Protokoll der Sitzung vom 14.06.2000

Zum Ersten: Wir haben keine Steuerreform. Auswirkungeo

einer Steuerreform, die nicht existiert, sollen wir im Hinblick

auf die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz diskutieren. Das ist doch

absurd. (Zuruf des Ahg. Jullien, CDU

Weiterer Zuruf von der CDU)

-Meine Damen und Herren von der CDU, das ist ein ungeleg•

tes Ei, über das Sie reden wollen.

(Zuruf des Abg. br. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe mir auch angewöhnt, nicht zu spekulieren, sondern

erst die Tatsachen abzuwarten und dann zu überlegen, wel

che Auswirkungen ·auf die rheinland-pfälzische.Wirtschaft

und die Landesfinanzen zu erwarten sind. Dann fehlt mir

noch etwas in den Formulierungen.

(Zuruf des. Abg. Licht, CDU)

Warum fragen Sie nicht, welche Auswirkungen eine poten

zielle Steuerreform auf den Bürger in Rheinland-Pfalz hat?

Das ist Ihnen nichts wert. Ich denke, wir sollten in erster Linie

an die Bürger denken.

Es ist völlig klar und durchsichtig, welche Absicht Sie verfol-.

gen. Sie verleiten auch andere Redner - das gelingt Ihnen

mehr oder weniger-, eine steuerpolitische Debatte zu führen, wie sie möglicherweise u_nd hoffentlich seriös in Berlin geführt wird. Wir sind in einem Einigungsverfahren. über den Vermittlungsausschuss. Das wissen wir. Was dabei herauskommt, wissen wir nicht. Das ist Spekulation. Diese Aktuelle

Stunde geht also am Thema vorbei.

Jetzt warten wir auf dieses Ei, vielleicht kommt es gar nicht. Das liegt möglicherweise auch an den hier Handelnden oder in Berlin Handelnden. Liebe Freunde von der CDU, auch wir.

sind möglicherweise involviert; vielleicht. wird dieses Ei gar nicht gelegt. Wer weiß, wie dieses Ei aussieht.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie groß wird es sein? Welche Farbe wird es haben? Welche Form wird es haben? Das ist alles Spekulation. Aus diesem

Grurid ist diese Fragestellung bzw. diese Thematik absurd und geht am Thema vorbei.

Zum Zweiten: Es steht in allen Zeitungen. Seit Monaten, seit Jahren sind Ihnen allen die steuerpolitischen Vorstellungen der F.D.P. bekannt; Es ist kein Geheimnis, dass wir für einen noch niedrigeren Spitzensteue'rsatz eintreten. Es ist kein Geheimnis, dass wir diesen erst bei einem höher liegenden Betrag beginnen lassen wollen. Es ist auch kein Geheimnis, dass

uns die Konzeption der Unternehmensbesteuerung im Großen und Ganzen nicht gefällt. ln der Tat kommen wir zu einer Belastung der mittelständischen Wirtschaft. Das kann man nicht weg reden. Das sagen nicht nur wir, das sagen auch andere, nicht nur aus dem Kreis der CDU. Das ist ein -Problem.

Das muss in der Tat ernsthaft angegangen werden. Es geht. nicht nur um die ·mittelständische Wirtschaft, es geht auch um diejenigen, die außerhalb des gewerblichen Mittelstands tätig sind. Auch diese werden entsprechend und zu hoch be-·

lastet.

Zum Dritten: Wir treten für Abschreibungsfristen von Wirtschaftsgütern ein, die in der Tat nicht verlängert werden sollten. Das ist ein wichtiger Punkt. Dies soll. sich an der betriebli

chen Nutzungsdauer o'rientieren, um Investitionen nicht zu gefährden. Das ist ein Punkt, der oft unter den Tisch fällt, er ist aber für uns von großer Bedeutung.

Zum Vierten: Jetzt komme ich noch einmal auf das zurück, was Sie ei.gentlich thematisieren wollten, die Auswirkung einer Steuerreform - ich formuliere es um -, die wir noch nicht kennen, auf die Landesfinanzen. Während der Haushaltsberatungen hatten wir m.ehrfach und schwarz auf weiß deutlich gemacht, dass die Landesregierung ausreichend und sehr solide Vorsorge getroffen hat. Wenn Sie dies noch einmal abfragen wollen, das steht in Ihrem Text, dann können Sie die Antwort gern haben. (Glocke des Präsidenten)

(Beifall bei F.D.P.. und SPD)

Ich erteile Herrn Finanzminister Mittler das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat Ende Mai in zweiter und dritter Lesung das Steuersenkungsgesetz verabschiedet, zu dem der Bundesrat in seiner Sitzung am vergangenen Freitag einstimmig den Vermittlungsausschuss angerufen hat. Das Vermittlungsverfahren wird morgen beginnen. Die Landesregierung

wird dort natürlich unter Wahrung auch der besonderen Positionen der mittelständischen Wirtschaft ihren Rat, ihr Engagement einbringen.

Was steht zur Debatte? Es geht darum, dass in einer dreistufig angelegten Reform beginnend mitdem Jahr 2001 über, 2003 und dann zum Schluss im Jahr 2005 eine Reform in Kraft tritt, die insgesamt eine steuerliche Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, von Arbeitnehmern, auch der Wirtschaft, sowohl der mittelständischen wie auch der Konzerne in der Größenordnung von 74 Milliarden DM zum Inhalt hat. Davon wird ein wesentlicher Teilbetrag von rund 45 Milliarden DM am 1. Januar 2001 in Kraft treten.

Ich habe vor zwei oder drei Wochen an einer Diskussion zu

diesem Reformvorhaben an der Universität Heidelberg teilgenommen. Ein prominenter Vertreter der mittelständi~chen Wirtschaft hat dort den Vorwurf erhoben - nachdem seine

· Feststellung· vorangegangen war, die großen multinationa

len Konzerne zahlten ohnehin keine Steuern-,

1. die Steuerreform diene nicht dem Mittelstand,

2. sie komme Arbeitnehmern und Familien nicht zugute und

3. sie entlaste nur.die international tätigen Konzerne.

Ich habe ihn dann gebeten, einmal darüber nachzudenken,

was er dort an Information verbreitet; denn internationale Konzerne, die nach seiner Meinung ohnehin keine Steuern

zahlen, kann ich auch nicht entlasten.