Protokoll der Sitzung vom 16.02.2006

Dann gibt es die Position, die besagt, wir müssen in Richtung eines Kompromisses gehen. Wir brauchen längere Arbeitszeiten. Allerdings muss das nicht zwingend für alle in allen Ländern für alle Bereiche gleichzeitig geschehen. Deswegen gibt es unterschiedliche Vorstellungen.

Aber es ist immer sinnvoll, dass sie innerhalb der TdL zunächst einmal zum Konsens gebracht werden. Dann geht man in die Verhandlungen hinein.

Ich hoffe, dass sie Anfang nächster Woche wieder in Gang kommen; denn zumindest auf der Länderebene ist die Situation – ich sage es einmal so – unüblich. Die Gewerkschaften wollen den Ländern einen Tarifvertrag überstülpen, den sie mit den Kommunen und dem Bund ausgehandelt haben, wobei ursprünglich auch die Länder mit am Tisch saßen. Aber die Gewerkschaften haben den Ländern den Stuhl vor die Tür gestellt und vor zwei Jahren erklärt: Mit den Ländern verhandeln wir nicht.– Sie haben lediglich mit den Kommunen und dem Bund verhandelt. Die Gewerkschaften erwarten nunmehr von den Ländern, dass diese diesen Tarifvertrag voll übernehmen.

Die Länder haben erklärt, einen Tarifvertrag, an dessen Entstehung wir nicht beteiligt waren, weil die gewerkschaftliche Seite uns nicht dabei haben wollte, können wir nicht 1 zu 1 übernehmen, weil die spezifischen Belange der Länder dabei überhaupt nicht berücksichtigt sind.

Um diese spezifischen Belange der Länder ging es in den Verhandlungen der letzten Monate. Mitten in den Verhandlungen haben die Gewerkschaften erklärt, dass man es nun leid sei. Man hat die weiteren Gespräche erst einmal abgesagt und dann begonnen zu streiken.

Das muss jetzt möglichst bald wieder am Verhandlungstisch weitergeführt werden. Dann wird man bei vernünftigem Willen aller Beteiligten auch zu vernünftigen Ergebnissen kommen.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bischel.

Herr Staatssekretär, Ihre Position, die Sie zum Schluss vorgetragen haben, kann ich jedenfalls aus meiner Sicht unterstützen. Man muss da sehr flexibel sein und über vieles reden. Die TdL muss auch einheitlich auftreten. Das ist klar.

Ich will noch einmal sagen, das Hauptanliegen der Gewerkschaften ist doch die Befürchtung, dass bei einer Verlängerung der Arbeitszeit viele Arbeitsplätze wegfallen. Es wird von tausenden in Deutschland gesprochen. Die Kommunen haben sich in der Vergangenheit auch schon geäußert.

Dieses Begehren kann man verstehen. Es geht mir weniger um die 18 Minuten.

Deswegen meine konkrete Frage: Bei eventueller Arbeitszeitverlängerung für die Angestellten im Landesdienst, und zwar bei halber Stunde, einer Stunde, eineinhalb Stunden usw.: Wie viele Stellen im Angestellten- und Arbeiterbereich könnten im Landesdienst wegfallen? Haben Sie Zahlen darüber? Können Sie uns da etwas sagen, oder gibt es noch keine Berechnung?

Herr Bischel, natürlich könnte man theoretisch solche Berechnungen anstellen, wenn man der gewerkschaftlichen Argumentation folgen würde. Aber die Situation ist eine andere. Die Situation ist die, dass die Länder, und nicht nur die Länder, sondern alle öffentlichen Haushalte, die mit dem Rücken an der Wand stehen, zwingend darauf angewiesen sind, ihre Ausgaben zu reduzieren, und das nicht mit einer Einmalaktion, sondern nachhaltig, sodass auch für den Teilbereich Personalkosten es letztendlich so oder so zu einer Reduzierung kommen muss. Das ist unabhängig davon, was als Tarifvertrag beschlossen wird; denn die Taschen werden mit oder ohne Arbeitszeitverlängerung nicht voller, und damit wird der Anteil in den Landeshaushalten, der für Personalausgaben ausgegeben werden kann, wenn man die Haushalte nicht vor die Wand fahren will, auch nicht größer. Das heißt, die Fragestellung, die dahinter steht, die auch von Ihnen gekommen ist, trifft nicht den Sachverhalt der tatsächlichen Finanzsituation der öffentlichen Haushalte.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bischel.

Herr Staatssekretär, es ist jetzt die Rede, dass man den Gewerkschaften dadurch entgegenkommen kann, dass man eventuell einen Zuschlag dafür gibt, dass es zu einer Arbeitszeitverlängerung kommt. Wenn es dazu kommen könnte oder dies realisiert wird, würden Sie da den gleichen Sachverhalt oder den gleichen Anspruch auch für die Beamten begründen wollen, die bereits seit 1996 40 Stunden arbeiten?

Im Moment geht es um den Tarifvertrag für die Angestellten. Die Länder haben unisono die Haltung vertreten, dass, nachdem bei den Beamten flächendeckend, zumindest in den westlichen Ländern – in den östlichen Ländern ist es wegen der viel zu hohen Personalausstattung völlig anders – 40 Stunden, teilweise 41 Stunden, teilweise 42 Stunden Standard sind, auch für die Angestellten Arbeitszeitverlängerungen notwendig sind. Der Ansatz der Länder ist nicht etwa, nunmehr die Situation der Angestellten weiter zu verbessern und damit die Kluft zwischen Beamten und Angestellten zu vergrößern, sondern der ursprüngliche Ansatz ist, von der Arbeitszeit her eine Angleichung hinzubekommen.

Deswegen kann ich Ihre Frage nicht so ganz nachvollziehen; denn hinter dem Verhalten der TdL steht doch, dass in Sachen Arbeitszeit es wieder zu einer Annäherung zwischen dem kommen soll, was die Beamten hier im Land seit vielen Jahren und den anderen Ländern erst seit einigen Jahren leisten, und dem, was Angestellte im Durchschnitt leisten sollen. Da soll eine Annäherung stattfinden. Das war der ursprüngliche Sachverhalt, und der steht nach wie vor bei der TdL auf der Tagesordnung.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bischel.

Herr Staatssekretär, weil Sie sagten, Sie könnten die Frage nicht nachvollziehen: Ich will noch einmal sagen, die Position der Beamten war weniger, sich gegen eine Arbeitszeitverlängerung zu wehren, sondern dagegen, dass es unentgeltlich sein musste, weil die frühere Arbeitszeitverkürzung durch Abschläge bei den Besoldungserhöhungen erkauft wurde. Deswegen sagen sie auch, wir wollen die Kluft zwischen Angestellten und Arbeitern einerseits und Beamten andererseits nicht weiter vorantreiben; denn diese Kluft ist zweifellos vorhanden, wenn man insbesondere an die Sonderzahlungen usw. denkt.

Deswegen frage ich Sie noch einmal ganz gezielt: Werden Sie diesen Grundsatz, dass die einzelnen Statusgruppen sich nicht weiter exorbitant auseinander entwickeln, bei Ihren Tarifverhandlungen exakt beachten?

Zunächst einmal geht es um die Tarifverhandlungen für die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes. Wenn der TVöD übernommen wird, gibt es nur noch Angestellte des öffentlichen Dienstes. Dann gibt es ein einheitliches Tarifwerk. Darum geht es.

Danach wird zu prüfen sein, ob in der Bezahlung der Angestellten und in der Besoldung der Beamten vor dem Hintergrund der gesamten Rahmenbedingungen Ungleichgewichte existieren.

Eines ist klar: Wenn sich die TdL durchsetzt oder zumindest teilweise durchsetzt, dann ist das kein Weg zu einer Vergrößerung der Kluft zwischen Beamten und Angestellten, sondern – im Gegenteil – eine Verkleinerung der Kluft. Von daher kann ich – wie gesagt – diese Frage von Ihnen nicht nachvollziehen.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Creutzmann.

Herr Staatssekretär, können Sie sich vorstellen, dass die Verlängerung der Arbeitszeit im Angestelltenbereich nicht zu weniger Angestellten führt, sondern dass Aufgaben wahrgenommen werden könnten, die bisher nicht wahrgenommen werden, beispielsweise im Ordnungsamtsbereich, und damit die Polizei, wenn es Ruhestörungen gibt, entlastet wird?

Herr Abgeordneter Creutzmann, genau das wollte ich zum Ausdruck bringen mit der Aussage, dass für den Personalbereich insgesamt nur eine bestimmte Menge Geld zur Verfügung steht. Wenn man für diese Menge Geld mehr Arbeitszeit bekommt, dann kann in dieser Mehrarbeitszeit natürlich auch mehr geleistet werden. Das wiederum ist zum Nutzen derer, die uns letztlich finanzieren, nämlich zum Nutzen der Steuerzahler.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Pörksen.

Herr Staatssekretär, Sie haben mehrfach die TdL angesprochen. Welche Position nimmt das Land bei der Frage ein, ob sich diese auflösen soll?

Das ist eine sehr schwierige Frage. Man muss schon sehr viel Standvermögen haben, um nicht irgendwann den Zerreißkräften in der TdL nachzugeben.

Man muss Folgendes sehen: Es gibt ein Land Hessen, das erklärt hat: Wir machen nicht mehr mit. Wir machen für uns selbst Tarifverträge. – Es gibt die Länder Bayern und Baden-Württemberg, die erklären: Wenn die TdL nicht so will, wie wir das wollen, dann treten wir aus. – So schlicht kann man die Positionen beschreiben.

Dementsprechend ist durchgesetzt worden, dass die Kündigungsfristen der TdL massiv verkürzt wurden, und zwar auf Betreiben insbesondere von Bayern; denn Bayern hat die Vorstellung, dass Bayern, wenn die TdL mehrheitlich einem Tarifvertrag zustimmt, der Bayern nicht passt, noch vor In-Kraft-Treten dieses Tarifvertrags austreten kann. Das ist die fragile Situation innerhalb der TdL.

Aus strategischer Sicht kann die Auflösung der TdL nur den finanzstarken Ländern nutzen. Finanzstarke Länder werden in der Lage sein, höhere Tarifverträge zu finanzieren, auch wenn derzeit als Begründung genau das Gegenteil behauptet wird. Die Realität zeigt, dass das nicht so ist. Rheinland-Pfalz als ein relativ finanzschwaches Land – das sind wir leider immer noch – hat natürlich wenig Interesse daran, dass sich die öffentlichen Arbeitgeber in ihrem Verbund völlig auflösen und in jedem Land einzeln verhandelt wird. Dann wird das Gleiche passieren wie in der Metallindustrie: Dann wird im reichsten Bezirk – in der Metallindustrie ist das meistens Baden-Württemberg – ein Tarifabschluss gemacht. Dann werden alle anderen anschließend mehr oder weniger gezwungen sein, diesen Tarifvertrag zu übernehmen. Die Auflösung der TdL würde für RheinlandPfalz also eher zusätzliche Kosten verursachen.

Deshalb schlucken wir einiges an Zumutungen runter innerhalb der TdL. Wir gehören sicherlich zu denjenigen, die bisher alles getan haben, dass die TdL nicht auseinander fällt.

Mir liegen keine weiteren Fragen mehr vor. Die Mündliche Anfrage ist damit beantwortet.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich rufe die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jürgen Creutzmann (FDP), Führerschein mit 17 – Nummer 5 der Drucksache 14/4970 – betreffend, auf.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie hat sich seit dem Start des Projektes am 2. November 2005 die Zahl der Anträge auf „Begleitetes Fahren mit 17“ entwickelt?

2. Verfügt die Landesregierung über erste Erkenntnisse hinsichtlich möglicher Veränderungen bei den Unfallzahlen?

3. Wie schätzt die Landesregierung im Allgemeinen den Start des Modellprojektes „Begleitetes Fahren mit 17“ ein?

Es antwortet der Herr Verkehrsminister.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jugendliche Fahranfänger sind seit Jahren ein Sorgenkind in der Verkehrssicherheit. Ursachen für ihre deutschlandweit überdurchschnittlich hohe Verwicklung in schwere Verkehrsunfälle sind eine erhöhte Risikobereitschaft, jugendliches Imponiergehabe und mangelnde Fahrpraxis. So fahren die Jugendlichen sehr häufig nachts. Kurvige Außerortsstraßen verlangen aber eine gute Fahrpraxis, vor allem bei der Anpassung der Geschwindigkeit an den Fahrbahnverlauf. Eine häufige Unfallursache bei Fahranfängern ist daher das so genannte Abkommen von der Fahrbahn.

Im Jahr 2005 kamen in Rheinland-Pfalz bei Verkehrsunfällen 54 Fahranfänger ums Leben. 822 Fahranfänger wurden schwer verletzt.

Vor dem Hintergrund dieser Zahlen und der aufgezeigten Unfallursachen ergreift die Landesregierung Maßnahmen zur Verbesserung der Fahrsicherheit bei Fahranfängern. Mit dem Ziel eines praxisnahen Lernens wird in Rheinland-Pfalz ein Schwerpunkt der Fördermaßnahmen auf das „Lernen durch Erleben“ gelegt. Hierzu gehört zum Beispiel das Sicherheitstraining für Fahranfänger, das von Rheinland-Pfalz als einzigem Bundesland mit 30 Euro pro Teilnehmer gefördert wird.

Daneben wurde in Rheinland-Pfalz der Modellversuch „Begleitetes Fahren ab 17 Jahren“ eingeführt. Hierbei wird der Fahranfänger nicht direkt nach der Führerscheinprüfung eigenständig in das Verkehrsgeschehen entlassen. Vielmehr kann er bereits im Alter von 17 Jahren die Führerscheinprüfung absolvieren, darf dann aber ein Jahr lang nur in Begleitung einer erfahrenen Vertrauensperson fahren. Somit ist der Fahranfänger eigenverantwortlicher Fahrzeugführer, erhält aber gleichzeitig Praxistipps und kann auf diesem Weg auch die Gefahrenvorbeugung erlernen.

Das Begleitete Fahren wird in vielen anderen Staaten – wie zum Beispiel in den USA, in Frankreich und Schweden – schon seit längerem erfolgreich praktiziert. Es wurde festgestellt, dass bei den Fahranfängern die Unfallzahlen erheblich sinken, auch nach dem Erreichen des gesetzlichen Mindestalters von 18 Jahren. Somit gewinnen die Fahranfänger durch das Begleitete Fahren praktische Erfahrungen unter vergleichsweise sicheren Bedingungen.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Mündliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Creutzmann wie folgt:

Zu Frage 1: Die Zahl der Anträge auf Teilnahme am Modellversuch „Begleitetes Fahren ab 17 Jahren“ ist in den drei Monaten seit dem Start im November vergangenen Jahres auf insgesamt rund 4.500 angewachsen.

Zu Frage 2: Die Auswirkungen des Modellversuchs auf die Entwicklung der Unfallzahlen von Fahranfängern werden sich erst nach einem längeren Zeitraum ermitteln lassen. Aus diesem Grund ist für den Modellversuch eine Laufzeit zunächst bis zum 31. Dezember 2010 vorgesehen. Die rheinland-pfälzische Polizei schafft derzeit die technischen Voraussetzungen für eine statistische Erfassung der Unfallbeteiligung von Teilnehmern des Modellversuchs.

Die Teilnehmer erklären mit der Antragstellung gemäß § 48 b der Fahrerlaubnis-Verordnung ihr Einverständnis mit der Speicherung ihrer Daten bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres für Zwecke der Evaluation. Darüber hinaus beabsichtigt die Bundesanstalt für Straßenwesen eine deutschlandweite Evaluation des Modellversuchs. Hierbei sollen die Veränderungen untersucht werden, die durch das Begleitete Fahren ab 17 Jahren im Verkehrswissen, in den Verkehrseinstellungen und im Verkehrsverhalten bewirkt werden.

Zu Frage 3: Der Modellversuch findet großes Interesse. Ausgehend von mehr als 1.800 Anträgen im ersten Monat des Modellversuchs ist weiterhin ein kontinuierliches Wachstum der Zahl der Anträge festzustellen. Somit kann der Start positiv bewertet werden.

Das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau hat zum „Begleiteten Fahren ab 17 Jahren“ ein Informationsfaltblatt entwickelt und ins Internet gestellt. Auf diese Weise konnte – wie die Antragszahlen belegen – mit geringem Aufwand und mit Unterstützung durch die Medien eine breite Wirkung erzielt werden.