen. Damit dieses bestmögliche Ergebnis aber für das Kollektiv der Geschädigten erzielt werden kann, muss das Interesse des Einzelnen zurückstehen.
Soforthilfe ist zudem nicht dort angesagt, wo die Erregungsamplitude am größten oder die dahinterstehende Organisation kommunikativ am besten aufgestellt ist, sondern dort, wo in absehbarer Zeit der größte Schaden droht.
dienen, Unsicherheit zu nehmen und Sicherheit für die Zeit nach der Krise zu geben. Dabei dürfen wir – das passiert mir und Ihnen vielleicht auch – nicht vergessen, dass unser Wissen, das Wissen der Parlamentarier, die sich jeden Tag damit beschäftigen, nicht das Wissen der Menschen ist, die zu Hause in ihren Wohnzimmern sitzen.
Politik bedeutet Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Glauben wir nicht denjenigen, die alles besser wussten. Vertrauen wir stattdessen denjenigen, die es Tag für Tag besser machen.
Erstens. Der Gegner, das Virus, ist nicht greifbar. Das erzeugt Angst und Unsicherheit. Es entsteht – auch hier im Landtag; im Plenum vielleicht weniger, aber auf den Fluren – ein geradezu surreales Gefühl der Unwirklichkeit.
Zweitens. Die Wirkung von Maßnahmen, die heute getroffen werden, lässt sich erst in vielleicht acht bis zehn Tagen feststellen.
In vier Wochen muss es vorbei sein mit dem Virus; ich will meine Arbeit behalten und mein Geld – so der Kommentar eines Facebook-Nutzers. Ja, diesen Wunsch haben wahrscheinlich die allermeisten in unserem Land. Aber eine Epidemie hält sich nicht an vorgegebene Zeitpläne. Und um Wünsche zu erfüllen, bedarf es sorgfältiger, zielgerichteter und rechtssicherer Arbeit.
Eine Psychologin hat vor Kurzem gesagt: Wir befinden uns in einer Situation, in der wir ähnlich handeln müssen wie Bergsteiger im Himalaja. Wir müssen Stufe um Stufe überprüfen, ob die Voraussetzungen gegeben sind, das Ziel anschließend auch tatsächlich erreichen zu können.
Was mich an der Aussage des Facebook-Nutzers stört, waren nicht die Wünsche, sondern das Ich. Das Wir ist jetzt wichtiger als das Ich. Wir bleiben zu Hause. Wir reduzieren unsere Kontakte zu anderen auf ein Minimum. Wir helfen unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern, halten dabei Abstand zueinander und waschen uns vorher und nachher die Hände.
Diese Wir-Solidarität schützt uns selbst und andere. Sie entscheidet für viele über krank werden oder gesund bleiben. Sie entscheidet für manche über Leben oder Tod. Das Wir rettet Leben und zeigt: Gemeinsam sind wir stärker als das Virus.
Auch aus diesem Grund sind die getroffenen Maßnahmen der Landesregierung sinnvoll, zielgerichtet und vor allem verhältnismäßig. Wir kennen das alle aus dem täglichen Leben: Einer, der sich nicht an Regeln und Absprachen hält, macht den vielen, die dies
Deshalb heißt es jetzt null Toleranz gegenüber denjenigen, die gegen diese Regeln verstoßen, aber auch null Toleranz gegenüber denjenigen, die in dieser Krise kriminelle Absichten hegen. Diese schäbigen Machenschaften an den Haustüren und im Internet müssen mit allen Mitteln unterbunden und bestraft werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin sicher: Wir müssen und wir werden uns ändern – nicht nur äußerlich, bis die Friseure wieder öffnen.