Protokoll der Sitzung vom 28.05.2020

Hingegen ist eine obligatorische Testung in Pflegeheimen, in denen kein Infektions- oder Verdachtsfall aufgetreten ist, bisher nicht vorgesehen und meiner Meinung nach auch nicht sinnvoll.

Zudem sind bei besonderen Ausbruchsgeschehen wie kürzlich bei den Schlachtbetrieben Reihentests vorgesehen, die im jeweiligen Fall zwischen dem Land und den Kreisen abgestimmt werden. Insofern ist bereits eine Ausweitung der Teststrategie erfolgt.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Mostofizadeh?

Das ist freundlich von Ihnen. – Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Kollegin, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben eben auf die Pflegeheime abgestellt. Mich würde interessieren, warum die Landesregierung den Pflegeheimen ein so striktes Besuchsverbot auferlegt, wenn doch alles prima und gelöst ist?

(Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Ge- sundheit und Soziales: Wir haben doch gar keins. Das haben wir doch abgeschafft!)

Werter Herr Mostofizadeh, ich bin froh, dass Sie mir zuhören, weil Sie bei der Vorrednerin aus der Regierungsfraktion ja total im Gespräch mit der Kollegin vertieft waren – kann ich verstehen, ich unterhalte mich auch gerne mit Frau Paul.

Ich bin jetzt nicht die Landesregierung. Aber wenn Sie einmal genauer hingucken, dann haben wir in unseren Pflege- und Alteneinrichtungen die Besuchseinschränkungen gelockert.

Ich habe in jeder Ausschusssitzung gesagt, dass es mir persönlich in der Seele wehtat, dass der Enkel nicht die Oma besuchen kann. Das wurde gelockert, es wurden verschiedene Maßnahmen eingeführt, wie wieder Kontakt aufgenommen werden kann. Ich glaube, da haben wir eine ganz gute Lösung gefunden, ohne generell und reihenweise die ganze Bevölkerung auf Corona zu testen.

(Beifall von der FDP)

Der Bund hat auch im zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite eine Ausweitung auf präventive Tests in Krankenhäusern und Pflegeheimen sowie auf symptomfreie Kontaktpersonen von Infizierten vorgesehen.

Dabei soll die Abrechnung dieser Tests grundsätzlich über die Krankenkassen erfolgen. Dies soll laut dem bisher bekannten Verordnungsentwurf bei Anordnungen durch den öffentlichen Gesundheitsdienst für klar definierte Fälle gelten – und zwar nicht nur bei Kontaktpersonen von Infizierten, sondern auch für alle Personen in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, Lebensmittelfirmen, gastronomischen Einrichtungen sowie Gemeinschaftseinrichtungen wie Kitas und Schulen, wenn dort Fälle von COVID-19 aufgetreten sind.

Insofern liegen die Vorgaben des Bundes auf einer vergleichbaren Linie, die auch bei uns NordrheinWestfalen bereits verfolgt wird.

Die entsprechende Verordnung mit den genauen Regelungen zur Erbringung, Vergütung und Abrechnung dieser Leistungen wird voraussichtlich in Kürze vorliegen und rückwirkend zum 14. Mai in Kraft treten. Damit werden auch die aktuellen Diskussionen

über die Frage der Kostenübernahme derartiger Tests endlich hinfällig.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, so stehen wir letztlich vor der Frage, ob wir gezielt nach Risiken und potenziellen Infektionsketten testen wollen oder ob wir eine Strategie verfolgen wollen, die am Ende bedeutet, dass wir ohne konkrete Anlässe ins Blaue hinein testen.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das steht doch im Antrag genau so drin, Frau Kollegin!)

Wir wollen die Ressourcen, die ohnehin schon knapp sind, nicht verschwenden. Wir wollen die Tests und auch das dazugehörige Personal gezielt einsetzen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Danke schön, Frau Schneider. – Jetzt spricht Herr Dr. Vincentz für die AfD.

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Da ist er also, der schon gestern Abend angekündigte grüne Antrag zur Gesundheitspolitik. Dieser wurde so vollmundig angekündigt, dass ich extra noch mal die Sitzungsmappe durchgeschaut habe, wo er denn nun ist, dieser starke grüne Antrag zur Gesundheitspolitik. Ich bin nur auf diesen gestoßen. Also muss es der wohl sein.

Ich war ein bisschen irritiert über die anderthalb Seiten Allgemeinplätze, mit denen Sie einleiten, um dann zu einer Conclusio zu kommen – ich fasse das jetzt zusammen –, die im Kern lautet: Die Landesregierung soll sich mal eine Teststrategie überlegen. – Wow! Das stammt von der Fraktion, die im letzten Plenum gefordert hat, wir müssten die Testkapazitäten erhöhen, und das zu einem Zeitpunkt, zu dem wir doppelt so viele Testkapazitäten hatten, wie wir eigentlich brauchten.

Nun präsentiert sie uns in diesem Plenum die Forderung, die Landesregierung müsse sich eine Teststrategie überlegen. Sie hätten in Ihrem Antrag genauso gut schreiben können – man kann es nicht anders formulieren –: Der Landtag stellt fest, dass der selbsternannte Kaiser der grünen Gesundheitspolitik in Nordrhein-Westfalen nackt ist. – Das sagt überhaupt nichts aus.

Letztlich könnten Sie genauso gut sagen, Sie haben null Lösungskompetenz für die tatsächlichen Probleme dieses Landes und melden sich erst dann zurück, wenn die Aufgaben abgearbeitet sind und es wieder darum geht, Frühstücksflocken morgens danach zu sortieren, welche in der Produktion am CO2neutralsten sind.

(Beifall von der AfD)

Dabei liegen schon heute – im Moment verzeichnen wir in Nordrhein-Westfalen an jedem Tag rund 100 Neuinfektionen – Strategien vor. Es gibt vernünftige Strategien, wie wir auf eine neue auf uns zurollende Welle im Herbst reagieren können. Wenn es tatsächlich zu Ausbrüchen kommt, können wir auf die Erkenntnisse, die schon längst vorliegen, zurückgreifen.

Wir waren am Anfang der pandemischen Lage relativ schlecht vorbereitet; das ist allgemein bekannt. Aber jetzt gibt es doch alles, sodass ich als Oppositionspolitiker zu keinem anderen Schluss kommen kann, als zu sagen: Ich bin sehr froh, dass der aktuelle Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und nicht – das ist in einer nächsten Koalition aus Schwarz und Grün vielleicht zu befürchten – Mehrdad Mostofizadeh heißt.

Insofern wünsche ich Ihnen sehr viel Erfolg für den Kommunalwahlkampf, damit Sie Oberbürgermeister von Essen werden.

(Zurufe von der CDU: Nein, bitte nicht! Bloß das nicht! Verschonen Sie uns!)

Das wäre vielleicht nicht so gut für Essen, aber umso besser für dieses Hohe Haus und Nordrhein-Westfalen. Damit ist, glaube ich, alles gesagt. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Laumann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zurzeit findet im Rahmen der Bekämpfung der Pandemie eine breite Diskussion über das Thema „Teststrategie“ statt. Ich glaube, es ist gut, dass sich das Ministerium in der Frage, wie wir testen, nicht in allererster Linie politisch leiten lässt, sondern von Institutionen, die in dieser Frage eine große Expertise haben.

Das MAGS hat sich zu Beginn der Pandemie dafür entschieden, dass wir uns sehr stark an die Richtlinien des RKI halten. Ich meine, dass wir mit dieser Entscheidung bis jetzt alles in allem sehr gut gefahren sind. Auch das RKI hat seine Richtlinien stets weiterentwickelt und macht das ebenso in der jetzigen Zeit.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Auch wir haben eine Teststrategie. Vielleicht tragen wir diese nicht wie eine Monstranz vor uns her, aber wir haben schon vor Wochen entschieden, dass Menschen, die aus dem Krankenhaus oder von zu

Hause in ein Pflegeheim ziehen, getestet werden; denn es ist klug, zu wissen, ob der Mensch das Virus hat oder nicht. Gleiches gilt für unsere Behinderteneinrichtungen.

Ich finde, unsere Gesundheitsämter haben in den letzten Wochen, in denen wir insbesondere regional agieren mussten, einen sehr guten Job gemacht.

In Coesfeld hatten wir es mit einem regionalen Ereignis zu tun. Dort ist es den Behörden gelungen, die Ausbreitung des Virus auf den Ursprungsbereich des Schlachthofes zu begrenzen; das Virus ist nicht auf die Gesamtbevölkerung übergesprungen. Gleiches ist den Kollegen in Bochum gelungen.

Auch beim Vorfall in dem Paketzentrum in Heinsberg haben wir gut gehandelt, ebenso beim Vorfall in der Flüchtlingsunterkunft in Sankt Augustin. Wir haben immer zuerst punktuell reagiert, anschließend breit im Umfeld getestet und dabei relativ hohe Trefferquoten erzielt.

Jetzt gibt es durchaus Menschen, die sagen, man könne sein Gewissen beruhigen, indem man ohne jeden Anlass in Massen testet. Manche Kollegen von mir sagen, es sei vielleicht ganz schlau, alle Pflegeheime durchzutesten.

Wir haben in Nordrhein-Westfalen 2.000 Pflegeeinrichtungen. Zurzeit ist – Gott sei Dank! – nur in 60 das Virus ausgebrochen. Selbstverständlich haben wir in diesen 60 Pflegeeinrichtungen das gesamte Personal und alle Pflegebedürftigen getestet. In 1.940 Einrichtungen ist das Virus zum Glück nicht ausgebrochen. Wenn wir alle Pflegebedürftigen und ihre Pflegekräfte testen wollen, dann reden wir über 350.000 Menschen. Es sind 175.000 Pflegebedürftige und ungefähr gleich viele Pflegekräfte.

Ich will gar nicht von den Kosten reden. Stellen Sie sich nur die Logistik in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt vor und was für ein Aufwand es wäre, das zu organisieren.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Aber Sie weisen etwas zurück, was keiner gefordert hat!)

Ich sage ja nur, dass es diskutiert wird.

Deswegen meine ich, dass wir bei einer anlassbezogenen Testung bleiben sollten. Dabei bedeutet „anlassbezogen“ allerdings nicht, dass der Mensch, der getestet wird, selbst Symptome aufweisen muss. Vielmehr muss, wenn das Virus in einer Einrichtung auftritt, breit getestet werden, um die Verbreitung einzugrenzen. Nach allem, was ich weiß, ist das zurzeit die richtige Strategie.

Wir sollten daran denken – und dafür bin ich sehr dankbar –, dass es zurzeit in Nordrhein-Westfalen nur 2.680 registrierte infizierte Menschen gibt. Angesichts dieser Zahl kann man auch mal sagen, dass wir in Deutschland und Nordrhein-Westfalen bei der

Bekämpfung der Pandemie nicht alles verkehrt gemacht haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir haben eine Entwicklung hinbekommen, die ich vor zwei Monaten nicht für möglich gehalten habe. Ich bin mir sicher, jeder, der hier sitzt, hat das nicht für möglich gehalten. Das gibt uns jetzt die Möglichkeit, bestimmte Freiheitseinschränkungen wieder zurückzunehmen. Daher müssen wir sehr genau im Auge behalten, wo sich etwas entwickelt.