Des Weiteren haben wir – das hat Herr Kollege Bischel nicht gesagt; das verstehe ich auch –, eine sehr gut arbeitende Datenschutzkommission, an deren Spitze Herr Bischel steht. Die Tätigkeit ist geprägt von einer guten Zusammenarbeit mit dem Datenschutzbeauftragten, mit den Kolleginnen und Kollegen in dieser Kommission sowie dem Innenministerium als zuständigem Ministerium. Politische Scharmützel, wie sie gerade eben hier stattgefunden haben, sind daher eher eine Seltenheit. Das ist insgesamt eine gute Voraussetzung für Datenschutz in unserem Land.
Schließlich handelt es sich – darauf muss man hinweisen – beim Datenschutz um ein Grundrecht des Bürgers. Die jetzige Änderung beruht, wie Herr Kollege Bischel gesagt hat, auf der EU-Richtlinie von 1995 sowie auf dem novellierten Bundesdatenschutzgesetz vom 18. Mai 2001. Ziel der Richtlinie ist ein einheitlicher Datenschutz innerhalb der Mitgliedstaaten. Davon ist hauptsächlich der private Bereich betroffen, sodass zunächst die Frage diskutiert worden ist, ob unser Datenschutzbeauftragter auch die Aufgabe, die er heute nicht hat, im privaten Bereich mit übernehmen sollte. Wir sind der Auffassung, dass das so, wie es bei uns ist, gut geführt ist, und wir nicht den anderen Ländern nachahmen sollten, die dies zusammengeführt haben. Es gibt auch gute verfassungsrechtliche Gründe, das nicht zu tun.
Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass ein Teil der Punkte, die in der Richtlinie enthalten sind, in unserem Datenschutzgesetz bereits aufgenommen worden sind, sodass es keiner grundsätzlichen Novellierung bedurfte, wie es beim Bundesdatenschutzgesetz der Fall ist. An einigen Punkten musste es ergänzt oder angepasst werden sowie einige Regelungen, insbesondere beim Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnik, Video oder auch der Bereich der Chipkarten, zum Beispiel im Gesundheitswesen, aufgenommen werden. Wir alle wissen, welche Gefahr – der gläserne Mensch ist oft das Beispiel – sich für den einzelnen Bürger ergeben kann, wenn er nicht weiß, was alles auf diesen Chipkarten über ihn gespeichert ist; denn es ist unendlich, was man heute auf diesen Karten speichern kann. Insofern ist der Datenschutz ein ganz entscheidender Hebel, das zu verhindern. Wir haben schon sehr oft über die Frage der Chipkarten diskutiert. Wir sollten das auch in Zukunft tun.
Ein Grundsatz halte ich im Datenschutzgesetz für besonders wichtig, der ausdrücklich neu aufgenommen worden ist, dass bei der technischen Datensammlung das Prinzip der Datenvermeidung und der Datenspar
samkeit vorherrschen soll, also nicht die Sammelwut, sondern die Sparsamkeit und die Vermeidung der Sammlung von Daten.
Ein weiterer Bereich ist vom Kollegen Bischel ebenfalls angesprochen worden. Das ist der Anspruch auf Auskunft aus dem Register, aus dem Verfahrensverzeichnis, das Recht auf Benachrichtigung und in besonders gelagerten Fällen sogar ein Widerspruchsrecht dann, wenn die Daten rechtmäßig erhoben worden sind. Auch das ist ein sehr weit reichendes Recht des Bürgers in seinem Interesse.
Ein hohes Schutzbedürfnis sieht das Gesetz vor oder erkennt es bei folgenden Arten personenbezogener Daten an: Es geht um rassische und ethnische Herkunft, um politische Meinung, um religiöse und philosophische Überzeugung, um Gewerkschaftszugehörigkeit, um Gesundheit, um Sexualleben. – Das sind Rechte, die beispielhaft aufgezählt als besonders schutzwürdig aus der Sicht des Datenschutzes zu betrachten sind.
Umfangreiche Regelungen enthält das Datenschutzgesetz zur Gestaltung der Organisation bei der Verarbeitung. Es geht um Zutrittskontrolle, Zugangskontrolle, Zugriffskontrolle, Eingabekontrolle usw., in besonderen Fällen – auch dies ist bereits ausgeführt – die Vorabkontrolle, bevor die Verarbeitung anläuft. Auch das ist ein neues Recht.
Dann ist die Führung eines Verfahrensverzeichnisses festgehalten, damit auch danach die Kontrolle darüber ermöglicht wird, was tatsächlich an Datenverarbeitung in den Betrieben oder in der Verwaltung vorgenommen wird. Auch da gibt es das Auskunftsrecht des Bürgers.
Völlig neu ist die Vorschrift über personenbezogene Daten bei der Vermittlung ins Ausland, natürlich logisch aufgrund der Absicht der EU, dies einheitlich zu regeln.
Neu in das Gesetz aufgenommen ist eine Schutzvorschrift über die Videoüberwachung, und zwar im öffentlich zugänglichen Raum, soweit sie nicht die Punkte betrifft, die durch das POG geregelt sind und über die wir möglicherweise in absehbarer Zeit im Rahmen der Novellierung des POG neu diskutieren werden. Hier geht es vor allem darum, wenn diese zur Wahrnehmung des Hausrechts erforderlich sein sollten. Auch dort besteht ein Informationsrecht, eine Informationspflicht desjenigen, der diese Videoaufnahmen durchführt.
Ebenfalls neu ist die Vorschrift zu mobilen, personenbezogenen Verarbeitungsmedien, auf deutsch gesagt, der Herstellung und Speicherung auf Chipkarten, beispielsweise im Gesundheitswesen. Auch dort besteht ein Informationsrecht des Bürgers, das Zweck, Funktionsweise und Rechte in verständlicher Form, – im Gesetz musste man so etwas aufnehmen – für den Bürger enthalten muss.
Insgesamt haben wir ein sehr kompliziert erscheinendes Datenschutzrecht. Es wird aber in Rheinland-Pfalz gut angewandt, und das soll auch so bleiben.
Noch eine Bemerkung zum Schluss. Uns ist heute Morgen – ich kann auch die Uhrzeit sagen – um 9:00 Uhr ein Änderungsantrag – –
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN über einen Punkt, der im Innenausschuss eine Rolle gespielt hat, eingereicht worden. Ich hätte es lieber gesehen, wir hätten im Innenausschuss darüber anhand eines Antrags diskutieren können.
Aber ich will der Diskussion gar nicht ausweichen. Mir geht es um die Frage, ob der Datenschutzbeauftragte im Bereich der Justiz und des Rechnungshofs ausreichende Rechte hat. Der Datenschutzbeauftragte hat dieses Thema im Ausschuss thematisiert.
Völlig zu Recht, Frau Kollegin. Sehr oft schon. Ich bin schon länger in der Kommission und kenne die Diskussionen. Sie werden in vielen Ländern geführt. Aber Sie wissen auch, dass die Regelung, wie wir sie haben, in zwölf Ländern genauso vorhanden ist. Wenn man dies ändern will, macht es nur Sinn, wenn es alle gemeinsam ändern.
Sie haben die Regelung in Schleswig-Holstein vorgelegt. Ich kenne sie. Aber wir werden einer solchen Regelung erst dann zustimmen können, wenn wir einen gemeinsamen Weg beschreiten können. Dieser ist zurzeit nicht vorhanden, sodass wir Ihren Änderungsantrag ablehnen müssen.
Meine Damen und Herren! Ich will mich heute eigentlich nur auf den Gesetzentwurf beziehen, der vor uns liegt. Von Herrn Bischel und Herrn Pörksen wurde teilweise eine allgemeine und grundsätzliche Diskussion über den Datenschutz an sich geführt. Ich glaube, das ist eine wichtige Diskussion, die wir führen müssen, wenn wir über den Bericht des Datenschutzbeauftragten reden.
Meine Damen und Herren, die vorliegenden Änderungen der datenschutzrechtlichen Vorschriften wurden notwendig, um eine Anpassung an die EG-Datenschutzrichtlinien von 1995 vorzunehmen. Dabei sind auch Verbesserungen zu vermelden; das wollen wir gar nicht verhehlen. Die Erhöhung der Transparenz bei der Verarbeitung personenbezogener Daten stößt auf unsere Zustimmung. Darüber hinaus wurde das Widerspruchsrecht auch gegen rechtmäßige Datenverarbeitung verstärkt. Ich denke, dies ist ein ganz wichtiger Punkt. Die Verwendung besonders schutzwürdiger Daten wurde stärker eingeschränkt.
Allerdings bezieht sich die EU-Datenschutzrichtlinie – darauf ist Herr Pörksen etwas länger eingegangen – vor allem auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen, während wir uns heute eigentlich nur mit dem Datenschutz in Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen beschäftigen. Wir sehen dies als einen Schwachpunkt in der rheinlandpfälzischen Datenschutzregelung an.
Für ersteren ist der Datenschutzbeauftragte und seine Mannschaft verantwortlich, und für den nicht öffentlichen Datenschutz haben wir sage und schreibe eine halbe Stelle, falls dies in letzter Zeit nicht aufgestockt wurde – meine Information stammt von vor einigen Monaten – in der ADD. Meine Damen und Herren, man sieht, dort fehlt es noch ganz gewaltig. Dies ist ein Problem, dem wir uns endlich einmal widmen sollten.
Wir sind ganz eindeutig der Meinung, dem Datenschutz in einer Hand gehört die Zukunft, und wir fordern zum wiederholten Mal, dass sich auch in Rheinland-Pfalz etwas bewegt. Wir wissen aber natürlich auch und nehmen dies zur Kenntnis, dass der Landesbeauftragte für den Datenschutz diese Umstrukturierung nicht befürwortet.
Ja, gut, aber ich denke, für alles andere haben wir auch gute Gründe. Das, was in Schleswig-Holstein schon deutlich wird, zeigt, dass es eine sehr erfolgreiche neue Form ist.
Meine Damen und Herren, ich komme nun zu den einzelnen Änderungen, die über die EU-Anpassung hinaus gehen. Es geht beispielsweise um diese problematischen Regelungen bei der Videoüberwachung. Natürlich ist es richtig, dass diese neue Form der Überwachung, die sich immer stärker vor allem auf öffentlichen Plätzen ausdehnt, um Schutz gegen Kriminalität oder mehr Sicherheit zu gewährleisten, endlich auch auf eine rechtliche Grundlage gestellt wird. Das ist richtig und notwendig.
Aber damit, dass Videoüberwachung nun rechtlich und parlamentarisch abgesichert wird, ist für uns die Kritik daran noch nicht hinfällig geworden. Nach unserer Meinung schafft auf jeden Fall die Gegenwart von Polizisten aus Fleisch und Blut an den bekannten Schwerpunkten, an denen die öffentliche Ordnung oder die Sicherheit der Bevölkerung gefährdet ist, mehr und effektiver Sicherheit und Vertrauen in den Rechtsstaat als eine abstrakte, irgendwo vielleicht sogar mehr oder weniger versteckte Technikvorrichtung.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Pörksen, SPD: Es geht doch gar nicht um die Polizei in diesen Fällen!)
Meine Damen und Herren, wie die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern bereits im März 2000 feststellten, sehen auch wir GRÜNEN in dem fortschreitenden Einsatz von Videokameras die Gefahr, dass diese Entwicklung zu einer Überwachungsinfrastruktur – so wurde dies damals von den Datenschutzbeauftragten genannt – führt, die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aushöhlen kann; denn in jedem Fall werden von den Videokameras natürlich alle Pers onen erfasst, die in ihren Bereich kommen, und damit unvermeidbar natürlich auch zum allergrößten Teil völlig unverdächtige Menschen.
Ich zitiere aus dem Bericht der Datenschutzbeauftragten: „Alle Menschen haben das Grundrecht, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen, ohne dass ihr Verhalten durch Kameras aufgezeichnet wird.“
Deshalb ist es für uns sehr wichtig, dass diese Norm in die Praxis umgesetzt wird und strikt sichergestellt wird, dass die Videoüberwachung für die betroffenen Personen deutlich erkennbar ist, die identifizierten Personen über die Verarbeitung ihrer Daten unterrichtet werden und die Löschung der Daten in kürzester Frist erfolgt.
Meine Damen und Herren, wir treten wie auch die Datenschützer dafür ein, dass die Videoüberwachung nicht großflächig oder flächendeckend installiert wird, auch wenn jeder Einsatz für sich gesehen gerechtfertigt sein sollte. Die Erforderlichkeit muss immer wieder im Vordergrund stehen; denn der Schutz der Freiheitsrechte muss gleichrangige Beachtung finden.
Wir bedauern auch, dass die Forderung der Datenschützer nicht aufgenommen wurde, dass der Landtag jährlich über die angeordneten Maßnahmen, soweit sie mit einer Speicherung der erhobenen Daten verbunden sind, und über die erreichten Ergebnisse informiert wird. Ich denke, ein solcher Bericht wäre sehr wichtig, um das Ganze maßvoll zu gestalten. Wir wenigstens werden das Thema der Videoüberwachung auch weiterhin auf die Tagesordnung der Datenschutzkommission setzen.
Ich möchte nun noch ein Wort zu den offiziell genannten mobilen personenbezogenen Speicher- und Verarbeitungsmedien, kurz Chipkarten, sagen. Meine Damen und Herren, da die elektronischen Bauteile technisch immer weiter verkleinert werden können, kann auf einem Chip natürlich auch immer mehr Speicherplatz und mehr Prozessorleistung untergebracht werden. Chips in Chipkarten sind heute programmierbar, können Daten verund entschlüsseln, und da dies alles zu vertretbaren Kosten möglich ist, entwickeln sich die Chipkarten zu leistungsfähigen und sicher auch nützlichen Funktionsträgern.
Dabei ist natürlich eine Stärkung von Informations- und Kontrollrechten der Inhaber der Chipkarten unbedingt notwendig. Ob die Rechte, die die Betroffenen in § 35 des Entwurfs bekommen, ausreichen, wird sich erst in der Anwendung zeigen. Meine Damen und Herren, wir betreten Neuland und begrüßen es daher, dass der Landesbeauftragte für den Datenschutz in seinem letzten Tätigkeitsbericht angekündigt hat, dass der nächste Bericht noch etwas umfangreicher sein wird und die Bewährung dieser neuen Rechte, also die Bewährung der Chipkarten, prüfend begleiten will.