Protokoll der Sitzung vom 11.10.2017

das dazu führt, dass wir in diesem Jahr mehr als 1,3 Milliarden € Steuermehreinnahmen haben.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der SPD: So ist es!)

Sie haben zusätzliche Minderausgaben, sodass wir zu diesem Zeitpunkt ein Volumen von insgesamt 1,6 Milliarden € mehr zur Verfügung haben. Und was machen Sie daraus? – Sie verraten Ihr Credo, das

Sie die ganzen Jahre gepredigt haben: Mehreinnahmen müssten zum Schuldenabbau genutzt werden. Was machen Sie? – Nichts davon machen Sie!

(Beifall von der SPD – Zuruf von der SPD: Ge- nau!)

Sie haben immer gesagt, zusätzliche Mehrausgaben müssen durch Kürzungen in anderen Bereichen finanziert werden. Was haben Sie gemacht? – Nichts davon haben Sie gemacht. Stattdessen wollen Sie die Neuverschuldung um 1,5 Milliarden € erhöhen.

Ihre eigenen Ziele in wenigen Wochen so zu verraten und den Leuten deutlich zu machen, dass Sie sie belogen haben, sucht seinesgleichen.

(Beifall von der SPD)

Kommen wir zum nächsten Punkt: Sie gehen in dieser Situation sogar her und betrachten den Landeshaushalt offenbar als Selbstbedienungsladen. Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen. Stellen Sie sich vor, jeder Regierungswechsel würde dazu führen, dass 139 hochdotierte Regierungsstellen auf Dauer geschaffen werden. Wo würde das enden?

(Beifall von der SPD)

Das ist doch ein Skandal.

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU] – Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

Ich habe Verständnis dafür, dass eine Regierung neue Stellen schafft. Aber dass man den Hinweis des Landesrechnungshofs nicht berücksichtigt und sie zumindest als „kw“ – künftig wegfallend – kennzeichnet, ist starker Tobak. Vergleichen Sie die Größenordnung mit dem, was wir 2010 gemacht haben. Wir haben damals nur einen Bruchteil davon in Anspruch genommen, nämlich etwa ein Drittel. Hätten Sie so gehandelt, hätte ich zu diesem Punkt überhaupt kein Wort verloren.

(Bodo Löttgen [CDU]: Das glaube ich nicht!)

Lassen Sie mich noch einen Punkt nennen. Der Landesrechnungshof hat Ihnen auch darauf aufmerksam gemacht, …

(Zuruf von der CDU: Ihnen?)

Ja, darauf komme ich. – Er hat Sie darauf aufmerksam gemacht, welche Tricksereien Sie bei der Kreditermächtigung für das Sondervermögen der WestLB machen.

Das ist nicht nur völlig unnötig, sondern gestern hat er in einer zusätzlichen Stellungnahme – angeregt durch die Anfrage des Kollegen Mostofizadeh – noch einmal ausdrücklich seine Position von Ende September bekräftigt und gesagt, dass es so nicht zulässig sei, dass die Erteilung der Kreditermächtigung also offenbar nur dem Zweck diene, die Finanzierung

von Garantiezahlungen außerhalb des Landeshaushalts sicherzustellen. Früher hatten Sie immer etwas dagegen.

Er hat darüber hinaus darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgeber nach Auffassung des Landesrechnungshofs durch Art. 143d Abs. 1 Satz 2, zweiter Halbsatz, des Grundgesetzes zu erkennen gegeben hat, dass für Sondervermögen ab dem Haushaltsjahr 2011 grundsätzlich keine neuen Kreditermächtigungen mehr erteilt werden sollen. Genau diesen Punkt haben Sie früher vertreten; hier geben Sie ihn einfach auf.

Ich könnte noch viele Punkte – Stichwort: BLB etc. – ansprechen; aufgrund der Redezeit will ich davon Abstand nehmen. Jedenfalls ist deutlich geworden: Wir brauchen eine erneute ordentliche Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss. Darum beantrage ich die Rücküberweisung.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Danke, Frau Gebhard. – Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Witzel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Nachtragshaushalt in Nordrhein-Westfalen ist definitionsgemäß eine Reparatur des zugrunde liegenden Stammhaushalts. Die eigenen Haushaltsschwerpunkte schwarz-gelber Regierungspolitik sind daher ganz normal erst dem kommenden regulären Haushalt für das Jahr 2018 zu entnehmen, der in Kürze vorgestellt wird.

Es ist für sich genommen normal, dass nach einem Politikwechsel eine neu im Amt befindliche Landesregierung beginnt, die ersten von ihr gesehenen Veränderungsnotwendigkeiten im Haushalt über einen Nachtrag abzubilden und damit zugleich auch eine Schlussbilanz der Defizite zu ziehen, die sie nach Amtsübernahme identifiziert. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches.

Es gibt aber einen ganz entscheidenden Unterschied zu Ihrem Vorgehen, als Sie von SPD und Grünen seinerzeit die Mehrheit im Land errungen haben bzw. – besser gesagt – in die Regierungsverantwortung gekommen sind, denn die frühere Ministerpräsidentin Kraft und ihr Finanzminister Norbert Walter-Borjans wollten die Nettokreditaufnahme mit dem Nachtragshaushalt um 2,3 Milliarden € auf geplante 8,9 Milliarden € erhöhen. Das war Ihre Philosophie der sogenannten präventiven Finanzpolitik der guten Schulden, mit der Schuldenmacherei von Ihnen noch zu etwas Gutem erhoben worden ist.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Nückel?

Ja, bitte.

Herr Kollege Nückel.

(Thomas Nückel [FDP] signalisiert, dass er sich nicht zu Wort gemeldet hat. – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Selbst Herr Nückel hat keine Fragen an Sie!)

Okay, alles klar.

Als Sie von SPD und Grünen seinerzeit Ihren ersten Nachtragshaushalt eingebracht haben, haben Sie die Neuverschuldung massiv angehoben. Wir haben Sie seinerzeit damit vor dem Verfassungsgerichtshof gestoppt, sodass Sie damit nicht durchgekommen sind. Dieser Nachtragshaushalt von Schwarz-Gelb hingegen senkt die Nettokreditaufnahme im Vergleich zur rot-grünen Planung um rund 100 Millionen € ab und korrigiert zugleich elementare Versäumnisse der rot-grünen Hinterlassenschaften.

Die Wahrheit ist doch, dass vieles, was dieser Nachtragshaushalt enthält, Sie doch für den theoretischen Fall Ihrer Wiederwahl in diesem Land auch hätten machen müssen. Der Umstand, dass Sie es nicht gemacht haben, als Sie den Haushalt für das Jahr 2017 eingebracht haben, ist doch der Beleg dafür, dass Sie selbst nicht mehr damit gerechnet haben, hier nach der Landtagswahl noch in Regierungsverantwortung zu kommen. Hätten Sie denn die Aufgaben unerledigt gelassen?

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Dann stellen Sie sich hierhin und sagen: Kitarettung ist falsch. Das ist nicht Ihr Ziel. Sie wären nicht daran gegangen, wenn Sie in irgendeiner Form noch Regierungsverantwortung in dieser Legislaturperiode getragen hätten. – Das können Sie nicht ernsthaft durchhalten. Sie haben einen Haushalt vor der Landtagswahl hinterlassen mit einem immensen Problemstau. So viel zu der hier vorgetragenen Rede der Kollegin Gebhardt über die „tolle“ Ausgangslage, die Schwarz-Gelb vorgefunden hat.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Dann schauen wir uns doch gerne die Punkte im Einzelnen an, zunächst das Kita-Träger-Rettungspaket. Ohne die Finanzspritze von 500 Millionen € droht vielen Trägern der Bankrott. Allein in meiner Region sehe ich, dass die Kitas in der Trägerschaft des Bistums Essen angekündigt haben, 100 Einrichtungen aufgrund der Unterfinanzierung zu schließen. Was das für die Kommunen bedeutet, wenn dann für Ersatz gesorgt werden muss mit öffentlichen Kapazitäten, wenn sich andere Träger an der Stelle aus dem Geschäft zurückziehen, ist fatal.

Wir wollen eine Kitalandschaft, die handlungsfähig ist. Wir wollen Qualitätsverbesserungen im Kitabereich. Wir wollen Trägervielfalt sichern und für eine größere Flexibilität von Angeboten sorgen, denn es reicht nicht aus, dass SPD und Grüne so gerne in Sonntagsreden von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sprechen, aber Sie immer dann in der Praxis, wenn es darum geht, für die Infrastruktur zu sorgen, Ihre Defizite hinterlassen. – Das müssen wir dringend verbessern.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Zweiter Punkt. Die SPD hat im Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen versprochen, 300 zusätzliche Kommissaranwärter einzustellen, aber sie hat es in ihrer regulären eigenen Haushaltsplanung, als sie noch die Mehrheit hatte, im Jahr 2017 nicht realisiert. Was ist das entsprechend wert? Sie konnten sich ganz offenbar innerhalb der Koalition nicht verständigen. Das ist eine unserer Sofortmaßnahmen gewesen zur Verstärkung der Polizei. Wir haben heute leider andere Herausforderungen bei der inneren Sicherheit, als es noch vor wenigen Jahren absehbar war, durch die Entwicklungen, die wir alle kennen. Deshalb musste hier dringend gehandelt werden, auch wenn das Ganze jetzt natürlich seinen Ausbildungsvorlauf hat, bevor es zum Tragen kommt.

Parallel haben Sie fünf Millionen Überstunden beim Polizeipersonal hinterlassen. Auch in dieser Hinsicht müssen wir jetzt ein Angebot unterbreiten, dem entgegenzuwirken.

Zum dritten Thema: Unterhaltsvorschuss. Neben der Kitarettung ist das ein weiteres Beispiel für kommunalfreundliche Politik. Über 45 Millionen € mehr Landesanteil haben die Kommunen zu erwarten, verbunden mit einem baldigen Verwaltungsservice des Landes auch bei der Anspruchsverfolgung. Das ist kommunalfreundliche Politik.

Zum Thema Krankenhausfinanzierung wird meine Kollegin Susanne Schneider noch im Einzelnen Position beziehen.

Deshalb belasse ich es an dieser Stelle mit der Einordung: Dieser Nachtragshaushalt kann naturgemäß nicht die komplette Haushaltspolitik über Nacht neu ausrichten. Er kann aber die wesentlichen Fehler und Defizite korrigieren, die Rot-Grün hinterlassen hat. Sie haben in Kernbereichen der Landespolitik eine Situation zurückgelassen, die dringend korrekturbedürftig ist. Das werden wir jetzt in einem ersten Schritt mit diesem Nachtragshaushalt so beschließen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Witzel. – Für die Grünen hat der Kollege Mostofizadeh das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz Rekordsteuereinnahmen, trotz boomender Konjunktur und trotz niedriger Zinsen legen Sie heute erneut einen Schuldenhaushalt in Höhe von 1,6 Milliarden € vor. – So hätten Sie Ihre Plenarreden begonnen, wenn wir an der Regierung wären, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der SPD: Schuldenkaiser!)

Und was Sie noch gemacht haben: FDP und CDU haben Frau Kraft in diesem Hohen Hause eine Schuldenkönigin geschimpft.

(Zurufe von der SPD)

Sie haben peinliche Wortspiele wie „Kabinett Kraftikakis“ kreiert,