Protokoll der Sitzung vom 23.01.2002

Zentrales Anliegen des Bundesnaturschutzgesetzes ist es, Nachhaltigkeit umzusetzen und Artenschutz zu gewährleisten. Das sind – das hat die CDU selbst in ihrem Antrag geschrieben – anerkannte Grundsätze. Nach diesen Grundsätzen handelt das Bundesnaturschutzgesetz auch. Deswegen brauchen wir die 10 % Biotopverbundfläche. Wenn Sie nun denken, in jedem Bereich müssten 10 % Biotopverbundfläche sein, dann stimmt das nicht. Wir brauchen das im Landesdurchschnitt. Wir brauchen das dann auch im Bundesdurchschnitt. Genau das soll passieren, was Sie auch angemahnt haben, dass sich dort, wo es sinnvoll ist, Biotopverbünde etablieren können, dass dort die Arten, die existieren, erhalten bleiben können, und zwar die Arten, die auch durch die Landwirtschaft erst dorthin gekommen sind. Es gibt ganz viele Tierarten, die erst durch die Nutzung ihre Heimat in den Bereichen gefunden haben. Auch die Nutzung durch die Landwirtschaft soll dann dort vor Ort auch weiterbetrieben werden können. Es ist nicht so, dass keine Nutzung mehr stattfinden kann, wenn Naturschutz betrieben wird. Da haben Sie ein Denken aus den 70er- und 80er-Jahren, das Sie dann immer projizieren und denken, Sie müssten es den GRÜNEN vorwerfen. Wir sind da seit zehn Jahren schon viel weiter, als Sie zumindest glauben oder sind.

(Schmitt, CDU: Das ist undenkbar!)

Herr Schmitt, Sie wissen es doch, dass Sie althergebrachte Meinungen vertreten und auf verlorenem Posten kämpfen.

(Schmitt, CDU: Ich bin immer auf dem neuesten Stand!)

Wir haben deswegen den Ansatz FFH, den Sie kennen und unterstützen müssten, damit die Bauern Gelder von der EU-Ebene bekommen können, auch versucht umzusetzen, und das Bundesnaturschutzgesetz geht genau an diesem Ansatz entlang. Die Umweltministerin des Landes hat es auch erkannt und auf ihrer Pressekonferenz so vorgestellt. Landwirtschaft weiterhin betreiben und Landschaft nutzen, aber dennoch: Schützen ist möglich. – Das sind Dinge, die nicht unvereinbar sind. Genau das sagt auch der Präsident des Amtes für Naturschutz, Herr Professor Vogtmann, den wir übrigens als erste hier im Plenarsaal eingeladen hatten. Von Ihren Fraktionen war damals niemand anwesend. Frau Martini hat es auch nicht geschafft, ihn damals ins Land zu holen. Professor Vogtmann hat von diesem Pult aus auch bestätigt, dass er genau diese Vereinbarkeit zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Naturschutz will. Genau daran orientiert sich das Bundesnaturschutzgesetz, das jetzt im Vermittlungsausschuss verweilt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das Bundesnaturschutzgesetz hat aber nicht nur die Vorgabe, 10 % Biotopverbund unter Schutz zu stellen, sondern es hat auch die Vorga

be, den Vertragsnaturschutz auszuweiten, und es hat die Vorgabe – wichtig für die Umweltverbände, die Sie völlig in Ihrer Argumentation vergessen –, auch eine Verbandsklage bundesweit umzusetzen. Das ist ein demokratisches Recht, das seit vielen Jahren gefordert wird und in diesem Gesetzesvorschlag umgesetzt werden kann. Ich hoffe, dass die Landesregierung dazu dann auch Stellung nimmt.

Im Moment ist, weil der Vermittlungsausschuss nicht nur von Rheinland-Pfalz, sondern auch von Bayern, BadenWürttemberg, Mecklenburg-Vorpommern und anderen, auch den Stadtstaaten, angerufen wurde, das Gesetz in einer weiteren Verhandlungsrunde. Ich hoffe, dass das Land Rheinland-Pfalz, an dem die schnelle Verabschiedung dieses Gesetzes – weil der Bundesrat das Gesetz nicht blockieren kann, der Vermittlungsausschuss kann es im Moment nur verzögern –, – – –

(Mertes, SPD: Verbessern kann er es!)

Verbessern natürlich auch; das ist das Ziel, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Aber Herr Mertes, Sie wissen genauso gut wie ich, dass in 42 Punkten inzwischen das Bundesumweltministerium und die Bundesregierung auf die Länder zugekommen ist. 42 Punkte von 61 geforderten wurden schon verändert. Sie wissen genauso gut wie ich, dass Jürgen Trittin vorgestern einen Brief an diese Landesregierung geschickt hat, in dem er Verhandlungsbereitschaft angedeutet hat, eben gerade in dem Punkt „Schlagspezifische Dokumentation“. Es geht darum, die kleinen Bauern zu entlasten, aber Großbetriebe – man muss sehen, dass das ein Bundesgesetz ist – wie in Niedersachsen, in Norddeutschland und im Osten Deutschlands sehr wohl weiterhin kontrollieren zu können. Wenn wir eine Untergrenze hätten, die schlagspezifische Dokumentation freistellt, dann wären die kleinen Winzer und kleinen Bauern in Rheinland-Pfalz befreit davon, und wir hätten die Möglichkeit, die großen Betriebe zu kontrollieren. Das wäre ein Vorteil. Das muss auch der Landwirtschaftsminister einsehen.

(Mertes, SPD: Was ist dann groß?)

Die Hektarzahl wird doch im Moment verhandelt. Meinen Sie, ich nenne Ihnen jetzt Zahlen?

(Mertes, SPD: Was würden Sie denn vorschlagen?)

Das ist doch unterschiedlich. Das ist zwischen Weinbau, Hopfenanbau und sonstiger Landwirtschaft unterschiedlich zu definieren. Genau darum geht es im Moment, dass ein bedeutender Teil der kleinen Betriebe von dieser schlagspezifischen Dokumentation befreit wird. Das sind ehrliche Angebote. Das sind Angebote, ehrlich darüber zu reden, wie man das Naturschutzgesetz umsetzen kann und wie man auch der Landesregierung in Rheinland-Pfalz, die dieses Gesetz nicht hätte verzögern müssen – sie hat es aber nun einmal getan –, entgegenkommen kann. Ich erwarte eine Entscheidung, die vernünftig ist und die dieses Gesetz auch auf den Weg bringen kann, und keine Blockade um der Blockade willen.

Es ist auch in der Konkurrenzsituation der kleinen bäuerlichen Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz gegenüber den großen Betrieben im sonstigen Deutschland ein Vorteil, wenn wir diese Regelung annehmen würden.

Ich glaube, es ist Sache des Ministerpräsidenten, aber auch des Landwirtschaftsministers und der Umweltministerin, endlich zu handeln. Wir haben noch bis Dienstag Zeit. Deswegen will ich hoffen, dass wir am Dienstag entscheidungsreife Vorlagen haben.

(Ministerpräsident Beck: Ich habe die ganze Zeit gewartet, bis Sie es sagen!)

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hohn das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich etwas Grundsätzliches zum CDU-Antrag, der Ihnen vorliegt, sagen.

Der Antrag als solches ist deshalb abzulehnen, weil er in seiner vorliegenden Form und in seinem Inhalt den von unserer Landesregierung seit Juli letzten Jahres ergriffenen Initiativen in keiner Weise Rechnung trägt.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Aus verfahrensrechtlichen Gründen bleibt festzustellen, dass dies ein Einspruchsgesetz und kein zustimmungspflichtiges Gesetz ist, obwohl die rheinland-pfälzische Landesregierung im Bundesrat darauf gedrängt hat, das Gesetz als zustimmungspflichtig einzustufen. Das bedeutet, dass die Einwirkungsmöglichkeiten des Landes Rheinland-Pfalz auf die im laufenden Gesetzgebungsverfahren befindliche Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes beschränkt sind. Nichtsdestotrotz hat die Landesregierung alles unternommen, um das neue Bundesnaturschutzgesetz für unsere Landwirte akzeptabel zu gestalten.

So wurde ein in der Bundesratssitzung am 13. Juli 2001 gestellter und verabschiedeter Entschließungsantrag mit den Stimmen von Rheinland-Pfalz beschlossen, der Vorschläge zur Neufassung des § 5 des Bundesnaturschutzgesetzes enthält.

Herr Schmitt, ich habe Ihnen schon einmal vor ein paar Monaten gesagt, Ihr Antrag ist nicht mehr zeitgemäß.

Davon unbeeindruckt hat der Deutsche Bundestag mit seiner rotgrünen Mehrheit am 15. November 2001 das Bundesnaturschutzgesetz in nahezu unveränderter Form beschlossen. Als einzige landwirtschaftsrelevante Änderung gegenüber dem ursprünglichen Entwurf bleibt

festzustellen, dass die vorgesehene Pflicht der Landwirte zur Wiederherstellung von Hecken und Saumgehölzen herausgestrichen wurde.

Da diese minimalen Änderungen am Ursprungstext unserer Landesregierung nicht weit genug gingen, hat das Land Rheinland-Pfalz in der letzten Sitzung des Bundesrats am 20. Dezember vergangenen Jahres den Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses mit unterstützt, wie er vom Bundesrat dann auch beschlossen wurde.

Meine Damen und Herren, die rheinland-pfälzische Landesregierung hat hiermit ein weiteres Mal für alle sichtbar bewiesen, dass sie fest zu unseren Bauern und Winzern steht.

(Beifall der FDP und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, dass ich an dieser Stelle für die FDP-Fraktion grundsätzlich und unmissverständlich festhalte: Nachhaltiger Natur- und Landschaftsschutz ist nur mit und nicht gegen unsere Bauern und Winzer durchsetzbar.

(Beifall der FDP, der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Marktorientierte Landwirtschaft und nachhaltiger Naturund Landschaftsschutz gehen nur miteinander. Ich denke, unsere Frau Ministerin hat in ihrer letzten Pressekonferenz in die gleiche Richtung gezielt.

Meine Damen und Herren, die Umsetzung dieser Ziele darf kein Tummelplatz für grüne Ideologen sein. Aus diesem Grund unterstützt die FDP-Fraktion die von der Landesregierung im laufenden Gesetzgebungsverfahren eingenommene Position voll und ganz.

Nichts anderes ist auch im beschlossenen Koalitionsvertrag für die 14. Wahlperiode des rheinlandpfälzischen Landtags von FDP und SPD im Land festgelegt worden. Hierin steht wörtlich auf Seite 41 – Herr Schmitt, ich bitte nochmals ausdrücklich die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion um Aufmerksamkeit –: „Maßnahmen zur Landespflege sowie zum Umwelt- und Naturschutz können nur unter Berücksichtigung der Interessen der Landwirte ergriffen werden. Das Landespflegegesetz wird, angepasst an europäische Richtlinien und das Bundesnaturschutzgesetz, novelliert. Dabei soll die Eingriffsregelung flexibel und effizient gehandhabt werden. Durch das bewährte Ökokonto und den weiteren Aufbau von Ökopools soll das Flächenmanagement weiter verbessert werden.“

Diese im Koalitionsvertrag festgelegten Forderungen wurden übrigens fast komplett in den vorhin zitierten Bundesratsbeschluss vom 13. Juli 2001 übernommen.

Man kann zusammenfassend feststellen: Wie in den letzten Jahren setzt sich die rheinland-pfälzische Landesregierung auch in dieser Legislaturperiode in vorbildlicher Weise für die berechtigten Interessen der Landund Forstwirte ein. Dies verdient das besondere Lob der FDP-Landtagsfraktion.

Meine Damen und Herren, unsere Bauern, Winzer und Forstwirte brauchen auch in Zukunft keine Angst zu haben, dass sie gegenüber den Interessen der Natur und des Umweltschutzes benachteiligt werden.

Aufgrund der sachlichen und inhaltlichen Mängel wird die FDP-Fraktion den vorliegenden CDU-Antrag ablehnen.

(Beifall der FDP und der SPD)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Staatssekretär Hering das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass der Naturschutz auf neue zukunftsorientierte Füße gestellt werden muss, ist unter allen politisch Handelnden und Verantwortlichen unbestreitbar. Erforderlich sind Maßnahmen zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts, der Regenerationsfähigkeit der Naturgüter, der Tier- und Pflanzenwelt.

Meine Damen und Herren, genau mit dieser Zielsetzung beraten derzeit Bundestag und Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Novellierung des Naturschutzrechts, es zu modernisieren und an die heutigen und künftigen Anforderungen anzupassen.

Es wundert mich, dass die CDU einen solchen Erneuerungsprozess, Wandlungsprozess, Amortisierungsprozess nicht anerkennt, nicht erkennt und nicht positiv begleitet.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, so unbestreitbar unsere heutige Industriegesellschaft auf Landnutzung angewiesen ist, so besteht die Verpflichtung und Notwendigkeit, diesen Eingriff natur-, umwelt- und landschaftsverträglich zu gestalten. Der Schutz, die Pflege, und die Entwicklung von Natur und Landschaft, insbesondere eine bundesweite naturverträgliche Bewirtschaftung sind zentrale Anliegen dieses Gesetzentwurfs.

Es ist schon fast absurd, wenn der Vorwurf gemacht wird, dass dieser Gesetzentwurf den Zielsetzungen der Nachhaltigkeit nicht gerecht wird. Genau das Gegenteil ist der Fall.

Es scheint auch die CDU zu spät nachvollzogen zu haben, dass der Bundestag in seiner 201. Sitzung am 15. November vergangenen Jahres den Gesetzentwurf auf die Beschlussempfehlung des Umweltausschusses des Bundesrats in 42 Punkten verändert hat, die Em pfehlungen des Umweltausschusses von 74 Anregungen übernommen hat.