Protokoll der Sitzung vom 24.04.2002

Bei jeder Razzia gibt es Menschen, die mit beeinträchtigt werden. Für die ist es unangenehm, dass sie in diese Razzia hineingeraten sind, aber es lässt sich nicht vermeiden. Aber die Erfolge, die wir bei Razzien erzielen, rechtfertigen, dass der eine oder andere einmal eine oder zwei Stunden aufgehalten wird. Frau Kollegin Grützmacher, so müssen Sie doch insgesamt unser Rechtssystem sehen.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man muss bereit sein, gewisse Nachteile – ich sage nicht: jeden Nachteil – in Kauf zu nehmen, wenn man dadurch anderer Leute Leben retten kann. Darum geht es in einem vernünftigen Rechtsstaat.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das wollen Sie wieder nicht wahrhaben. Sie machen einseitig immer nur das Fass bei den Freiheitsrechten auf und übersehen relativ lässig, was es auch an Beeinträchtigung geben muss – das will niemand aus Lust und Tollerei –, um Terroristen entgegenzutreten. Was wir die letzten Monate außerhalb Amerikas an Terrorismus erlebt haben – gar nicht einmal so weit von uns entfernt –, das ist doch so schlimm, dass niemand glauben kann, dass man weitermachen könnte wie bisher. Man muss immer wieder Dinge, die man entschieden hat, neu überprüfen, neu schauen, ob man noch etwas anderes machen kann. Wir versuchen das. Herr Kollege Pörksen hat ein Gesetz angesprochen, das Sie auch

angesprochen haben, das im Moment in Berlin diskutiert wird. So wird es auch die nächsten Monate weitergehen.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wird auch ohne Zweifel so weitergehen müssen. Man muss immer wieder alles auf den Prüfstand stellen. Insofern ist Ihr Bedenken von vorhin schon ausgeräumt. Sie können sicher sein, dass das immer wieder überprüft wird. Wenn wir die nächsten Jahre zu dem Ergebnis kämen, dass das eine oder andere zurückgenommen werden könnte, weil es sich in der Praxis nicht bewährt hat, dann werden wir nicht anstehen, das auch noch einmal zu korrigieren. Das ist gar keine Frage. Das haben wir auch bundesweit nach 1977 so gehalten. Das wird auch hier wieder so sein. Auch das gebietet der Rechtsstaat, dass er immer wieder bereit ist, seine Mittel auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls zu korrigieren, mal abzumildern, mal zu verschärfen.

(Glocke der Präsidentin)

Ich komme zum Schluss und kann nur noch einmal sagen:

(Glocke der Präsidentin)

Wir werden unserem Antrag selbstverständlich zustimmen; die Anträge von CDU und GRÜNEN werden wir ablehnen.

Danke. (Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Wir kommen dann zur Abstimmung.

Zunächst kommen wir zur unmittelbaren Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/411 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Ich stelle fest, dass der Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt ist.

Wir kommen nun zur unmittelbaren Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/430 –, da die Beschlussempfehlung die unveränderte Annahme empfiehlt. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Ich stelle fest, dass dieser Antrag mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen ist.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/668 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Ich stelle fest, dass dieser Antrag mit den Stimmen der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt ist.

Meine Damen und Herren, ich rufe nun Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Landesweites Messprogramm zur Ermittlung der elektromagnetischen Immissionen und Minimierung der Belastung zum vorbeugenden Schutz der Bevölkerung Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/631 –

dazu: Zu den Auswirkungen elektromagnetischer Felder von Mobilfunk Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/664 –

Die Fraktionen haben eine Redezeit von zehn Minuten vereinbart.

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sie können es alle täglich in der Zeitung lesen, es gibt immer mehr Bürgerinnen und Bürger, die sich wohl meist auch berechtigt Sorgen darüber machen, wie elektromagnetische Strahlung auf ihre Gesundheit wirken kann. Wir haben die Situation seit Jahren, dass das Handynetz ausgebaut wird. Wir haben aber nicht nur das Handynetz in Rheinland-Pfalz, das ausgebaut wird, wir haben auch andere elektromagnetische Strahlung, die gesundheitsgefährdend ist. Wir haben eventuell auch beim digitalen Ausbau des Rundfunks weitere Beeinträchtigungsmöglichkeiten der Gesundheit.

Meine Damen und Herren, insofern glaube ich, dass viele von Ihnen vor Ort schon Bekanntschaft mit entsprechend skeptischen Bürgerinnen und Bürgern gemacht haben, die sich in Initiativen zusammenschließen, die ihre Skepsis gegen den Ausbau des Mobilfunks vortragen, vor allem gegen den Ausbau des Mobilfunknetzes wie er im Moment geschieht. Es herrscht nämlich im Moment die Situation, dass das Mobilfunknetz ausgebaut wird, ohne jegliche Koordination, dass die Betreiber der Mobilfunknetze völlig frei dort, wo sie Mietverträge mit den Besitzern von Gebäuden, in denen ausgebaut wird, schließen, ihre Mobilfunktürme, ihre Mobilfunkanlagen aufstellen können. Wir halten das für äußerst problematisch, weil deswegen erstens die Information der Bürgerinnen und Bürger im Umfeld fehlt, weil zweitens weder die Kommunen noch sonstige Stellen darauf einwirken können, ob ausgebaut wird oder nicht und wo ausgebaut wird, und weil drittens vor allem empfindliche Bereiche betroffen sind, nämlich Kindergärten, Schulen, Wohngebiete, Krankenhäuser usw.

Meine Damen und Herren, wir haben – das ist im Moment die Realität, wie sie sich in den Kommunen in Rheinland-Pfalz darstellt – leider überhaupt keine Steuerungsmöglichkeit. Erst im letzten Jahr wurde zwischen der Bundesregierung und den Mobilfunknetzbetreibern ein Vertrag geschlossen. In diesem Jahr wurde eine

freiwillige Erklärung der Mobilfunknetzbetreiber abgegeben, sie wollten bei der zukünftigen Entwicklung der Netze und der zukünftigen Entwicklung des Ausbaus auf die öffentlichen Belange Rücksicht nehmen. Leider – man kann sich vor Ort darüber informieren – hat diese Initiative noch nicht gegriffen. Leider ist man vor Ort in den kommunalen Verwaltungen damit überfordert, eine solche Lenkung der Mobilfunknetze und des Ausbaus der Anlagen vorzunehmen. Deswegen haben wir uns eren Antrag gestellt. Wir wollen, dass die Kommunen befähigt werden, lenkend einzugreifen, dass aber auch die Bevölkerung aufgeklärt wird, wo Mobilfunkanlagen geplant sind, wo sie stehen und wo sie in Zukunft errichtet werden sollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Aufklärung tut Not, weil im Moment anscheinend weder die Bürgerinnen und die Bürger noch die Kommunen Zugriff auf Daten haben, wo weitere Ausbaumaßnahmen stattfinden sollen und keinen Zugriff auf Daten haben, wo im Moment schon ausgebaut worden ist.

Gerade mit dem Ausbau der UMTS-Netze werden in Zukunft relativ viele neue Anlagen hinzukommen. Wir haben dazu schon einmal eine Anfrage gestellt und dies auch im Umweltausschuss schon einmal thematisiert. Frau Ministerin Conrad hatte damals geantwortet, es sei abzusehen, dass mehrere hundert Anlagen in Rheinland-Pfalz zu den 1.800 Standorten, die schon bestehen, zusätzlich hinzukommen werden.

Das heißt, es ist dringend notwendig, es ist Eile geboten, dass wir Systeme schaffen, dass wir vor Ort die Kommunen aufklären, wie sie die Bürgerinnen sinnvoll informieren können. Die kommunale Verwaltung muss aber auch in kürzester Zeit befähigt werden, mit den Telekommunikationsbetreibern zu verhandeln, wie die Netze auszubauen sind.

Im Moment können Telekom, E-Plus und andere Betreiber völlig nach ihrem Gusto verfahren. Das kann nicht sein. Das ist auch nicht der Wille der Politik. Ich glaube, deswegen ist Handlungsbedarf auf der Verwaltungsebene und auf der Regierungsebene angesagt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um sinnvoll eingreifen zu können, brauchen wir natürlich auch die Grundlagen dazu. Deswegen fordern wir in unserem Antrag den Ausbau des Monitoring-Netzes, das heißt, den Ausbau von Messstellen. 70 sind in Rheinland-Pfalz vorgesehen. Ich habe schon gesagt, wir werden in Zukunft weit über 2.000 Anlagen haben, für die 70 Messpunkte zu wenig sind.

Egal, wen Sie vor Ort fragen: Wenn die Telekom und andere Betreiber angesprochen werden, bekommen die Initiativen als Antwort einen pauschal gehaltenen Brief. In diesem Brief heißt es: Wir haben alles schon vorab überprüft, es ist überhaupt keine Gefahr vorhanden.

Dies ist keine Aufklärung, sondern eine Verschleierung, meine Damen und Herren. Wir aber wollen aufklären.

Deswegen wollen wir, dass sich die Landesregierung an den Messprogrammen beteiligt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Messprogramme werden auch von Bürgerinitiativen selbst durchgeführt. Es muss also gewährleistet sein, dass, wenn Bürgerinitiativen an die Landesregierung herantreten, diese unterstützend tätig werden kann. Man muss zuerst die Aufklärung betreiben und anschließend, wenn auch die Forschung weiter fortgeschritten ist – die Forschung wird mit 8 Millionen Euro pro Jahr von der Bundesregierung in Berlin und den Telekommunikationsbetreibern unterstützt –, in die ernsthafte Diskussion eintreten und entsprechende Schritte einleiten.

Wir müssen von der Landesebene, von der Landesregierung aus entsprechend initiativ tätig werden können, um die Strahlenwerte der Handy-Netze zu senken. Dies könnte notwendig werden. Vor allem ist sie auch technisch durchführbar.

Das heißt nicht, dass wir wollen, dass keiner mehr mit dem Handy telefoniert. Es gibt 50 Millionen Handys in Deutschland, und wahrscheinlich hat jeder und jede Abgeordnete mindestens eins. Es ist klar, dass wir nicht die Technik infrage stellen wollen, sondern wir wollen, dass diese Technik weniger schädlich ausgebaut wird, was bereits technisch machbar ist.

Das heißt, wir wollen Verbraucherinnen- und Verbraucherschutz betreiben. Wir wollen vorsorgenden Gesundheitsschutz betreiben. Dazu muss auch die Landesregierung aktiver unterstützend tätig werden.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Mainzer Landtagsseminar. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Stretz.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Braun, unsere Bewertungen der Situation sowie unsere Einschätzungen, was wir den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land schuldig sind, gehen nicht weit auseinander. Das ist keine Frage.

Wir meinen jedoch, es macht wenig Sinn, mit der Angst Politik ins Land tragen zu wollen.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP – Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen müssen wir in Ruhe an das Thema herangehen.

Meine Damen und Herren, bereits in den 80er-Jahren kam die Diskussion im Zusammenhang mit elektrom agnetischen Feldern auf. Damals standen – so mancher wird sich noch erinnern – die Einführung des Mikrowellenherdes in den Haushalten und der Ausbau von Bildschirmarbeitsgeräten in den Büros im Mittelpunkt.