Protokoll der Sitzung vom 15.11.2001

(Widerspruch von der CDU)

Ich sage Ihnen, auf diese Kommunalfreundlichkeit können wir verzichten; denn die Folge wäre, dass die Kommunen keine Investitionen mehr vornehmen könnten, kein Kommunalhaushalt mehr ausgeglichen wäre und wir alle freiwillige Leistungen streichen müssten. Darauf können wir verzichten.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Schnabel, Sie operieren mit Zahlen, da weiß einer nie, wo diese herkommen. Deswegen will ich sie mit den richtigen Zahlen konfrontieren, und zwar anhand ihres Landkreises.

Durch den kommunalen Finanzausgleich wird der Landkreis Alzey-Worms 2,5 Millionen weniger zur Verfügung haben.

(Billen, CDU: Euro!)

Wenn aber die Forderungen von Ihnen durchkommen würden, dass die Steuerreform vorgezogen würde, dann hätte der Landkreis Alzey-Worms 17 Millionen weniger.

(Mertes, SPD: Aha!)

Nun erklären Sie mir einmal, wie Sie das Ihrem Landrat und Ihren Bürgermeistern klarmachen wollen? – Herr Kollege Schnabel, Ihre Gemeinde könnte Ihnen noch nicht einmal mehr die Aufwandsentschädigung als Ortsbürgermeister bezahlen, so schlecht würde es ihnen gehen.

(Beifall der SPD und des Abg. Kuhn, FDP)

Meine Damen und Herren, wenn es so käme, wie die CDU es will, dann gingen bei uns nicht nur die Lichter aus, sondern wir könnten auch gleich die Lampen mit abbauen.

Da ist die Alternative – dies sage ich ganz offen –, die die Landesregierung gestern angeboten hat, nämlich den Kommunen die Steuerausfälle oder Steuermindereinnahmen, die im kommunalen Finanzausgleich im nächsten und im übernächsten Jahr entstehen würden, auf das Jahr 2005 zu verschieben – – –

Herr Kollege Schnabel, wenn Sie etwas anderes wollen – Frau Kollegin Thomas hat dies auch beklagt –, dann müssen Sie einen Antrag auf Änderung des kommunalen Finanzausgleichs stellen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das haben wir immer gemacht! – Glocke des Präsidenten)

Bisher haben Sie es nicht gemacht.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Marz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist nicht einfach, mit Leuten über ein politisches Thema zu diskutieren, denen offensichtlich das Problembewusstsein fehlt.

(Mertes, SPD: Seien Sie nicht so hochmütig!)

Für eine Sache haben Sie ein Problembewusstsein, nämlich für Ihren Haushalt. Sie versuchen, Ihren Haushalt des Landes unter anderem auf Kosten der Kommu

nen nicht auszugleichen, aber Sie versuchen, ihn zu retten. Das leitet Sie. Mehr leitet Sie nicht. Dazu bedienen Sie sich einiger Tricks. Zunächst einmal leugnen Sie die Problematik. Sie verweisen – wie der Finanzminister heute Morgen – auf vermeintlich reiche Kommunen und lenken damit ab von den vielen, denen es schlecht geht. Jetzt fangen Sie schon an, sich mit ausgebliebenen Grausamkeiten zu schmücken, um von den Grausamkeiten, die Sie wirklich begehen, abzulenken. Siehe diese Sache mit der vorläufigen Nichtweitergabe der Steuermindereinnahmen.

(Kuhn, FDP: Entscheiden Sie über die Einnahmen? – Natürlich, zum Teil. Stellen Sie doch eine Zwischen- frage, wenn Sie eine haben. Das kann uns vielleicht weiterbringen. (Mertes, SPD: Aber nicht in der Aktuellen Stunde!)

Darüber hinaus ergehen Sie sich in vollmundigen Ankündigungen, unter anderem, um abzulenken, und in öffentlichen Inszenierungen. Alle paar Monate erleben wir, dass Sie Leute, beispielsweise von Ihrer kommunalpolitischen Vereinigung, nach vorn schicken, die dann böse schimpfen, damit die Landesregierung irgendwelche Wohltaten oder Rücknahmen verkünden kann.

Jetzt komme ich auf diese vollmundigen Ankündigungen zu sprechen. Heute Morgen haben wir wieder eine gehört, und zwar zur Frage der so genannten Bugwellenproblematik, obwohl wir nicht gehört haben, wie Sie diese angehen wollen.

Ich unterstelle Ihnen jetzt etwas, das Sie vielleicht gleich richtig stellen können, damit wir das wissen. Ich unterstelle Ihnen, dass Sie diese Bugwellenproblematik, nämlich die Frage der Altfehlbeträge der Kommunen, nicht dadurch angehen wollen, dass Sie sie faktisch lösen, sondern sie werden sie mit Buchungstricks lösen. Sie werden sie nicht faktisch lösen. Das heißt, Sie werden einen Zustand, der heute nicht legal ist, in die Legalität überführen. Das können Sie als Gesetzgeber. Sonst werden Sie nichts machen.

(Schweitzer, SPD: Sagen Sie, wie Sie das lösen würden! – Ministerpräsident Beck: Machen Sie einen Vorschlag!)

Vorschläge unterbreiten wir immer wieder, und wir werden auch weiter Vorschläge unterbreiten. Ich bin gespannt, was Sie damit machen.

(Schweitzer, SPD: Nennen Sie doch welche!)

Herr Ministerpräsident, wenn Vorschläge unterbreitet werden, müssen Sie aufpassen, dass Sie nicht zum Neinsager abgestempelt werden. Ich hoffe, dass Sie unsere Vorschläge sehr gewissenhaft prüfen.

(Ministerpräsident Beck: Sie müssen zunächst sagen, was Sie wollen!)

Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Verzichten Sie auf die Kürzungen, die Sie im Doppelhaushalt für die Kommunen vorgesehen haben.

(Ministerpräsident Beck: Das hat damit gar nichts zu tun!)

Trauen Sie sich endlich an eine Gemeindefinanzreform, die diese Bezeichnung verdient.

(Ministerpräsident Beck: Was heißt das denn?)

Das heißt, dass wir für die Gemeinden verstetigte Einnahmen benötigen,

(Ministerpräsident Beck: Das ist richtig!)

die Gemeinden kalkulierbare Einnahmen benötigen und

(Ministerpräsident Beck: Welche? Wie denn?)

die Gemeinden in die Lage versetzt werden müssen – – –

(Ministerpräsident Beck: Alles Sprüch‘!)

Sie übertragen Aufgaben an die Gemeinden, lassen sich dafür feiern, und sie müssen es bezahlen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ministerpräsident Beck: Das hat damit gar nichts zu tun!)

Das ist Ihre Politik. Setzen Sie sich mit solchen Vorschlägen, die wir unterbreiten, doch einmal auseinander!

Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, Ihre Politik bezüglich der Kommunen ist von drei Grundsätzen geprägt. Es wird nicht besser, so lange Sie diese Grundsätze nicht ändern. Diese Grundsätze lauten: Ablenken, abstreiten und am Ende bei den Kommunen abkassieren. Nur wenn Sie das ändern, werden Sie glaubwürdiger.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hartloff, SPD: Flach, flacher, am flachesten!)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kuhn das Wort.

Herr Kollege Marz, das war wirklich eine sehr plumpe Vorstellung. Das hat mich ein wenig enttäuscht. Vielleicht kommt die Substanz während der Haushaltsberatungen. Ich kann sie bisher nicht erkennen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben auch noch keinen verfassungs- gemäßen Haushalt vorgelegt!)

Ich weiß nicht, ob Sie kommunalpolitisch tätig sind. Das mag sein. Manchmal habe ich jedoch den Eindruck, dass Sie diesbezüglich relativ wenig Erfahrung haben.

Ich betone, dass in der FDP-Fraktion Bürgermeister, Kreistagsmitglieder usw. vertreten sind. Wir kennen die Probleme der Kommunen hautnah. Ein Abgeordneter, der sich in einem solchen Abwägungsprozess befindet, handelt mit Sicherheit nicht leichtfertig, weil er die Situation der Kommunen kennt. Das ist auch richtig; denn die Situation ist sehr heterogen.

Heute ist bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass es enorme Unterschiede gibt. Es gibt Kommunen, die ihren Haushalt solide finanzieren und eine bemerkenswerte Sparpolitik betreiben. Es gibt aber auch Kommunen, die relativ leichtfertig mit ihren Mitteln umgehen und nicht konsequent genug sparen. Darüber hinaus gibt es Kommunen, die aus strukturellen Gründen Probleme haben.