Protokoll der Sitzung vom 25.04.2002

(Zuruf der Abg Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Staat hat sodann folgendermaßen zu reagieren:

1. Den in ihrer Existenz bedrohten Schweine haltenden Betriebe muss im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten einzelbetrieblich geholfen werden. Damit sind die betroffenen Betriebe vor dem wirtschaftlichen Ruin zu bewahren.

2. Es ist darauf hinzuwirken, dass Schlachthöfe auch weiterhin bereit sind, aus gemaßregelten Gebieten Schweine zu schlachten.

3. Es müssen Maßnahmen zur Erhaltung der Vermarktungsstrukturen gefördert werden.

Darüber hinausgehend möchte ich an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen und für die FDP-Landtagsfraktion betonen: Der Staat muss sich verstärkt auch mit den Ursachen der Schweinepest beschäftigen. Hierbei sind die bereits angelaufenen landesweiten Maßnahmen, die Impfaktionen, von großer Bedeutung und ausdrücklich zu begrüßen.

Die verschärfte Bejagung bzw. die massive Reduzierung des Schwarzwildbestands in Rheinland-Pfalz ist die wichtigste Maßnahme, um die Gefahr der Schweinepest für den gesunden Wild- und Hausschweinebestand zurückzudrängen und die Existenzen der Schweine haltenden Betriebe in betroffenen Regionen zu sichern.

Um die Jagd in der vollmondlosen Zeit zu verbessern, sollte geprüft werden, von der Möglichkeit des Landesjagdgesetzes Gebrauch zu machen und den Einsatz von künstlichen Lichtquellen vorübergehend für die Jagd auf Schwarzwild zu erlauben.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Diese Maßnahme ist meines Wissens noch ohne großen finanziellen und bürokratischen Aufwand in der Praxis umsetzbar. Den Damen und Herren der Landesregierung und den Abgeordneten, die sich in diesen Dingen bereits stark engagiert haben, möchte ich herzlich danken.

Meine Damen und Herren, es wird damit den betroffenen Schweinehaltern dokumentiert, dass alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Populationsdichte der Wildschweine signifikant zu verringern.

Lassen Sie mich abschließend feststellen, dass eine Seuche wie die Schweinepest auch ein Stück Naturereignis ist und damit auch nicht kalkulierbar wird. Ich meine, die Lasten der Unsicherheiten und Ängste für die Landwirte in den betroffenen Regionen und Betrieben können auf Dauer nur durch eine Risikominimierung in Form eines Solidaritätspakts reduziert werden. Je größer eine Solidargemeinschaft mit eventueller Unterstützung des Staats ist, umso eher ist eine Versicherung gegen eintretende Schäden möglich und erschwinglich. Hier gibt es international, insbesondere in den USA und in Kanada, gute Beispiele, die wir unvoreingenommen prüfen und bedenken sollten.

Herr Kollege Billen, ich persönlich glaube zurzeit noch, dass die Solidargemeinschaft der Tierseuchenkasse eine Nummer zu klein ist, um die Probleme der Zukunft wirklich abzusichern.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Meine Damen und Herren, aus verschiedenen Gründen dürfen wir es nicht zulassen, dass der Selbstversorgungsgrad für Schweinefleisch in Rheinland-Pfalz – heute bei unter 17 % – noch weiter absinkt.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, Herr Staatssekretär Rüter, Sie wissen, der Mensch lebt nicht allein vom Brot, vom Joghurt und vom Müsli, sondern auch von einem guten Stück rheinland-pfälzischen Schweinefleisch.

(Beifall im Hause)

Es darf deshalb nicht sein, dass Spitzenbetriebe der Schweinehaltung aus Angst vor Krankheit, vor eventuell drohenden Seuchen und vor Imageverlusten in den Sack hauen. Wir müssen unsere wenigen guten Schweinehalter in Rheinland-Pfalz unbedingt behalten. Nur so ist der Wunsch nach regional erzeugtem bzw. direkt zu vermarktetendem Schweinefleisch in unserem Land wenigstens zum Teil zu sichern und zu erfüllen.

(Dr. Weiland, CDU: Redezeit! – Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Ich bitte Sie daher im Namen der FDP-Fraktion um Zustimmung zum vorliegenden Konsensantrag gemäß

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Landwirtschaft und Weinbau vom 30. Januar dieses Jahres.

(Dr. Weiland, CDU: Was ist mit der Redezeit!)

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und bei der SPD – Dr. Weiland, CDU: Bei mir wird immer abgeklingelt!)

Für die Landesregierung hat Herr Minister Bauckhage das Wort.

(Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kiltz, es ist ein Problem, ob Ihnen das passt oder nicht, ich werde jetzt reden.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verständlicherweise gibt es immer ein ganzes Stück Betroffenheit, wenn Betriebe beispielsweise durch die Schweinepest in ihrer Existenz gefährdet werden oder im operativen Geschäft Schwierigkeiten bekommen.

Man kann die Situation lange diskutieren. Man kann auch lange fragen, wo die Ursachen sind. Die Ursachen liegen natürlich einerseits ganz objektiv im hygienischen Bereich. Andererseits wird die Seuche objektiv wohl offensichtlich von den Wildschweinen in die Betriebe hinein getragen. Dann ist es natürlich besonders schlimm, wenn gewisse Sanktionen wie jetzt von Brüssel erfolgen.

Nachher komme ich noch auf den speziellen Vorschlag von Herrn Billen zu sprechen. Vorab möchte ich sagen: 1999 hat das Ministerium für Umwelt und Forsten schon das so genannte Zwölf-Punkte-Programm erlassen. Die Landesregierung hat zusätzlich bereits im Spätsommer 2001 beschlossen, ab Frühjahr 2002 Schwarzwild gegen Schweinepest zu impfen. Die Impfung wird für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren erfolgen. Dafür müssen erhebliche Mittel in der Größenordnung von 4,5 Millionen Euro über den Zeitraum aufgebracht werden. Das muss man auch einmal sehen.

Sie wissen, in dieser schwierigen Situation haben wir seinerzeit auch ein so genanntes Sonderkreditprogramm aufgelegt. Dieses Sonderkreditprogramm ist nicht besonders umfangreich in Anspruch genommen worden. Das muss man auch sagen. Die Ursachen will ich nicht untersuchen. Das macht wenig Sinn. Nun muss man sich mit einer Situation auseinander setzen, die eine Vielzahl von Handlungsfeldern bedeutet und gleichzeitig eine ganze Menge Handlungen notwendig macht. Deshalb will ich zunächst einmal ganz abgesehen von der Bejagung – das ist keine Frage, dass die Bejagung

intensiver sein muss, aber auch da gibt es Grenzen; das muss man auch in aller Nüchternheit sehen – sagen, ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, dass man in der Schonzeit bejagt. Dann kann man hier sicherlich lang über die Vogelschutzrichtlinie diskutieren, nur das wäre für die Population einer Tierart bestimmt nicht das Richtige. Ich sage das nur, weil all die Diskussionen geführt werden.

Klar ist auch, dass man darauf achten muss, dass eine Bejagung sehr intensiv ist. Klar muss auch sein, dass die Abschusspläne nicht von der Landesregierung, sondern von den Kreisverwaltungen aufgestellt und überwacht werden und dann auch mit den Jagdverbänden realisiert werden.

Nun komme ich aber zur Thematik an sich, zur Frage, was das Land tun kann und was das Land tut:

1. Das Land übernimmt weiterhin die Kosten für die notwendigen Untersuchungen.

2. Die durch die Schweinepest direkt betroffenen Betriebe können für die Schweine, die in den Betrieben getötet werden mussten, eine Entschädigung seitens der Tierseuchenkasse erhalten, an der sich das Land zu 50 % – Herr Finanzminister – beteiligt. Voraussetzung dafür ist jedoch die korrekte Einhaltung der tierseuchenrechtlichen Vorschriften. Herr Kollege Billen, ich sage das deshalb, weil Sie vorhin mit Recht die Frage der Versicherung in den Raum stellten und an einem Beispiel festmachten. Es ist immer die Frage der Versicherungsverträge, die man abschließt. Das ist so.

(Billen, CDU: Das habe ich nicht bezweifelt!)

Es gibt eine ganze Menge Autofahrer, die ich kenne, die Kaskoversicherungen haben. Sie haben unter Umständen schon den x-fachen Betrag eines eventuellen Schadens eingezahlt, und wenn dann ein Schaden eintritt, hat man eine Selbstbeteiligung von 1.200 DM, 600 DM, 300 DM – danach wird die Prämie berechnet –, und dann kann man nicht vorrechnen, jetzt habe man aber eigentlich jährlich bei einem Mittelklasseauto 600 DM einbezahlt, und das über 30 Jahre mal X, jetzt habe man zum ersten Mal einen Schadensfall, und jetzt sei die Versicherung nicht bereit, einem seine Selbstbeteiligung zu bezahlen. Das ist natürlich eine Rechnung, die kann man nur aufmachen, wenn man das alles populistisch macht. Die kann man so nicht aufmachen.

(Billen, CDU: Herr Minister, entschuldigen Sie, aber Sie wissen genau, wie es gemeint war!)

Ja, es ist ja klar. Ich will auch darauf eingehen. Ich will nur sagen, das ist eine Frage der Vertragsgestaltung.

(Billen, CDU: Aber ich kann es Ihnen noch einmal erklären! Ich erkläre es Ihnen noch einmal!)

Sie müssen es mir nicht erklären. Ich bin noch nicht fertig. Ich will nur einmal versuchen, Ihnen zu sagen, wie man mit der Tierseuchenkasse umgeht. Natürlich hat die

Tierseuchenkasse dabei einen Vorteil, weil 50 % der Finanzminister aufbringen müsste, oder man macht andere Verträge mit der Tierseuchenkasse. Da will ich mich jetzt nicht hineinhängen. Das ist auch nicht meine Sache, sondern die meiner Kollegin Frau Conrad, wie Sie wissen. Aber das muss man schon gut überlegen. Natürlich kann die Solidargemeinschaft unter Umständen größer werden, aber dann muss man mit denen verhandeln und dann auch ein System entwickeln, bei dem man sagt „Beitrag gleich Leistung“, aber dann nur Beitrag und Leistung und nicht mehr, oder man ist bereit zu sagen, der Staat übernimmt weiterhin auch dafür die 50 %. Das ist derzeit der Unterschied der Tierseuchenkasse zu anderen Versicherungen.

Herr Billen, wir sind uns völlig einig. Man kann darüber reden. Man kann das prüfen. Man muss dann bei der Prüfung nur wissen, dass man es sich nicht so einfach machen darf und sagen kann: Aber 50 % übernimmt von vornherein der Finanzminister. – Darüber muss man ergebnisoffen diskutieren dürfen, oder man muss sagen: Jawohl, der Staat macht das. – Aber dann muss man auch sagen, wo es herzuholen ist. Dann muss man auch sagen, wie man insgesamt einen Haushalt – ich erinnere an die gestrige Debatte – in schwieriger Zeit an den Enden zusammenbringt. Ich sage das nur einmal. Mit Fordern wird man keinen Haushalt konsolidieren können. Der Herr Finanzminister wird auch die Ausgaben nicht eingrenzen können. Bei den Einnahmen ist man unter Umständen dann auf andere Parameter angewiesen.

3. Im Rahmen einer Einzelfallprüfung können betroffene Schweinehalter folgende Erleichterungen erhalten:

die Stundung ihrer Steuerschuld,

die Aussetzung der Vollziehung von Steuerbescheiden,

die Anpassung der Vorauszahlung auf die Einkommensteuer oder bei geförderten Betrieben eine Zins- und Tilgungsaussetzung öffentlicher Darlehen nach dem Steuer-, Förder- und Haushaltsrecht.

4. Im Jahr 2002 wird die Förderung des Verbandes für Schweineproduktion Rheinland-Pfalz/Saar e. V. im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ gegenüber dem Vorjahr um 20 % erhöht; dies trotz der bekannt schwierigen Haushaltslage.