Protokoll der Sitzung vom 01.12.2005

Wegen der Grundsätzlichkeit der neuen Gesellschaftsform und damit Unternehmensform war es richtig, den Gesetzentwurf nicht nur im Haushalts- und Finanzausschuss, sondern auch im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr zu beraten.

(Heiterkeit der Abgeordneten Frau Kohnle-Gros, CDU)

Ich sehe Heiterkeit. Ist etwas falsch? – Offensichtlich nicht.

Wir stehen im Grundsatz diesem Gesetzentwurf positiv gegenüber und werden dem Gesetzentwurf zustimmen.

Die Gründe für ein neues Architektengesetz sind die veränderten europarechtlichen Rahmenbedingungen, die auch die freien Berufe, in diesem Fall die Architekten, betreffen. Kernpunkte des Gesetzes sind unter anderem Anpassungen an die Harmonisierungsbestrebungen im Bereich der europäischen Bildungssysteme und die Gewährleistung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, unter anderem für Absolventen nach dem so genannten fortgeschriebenen Europäischen Recht.

Dann kommt in der Gesetzesbegründung der Landesregierung der schöne Satz, den man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen sollte – Zitat –: „Mit Blick auf die Regelungsdynamik der europäischen Gesetzgebung ist es angezeigt, die landesrechtlichen Vorgaben flexibler zu gestalten“. Meine Damen und Herren, der Begriff „Regelungsdynamik“ beschreibt die derzeitige Situation

und den Umfang der europäischen Regelungen nach meiner Meinung nach sehr zurückhaltend.

(Dr. Altherr, CDU: Regelungswut wäre vielleicht der richtige Ausdruck!)

Die wesentlichen Änderungen gegenüber dem bisherigen Recht spiegeln sich in den §§ 5 und 8 bis 10 wieder. In § 5 werden die Voraussetzungen für die Eintragung in die Architektenliste und damit die Kammermitgliedschaft geregelt. Meine Damen und Herren, hier gibt es allerdings eine Ungereimtheit der Begründungen zwischen den von uns bereits beschlossenen Änderungen des Ingenieurgesetzes und dem Architektengesetz, das wir im Augenblick beraten.

Diese Ungereimtheit konnte auch in den Beratungen bisher nicht eindeutig aufgelöst werden.

Bei der Begründung für die Änderung des Ingenieurgesetzes – federführend war das Wirtschaftsministerium – heißt es unter anderem, nach Artikel 3 einer Europäischen Richtlinie darf von betreffenden Personen eine zweijährige Berufserfahrung nicht mehr verlangt werden. In § 5 Abs. 1 Satz 2 des Architektengesetzes wird aber genau dies verlangt.

Bei der ebenfalls in § 5 vorgenommenen Festlegung der Studiendauer hätte man sich das Wort „mindestens“ meines Erachtens sparen können, denn aus meiner Kenntnis ist es in Rheinland-Pfalz und in anderen Bundesländern kaum möglich, selbst bei überragender Intelligenz in vier Jahren ein achtsemestriges Studium abzuschließen. In vielen Fällen schaffen es die Professoren nicht, den Studierenden ihre Arbeiten rechtzeitig benotet zurückzugeben. Dies ist aber sehr oft die Voraussetzung für die Anmeldung zum nächsten Semester oder die Entscheidung, wann sich die Studierenden zum Examen anmelden. Hier liegt bei uns einiges im Argen, das ich in diesem Zusammenhang auch angesprochen haben möchte.

In § 8 kommen wir zu den Kapitalgesellschaften, einer neuen Rechtsform als Eintragungsmöglichkeit in die Architektenliste. Meine Damen und Herren, es gehört zweifellos zu den veränderten und sich immer noch weiter ändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, dass auch Gesellschaften in die Architektenliste eingetragen werden können. Hierdurch wird nicht mehr die Einzelperson, sondern ein Unternehmen zur Führung der Berufsbezeichnung berechtigt. Warum man aber gerade in diesem Bereich weiter geht, als dies im Musterarchitektengesetz vorgesehen ist, scheint mit diskussionsbedürftig zu sein.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns in RheinlandPfalz nicht unbedingt in allen Bereichen von den anderen Bundesländern unterscheiden, vor allen Dingen dann nicht, wenn es dadurch im Grunde genommen nicht besser wird.

Man kann sich darüber streiten, ob es überhaupt sinnvoll ist, das Berufsbild des Architekten von der Einzelperson weg zur Gesellschaft oder zum Unternehmen zuzulassen. Ob es aber auch im Sinn des Verbraucherschutzes nicht besser wäre, am bisherigen Berufsbild festzuhal

ten, darüber kann man streiten. Ich möchte keine weltanschauliche Diskussion darüber führen.

(Glocke des Präsidenten)

Ein letzter Satz, Herr Präsident.

Ein wesentliches Thema ist der Bereich der Haftpflichtversicherung. Bei den Kapitalgesellschaften ist dies eindeutig im Architektengesetz geregelt. Bei den Einzelpersonen ist das nach wie vor nicht der Fall. Es wäre mehr als sinnvoll, diese Dinge sowohl bei der Landesbauordnung als auch in der Berufsordnung eindeutig zu regeln. Dies ist auch im Sinn des Verbraucherschutzes, wie die jüngsten Beispiele zeigen. Sowohl Planvorlageberechtigungen als auch eine ausreichende Haftungsabsicherung sollen bei der Einreichung von entsprechenden Bauunterlagen bereits geprüft werden. Das wäre sehr im Sinn des Verbrauchers.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Es spricht Herr Abgeordneter Puchtler.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf trägt der Entwicklung in einem Berufsstand mit immerhin 4.500 Architektinnen und Architekten in unserem Bundesland Rheinland-Pfalz Rechnung. Er schafft im Sinn einer positiven Fortschreibung flexibler Regelungen unter Beachtung der Wettbewerbsfähigkeit, der europäischen Harmonisierung und der Qualitätssicherung entsprechende Fortschritte.

(Beifall bei der SPD)

Die Aufgabe des Architektengesetzes ist es, insbesondere den Schutz der Berufsbezeichnungen für die Berufsgruppen der Architekten, der Innenarchitekten, der Landschaftsarchitekten und der Stadtplanerinnen und -planer zu gewährleisten.

(Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Die geltende Rechtslage bedurfte insofern einer Anpassung. Als Gründe sind im Einzelnen anzuführen: Die Neufassung des Musterarchitektengesetzes als Resultat der 105. Bauministerkonferenz auf Bundesebene, europarechtliche Vorgaben, die erforderliche Integration neuerer Rechtsprechung, die Anpassung aktueller berufsrechtlicher, wettbewerbsrechtlicher und organisatorischer Aspekte und die damit verbundene erforderliche strukturelle Neugliederung des Gesetzes. Bei der Rechtssprache wird in dem Gesetz auch dem GenderGedanken Rechnung getragen.

Wesentliche Kernpunkte des Gesetzes sind folgende:

1. Die Harmonisierung im Bereich der europäischen Bildungssysteme verbunden mit einer klaren Regelung der erforderlichen Berufsqualifikationen und der Voraussetzungen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

2. Weitergehende Regelungen zur Gewährleistung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, insbesondere für die Absolventinnen und Absolventen aus dem europäischen Bereich.

3. Die flexible Gestaltung landesrechtlicher Vorgaben.

4. Die Schaffung weitergehender Möglichkeiten für die Berufsangehörigen, sich in Form von Gesellschaften zusammenzuschließen. Ich glaube, das ist ganz wichtig, weil es die Freiraummöglichkeit erhöht und wirtschaftliche Perspektiven für den Berufsstand schafft.

5. Die Führung der Berufsbezeichnung wird künftig allen Kapitalgesellschaften möglich sein, nicht nur wie bisher der GmbH. Das ist genau ein Punkt, bei dem wir vergleichbare Entwicklungen in anderen Berufsbereichen haben. Insofern ist das eine sinnvolle Anpassung.

(Beifall bei der SPD)

6. Die Ermöglichung der Berufsausübung in Partnerschaften wird geregelt.

(Pörksen, SPD: Oh, das ist aber gefährlich!)

Nicht missverstehen.

7. Die Einführung des so genannten Rügeverfahrens schafft Rechtssicherheit. Das ist insbesondere dann ganz wichtig, wenn Berufspflichten verletzt werden.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

8. Der Eintragungsausschuss, der in seiner Form sehr wichtig ist, wird ein Organ der Architektenkammer. Das macht die Bedeutung noch einmal klarer.

Aufgrund der zahlreichen Änderungen, die die einzelnen Kernpunkte belegen, soll bei Aufhebung des bisherigen Architektengesetzes ein neues Architektengesetz erlassen werden. Meines Erachtens sind dabei die Schaffung von Chancen für zusätzliche Berufsfelder für den Berufsstand besonders hervorzuheben; denn mit der Erschließung des Dienstleistungsbereichs, Objektbetreuung, Facility-Management, Gebäude-Management, gibt es ganz andere Möglichkeiten, zusätzlich insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung im baulichen Bereich. Wir konzentrieren uns insbesondere auf Immobilienbestand. Ich denke auch an die Bereiche der Dorferneuerung und Städtesanierung. Ich glaube, da trägt man der modernen Entwicklung Rechnung.

(Beifall bei der SPD)

Wie eben bereits angesprochen ist es aus Verbraucherschutzgründen wichtig, dass die Berufshaftpflichtversi

cherungsregelungen für die Kapitalgesellschaften konkretisiert werden, deren Möglichkeiten erweitert werden. Für die eigenständig tätigen Berufsangehörigen ist in der Berufsordnung als Berufspflicht eine Versicherung vorgesehen. Bei Verstößen drohen Sanktionen bis zum Ausschluss aus der Kammer.

Ähnlich konkrete Regelungen wie bei den Kapitalgesellschaften sind auf der Fachebene in der Diskussion. Unterschiedliche Strukturen sind dabei zu berücksichtigen.

Ich nenne einen dritten Punkt. Mit Blick auf die Kammer bedanke ich mich für die Unterstützung und konstruktive Mitarbeit bei dem Entwurf des Gesetzes. Die Stärkung der Selbstverwaltung ist ein hohes Gut.

(Beifall bei der SPD)

Der Eintragungsausschuss ist ein Organ der Architektenkammer. Die Mitglieder des Eintragungsausschusses werden zukünftig vom Kammervorstand bestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der beabsichtigte Zweck des Gesetzes, die Berufsbezeichnungen zu schützen, wird erfüllt. Den Veränderungen im Berufsbild und in der Berufsausbildung wird Rechnung getragen. Die Ziele, Gesetzesweiterentwicklung, mehr Flexibilität und Modernisierung, werden erreicht. Der Entwurf stärkt den Basiseffekt für positive Entwicklungen weit über den Berufsstand hinaus und setzt Effekte für Umwelt und Baukultur. Die SPD-Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.