Protokoll der Sitzung vom 19.01.2006

schalen und Festbeträgen arbeitet, damit die Ärzte wissen, was ihre Leistungen wert sind, und dass man sich darauf verlassen kann.

Ich komme zu dem Thema „Bürokratie“. Im Moment ist es in Mode, dass vor den Ministerien demonstriert wird. Ich habe dafür auch ein gewisses Verständnis. Wer in das Innenleben dieser Geschichte schaut, weiß genauso gut wie ich, dass sehr viel Bürokratie nicht nur durch die Politik, sondern auch durch die Selbstverwaltung solbst veranlasst wird.

Ich nenne ein Beispiel. Es gibt Richtlinien, dass die Physiotherapie zehn Tage nach der Verschreibung angetreten sein muss. Wenn die Therapie bedingt durch Krankheit erst am elften Tag begonnen wird, muss der Versicherte bestimmter Krankenkassen erneut mit dem Arzt sprechen, der bestätigen muss, dass diese Therapie immer noch erforderlich ist. Mit der Bescheinigung geht der Patient wieder zum Physiotherapeut zurück. Das sind hausgemachte Probleme innerhalb der Selbstverwaltung.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Jetzt ist es aber echt gut!)

Herr Dr. Rosenbauer, das wird nicht von der Politik vorgeschrieben. Ich denke, das sind gute Beispiele, die zeigen, dass alle Partner zusammenarbeiten müssen, wenn wir einen Bürokratieabbau wollen. Nicht jeder bürokratische Aufwand ist von der Politik vorgeschrieben.

(Beifall der SPD)

Frau Ebli, bitte schön.

Frau Ministerin, ein großes Problem sind der Honorartopf insgesamt und die Art der Verteilung. Ich frage Sie: Welchen Einfluss hat das Ministerium auf die Erhöhungen des Honorartopfs und das System der Verteilung?

Mein Ministerium hat relativ wenig Einfluss darauf, auch das Bundesministerium hat eigentlich auf die Verteilung keinen Einfluss.

Sie wissen, mit der Einführung des „EBMplus“ sind ganz neue Regelungen geschaffen worden. Die Ausgestaltung ist durch die Selbstverwaltung – im Übrigen auch zum ersten Mal im Benehmen mit den Krankenkassen erfolgt. Beide Partner saßen im gleichen Boot.

Die Umsetzung zeigt in Rheinland-Pfalz, wie problematisch sie ist. Sie wird landesspezifisch unterschiedlich umgesetzt. Auch das muss man dazu sagen. Es gibt auch unterschiedliche Resonanzen in den verschiedenen Bundesländern.

Jedenfalls ist eine Konsequenz daraus, dass wir Verwerfungen innerhalb der Ärzteschaft, innerhalb unterschiedlicher Fachgruppen haben, die aus meiner Sicht nicht zu akzeptieren sind.

Die einzige Möglichkeit, die wir haben, ist, zu versuchen – das tun wir schon seit Dezember –, moderierend mit einzusteigen oder Gespräche zu führen, um die Selbstverwaltungspartner zu bewegen, wenigstens etwas von diesen großen Verwerfungen zurückzunehmen, damit die Ärzte und Ärztinnen verlässlichere Grundlagen für ihre Arbeit haben.

Zu einer Zusatzfrage hat Frau Abgeordnete Kohnle-Gros das Wort.

Liebe Frau Kollegin, wenn ich freigeschaltet habe, dürfen Sie nicht wieder draufdrücken, weil Sie sich dann selbst – – –

Man sieht nicht, ob es an ist. Man muss sich auf die Seite lehnen.

Doch, man sieht das. Bisher hat das bei allen anderen geklappt.

Frau Ministerin, der Kollege hat es angedeutet. Ich wollte noch einmal nachfragen, was die Zahl der Studierenden im Fachbereich Medizin anbelangt. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, gehen Sie davon aus, dass man jetzt schon werben muss, damit weiterhin genügend Studierende dieses Fach aufgreifen, oder war das ein Missverständnis?

Wir haben hohe Studierendenzahlen. Das ist eine ganz erfreuliche Entwicklung in diesem Bereich.

Wir müssen dafür sorgen, dass die Absolventen und Absolventinnen tatsächlich dann auch in die Gesundheitsfachberufe eintreten. Das war eine Entwicklung, die sich schon in den vergangenen Jahren deutlich gezeigt hat, dass viele Absolventen und Absolventinnen andere Berufe ergreifen und nicht Ärzte oder Ärztinnen werden.

Das ist ein Problem – damit hat sich zum Beispiel unser Workshop beschäftigt –, dass wir keine Zahlen darüber haben, wie viele Absolventen tatsächlich Ärzte und Ärztinnen werden. Daran will man seitens der Landesärztekammer arbeiten.

Das Wort zu einer Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Dr. Weiland.

Frau Ministerin, können Sie bitte dem hohen Haus einmal erklären, wie Sie und Ihr Haus von einer zumindest teilweisen Überversorgung sprechen können, während fast alle anderen Beteiligten, insbesondere die Kassenärztliche Vereinigung, von einem sich deutlich abzeichnenden eklatanten Ärztemangel sprechen?

Herr Abgeordneter Dr. Weiland, das entspricht aus meiner Sicht nicht den Tatsachen. Auch die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz spricht nicht von einem sich abzeichnenden eklatanten Ärztemangel, sondern wir haben gemeinsam festgestellt, dass wir in vielen Bedarfsbereichen – das ist auch in Zahlen belegbar; wir hatten neulich eine Große Anfrage, und alle Statistiken sind darin aufgezählt – eine Überversorgung von Ärzten und Ärztinnen haben.

Das wird nicht bestritten. Das ist im Übrigen eines der Probleme, warum viele Ärzte und Ärztinnen in Relation über weniger Geld verfügen – das erwähne ich nur am Rande –, weil dieser Topf schon seit einigen Jahren durch viel mehr Menschen geteilt werden muss. Das ist aber nur eine Nebenbemerkung.

Wir haben Einigkeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung, dass es Bereiche, Arztgruppen und regionale Bereiche gibt, bei denen wir uns sehr intensiv kümmern müssen, damit dort kein Ärztemangel eintritt. Aber insgesamt ist es so, wie ich es dargelegt habe. Das wird im Großen und Ganzen von den Partnern so geteilt.

Das Wort zu einer Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Lewentz.

Frau Ministerin, Sie haben die von der Selbstverwaltung geregelte Verteilung des Budgets angesprochen. Kennen Sie Kassenärztliche Vereinigungen anderer Länder, die das aus Ihrer Sicht besser geregelt haben?

Nachdem ich mich mit vielen Kollegen und Kolleginnen ausgetauscht habe, kann ich nur feststellen, dass die Ärzteproteste nur in einigen Bundesländern so stark wie in Rheinland-Pfalz sind und auch die Verwerfungen

teilweise bei weitem nicht so gravierend sind wie in Rheinland-Pfalz.

Das hat mit unterschiedlichen Gründen zu tun. Es gibt Kassenärztliche Vereinigungen, die haben die Honorartöpfe noch beibehalten und Schritt für Schritt das neue System eingeführt. Es gibt Kassenärztliche Vereinigungen, die haben Absicherungen nach oben und unten getroffen, das heißt, keine Mehreinnahmen zum Beispiel über 5 % oder 10 %, aber auch nicht überdurchschnittlich weniger Geld.

Die Kassenärztliche Vereinigung in Rheinland-Pfalz hat gemeinsam mit den Krankenkassen einen anderen Weg gewählt. Ich denke, sie muss mit diesem Problem umgehen. Wir sind gern bereit, moderierend mit tätig zu sein.

Zu einer Zusatzfrage erteile ich Herrn Abgeordneten Marz das Wort.

Frau Ministerin, bevor ich diesen Tag ratlos verbringe, können Sie mir erklären, weshalb die Ärzteproteste vor dem Landtag und vor Ihrem Ministerium stattfinden? Nach dem, was Sie gesagt haben, müssten die Ärzte eigentlich vor die Kassenärztliche Vereinigung gezogen sein.

(Mertes, SPD: Das sehen Sie richtig!)

Wenn man das aufnehmen würde, müsste man sagen, die Ärzte müssten zu den Krankenkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen marschieren, weil diese letztendlich den neuen Honorarverteilungsplan gemeinsam miteinander erarbeitet haben.

Warum sie immer wieder zur Politik kommen, hat natürlich – wie soll ich das ausdrücken? –

(Frau Ebli, SPD: Politische Gründe!)

politische Gründe.

Man verspricht sich von der Politik, dass sie an so einer Stelle eingreift. Ich hatte gestern ein langes Gespräch mit einer Delegation von Ärzten und Ärztinnen, das aus meiner Sicht ganz fruchtbar war.

Klar ist aber schon, dass man immer wieder feststellen muss: Ich als Ministerin kann wenig tun.

Ich habe wenig Mittel in der Hand. Ich kann versuchen, die Parteien immer wieder zusammenzubringen, mit ihnen vernünftige Regelungen anzustreben, aber es ist im Grunde nicht mein Verantwortungsbereich. Ich habe auch relativ wenig Einfluss darauf.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat Herr Abgeordneter Lewentz das Wort.

Frau Ministerin, Sie haben das Thema „Ärztedichte“ angesprochen. In Vorbereitung auf diesen Tagesordnungspunkt habe ich festgestellt, dass die Ärztedichte in Europa sehr unterschiedlich ist.

Ich weiß, dass Sie im Sommer gern nach Dänemark fahren. Dort ist eine viel geringere Ärztedichte. Haben Sie Angst bezüglich der ärztlichen Versorgung, wenn Sie dorthin fahren?

(Heiterkeit im Hause)

Gott sei Dank musste ich im Urlaub in Dänemark noch nie einen Arzt aufsuchen. Insofern habe ich das persönlich noch nicht zur Kenntnis genommen.

Die Frage ist legitim. Ich habe es schon angesprochen, glaube ich. Was die Ärztedichte betrifft, nehmen wir eine Spitzenposition in Europa ein. Das muss man sich immer wieder vergegenwärtigen, auch wenn man über das Thema „Ärztemangel“ spricht.

Ich habe es vorhin gesagt, wir hatten vor einigen Jahren, als wir weniger Ärzte hatten, keinen Versorgungsnotstand in der Nation.

Frau Ministerin, vielen Dank für die Beantwortung der Mündlichen Anfrage.

(Beifall der SPD und der FDP)