Protokoll der Sitzung vom 25.04.2002

(Beifall des Abg. Dr. Rosenbauer, CDU)

Unser Ziel muss ein durchschnittliches Einschulungsalter von ca. 6 Jahren sein. Dazu sind vielerlei Maßnahmen erforderlich. Zum einen muss unserer Meinung nach der 31. Dezember als Stichtag für die so genannten Kann-Kinder wegfallen, und neue Konzepte wie zum Beispiel in Baden-Württemberg müssen her, die gezielt Rückstellungen vermeiden, zum Beispiel durch eine jahrgangsgemischte Eingangsstufe mit variabler Verweildauer oder Grundschulförderklassen.

Wie gesagt: Die Landesregierung ist in diesem wichtigen Bereich bisher untätig geblieben, und hätte nicht die CDU-Fraktion ab und zu Kleine Anfragen gestellt, wie sich das Einschulalter darstellt, hätte keiner davon Notiz genommen.

(Beifall der CDU – Dr. Schiffmann, SPD: Nee! – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das hätten wir gar nicht gemerkt!)

So ist es aber.

Wir sind der Meinung, dass sich das im Interesse der Kinder ändern muss.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Aus zeitlichen Gründen kann ich nicht auf alle unsere guten Forderungen eingehen. Ich setze dabei aber auch auf Ihre Lesekompetenz, gerade bei den Kolleginnen und Kollegen der SPD.

(Beifall der CDU – Lelle, CDU: Das wird sich zeigen!)

Herr Kollege Pörksen, auch Sie sind in meinen Augen kein hoffnungsloser Fall.

Stichwortartig erwähne ich deshalb nur noch den Ausbau der Schulsozialarbeit, vor allem in sozialen Brennpunkten, und den Wegfall des so genannten muttersprachlichen Unterrichts.

Der Sinn des muttersprachlichen Unterrichts bestand vor allem darin, die Migrantenkinder auf die Rückkehr in ihr Heimatland vorzubereiten. Das war früher richtig. Nur: Heute ist diese Zielsetzung nicht mehr gegeben. Integration ist angesagt. Muttersprachlicher Unterricht, Ergänzungsunterricht, in den Schulen gehalten fördert nicht die Integration, sondern wirkt desintegrierend. Deswegen gilt es, ihn abzuschaffen und das Geld für Integrationsmaßnahmen zu verwenden.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir begrüßen zwei Seniorengruppen, und zwar die Seniorengruppe Singhofen und die Seniorengruppe aus Waldlaubersheim.

Meine Damen und Herren, seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Brede-Hoffmann.

(Lelle, CDU: Dann ist wieder alles falsch!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Lelle, nicht alles wieder falsch, aber manches doch sehr erstaunlich.

(Kramer, CDU: Das war Herr Keller!)

Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich zuerst gedacht. Was soll mir diese Botschaft sagen? – Irgendwie erinnert mich der Text erstaunlich an eine Vorlage des Ministeriums vom 25. Februar des Jahres 2002,

(Beifall der Abg. Frau Morsblech, FDP)

in dem ein 7-Punkte-Programm für das Land RheinlandPfalz ausgearbeitet worden ist, wie man auf PISA reagieren kann.

Im Übrigen: Dieses Programm passt sich in das ein, was kurz vorher in der Kultusministerkonferenz als grundsätzliche Konzeption der Bundesländer untereinander abgestimmt, übrigens der A- und B-Länder, als „Konsequenzen aus PISA“ vorgeschlagen worden ist.

Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, in Ihrem Antrag finden sich – dies finde ich richtig nett von Ihnen – ausgesprochen viele Punkte detailliert aufgeführt, die haargenau so bereits in dem Konzept der Landesregierung enthalten sind, das bereits an den Schulen bekannt ist, umgesetzt wird und im Übrigen bei den Haushaltsberatungen von den Regierungsfraktionen etatisiert worden ist. Ich versuche, es gleich im Detail herunterzulesen. Es finden sich sehr viele Punkte aus diesem Konzept.

Ich empfinde dies als eine breite Unterstützung des Hauses für die Konzeption der Landesregierung, für die Anträge der regierungstragenden Fraktionen während der Haushaltsberatungen. Ich sage dafür Danke schön. Ich gehe davon aus, sie werden dies in den kommenden Monaten und im kommenden Jahr mit der gleichen breiten Unterstützung im Land auch sagen. Diese Landesregierung hat nach Ansicht der CDU in diesem Antrag in der Bestätigung gesagt: Hervorragend auf das reagiert, was PISA an Defiziten im Schulsystem aufgezeigt hat. Danke schön für Ihre Unterstützung.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP – Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Herr Kollege Lelle und Herr Kollege Keller, das eine oder andere, was ich eben gehört habe, werde ich im Detail noch erläutern.

Was mich beim Weiterlesen in diesem Antrag und beim Nachdenken gewundert hat, waren einige Teile zum Thema „Kindergarten, Kindertagesstätten“.

Meine Damen und Herren, darüber haben wir während der Haushaltsberatungen und bei der Beratung des Kindertagesstättengesetzes fast wortgleich einen Antrag von Ihnen vorliegen gehabt und auch beraten. Dieses Haus hat dies mit Mehrheit abgelehnt. Nun haben „wir“ es mit gleicher Verve wieder hingeschrieben. Es war bereits abgelehnt.

Wir haben von der CDU einen Antrag vorgelegt bekommen, bei dem einige Punkte schon einmal vorgebracht und vom Haus bereits abgelehnt waren. Die meisten anderen Punkte in der von Ihnen beschriebenen Form sind von der Landesregierung als Konzeption „Konsequenzen aus PISA“ bereits im Februar vorgelegt worden. Da brauchte nicht die CDU zu kommen.

Ich muss gerade einmal schauen. Sie haben gesagt, die CDU ist die erste Partei, die nicht lamentiert. Die Landesregierung hat überhaupt nicht lamentiert. Diese hat ein Konzept vorgelegt und handelt bereits. Sie handelt an den Schulen vor Ort durch hochqualifizierte Lehrkräfte, Weiterbildungseinrichtungen, die Diskussion über eine Neustrukturierung der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung, die Einrichtung von Ganztagsschulen, Qualitätsmanagement an Schulen, eine Reihe von Maßnahmen, die bereits im Laufen sind, und die Konzeption, die im Moment in den Schulen auch umgesetzt wird.

(Beifall bei SPD und FDP)

Der Teil Ihres Antrags ist zwar eine nette Unterstützung, aber demnach eigentlich völlig überflüssig; denn es

passiert schon. Sie hätten es nicht mehr aufschreiben brauchen.

Herr Keller, dann kommen wir zu dem Punkt, den Sie zweimal betont haben, nämlich Abschaffung des muttersprachlichen Unterrichts.

In der Tat der einzige Punkt in Ihrem Antrag, der mir aufgefallen ist und bei dem man sagen kann, das ist etwas, das bisher niemand laut, weder positiv noch negativ, so gesagt hat, ist der muttersprachliche Unterricht. Es ist auch noch nie darüber beschlossen worden. Ich habe ihn mir dann eingekringelt.

Sie haben gesagt, muttersprachlicher Unterricht ist eingeführt worden, damit die Kinder, die nicht deutscher Muttersprache sind, künftig qualifiziert ihre eigene Muttersprache sprechen können, um wieder nach Hause zurückzukehren. Das war sicher so einmal richtig.

Herr Kollege Keller, in der Zwischenzeit gibt es eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen zum Thema „Spracherwerb“. Eine ist jetzt gerade neu in Hamburg herausgekommen, wo darüber geforscht worden ist, was eigentlich für ein Kind, einen Jugendlichen erforderlich ist, um eine weitere, eine zweite Sprache qualifiziert zu lernen. Forschungsergebnis war: die Beherrschung eines muttersprachlichen Idioms. Ohne dieses ist der Erwerb der nächsten, der übernächsten und hoffentlich vielleicht auch noch der vierten Fremdsprache außerordentlich schwierig.

Wir wissen, dass viele Kinder mit Migrantenhintergrund in dem muttersprachlichen Idiom in dieser Form nicht sicher gebildet sind; denn wenn sie Glück haben, sprechen sie zu Hause dieses muttersprachliche Idiom noch sauber. Aber das ist der einzige Ort, wo es noch stattfindet. Ansonsten gibt es einen ziemlichen Sprachenwirrwarr für diese Kinder.

Ihnen dabei zu helfen, ihre eigene Muttersprache sauber zu beherrschen, ist mittlerweile die wesentlichste Aufgabe muttersprachlichen Unterrichts.

Ich hielte es für fahrlässig, im Besonderen unter dem Blickwinkel der Ergebnisse von PISA, jetzt zu sagen, diese Kinder brauchen diesen Unterricht überhaupt nicht mehr, die werden das mit dem Deutsch auch durch den Förderunterricht, den wir ihnen anbieten, schon schaffen. Sie werden es nicht. Sie brauchen die Sicherheit ihrer eigenen Muttersprache. Wir werden weiterhin für muttersprachlichen Unterricht an unseren Schulen sorgen, damit sie genau diese Fähigkeiten hoch qualifiziert bekommen.

Meine Damen und Herren, ich habe bereits darauf hingewiesen, dass dieser Antrag wesentliche Punkte enthält, die die Landesregierung umsetzt. Herr Keller, damit Ihnen das klar wird, weise ich noch einmal darauf hin, was alles bereits von der Landesregierung auf den Weg gebracht worden ist bzw. welche Beschlüsse gefasst worden sind.

Selbstverständlich sollen Bildungs- und Erziehungsarbeit in Kindergärten stattfinden. Selbstverständlich sollen Zielvereinbarungen mit Trägern von Kindergärten ge

troffen werden. Im Ausschuss hat der Herr Staatssekretär uns ausführlich darüber berichtet, dass Gespräche mit den Trägern der kommunalen und der freien Kindergärten genau zu der Frage geführt werden. Wir haben im Ausschuss darüber geredet, dass das Ministerium unserem Wunsch entsprechen wird, gemeinsam mit den Trägern Bildungs- und Erziehungsarbeit zu präzisieren.

Es besteht Einigkeit darüber, dass die Grundschule die Grundtechniken vermitteln soll. Ferner besteht Einigkeit, dass Sprache und Spracherwerb nicht nur im Mittelpunkt des Deutschunterrichts stehen sollen. Das finden Sie in den Papieren des Ministeriums an sehr vielen Stellen.

Es ist aber klar, dass keine Einigkeit darüber besteht, ob wir bevormundend in die Arbeit von Kindertagesstätten und von Grundschulen eingreifen wollen.

(Lelle, CDU: Nur Ausreden!)

Außerdem ist klar, dass wir ganz bestimmt keine Verpflichtung zur Teilnahme an der Sprachförderung in der Kindertagesstätte festschreiben werden; denn wir sind der Meinung, dass das SGB ein Bundesgesetz ist, das wir nicht ändern können. Außerdem regelt die Verfassung deutlich, dass die Teilnahme am Kindergarten freiwillig ist. Das werden wir im Landtag von RheinlandPfalz ganz bestimmt nicht durch die von Ihnen gewählten Formulierungen aushebeln wollen. Herr Kollege Keller, die Verfassungswidrigkeit in Ihrem Antrag ist schon ein erstaunliches Phänomen.

Eines ist klar: Die Sprachfähigkeit und die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen, die bei Ihnen für die Grundschule gefordert werden – das ist Konsens in diesem Haus – stehen im Papier des Ministeriums.