das so eben nicht machen, weil die Coronapandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen noch nicht berücksichtigt werden können. Eine Erhöhung der Bezüge in Zeiten, in denen sich viele Menschen berechtigte Sorgen um ihre Zukunft machen, halten wir nicht für richtig – deswegen heute dieser Entwurf.
Angesichts der Einschnitte, angesichts der vielen Sorgen, die wir erleben, ist das ein Beitrag, den wir hier leisten wollen, auch wenn es zugegebenermaßen nur ein sehr kleiner, sehr überschaubarer Beitrag sein kann. Aber es soll ein Zeichen sein, um diese Punkte deutlich zu machen.
Im Parlament von Nordrhein-Westfalen sind wir uns des Ernstes der Lage bewusst. Wir wissen um die Ängste und Nöte der Menschen draußen, die jetzt unter verschiedenen Bedingungen leiden und sich Sorgen machen. In diesen schwierigen Zeiten wollen wir uns mit all den Menschen solidarisch zeigen, die um ihre wirtschaftliche Existenz und um ihren Arbeitsplatz bangen.
Deswegen haben wir den Gesetzentwurf heute vorgelegt. Ich bin sehr dankbar, auch den Fraktionen von Grünen, FDP und CDU, dass wir das gemeinsam hinbekommen haben. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wagner, wenn man eine politische Bilanz an der Anzahl von gestellten Kleinen Anfragen festmacht, dann kann ich das nur als einen kläglichen Schrei nach Liebe in diesem Plenarsaal bezeichnen.
Vor allem aber – das will ich ganz deutlich sagen – hat Ihre Rede im Inhalt und im Ton gezeigt, wie sehr die AfD Verachtung für unsere demokratischen Institutionen zeigt und übrigens auch schürt. Das, Herr Wagner, ist nicht konservativ, das ist auch nicht seriös oder bürgerlich, das ist zutiefst populistisch. Und dem werden wir uns immer und weiterhin auch hier im Hause entgegenstellen.
Meine Damen und Herren, das Grundgesetz und auch die Landesverfassung geben uns vor, dass Abgeordnete eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung erhalten müssen. Grundgesetz und Landesverfassung geben diese aber nicht in einer konkreten Höhe vor und beantworten
die Frage nicht abschließend, sondern wir müssen sie hier in einem Gesetz vor den Augen der Öffentlichkeit regeln. Die Vorredner haben es angesprochen: Das ist nicht einfach und auch nicht immer angenehm. Vom System her ist es aber richtig so.
Wir stehen in Nordrhein-Westfalen vor einer besonderen Situation, weil wir hier einen Sonderweg gegangen sind. Darauf will ich noch einmal eingehen, weil das zu einer sachlichen Debatte dazugehört.
Im Jahre 2005 gab es eine Umstellung des Entschädigungssystems für Abgeordnete hier im Haus. Vorher gab es ein System aus einer Diät, aus einer steuerfreien Kostenpauschale, aus Entfernungspauschalen, aus Pauschalen für Büromaterial. Es gab übrigens auch noch ein Pensionssystem. Das alles wurde durch ein anderes System ersetzt, ich meine, durch ein einfacheres und transparenteres.
In dem jetzigen System gibt es all diese Pauschalen nicht mehr, gibt es keine weiteren Erstattungen für Reisekosten oder Ähnliches, sondern es gibt die eine Diät, aus der dann alle Aufwendungen des Mandats zu bestreiten sind. Darin ist die Entschädigung enthalten. Daraus sind Reisekosten, Wahlkreisbüro und eben auch die eigene Altersversorgung zu zahlen, weil es kein Pensionssystem mehr gibt.
Darum erscheint der Betrag der Entschädigung im nordrhein-westfälischen Landtag auf den ersten Blick im Brutto hoch, höher als in manchen anderen Parlamenten. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir den Hinweis: Wenn das alles so viel besser wäre, hätten uns dann nicht andere Parlamente in diesem Land auf unserem Weg folgen müssen? Oder warum halten die an ihren bisherigen Systemen fest?
Für eine angemessene Entschädigung – das gilt in absoluten Zahlen, das gilt aber auch im Verhältnis zur allgemeinen Einkommens- und Gehaltsentwicklung – haben wir uns hier auf ein Warenkorbmodell geeinigt. Kollege Kerkhoff hat es eben skizziert.
Ich möchte sagen: Das nordrhein-westfälische Warenkorbmodell ist zurückhaltend. Wenn man sich die Gehaltsentwicklungen in anderen Bereichen mit dem Basisjahr 2010 anschaut, dann zeigt sich, dass die Diäten im Landtag von Nordrhein-Westfalen seit 2010 bis zu diesem Jahr um 15,1 % gestiegen sind. Der Tarifvertrag der Länder ist in diesem Zeitraum um 27,1 % gestiegen, die Bezüge im Arbeitslosengeld II um 20,2 %, die Bezüge im Deutschen Bundestag um 31,5 %. Diese Zahlen zeigen: Mit dem Warenkorbmodell möchte man sich nicht hinten herum heimlich bereichern, sondern es soll dafür sorgen, dass wir uns weder besser noch schlechter stellen als die Menschen hier im Land.
Es gibt aber ein Problem bei dem Warenkorbmodell. Es kann sich immer nur auf einen Zeitraum beziehen,
der schon vergangen ist. Dann wird zum 1. Juli eines jeden Jahres nachvollzogen, wie die wirtschaftliche Entwicklung, wie die Gehaltsentwicklungen im Jahr davor waren, also bis hin zu 18 Monaten zurück und dann bis zu dem Zeitraum von vor 6 Monaten. Das heißt, die letzten Wochen, die maßgeblich durch die Coronakrise beeinflusst wurden, können zum 1. Juli dieses Jahres noch nicht enthalten sein. Diese Entwicklung ist im kommenden Jahr nachzuvollziehen.
Darum will ich ausdrücklich sagen, dass man in der Formulierung schon genau sein muss, wenn es um ein solches Thema geht. Es gibt keine automatische jährliche Erhöhung der Bezüge, sondern es gibt eine Anpassung. Und die kann sich in beide Richtungen bewegen.
Das System im nordrhein-westfälischen Landtag schließt eine Absenkung der Bezüge ausdrücklich nicht aus. Wenn Sie ein wenig rechnen, weiterhin von einer niedrigen Inflationsrate ausgehen und dann schauen, dass zu einer sehr hohen Prozentzahl die Jahresbruttoverdienste aus Industrie und Dienstleistungen eingehen, wenn wir uns dann ansehen, wie viele Menschen dort von Kurzarbeit betroffen sind und wie sich das auf deren Bruttojahresverdienste auswirkt, dann ist es gar nicht unwahrscheinlich, dass auch hier eine entsprechende Senkung im kommenden Jahr kommt.
Meine Damen und Herren, neben der Sorge um die eigene Gesundheit und die Gesundheit von Familienmitgliedern, von Freunden und Bekannten ist bekannt, dass die Coronakrise ungeahnte wirtschaftliche Herausforderungen darstellt und damit eine Bedrohung für die wirtschaftliche Existenz vieler Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen ist.
Die notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hinterlassen bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Selbstständigen, Betrieben sowie Unternehmerinnen und Unternehmern ihre Spuren.
Darum ist es richtig, dass wir mit diesem Gesetzentwurf, den die vier Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP gemeinsam vorgelegt haben, hier ein Zeichen setzen und die Anpassung zum 1. Juli 2020 aussetzen.
Es ist aber mit Blick auf den ersten Teil meiner Rede ebenso richtig, wenn wir uns weder besser noch schlechter stellen und den Verfassungsauftrag aus Grundgesetz und Landesverfassung ernst nehmen wollen, dass wir im kommenden Jahr eine Anpassung vornehmen, die auf den Jahren 2019 und 2020 basiert. Das ist die Verbindung zwischen einem solidarischen Signal in dieser schweren Krise und den Grundsätzen unserer Verfassung.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die Abgeordnete Frau Schäffer das Wort.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Rede von Herrn Wagner von der AfD hat eines noch einmal ganz deutlich gezeigt: Die AfD würde lieber heute als morgen den Parlamentarismus abschaffen. – Das ist auch keine wirklich neue Erkenntnis. Aber vielleicht ist es ganz gut, heute noch einmal festhalten zu können, welche Absichten Sie hier eigentlich verfolgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Coronakrise verlangt uns allen in persönlicher Hinsicht viel ab. Um den Infektionsschutz zu gewährleisten und die Ausbreitung des Virus einzudämmen, dürfen Kinder ihre Großeltern nicht besuchen und dürfen ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen nicht oder nur sehr eingeschränkt besucht werden. Zudem gelten Kontaktverbote und Schließungen in den Bereichen Kultur, Bildung und Sport.
Nicht nur persönlich, sondern auch beruflich gibt es gerade für viele Menschen Unsicherheiten und Existenzängste. Beispielhaft seien nur einige genannt:
Firmen, die aufgrund der schwierigen Situation Kurzarbeit anmelden müssen – das sollen in NordrheinWestfalen etwa 100.000 Unternehmen sein –;
Selbstständige, die sich große Sorgen machen, weil sie wochenlang nicht öffnen durften, teils immer noch geschlossen haben müssen und hohe Einnahmeeinbußen haben;
Alleinerziehende, denen jegliche Betreuungsstrukturen weggebrochen sind, nicht nur die Kita oder die Schule, sondern auch die Großeltern und die Babysitterinnen. Zum Glück haben die Alleinerziehenden seit Montag einen Anspruch auf Notbetreuung. Aber trotzdem ist die große Herausforderung als Alleinerziehende oder generell als Eltern mit Kindern, Kinderbetreuung, Haushalt und den Job unter einen Hut zu bringen. Diese machen sich große Sorgen.
Genauso machen sich Kulturschaffende, aber auch die gesamte Branche der Gastronomie und des Tourismus große Sorgen.
In dieser Situation wäre es wirklich nicht angemessen oder – so könnte man vielleicht sogar sagen – fast unanständig, wenn wir als Abgeordnete die jährliche Anpassung der Abgeordnetendiäten vornehmen würden. Deshalb findet es auch meine Fraktion sehr richtig, die Anpassung der Abgeordnetendiäten für 2020 auszusetzen.
Gleichwohl – das ist bereits von meinen Vorrednern erläutert worden – sollten wir in Nordrhein-Westfalen an dem Warenkorbmodell festhalten. Wir haben hier in NRW seit der Diätenreform vor 15 Jahren Vorbildcharakter. Die Anpassung unserer Diäten erfolgt
nach transparenten und ausgewogenen Kriterien. Außerdem geschieht sie nicht automatisch, sondern muss hier noch einmal bestätigt werden. Zusammen setzt sie sich aus der Lohnentwicklung, dem aktuellen Rentenwert, der Entwicklung der Sozialhilfe und des Arbeitslosengeldes sowie dem Verbraucherpreisindex.
Eine Anpassung – das hat der Kollege Henning Höne gerade schon gesagt – der Abgeordnetenbezüge ist ausdrücklich nicht bei null gedeckelt. Vielmehr kann es auch zu einer Absenkung unserer Bezüge kommen. Da immer die Entwicklung des vorausgegangenen Jahres nachgezeichnet wird – anders wäre es ja gar nicht möglich –, würden wir aus diesem Jahr, wenn wir die Anpassung vornehmen würden, mit einem Plus der Abgeordnetenbezüge herausgehen. Meines Erachtens wäre das angesichts der Situation der Menschen in Nordrhein-Westfalen und ihrer beruflichen Sorgen und Nöte nicht richtig.
Ich finde es aber auch richtig, dass wir grundsätzlich bei dem Warenkorbmodell bleiben und nächstes Jahr zu dem Warenkorbmodell zurückkehren, weil dann die wirtschaftliche Entwicklung, die wir derzeit aufgrund der Coronakrise erleben müssen, genau nachgezeichnet wird.
Ich möchte nun auf die Rechnung von Herrn Wagner eingehen. Herr Wagner, Sie hatten gesagt, dass wir mit unserem Modell in unserem Gesetzentwurf nur 500.000 Euro einsparen würden. Würden wir die Anpassung dieses und nächstes Jahr aussetzen, wäre es – so haben Sie gesagt – 1 Million Euro. – Das stimmt nicht. Das ist eine totale Milchmädchenrechnung. Ich glaube nicht, dass wir im nächsten Jahr bei einem solchen Plus herauskommen würden. Ganz im Gegenteil! Insofern stimmt Ihre Rechnung nicht. Für dieses Jahr kann man von 500.000 Euro ausgehen. Den Betrag für das nächste Jahr werden wir sehen – je nachdem, wie sich die wirtschaftliche Lage in den nächsten Wochen und Monaten entwickelt. Ich glaube nicht, dass wir im nächsten Jahr dort stehen, wo wir heute sind. Im Gegenteil!
Deshalb ist es richtig, zu diesem Warenkorbmodell zurückzukehren. Denn es gilt der Grundsatz, dass sich die Entwicklung der Bezüge der Abgeordneten von NRW an der Entwicklung der Einkommen der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen orientieren soll.
Für dieses Jahr heißt das aber auch, dass wir ein deutliches Signal der Solidarität an die Bürgerinnen und Bürger senden und daher die Anpassung unserer Diäten aussetzen wollen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Daher schließe ich die Aussprache.
Wir kommen zu den Abstimmungen, und zwar erstens über den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD Drucksache 17/8970 – Neudruck. Die antragstellende Fraktion der AfD hat direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 17/8970 – Neudruck – in erster Lesung. Wer möchte zustimmen? – Das sind die Abgeordneten der AfD. – Wer stimmt dagegen? – Das sind die Abgeordneten von SPD, Grünen, CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 17/8970 – Neudruck – in erster Lesung abgelehnt.
Wir stimmen zweitens über den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/9031 ab. Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 17/9031 in erster Lesung. Wer möchte zustimmen? – Das sind SPD, Grüne, CDU, FDP und AfD. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 17/9031 in erster Lesung einstimmig angenommen.