Ich finde es sehr schade, dass das Muster, das die AfD zu praktizieren versucht, jetzt auch im Sport angekommen ist. In diesem polemischen Antrag schreiben Sie von Kindern und Älteren. Ich dachte schon, dass irgendwo wieder eine Kamera steht.
Das hätte ich nicht erwartet, im Sportausschuss sind Sie meist ein sehr sachlicher Mensch. Ich muss Ihnen aber ganz ehrlich sagen, dass ich über diesen Antrag ein bisschen schockiert bin.
Ich habe Ihnen schon mal gesagt, dass ich als Präsident des Ringerverbands Nordrhein-Westfalen mit am härtesten betroffen bin. Ringen ist nicht nur die älteste und schönste olympische Sportart der Welt, sondern auch eine Vollkontaktsportart. Es ist schwierig für uns, auf die Matte zu gehen und Mann gegen Mann, Frau gegen Frau zu ringen.
Als Militärpolizist stellte sich mir, wenn wir Einsätze geplant haben, immer die Frage nach dem Kräfteansatz. Wenn nichts passiert ist, war der Kräfteansatz immer ausreichend. Wenn etwas passiert ist, kamen immer die Nachfragen der übergeordneten Dienststellen, warum wir nur so wenig Kräfte im Einsatz gehabt hätten und was da passiert sei.
Ähnlich stellt es sich in unserer Sportart gerade dar. Im Rheinland würde man sagen: Et hätt noch emmer joot jejange. Aber wenn wir trainieren dürften, und es würde sich jemand mit COVID-19 infizieren, würde jeder sagen: Warum ist das passiert? Wie war das Hygienekonzept? Das ist unverantwortlich.
Auch wenn uns die Coronaschutzverordnung teilweise erlaubt, wieder Sport zu machen, ist es ein Angebot, das uns nicht zwingt, den Sportbetrieb wieder aufzunehmen. Zum Beispiel haben wir schweren Herzens unseren kompletten Ligenbetrieb eingestellt, der Ende August begonnen hätte; auch unsere kompletten Meisterschaften haben wir eingestellt. Bei uns findet zurzeit kein einziger Kontakt auf der Matte statt.
Wir sind Realisten und wissen, dass unsere Sportart erst als eine der Letzten den Regelbetrieb wieder aufnehmen kann. Im Lehrplan der Schulen in Nordrhein-Westfalen steht Ringen und Raufen. Jeder kann nachvollziehen, dass diese Kontaktsportarten nicht möglich sind.
Als Verbandspräsident einer in der jetzigen Situation so schwierigen Sportart mache ich mir große Sorgen, dass wir am Ende nicht mehr alle Vereine haben werden und dass uns der eine oder andere Sportler den Rücken gekehrt haben wird. Deswegen sind wir gerade dabei, sehr viel darüber nachzudenken, wie wir die Kinder und die Athleten bei Laune halten können.
Zurzeit ist das Wetter gut. Wir trainieren draußen, wir machen viel Konditionstraining. Meine Trainer und Athleten warten jeden Tag darauf, dass es neue Lockerungen gibt. Eine besondere Situation erfordert auch besondere Maßnahmen. Wenn wir nicht auf die Matte dürfen, ist es so, als ob man einem Eishockeyspieler verbieten würde, mit seinem Schläger aufs Eis zu gehen.
Deswegen haben wir uns das genau überlegt. Meines Erachtens haben auch die Politik bzw. die Landesregierung überlegt, da sie in dieser Situation vernünftig gehandelt haben. Vielleicht ist das ein oder andere am Anfang, in welcher Situation oder von welchem Bundesland auch immer, zu stark heruntergefahren worden. Aber es wird ja auch wieder gelockert, und die Sportler haben viele Ideen, sich zu motivieren.
Wir alle wollen auch im Sport wieder zurück in die Normalität. Das erfolgt jetzt Schritt für Schritt. Manche Schritte gehen mir persönlich zu schnell, manche gehen mir zu langsam – das weiß die Staats
Das praktiziert man im Sport bereits. Sie haben eben ausgeführt, dass immer wieder etwas gelockert wird. Das können wir auch der Coronaschutzverordnung entnehmen. Jeder von uns Sportlern geht vernünftig und sachlich mit der Situation um. Wir würden uns wünschen, dass der Regelbetrieb wieder anläuft. Das wird irgendwann so sein, wenn die Coronaschutzverordnung quasi nur noch ein weißes Blatt ist, auf dem nichts mehr steht. Das sollte am besten so schnell wie möglich geschehen.
Aber Sie wissen, dass das unrealistisch ist, und deswegen muss ich Ihnen sagen: Im Sportausschuss habe ich Sie als sehr sachlichen Kollegen kennengelernt, und ich würde mir wünschen, dass wir beim Sport wieder zu der Sachlichkeit zurückkehren, die ich von Ihnen kenne.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Nettekoven. – Für die SPDFraktion hat nun Herr Abgeordneter Weske das Wort. Bitte, Herr Kollege.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herren von der AfDFraktion! Herr Keith, das, was Sie eben gesagt haben, war an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten.
Ich bin wirklich entsetzt – das kann man nicht anders sagen. Denn das, was Sie hier vorlegen, ist ein reiner Showantrag. Das ist Populismus pur.
Das ist ein reiner Showantrag. Ich kann das auch belegen. Sie selber haben ausgeführt, dass wir vor 51 Stunden hier nebenan im „CDU-Museum“ Sportausschusssitzung gehabt hätten. Dort gab es drei von sieben Tagesordnungspunkten zum Thema „Corona und Sport“. Unter anderem – Ehre wem Ehre gebührt – haben die Grünen einen Bericht zur aktuellen Situation des Breitensports in der Coronakrise beantragt. Die Referatsleiter, der Abteilungsleiter Sport und die Staatssekretärin waren da.
Sie formulieren in Ihrem Antrag Fragen, aber beim entsprechenden Tagesordnungspunkt haben Sie nichts gesagt; Sie haben auch nicht Ihre Vorschläge, die Sie hier anführen, eingebracht – nichts. Es ist ein reiner Showantrag.
Da könnten die zuständigen Personen vernünftig antworten. Der arme Herr Dr. Stamp muss sich hier gleich einen zurechtstammeln, und da hätte die Frau Staatssekretärin vernünftig reagieren können. – Das ist das eine.
Jetzt kommen wir einmal zu den Fragen, die Sie hier formulieren. Beispielsweise fragen Sie: Was gilt denn jetzt? Gilt der Mindestabstand von 2 m, den die Leitplanken des DOSB vorgeben? Oder gelten die 1,5 m, die Parlament und Landesregierung, also Legislative und Exekutive, hier als Hygieneregeln vorgeben? Was gilt da wohl?
Um unseren ehemaligen Landtagsabgeordnetenkollegen Franz Müntefering zu zitieren: Zur Beantwortung dieser Frage reicht Volksschule Sauerland.
Sie fordern im letzten Spiegelstrich Ihres Antrags, dass die Anträge zu dem 10-Millionen-Euro-Rettungsschirm für den Sport über ein Jahr lang gestellt werden können.
Über die gleiche Thematik haben wir im Ausschuss diskutiert. Dort hat die Staatssekretärin erläutert, warum sie das Programm bis zum 15. August verlängert hat. Ich habe erklärt, dass man im Laufe des Jahres noch einmal über eine Verlängerung nachdenken sollte, weil wir die Befürchtung haben, dass die Sportvereine es jetzt noch irgendwie hinbekommen, ihnen aber im Laufe des Jahres die Puste ausgeht. Deswegen habe ich gesagt: Lasst uns nach den Sommerferien noch einmal überlegen und dann weiter vorangehen.
Es wäre doch schön gewesen, wenn man da einmal gesagt hätte, was man will. Aber hier wollen Sie Ihren Showantrag durchbringen. Das ist genau die Sache, die ich meine.
Was natürlich überhaupt nicht geht, ist, in dem von Ihnen vorgelegten Beschlussvorschlag zu formulieren: Wenn ihr das Geld nicht für die Hygienemaßnahmen ausgebt, könnt ihr es ja am Ende für Sport- und Spielgeräte ausgeben.
Abgesehen davon, dass ich so etwas für haushalterisch sehr schwierig oder eigentlich unmöglich halte, ist es doch ein absolutes Unding, mit dieser For
mulierung einen Anreiz zu schaffen, das mit der Hygiene sein zu lassen, weil man dann am Ende des Jahres das Geld für Sport- und Spielgeräte bekomme.
Deswegen werden wir diesen Antrag gleich gerne ablehnen. Er ist, wie ich gesagt habe, Populismus pur und ein Showantrag. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Weske. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Herr Abgeordneter Kollege Terhaag das Wort. Bitte sehr.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zu meinem Redemanuskript komme: Lieber Herr Kollege Keith, den Tod eines Kindes – ich bin aus Mönchengladbach – ohne Prüfung des gesamten Sachverhaltes auf den Lockdown zu schieben, ist in meinen Augen schäbig. Das hat mich sehr entsetzt.
(Beifall von der FDP, der CDU, der SPD, den GRÜNEN und Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben gestern Anträge der AfD-Fraktion zur sofortigen Beendigung aller Beschränkungsmaßnahmen in Schulen und Kindergärten behandelt. Heute reden wir über einen solchen Antrag zum Sport.
In ihrem hier vorliegenden Antrag fordert die AfD eine sofortige Beendigung aller Beschränkungen im Sport, die aufgrund der Coronapandemie vorgenommen werden mussten. Jetzt, Ende Mai, nach mehreren Monaten der Coronakrise, macht sich auch endlich die AfD Gedanken zum Sport. Ihr geringes Interesse am Sport – der Kollege Weske hat es ja schon erklärt – ist wirklich enttäuschend.
Dagegen haben wir, die regierungstragenden Fraktionen, uns während der gesamten Zeit der sozialen Distanzierung ständig mit dem Wiederhochfahren des Sports befasst. Das möchte ich Ihnen gerne näher skizzieren.