Protokoll der Sitzung vom 16.05.2002

(Mertes, SPD: Die Koordination ist toll! – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Abgeordneter Bischel, selbstverständlich werden Sie eine umfangreiche Antwort und natürlich wie immer aus unserem Hause auch eine fristgerechte Antwort erhalten.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Weiner.

Frau Ministerin, in den Apotheken in Rheinland-Pfalz liegen Unterschriftenlisten aus, die sich gegen diese Verkäufe von Medikamenten über die Internetseiten aussprechen. Wenn Sie in einer Apotheke darauf angesprochen werden, wie Sie sich persönlich dazu stellen, dann frage ich, wie Sie sich verhalten.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich würde in der Apotheke genauso antworten, wie ich es im Parlament gemacht habe, dass der Runde Tisch im Gesundheitswesen und die Bundesgesundheitsministerin ganz klare Bedingungen für die Einführung des Versandhandels artikuliert haben. Im Moment sollte man eigentlich die Ruhe bewahren und abwarten, wie der konkrete Gesetzentwurf aussieht. Es ist klar formuliert, dass die Wettbewerbschancen und der Verbraucherschutz ein ganz großes Thema genau wie die Arzneimittelsicherheit sind. Aus diesem Grund sollten wir nach meiner Auffassung dazu beitragen, dass die Debatte etwas niedriger gekocht wird.

(Beifall bei SPD und FDP)

Weitere Fragen sehe ich nicht, die Mündliche Anfrage ist beantwortet.

Ich rufe dann die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Jochen Hartloff und Dr. Dieter Schiffmann (SPD), Entwicklungen im Bereich des Dualen Systems – Nummer 7 der Drucksache 14/1081 – betreffend, auf.

Bitte schön.

Hinsichtlich der Entwicklung im Bereich des Dualen Systems fragen wir die Landesregierung:

1. Wie schätzt die Landesregierung die Auswirkungen von Pfandankündigungen für Einwegverpackungen auf das Konsumentenverhalten ein?

2. Welchen Einfluss haben neue Sortiertechniken auf das Duale System?

3. Wie schätzt die Landesregierung die Auswirkungen der vor dem Europäischen Gerichtshof anhängigen Klage gegen die deutsche Mehrwegquote für Getränke ein?

Es antwortet Frau Staatsministerin Margit Conrad.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Jochen Hartloff und Dr. Dieter Schiffmann seitens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Das Konsumentenverhalten der Verbraucher und Verbraucherinnen kann nicht losgelöst vom Anbieterverhalten gesehen werden; denn das Kons umentenverhalten und Konsumverhalten wird entscheidend vom Angebot und von der Preisgestaltung des Handels beeinflusst. Der starke Rückgang der Mehrwegquote ist vor allem auf die PET-Einwegflaschen zurückzuführen, die offensichtlich vom Verbraucher sehr gut angenommen werden. Eine Bepfandung wird den Trend in Einweg nicht verhindern. Die jüngsten Zahlen belegen, dass die Diskussion um ein Pfand nochmals einen Schub im Einwegsektor gebracht hat. Zudem ist nicht sicher, dass die deutsche Wirtschaft auf Dauer zwei kostenintensive Rücknahmesysteme betreiben wird. Die derzeitige unbefriedigende Situation macht deutlich, dass die von allen Seiten als notwendig erachtete und als notwendig erkannte Novellierung der Verpackungsverordnung endlich vorangetrieben werden muss.

Zu Frage 2: Die Sortiertechnik in Deutschland hat in den letzten zehn Jahren einen technologischen Quantensprung vollzogen. Unmittelbar abzulesen ist dies an der Sortieranlage des A.R.T. in Trier, der den Stand der Sortiertechnik in Deutschland im großtechnischen Maßstab geprägt hat. Diese Technik hat meines Erachtens Zukunft und wird sich deshalb auch am Markt etablieren. Die neuen Technologien zur Sortierung und Verwertung

von Leichtverpackungen werden zu erheblichen Verbesserungen der Ökoeffizienz sowie zu deutlichen Kostensenkungen beim Verpackungsrecycling führen.

Zu Frage 3: Eine Bewertung möglicher Auswirkungen der beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Klage der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Einbeziehung von importierten natürlichen Mineralwässern in die deutsche Mehrwegregelung setzt voraus, dass eine gerichtliche Entscheidung vorliegt. Sie wissen, dies fehlt zurzeit. So lässt sich zurzeit auch nur schwer eine Prognose erstellen.

Fakt ist aber, die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind nach der EU-Verpackungsrichtlinie aufgefordert, die erforderlichen Maßnahmen zur Errichtung von Systemen unter anderem für die Wiederverwendung oder Verwertung der gesammelten Verpackungen zu ergreifen. Dabei haben die Mitgliedstaaten einen weiten Beurteilungsspielraum. Sie können marktwirtschaftliche Instrumente gebrauchen. Die Erhebung eines Pfands ist ein solches marktwirtschaftliches Instrument, das die Rückführung von Verpackungen zu dem Produktverantwortlichen unterstützen kann. Das Gericht wird darüber zu befinden haben, ob die damit bezweckte Sicherung und Erhöhung der Rücklaufquote tatsächlich so gewichtige Gründe des Umweltschutzes sind, dass sie einen Eingriff in den freien Warenverkehr rechtfertigen. Sollte das Gericht dies aber verneinen, müsste dies für das Verständnis des nationalen Rechts weit reichende Konsequenzen haben, die über die unmittelbaren Urteilswirkungen noch hinaus gehen werden.

Ein entsprechendes Urteil würde zwar nicht zur Nichtigkeit der entsprechenden Regelungen in der Verpackungsverordnung führen, aber dazu, dass die Rücknahme- und Pfanderhebungspflicht die aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Getränkeverpackungen für Mineralwässer nicht erfasst. Ob es dann allerdings bei der Anwendbarkeit des nationalen Rechts auf die in Deutschland abgefüllten Mineralwässer bleiben kann – das ist das große Problem –, ist unter dem Gesichtspunkt des grundgesetzlich verankerten Gleichbehandlungsgebots mehr als fraglich. Da die Europäische Kommission in ihrer Klagebegründung verallgemeinerungsfähige Argumente gegen die deutsche Pfandregelung ins Feld geführt hat, dürfte, wenn sie damit Erfolg hat, eine generelle Revision des betroffenen nationalen Rechts anstehen.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Stretz.

Frau Staatsministerin, besteht die Gefahr, dass die bundesweite Neuausschreibung der Leistungsverträge durch das DSD zu einer verstärkten Konzentration in der Entsorgungswirtschaft führen wird?

Herr Abgeordneter, diese Gefahr ist tatsächlich gegeben. Sie sprechen an, dass die DSD Ende 2003 die gesamten Leistungsverträge neu ausschreibt. Das Volumen ist immens. Es umfasst zurzeit ca. 4 Milliarden DM. Es wird sicherlich ganz wichtig sein, zu beobachten und auch die Aufforderung an die DSD Deutschland zu richten, dass über die Gestaltung der Ausschreibung einer Konzentration weitestgehend vorgebeugt wird. So können beispielsweise über Losverfahren bei der Ausschreibung oder über eine Trennung von Einsammlung, Beförderung, Sortierung und Wiederverwertung Mechanismen eingebaut werden, die einen möglichst großen Wettbewerb hervorrufen. Ob das tatsächlich gelingt, ist vor dem Hintergrund der marktbeherrschenden Strukturen sicherlich schwierig. Aber Politik und Kartellamt sind vor dem Hintergrund der vorhandenen Struktur aufgefordert, dies intensiv zu beobachten.

Weitere Fragen sehe ich nicht. Die Mündliche Anfrage ist beantwortet.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wir sind damit am Ende der Fragestunde.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:

AKTUELLE STUNDE

„Schlussfolgerungen aus den Feststellungen des Kommunalberichtes 2001 des Landesrechungshofes zur Finanzlage der Kommunen“ auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/1065 –

Für die Antrag stellende Fraktion spricht Herr Kollege – Moment, wo haben wir ihn? – Bitte schön. Manchmal steht man auf dem Schlauch. Ich erteile natürlich HeinzHermann Schnabel das Wort. Ich bitte um Nachsicht. Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von fünf Minuten verständigt.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Großteil der Kommunen pfeift aus dem allerletzten Loch.

(Dr. Schiffmann, SPD: Na!)

Die Finanzlage hat sich dramatisch verschlechtert. Unsere Befürchtungen, die wir seit Jahren aussprechen, sind mehr als bestätigt worden; sie sind überschritten. Der Kommunalbericht 2001, der uns derzeit vorliegt, zeigt die tatsächliche Situation schonungslos und kontu

renscharf auf. Wenn es einen objektiven Parameter für die Finanzierung bei Gemeinden und die Vergleichszahlen im Ländervergleich gibt, dann ist es wohl das Finanzierungsdefizit insgesamt. Da sieht es in Rheinland-Pfalz bitterbös aus. 1999 ist es um 102 Millionen Euro auf 167 Millionen Euro gestiegen. Jetzt muss man sich wirklich einmal die Zahl auf der Zunge zergehen lassen, 2001 sind es 535 Millionen Euro, also mehr als 1 Milliarde DM Defizit bei unseren Kommunen.

Damit haben die Kommunen in Rheinland-Pfalz seit Bestehen des Landes die höchste Finanzierungslücke, die jemals in dieser Form bestand.

(Schmitt, CDU: Unglaublich!)

Meine Damen und Herren, in keinem westlichen Flächenland wiesen die Rechnungsabschlüsse seit 1990 durchgängig einen solchen negativen Finanzierungssaldo auf.

(Staatsminister Zuber: Ausgabenseite!)

Dazu kommen wir direkt noch.

Wir haben fast 700 unausgeglichene Haushalte. Damit hat sich der Fehlbedarf auf 716 Millionen Euro verdoppelt. Dann sprechen die Zahlen eigentlich für sich: zehn kreisfreie Städte und zehn Landkreise. – Da muss man nichts mehr hinzufügen. Die beabsichtige Milderung, die die Landesregierung bei der Altfehlbetragsproblematik vorgeschlagen hat, die Bugwelle der Fehlbeträge im Grunde genommen zu verschieben, wird lediglich zu einer höheren Verschuldung führen, wie es die Finanzexperten auch festgestellt haben.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, das ist nichts anderes als ein billiger Taschenspielertrick, linke Tasche, rechte Tasche, oder rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Alle Konsolidierungsbemühungen der Kommunen gehen ins Leere. Es wird auch 2002 und 2003 so sein.

Herr Innenminister, wenn man die Ausgaben angesprochen hat: Die Ausgaben liegen auf dem Niveau von 1993. Das muss man sich einmal vor Augen führen. Da kann Konsolidierung nicht mehr weiter in dieser Form, wie das immer wieder getan wird, verlangt werden.

(Staatsminister Zuber: Umso schlimmer!)

Im Gegenteil. Die Einsparpotenziale sind im Grund genommen alle erreicht.

Wenn man sich dann noch die Gewerbesteuer anschaut, diese unkalkulierbare Größe, dann ist diese um 41 % weggebrochen, darüber hinaus in verschiedenen Bereichen bis zu 70 %, 80 % und im Durchschnitt um 20 %. Daran sehen Sie, dass bei den Kommunen dies alles nicht mehr stimmt. Das hat etwas mit den Rahmenbedingungen und der Gesetzgebung zu tun. Es wird immer so dargestellt, als würde dies vom Himmel fallen und die Kommunen müssten dies wie Manna aufheben.

Letztendlich kommt noch hinzu, dass die Gewerbesteuerumlage, die gesenkt werden muss – dies habe ich schon wiederholt gesagt –, auch angestiegen ist. Da könnten Sie den Kommunen wenigstens noch ein bisschen helfen. Das tun Sie auch nicht.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, der Kommunalbericht räumt auch endlich mit der Legende auf, dass die Kommunen in Rheinland-Pfalz, was die Steuereinnahmen anbelangt, besser gestellt seien als andere. Wenn Sie sich dies anschauen – das haben Sie hoffentlich gelesen –: Bei den rheinland-pfälzischen Kommunen haben wir 636 Euro an Steuereinnahmen pro Kopf. Im Durchschnitt haben wir 799 Euro. Ich glaube, diese Zahlen sprechen auch für sich.