Protokoll der Sitzung vom 26.08.2020

Jetzt zu dem SPD-Antrag: Sonntagsreden reichen nicht. Die Verkehrswacht braucht Unterstützung. – Ich habe gedacht, wir reden jetzt nicht über die Landesverkehrswacht, sondern über die Verkehrswacht. Da muss es wohl eine geben, die ganz schön in finanziellen Schwierigkeiten ist. Dann habe ich diesen Antrag gelesen und mir gedacht: Au wei, au wei.

Liebe SPD, Sie bringen ja alles durcheinander. Sie schreiben zum Beispiel in Ihrem Antrag, dass keine Coronahilfen möglich sind. Ich kann Ihnen das mal erklären. Erst wenn Verkehrswachten über 50 % ihrer Einnahmen durch Spenden, Sponsoren oder Mitgliederbeiträge generieren, dann sind sie keine Firmen und können diese Hilfen nicht in Anspruch nehmen. Aber viele konnten es und haben es. Viele haben sie beantragt, Bielefeld, andere Städte. Bei Münster hat es 14 Tage gedauert, bis diese Hilfen zugesichert wurden. Da muss man differenzieren.

Auch bei den Verkehrswachten, die beispielsweise nicht diesen Kriterien entsprechen, muss wieder differenziert werden, denn die sind alle finanziell unterschiedlich aufgestellt. Einige brauchen diese Hilfen überhaupt nicht. Es bleiben die wenigen, die wirklich in finanziellen Schwierigkeiten sind.

In den letzten Monaten hat sich aber auch einiges getan. Seit Ende April, Anfang Mai dürfen die Verkehrsübungsplätze wieder öffnen, darf das Fahrsicherheitstraining wieder durchgeführt werden.

Dennoch bleiben welche, die durch dieses Raster fallen könnten. Da hat allerdings unser Verkehrsminister Herr Wüst unlängst erklärt: Nein, wir werden niemanden fallen lassen. Wir werden im Herbst in der verantwortlichen Stabsstelle des Ministeriums darüber reden.

Dementsprechend kann ich Ihnen einfach nur sagen: Dieser ganze Antrag kommt viel zu spät. Der ist obsolet. Der ist absolut durcheinander. Sie wissen noch nicht einmal, wie die Finanzierung läuft. „Sonntags

reden reichen nicht“: Ich sage Ihnen: Das ist ein Sonntagsantrag. Den hätte ich wahrscheinlich vor dem ersten Kaffee geschrieben, und zwar sehr viel besser und fehlerfrei. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Vogel. – Nun spricht für die Landesregierung Herr Minister Wüst.

Herr Präsident! Verkehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will über den Antrag selber nicht im Detail sprechen, stelle aber fest, dass wir alle für die gute Arbeit der Verkehrswachten in Nordrhein-Westfalen dankbar sind. Es sind 64 an der Zahl.

Ja, sie sind ganz unterschiedlich strukturiert. Das gilt auch für ihre Einnahmestruktur. Auch das ist mehrfach ausgeführt worden. Viele haben auf die Unterstützung für Vereine Zugriff nehmen können. Und längst nicht alle Aktivitäten sind durch die Coronapandemie bis heute eingeschränkt. Ich war letzten Freitag bei der Übergabe von Fahrrädern und Helmen in Gummersbach. Da war wieder Verkehrserziehung, wie wir sie schätzen und auch in Zukunft brauchen, angesagt.

Es ist die Verkehrserziehung, die jeder kennt. Herzlichen Glückwunsch nachträglich, Arndt Klocke, zur Ostwestfalenmeisterschaft. Wann war das? – 1979?

Es gibt heute viel mehr: Elternhaltestelle, WalkingBus, Teilnahme am Verkehr und Mobilität der älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger. Wir haben neue Themen, zunehmende Unfallzahlen bei E-Bike-Fahrerinnen und -Fahrern. Wir brauchen also auch in Zukunft die Verkehrswachten.

Deswegen ist richtig, was hier schon berichtet worden ist. Es hat Anfang des Jahres, im März, einen Brief gegeben. Wir haben im April zugesagt: Lasst uns schauen, wie es sich entwickelt. Wenn ihr Geld und Hilfe braucht, dann helfen wir. Die Gespräche laufen.

Insofern ist der Appell, wir mögen Gespräche führen, total richtig. Ich sehe ihn jetzt mal – ich will das zur späten Stunde mal freundlich deuten – als Unterstützung für das, was wir eh tun. Wenn alle Fraktionen das Gleiche wollen, dann sollte man nicht übermäßig viel streiten. Sie sind der Haushaltsgesetzgeber. Ich weiß ja, an wen ich mich wenden muss, wenn ich zusätzliches Geld brauche. Ich komme dann also wieder. Vielen herzlichen Dank für die große Unterstützung für die Verkehrswachten und fürs Zuhören. – Danke.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Danke schön, Herr Minister Wüst. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir haben zur Abstimmung einen Antrag der Fraktion der SPD vorliegen, über den direkt abzustimmen ist. So will es die SPD. Wer stimmt dem Inhalt des Antrags zu? – Die SPD sowie Bündnis 90/Die Grünen stimmen direkt zu. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – CDU, FDP und AfD stimmen gegen diesen Antrag. Gibt es Enthaltungen? – Die sehen wir nicht. Damit ist der Antrag Drucksache 17/9943 mit der Mehrheit des Hohen Hauses gegen die Stimmen von SPD und Grünen abgelehnt.

19 Selbstbestimmung bei Intensivpflege achten –

Reha- und Intensivpflege menschenrechtskonform gestalten

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/7902

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales Drucksache 17/10660

Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/10732

Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Kollege Preuß das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir reden über ein Gesetz, das bereits beschlossen ist, das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz. Ziel dieses Gesetzes ist eine Verbesserung der Versorgung von Patientinnen und Patienten, die außerhalb einer Klinik intensivpflegerisch versorgt werden, also zu Hause. Zudem soll der Zugang zur Rehabilitation erleichtert werden.

Durch das Gesetz wird die außerklinische Intensivpflege als neuer Leistungsanspruch in das SGB V aufgenommen. Patientinnen und Patienten mit einem besonders hohen Pflegebedarf erhalten einen eigenen neuen Rechtsanspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung. Das ist ausdrücklich zu begrüßen und ist auch in der Diskussion im Ausschuss nicht strittig gewesen.

Allerdings hatte ein erster Entwurf des Bundes zu Irritationen und Kritik vonseiten der Betroffenen geführt. Aufgrund einer Verbändeanhörung und der geäußerten Bedenken von Betroffenenverbänden wurden umfangreiche Nachbesserungen am Gesetzentwurf vorgenommen.

Der Bundestag hat dann schließlich das Gesetz im Juli dieses Jahres beschlossen.

Es handelt sich um ein nicht zustimmungspflichtiges Gesetz, sodass wir von Landesseite auch keine Möglichkeit mehr haben, auf das Gesetz Einfluss zu nehmen.

Zum überwiegenden Teil sind in dem verabschiedeten Gesetz die von den Grünen gestellten Forderungen bereits enthalten.

Den Wunsch nach weitergehenden Veränderungen in § 37c SGB V für die außerklinische Intensivpflege, um das verfassungsgemäß verbriefte Wahlrecht des Wohn- und Aufenthaltsortes verbindlicher gegenüber den Krankenkassen im Gesetz abzubilden, kann man haben. Das ist aber objektiv gesehen nicht notwendig. Denn im Gesetz ist geregelt, dass den berechtigten Wünschen der Versicherten zu entsprechen ist. Eine Versorgung in der eigenen Wohnung ist zu bewilligen, wenn die medizinische und pflegerische Versorgung sichergestellt ist. Dem Wunsch nach der Selbstbestimmung des Aufenthaltsortes ist also ausdrücklich zu entsprechen. Es muss allerdings auch die Qualität – das heißt: die pflegerische Versorgung – sichergestellt sein.

Gegen beide Regelungen kann man ernsthaft nichts einwenden.

Aus diesem Grunde halten wir den Antrag der Fraktion der Grünen für erledigt. Wir lehnen die vorliegenden Anträge, auch den Entschließungsantrag, der Grünen ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von Matthias Kerkhoff [CDU])

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der SPD erteile ich der Abgeordneten Frau Lück das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden heute über einen Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministers für ein Bundesgesetz. Zu diesem hatte die Fraktion der Grünen hier im Landtag Ende vergangenen Jahres den vorliegenden Antrag eingebracht. Er wurde aber erst einmal nicht hier im Plenum diskutiert, sondern ging gleich in die Ausschussberatung.

Dieser Antrag mit allen Kritikpunkten der Grünen an dem Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministers war gut und richtig. Die Kritik war damals berechtigt. Das hat sich auch noch einmal an den Ergebnissen unserer Anhörung im Ausschuss gezeigt.

Seither ist jedoch einige Zeit vergangen. Auch in Berlin war man während der Coronakrise natürlich nicht untätig. Der Gesetzentwurf wurde auf intensives Drängen der SPD-Bundestagsfraktion noch einmal

stark überarbeitet. Am 2. Juli dieses Jahres wurde er dann vom Bundestag nach dritter Lesung verabschiedet.

Wenn ich mir das Protokoll der Bundestagssitzung vom 2. Juli 2020 anschaue, dann sehe ich, dass sogar die Oppositionsparteien teilweise in der Debatte eingestehen mussten, dass sich die entscheidenden Kritikpunkte aufgelöst haben. Die Verbände und die SPD-Bundestagsfraktion hatten nämlich vornehmlich kritisiert, dass die Selbstbestimmung des Aufenthalts eingeschränkt werde, was eklatant den Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention widerspricht.

Dieser Punkt wurde in der Zwischenzeit geändert. Im Gesetz heißt es nun – ich zitiere –: „Den berechtigten Wünschen der Versicherten ist zu entsprechen.“ Der ursprüngliche Halbsatz „soweit die medizinische und pflegerische Versorgung an diesem Ort tatsächlich und dauerhaft sichergestellt werden kann“ wurde gestrichen.

Sollte der Medizinische Dienst feststellen, dass die Versorgung am gewünschten Ort nicht sichergestellt ist, muss die Krankenkasse mit dem Versicherten eine Zielvereinbarung über geeignete Nachbesserungsmaßnahmen abschließen. Es wird also nicht über die Köpfe der Versicherten hinweg entschieden, sondern die Beteiligten setzen sich an einen Tisch und klären das. Das bedeutet: Alle, die dauerhaft intensivmedizinisch versorgt werden müssen, werden auch zu Hause leben können, wenn sie das wollen.

Mir ist klar, dass es an diesem Gesetz auch immer noch Kritikpunkte gibt. Beispielsweise wurde beanstandet, dass eine jährliche Prüfung der Intensivversorgung durch den MDK stattfinden soll. Das Intervall sei zu kurz.

Aber unter dem Strich muss man feststellen: Durch dieses Gesetz wird in der intensivmedizinischen Versorgung ein großer und wichtiger Schritt hin zu deutlich mehr Qualität und Leistung unternommen.

Wir alle wissen, dass es Handlungsbedarf gab, um Missbrauch zu verhindern. Das ist nun gelungen – zum Wohle der Pflegebedürftigen.

Im Bereich der Atmungsentwöhnung stellt das Gesetz sogar einen regelrechten Paradigmenwechsel dar, der längst notwendig war, um unnötige Beatmungen zu verhindern.

Auch auf dem Gebiet der Rehabilitation bietet das Gesetz eine enorme Verbesserung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere SPDBundestagsfraktion hat es geschafft, die stärksten Kritikpunkte im Sinne der Selbstbestimmung der Betroffenen zu verändern. Das ist für mich auch der entscheidende Faktor.

Für den Rest der Punkte gilt: Wir beobachten das. Im Bund sowie auf der Landesebene behalten wir die

Entwicklungen fest im Blick. Es muss klar sein, dass das Gesetz in der Praxis so erfüllt wird, wie es gemeint ist: als Verbesserung für die Betroffenen und im Geiste der UN-Behindertenrechtskonvention.

Aus unserer Sicht hätte dieser überholte Antrag hier heute nicht mehr behandelt werden müssen. Wir lehnen ihn aber auch nicht ab, da er ja ursprünglich eine durchaus berechtigte Kritik enthielt. Wir werden uns dazu enthalten, ebenso zum Entschließungsantrag. – Vielen Dank.