Zurzeit brechen die Gewerbesteuereinnahmen ein. Das wird jetzt komplett kompensiert. Der Bund übernimmt die eine Hälfte, und das Land Nordrhein-Westfalen – gestern beschlossen – steuert 1,6 Milliarden Euro aus eigenen Mitteln bei, sodass die Kommunen den kompletten Wegfall der Gewerbesteuereinnahmen durch Bund und Land erstattet bekommen.
Die Kommunen belastet aber vor allem die Ausgabenseite. Seit Jahren haben wir über die Kosten der Unterkunft geredet. Das sind die Kosten, die besonders bei Hartz-IV-Empfängern, ALG-II-Empfängern und anderen auftreten, von den Kommunen getragen werden und im Zweifel nach der Krise eher steigen als sinken werden. Hier haben wir erreicht – von uns ausgearbeitet, parteiübergreifend ermöglicht; danke auch an Norbert Walter-Borjans, mit dem ich über diese Frage gesprochen habe; er war der Einzige am Tisch im Koalitionsausschuss, der die Lage der Kommunen in Nordrhein-Westfalen kennt –, dass 75 % dieser Kosten jetzt übernommen werden. Das bedeutet 1 Milliarde Euro Entlastung für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen, und zwar Jahr für Jahr und für alle Zukunft.
Das ist eine Riesenleistung, weil es diesen Teufelskreis durchbricht und den Kommunen im Moment viel mehr hilft als eine Altschuldenhilfe. Sie wird zum Problem, wenn einmal die Zinsen steigen. In der jetzigen Lage ist diese Entlastung für die Kommunen aber das Größte, was sie sich erhoffen konnten.
wir die Eigenanteile der Kommunen, die oft ein Investitionshindernis sind, als Land ebenfalls übernehmen. Wir nehmen 3,6 Milliarden Euro in die Hand – zunächst 1,7 Milliarden Euro zur Kofinanzierung der wichtigen Maßnahmen des Bundes. Hinzu kommen die Mittel des Bundesprogramms, die unmittelbare Wirkung in Nordrhein-Westfalen erzielen, in Höhe von rund 3,2 Milliarden Euro. Zusammen sind dies über 8,5 Milliarden Euro staatliche Mittel, die jetzt zur Belebung der Konjunktur zur Verfügung stehen.
Ein solches Programm in diesem Umfang zusätzlich zum Bundesprogramm gibt es in keinem anderen deutschen Land.
Wir werden die Defizite in der Infrastruktur der digitalen Bildung beseitigen. Wir investieren insgesamt 380 Millionen Euro, davon rund 260 Millionen Euro, um die digitale Ausstattung an den Schulen zu verbessern. Die Ministerin, die sehr für diese Position gekämpft hat, wird das in den nächsten Tagen vorstellen. Das heißt konkret: Es wird keine Situation mehr geben, dass ein Kind, weil die Eltern vielleicht keinen Computer haben, zu Hause nicht mitlernen kann – ein Riesenschritt für Chancengerechtigkeit. Deshalb danke ich Yvonne Gebauer, die dafür gekämpft hat, und wir konnten jetzt die Mittel bereitstellen.
Jetzt muss gebaut werden, jetzt muss gearbeitet werden, und das muss mit Maßnahmen verbunden werden, die wir sowieso brauchen. Deshalb stellen wir 1 Milliarde Euro für Investitionen in Krankenhäuser bereit. Seit Jahren ist die Krankenhauslandschaft unterfinanziert. Es gibt einen Sanierungsstau. Deshalb werden 1 Milliarde Euro für Krankenhäuser und ebenfalls 1 Milliarde Euro für die Universitätskliniken im Land bereitgestellt. Damit kommen Investitionen sehr schnell ins Land. Damit werden sehr schnell Arbeitsplätze geschaffen, und gleichzeitig tun wir etwas Gutes für die Zukunft unseres Landes.
Wir haben darüber hinaus ein kommunales Investitionspaket geschnürt. Dieses dient der Städtebauförderung, dem kommunalen Straßenbau, aber auch der nationalen Klimaschutzinitiative. Außerdem werden wir noch einmal den Kommunen helfen, die Einbußen, die sie im öffentlichen Personennahverkehr zu erleiden hatten, zu kompensieren. Wir stellen ca. 200 Millionen Euro zur Verfügung, um das aufzufangen, was in der Krise weggebrochen ist.
Ich persönlich möchte auch Folgendes noch einmal betonen: Nordrhein-Westfalen ist ein Kulturland. Wir beschließen ein Stärkungspaket „Kunst und Kultur“ mit einem zusätzlichen Volumen von 185 Millionen Euro. Viele Kulturschaffende leiden ganz besonders existenziell unter dieser Krise. Daher werden die
Dieses Thema wird oft vergessen. Aber für das Zusammenleben in unserem Land, für den Reichtum unseres Landes sind Kunst und Kultur von großer Bedeutung. Daher haben Kunst und Kultur bei allen Investitionen stattzufinden. Insofern hat auch das Land seinen Beitrag zur Stärkung der Kultur zu leisten. Das werden wir in den nächsten Tagen machen.
Neben dem Klimaschutz setzen wir uns im Bereich des Umweltschutzes, auch in der Kreislaufwirtschaft, der Wald- und Umweltwirtschaft und für das Tierwohl ein. Hierfür stehen ebenfalls 50 Millionen Euro mehr zur Verfügung.
Sie sehen, wir alle sind aufgefordert, zwei Dinge gleichzeitig zu tun: die Pandemie weiter zu bekämpfen, aber da, wo es möglich ist, Grundrechtseingriffe zurückzunehmen, öffentliches Leben wieder möglich zu machen; wir müssen dies jeden Tag erneut prüfen.
Das Zweite ist, dass wir auch an die wirtschaftliche Zukunft der Menschen denken, auch die Sorgen der Gewerkschaften und ihrer Beschäftigen ernst nehmen, um jedes einzelne Unternehmen mit Konjunkturprogrammen kämpfen, die sie auf Dauer wettbewerbsfähig halten.
Gleichzeitig müssen wir den Schwung der Digitalisierung und des Klimawandels mitnehmen. Diesen Schwung gibt es immer noch, auch wenn im Moment nicht mehr so viel darüber berichtet wird, weil die Pandemie alles überlagt. Dies weiterhin mit den wirtschaftlichen Aktivitäten zu verbinden, ist unsere Aufgabe.
Wir müssen jetzt erneut beweisen, dass wir unser Land aus dieser tiefen Krise herausführen können. Ich wünsche uns allen, dass uns das gelingt. – Glück auf und Gottes Segen für dieses Land!
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident Laschet. – Ich eröffne nun die Aussprache und erteile als erstem Redner für die Fraktion der SPD Herrn Abgeordneten Kutschaty das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erinnere mich noch gut an den Applaus. Das war damals, ich
glaube, für alle ein zutiefst bewegender Moment, als wir hier im Plenarsaal gemeinsam den Heldinnen und Helden dieser Krise mit einem langanhaltenden Applaus Dank und Respekt gezollt haben.
Versprechen wurden damals gemacht. Niemals würden wir deren Einsatz vergessen. Doch gehalten, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben diese Versprechen nicht. Denn das, was wir gerade vom Ministerpräsidenten gehört haben, hilft eben nicht den Kassiererinnen, den Lkw-Fahrern, den Pflegekräften, den Bediensteten im öffentlichen Dienst. Für diese Menschen, denen wir alles in dieser Krise verdanken, haben Sie, Herr Laschet, hier heute nur warme Worte übrig gehabt.
Das ist schade. Denn in dieser Krise hätte eine Chance gelegen – nicht nur eine Chance auf Rückkehr zur Normalität, sondern die Chance auf einen sozialen Neustart auch in diesem Lande. Wir hätten mit Ihnen gemeinsam gerne über das geredet, was wir für systemrelevant erachten, zum Beispiel die Frage, was aus Ihrem Familienbonus in Höhe von 600 Euro pro Kind geworden ist. 300 Euro gibt der Bund. Ich hätte heute erwartet, das Ihr Programm, das Sie uns vorstellen, beinhaltet, dass Sie die anderen 300 Euro hier auf den Tisch legen. Das hätte den Familien geholfen.
Was in Ihren Einzelmaßnahmen fehlt, ist das Gesamtkonzept. „Hier ein bisschen, dort ein bisschen“ ist in der Gesamtheit zu wenig, auch wenn einzelne Positionen, einzelne Maßnahmen, die Sie hier angesprochen haben – das will ich jetzt schon ankündigen –, durchaus unsere Unterstützung finden. Aber der große Wurf, um aus der Krise zu kommen, ist das nicht. Das nennt man Verwalten der Krise, meine Damen und Herren.
Das wundert mich aber auch nicht. Denn zum wiederholten Male, Herr Laschet, haben wir heute Ihre Geschichte der Coronakrise gehört, und wie immer versuchen Sie, uns das zu erklären, was wir schon längst aus Medien oder anderen Berichterstattungen wissen. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Das, was Sie hier heute zur Coronakrise gesagt haben, hätte keiner Unterrichtung bedurft. Das war nichts Neues.
Es wäre gut gewesen, Sie hätten uns etwas Neues erzählt, zum Beispiel wie Sie diese Krise dauerhaft meistern wollen, darüber, wie Sie mit den Menschen in diesem Land einen Dialog führen wollen. Ich weiß, das ist nicht leicht, aber man könnte es wenigstens versuchen.
Stattdessen haben Sie sich in dieser Krise für den Alleingang entschieden, weil Sie mit dem Kopf durch
die Wand wollen und weil Sie immer als schillernder Sieger vom Platz gehen wollen, weil Sie dabei vielleicht auch ein wenig zu viel in eigener Sache unterwegs sind. Was meine Fraktion und ich in den letzten Wochen bei Ihnen vermisst haben, war der Dialog. Sie haben weder mit uns noch mit den Betroffenen im Land darüber gesprochen, wie wir gemeinsam nach Wegen aus dieser Krise suchen können. Das fehlt uns, Herr Laschet.
Sie haben es versäumt, die Menschen in Ihre Politik mit einzubeziehen – vielleicht weil Sie Dialog für Führungsschwäche halten. Aber das ist eine sehr altmodische Denke. Deshalb hatte Ihre Politik der vergangenen Wochen auch eher etwas von einer Papstwahl als von demokratischer Politik. Das war Verkündung statt Dialog, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Meine Damen und Herren, im Kreis Gütersloh und im Kreis Warendorf sind zurzeit Menschen von einem sogenannten zweiten Lockdown betroffen. Sie werden in Mitleidenschaft gezogen für Zustände, für die sie am allerwenigsten können. Das ist schlimm, das ist sehr bedauerlich, meine Damen und Herren.
Umso wichtiger ist es, dass wir heute ein Signal in den Kreis Gütersloh und in den Kreis Warendorf senden: Ihr seid nicht alleine. Diese Krise ist unser aller Krise. Ihr habt unsere volle Solidarität, und das Land hilft euch mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.
Bis heute gibt es in Nordrhein-Westfalen 41.415 bestätigte COVID-19-Infektionen. 1.665 Menschen haben die Infektion nicht überlebt, und viele, die die Krise trotz schwerer Symptome überstanden haben, werden noch lange mit den Folgen dieser Erkrankung zu kämpfen haben. Sie brauchen jetzt die Hilfe einer solidarischen Gesellschaft, um in ein selbstbestimmtes Leben zurückkehren zu können. Wir dürfen neben den Toten auch die Überlebenden nicht vergessen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Pandemie ist noch nicht vorbei, und wie gefährlich und fragil die Lage auch heute noch ist, zeigen die Vorkommnisse in den Kreisen Gütersloh und Warendorf. Doch so traurig und qualvoll jeder einzelne COVID-19-Fall auch ist, so sind es doch weit weniger Fälle, als wir vor dreieinhalb Monaten befürchtet hatten. Durch gegenseitige Rücksicht und Hilfsbereitschaft ist es den Menschen in Nordrhein-Westfalen gelungen, ein hoch ansteckendes Virus in Schach zu halten.