Protokoll der Sitzung vom 17.08.2000

Meine Damen und Herren, mit diesen Dreiviertelstellen ist es eine Frage der Zeit. Wir si~d gut beraten, damit flexibel umzugehen.

Herr Kollege Lelle, Sie würden_ es vermutlich gar nicht anders machen. An der Stelle, an der es Engpässe gibt, zum Beispiel im berufsbildenden Bereich, haben wir schon in einzelnen Mangelfächern volle Verträge vergeben. Wir sincfsoweit, dass wir es in der berufsbildenden Schule durchgängig machen. Der Minister hat es dargestellt, wie wir bei anderen Schulen verfahren.

(Glocke des Präsidenten)

Das ist eine sinnvolle Sache. Wenn wir das von heute auf mor

gen in Gänze tun würden, würden wir -jegliche Flexibilität vergeben.

Es ist also nicht so tragisch. Der Minister hat gesagt, bereits in der ersten Woche ist viel~s abgearbeitet worden von diesen 76 Lehrern. Ich selber habe inzwischen drei Schulen besucht. Dort läuft das recht vernünftig. Einige Neuerungen kann man feststellen. Der Schulalltag stellt sich doch ein bisschen anders dar, als es der eine oder andere wahrhaben will.

Danke schön. (Beifall bei SPD und F.D.P.)

Für die F.D.P.-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Kuhn das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin

Thomas; es ist zunächst einmal respektabel, dass Sie die Leis

- tungen, wenn auch nicht in allen Bereichen, der Landesregierung im Bildungssektor anerkannt haben.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

-Sie haben das getan. Es is! respektabel.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich sage Ihnen gleich noch etwas dazu!)

Das dient einer differenzierten Betrachtungsweise, die wir ei

gentlich be~bsichtigen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich argumentiere immer differenziert!)

Ich teile aber nicht Ihre Einschätzung der gegenwärtigen Situa:tion. Da haben wir das Problem der selektiven Wahrneh

mung. Ich persönlich lebe auch in einem Umfeld. Ich habe drei Kinder im Schulbereich. Ich kenne die Schulsituation in meiner Stadt rechtgenau.Ich muss Ihnen widersprechen. Die

ser Eindruck hat sich bei mir mit Sicherheit nicht verfestigt. Übrigens hat man in dieser Schule auch einen Wandertrag am zweiten Tag veranstaltet. Das macht sie aber schon seit 15 Jahren, glaube ich. Das ist kein indiz dafür, dass sie Probleme hatten:

Die Probleme werden im Sinne der selektiven WahrJ1ehmung natürlich sehr unterschiedlich gewichtet und dargestellt. Das ist auch im Leben so. Das muss man anerkennen, dass die Opposition natürlich dazu neigt, die Dinge schwarz zu malen. Das registrieren wir auch.

Wir haben dann das Problem, mit dem Wünschbaren und Machbaren angemessen umzugehen. Auch dabei sind wir_un

terschiedlicher Meinung. Natürlich haben wir auch Wünsche, die über das hinausgehen, was wir im Augenblick leisten kön

nen. Daran· besteht kein Zweifel. Dass Sie selbstverständlich das Wünschbare umsetzen wollen, verstehe Ich auch. Aber wir tragen die Gesamtverantwortung für dieses. Land. Bei den begrenzten Ressourcen, die wir haben, müssen wir damit verantllvortüngsvolf umgehen. Das tun wir. Mit Sicherheit kommt der ·Schulbereich in diesem Gesamtkomplex ni_cht schlechtweg.

Herr Lelle, ich möchte Ihnen widersprechen. Ich habe-nie den Eindruck erweckt, dass wir insgesamt 1 600 neue Lehrerstel

len geschaffen haben. Das sage ich noch einmal zur Redlichkeit. Es sind 600: Es gibt aber 1 600 Einstellungen von Perso.. nen insgesamt, also auch die Wiederbesetzungen.

Ich möchte das, was Sie zur ADD gesagt haben, genau umkehren, das heißt, es ist hoch anerkennenswert, dass in der Phase der Umstrukturierung diese Behörde, die ADD, in der Lage war, diese riesige Aufgabe, die eine Sondersituation darstellt, wie mehrfach dargelegt wurde, so zu bewältigen. Wenn zu diesem Z~itpunkt weniger als 5 % am ersten Tag noch nicht realisiert waren - - - ln anderen Bundesländern sind es mehr. Diese haben auch nicht die Schwierigkeit, eine Vervvaltung neu zu strukturieren. Ich habe nicht verschwie

gen, dass es nicht einfach ist, auf eioen Schlag eine funktionierende neue Struktur zu schaffen. Es ist geadezu ein Beleg dafür, wie weit diese Umstrukturierung vorangeschritten ist, sonst hätte diese riesige Aufgabe so nicht bewältigt werden können.

Herr Lelle, Sie haben die kurzfristigen Absagen thematisiert. Ich will" nicht fordern, dass entsprechende Restriktionen stattfinden sollten. Ich möchte aber auf eines hinweisen: Wenn

ich einen Vertrag unterzeichnet habe und mich- als Lehrer_ verpflichtet habe, eine bestimmte Stelle anzunehmen, dann sollte man davon ausgehen,-dass ich diese Verpflichtung, diesen Vertrag einhalte. Wir haben nicht nur in der Bundesliga das Problem, dass Doppelve_rträge abgeschlossen werden. Das ist ein Phänomen, das wir mit Sicherheit nicht begrüßen können. Das hat mit Freizügigkeitnichts mehr zu tun. Wenn wir soweit kommen, dass angehende Lehrer in mehreren Bundesländern gleichzeitig Verträge abschließen und ohne

·jede Reaktion am letzten Schultag möglicherweise drei bis vier Absagen machen, dann haben wir natürlich ein zusätzliches Problem. Man muss lernen, damit umzugehen.

(Beifall bei F.D.P. und SPD)

Für die Fraktion· BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich noch einmal der Abgeordneten Frau :rhomas das Wort:

Herr Kuhn, ich muss doch noch einmal ein paarTöne zu dem

sagen, was Sie geäußert haben. Ich weiß gar nicht, warum Sie sich so wundern. Wir argumentieren immer differenziert in der Bildungspolitik. Wir haben durchaus das, was es an Neue

rungen gab, auch kritisch begleitet. Wenn es neue Einstellungen gab, haben wir dies vor allen Dingen begrüßt. Aber wir sagen auch, es reicht nicht aus. Wir haben einzelne Instrum-ente sehr kritisch begleitet. Ich glaube, wir kommen unserer bildungspolitischen Verantwortung mehr nach, als Sie das

tun. Ich habe das Gefühl, die F.D:P. und Sie vorneweg entziehen sich im Moment der bildungspolitischen Verantwortung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN- Zuruf von der SPD)

Während im ganzen Land diskutiert wird, funktioniert der Unterricht, sind genügend Lehrer und Lehrerinnen an allgemeinbildenden Schulen, an berufsbildenden Schulen usw. vorhanden, ergeht sich Herr Kuhn, als hätte er mit all diesen Problemen nichts zu tun, in Überlegungen, wie man bei den teuren Schulbuchpreisen etwas-ändern und die Eltern entlasten könnte. Das ist ein gutes Ansinnen. Sie und ich waren noc_h nicht im Landtag, ·aber Wenn Sie im Protokoll nachlesen, müssen Sie feststellen, dass damals die F.D.P. die Lernmittelfreiheit mit aufgehoben hat;.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN- Zuruf des Abg. Dr. Ku hn, F.D.P.) _

Ferner ist das Instrument, das sie vorge5chlagen haben, völlig untauglich ist. Was ist das für ein Vorschlag, wenn Sie die Bindungszeit für Bücher verlängern wollen? Damit tragen Sie doch nur dazu bei, dass im Zeitalter des -lnternets und der dauernden Flut neuen Wissens noch mehr Schülerinnen und Schüler längermit altim Büchern lernen müssen. Das ist doch im Prinzip Ihr Vorschlag.

(ZurufdesAbg. Kuhn, F.D.P.)

Noch pikanter ist es doch, wenn man beklagt, dass es einen Anteil von 3 % strukturellem Unterrichtsausfall und einen viel höheren Anteil an temporärem Unterrichtsausfall gibt, dann aber die F.D.P. nichts besseres zl.l tun hat als zu sagen, die besten Lehrer im Land ziehen wir zusammen, wir wollen eine Eliteschule. Was interessiert uns in der F.D.P. denn, was in den einzelnen anderen Schulen stattfindet? Wi_r suchen uns die besten zusammen, und eigentlich müsste man hier im Land nach einer Eliteschule suchen.

Ich will deutlich machen, dass wir für die individuelle Förderung der Schüler und Schülerinnen sind und natürlich auch

fiir die individuelle Förderung der Hochbegabten. Aber ich halte dieses Instrument, für das Sie noch von der CDU Unterstützung bekommen,- für völlig untauglich und für vÖllig

uriangebracht in dieser Argumentation. Es wäre zehnmal besser, wenn Sie es vorantreiben würden, dass einzelne Schulen eine klarere Profilbildung machen können und damit werben können. Dafür gjbt es Ansätze.

(Lelle, CDU: Das hat mit Hoch- begabung nichts zu tun!)

- Natürlich. Sie, Herr Kuhn,versU