Protokoll der Sitzung vom 19.06.2002

(Beifall der FDP und der SPD)

Sicherlich wird es darauf ankommen, in der Hauptschule noch stärker das berufsorientierte Profil herauszuarbeiten und zu verschärfen sowie die Kooperation mit Betrieben und die Möglichkeiten, praktische Erfahrungen zu sammeln, noch stärker zu nutzen. Dies soll auch das Ziel des Aktionsprogramms sein. Aber wir müssen auch ein Augenmerk darauf lenken – das haben Sie ebenfalls nicht getan –, dass wir eigentlich gar nicht möchten, dass es überhaupt zu einer Abschlussgefährdung von Schülerinnen und Schülern kommt. Daran muss man viel früher ansetzen. Ich gebe Herrn Kollegen Wiechmann Recht, dass spätestens in der Grundschule ange

setzt werden muss. Man muss sich um Sprachförderprogramme kümmern, und die Grundschulabgängerinnen und -abgänger müssen für die weiterführende Schule qualifiziert werden. Wir werden gerade mit den Vergleichsarbeiten in Deutsch und Mathematik sehen, wie die Kernkompetenzen am Ende der vierten Klasse entwickelt sind, und die Schulen werden sicherlich auch ihre Konsequenzen daraus ziehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, derzeit laufen zwei Debatten parallel, die in diesem Zusammenhang sehr wichtig erscheinen. Dies ist zum Einen die Diskussion um die Lehrerinnen- und Lehreraus- und -weiterbildung. Dabei muss das Augenmerk besonders auf die Bedürfnisse der Hauptschule gelenkt werden, gerade was Erziehungswissenschaften und Didaktik anbetrifft.

Wir führen des Weiteren eine Debatte über die berufliche Bildung. Diese Debatten sollte man meiner Ansicht nach eng verzahnen. Aber wenn wir die beiden Anträge diskutieren, sagen Sie immer, wir täten nichts in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung, und es geschehe nichts beim Übergang zur beruflichen Bildung, da Sie sich selbst auf diesen Antrag fixieren.

(Glocke der Präsidentin)

Wir sind dabei, diese Themen zu diskutieren. Wir müssen dabei die Übergänge gerade von der Hauptschule in das Berufsleben mit einbeziehen und werden dies tun. Sie werden sehen, dass wir bald zu Ergebnissen kommen werden, die Sie zwar gern kritisieren können, die Sie aber sicherlich zufrieden stellen werden.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und der SPD)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Ahnen.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat ist die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die insbesondere in der Hauptschule die Schule ohne Abschluss verlassen, ein ernst zu nehmendes Problem. Gerade um diese Schülerinnen und Schüler müssen und wollen wir uns kümmern. Dies muss jedoch so differenziert geschehen, wie sich deren Situation darstellt. Deswegen haben wir uns für ein Aktionsprogramm entschieden, das eine Vielzahl von Maßnahmen bündelt. Wir haben das Programm weit vor PISA angekündigt, haben es im Haushalt verankert und bereits erste Maßnahmen ergriffen.

Zu diesen Maßnahmen gehört der Ausbau der Schulsozialarbeit. Herr Abgeordneter Schreiner, in der Tat sehe ich eine Erhöhung um über 30 % als eine Schwerpunktsetzung an. Dies ist auch von eventuellen Haushaltsein

sparungen nicht tangiert, sondern wird in diesem Umfang realisiert.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meiner Erinnerung nach habe ich Sie im Übrigen bereits im Ausschuss darauf hingewiesen, dass Ihre Darstellung, dies sei die einzige Schulsozialarbeit im Land Rheinland-Pfalz, nicht stimmt. So ist beispielsweise an allen berufsbildenden Schulen mit berufsvorbereitenden Maßnahmen auch die Schulsozialarbeit berücksichtigt. Deshalb geht es um ein spezielles Programm, mit dem wir einen Schwerpunkt setzen. Aber es gibt im Land natürlich viel mehr.

Des Weiteren haben Sie von den Schulpsychologinnen und Schulpsychologen gesprochen und haben in diesem Zusammenhang den Ministerpräsidenten falsch zitiert. Der Ministerpräsident hat mich gebeten, dafür Sorge zu tragen, dass in Fragen des Schulausschlusses routinemäßig eine Beratung durch den Schulpsychologischen Dienst stattfindet. Dies ist inzwischen in die Wege geleitet und wird zügig umgesetzt.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich komme zu den vielen weiteren Dingen, wo im Land angeblich nichts passiert. Nach den Sommerferien werden 27 Hauptschulen zu Ganztagsschulen mit einer besseren Betreuung durch Lehrerinnen und Lehrer und durch pädagogische Fachkräfte und dort, wo dies gewünscht wird, auch mit Schulsozialarbeit. Auch das ist ein Schwerpunkt, den wir gesetzt haben.

(Beifall der SPD und der FDP)

Herr Abgeordneter Fuhr hat auf die arbeitsweltorientierten Klassen hingewiesen. Herr Schreiner hat gefragt, wie viele es seien. Ich sage Ihnen, dies ist doch für mich kein Wert an sich, eine Vielzahl von arbeitsweltorientierten Klassen zu haben. Wir richten diese Klassen für besonders problematische Schülerinnen und Schüler ein. Daher gibt es nicht möglichst viele, sondern sie werden dort eingerichtet, wo sie notwendig sind.

(Beifall der SPD und der FDP)

Herr Abgeordneter Keller, Sie haben vorgebracht: Da hat einer einmal in der „Rheinpfalz“ die Wahrheit gesagt und hat dabei sehr viele Probleme angesprochen. Zu diesen „Wahrheiten“ in der „Rheinpfalz“ gehört, dass der Vorwurf erhoben wird, das Land Rheinland-Pfalz würde permanent Standards senken. Es wird ein wunderschönes Beispiel herangezogen. Dieses Beispiel ist eine Vorschrift aus dem Jahr 1999 zur Bewertung von Rechtschreibleistungen in Aufsätzen und Hausaufgaben.

Dann wird gesagt, man sehe, wie das die Standards absenkt. Ich empfehle Ihnen, legen Sie die Vorschrift von 1985 daneben. Dann sehen Sie, der einzige Unterschied ist, dass wir drei Verschärfungen vorgenommen haben. Also ist das, was behauptet wird, falsch. Dagegen werde ich mich auch künftig wehren.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich habe ein wenig Verständnis dafür, dass Sie Ihre Linie noch nicht ganz gefunden haben. Den Wochenendverlautbarungen durfte ich entnehmen, dass Sie offensichtlich das Problem auf sich zukommen sehen, dass die Oppositionsstrategie, nämlich alles im Land in der Bildungspolitik in Bausch und Bogen zu verdammen, vielleicht nicht ganz aufgehen könnte. Sie haben dann nach dem letzten Strohhalm gegriffen. Heute sagen Sie wieder, es sei alles schlecht. Am Wochenende haben Sie das Gegenteil behauptet. Sie müssen eine Linie in dieser Frage finden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Wenn Sie diese Linie gefunden haben, dann darf ich Ihnen seitens der Landesregierung zusichern, wir werden uns auch in Zukunft mit jedem guten Vorschlag von Ihnen ernsthaft auseinander setzen.

(Beifall bei SPD und FDP – Abg. Keller und Abg. Schreiner melden sich zu einer Kurzintervention. – Mertes, SPD: Einigt euch!)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Schreiner das Wort.

(Mertes, SPD: Das scheint mit der Koordination noch schwierig zu sein!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte noch einmal etwas zur Schulsozialarbeit sagen, da momentan 23 Stellen als toll herausgestellt werden. Als Mainzer stelle ich fest, wir haben dort Schulsozialarbeit. Man hat aber ein richtig schlechtes Gewissen; denn bei uns ist alles ganz super. Wenn ich aber im Land herum komme, dann komme ich in ganz viele Hauptschulen, in denen gesagt wird, wir brauchen dies auch dringend. Vielleicht sind die Hauptschullehrer Ihnen gegenüber nicht ehrlich.

Sie können die Zahlen natürlich in Prozentzahlen ausdrücken. Wenn die Stellen von 23 auf 32 erhöht werden, dann sind es sogar vielleicht mehr als 30 %. Mit Freude entnehme ich Ihren Aussagen, dass dies im Zuge der Haushaltskürzungen nicht gestrichen wird. Das ist immerhin schon etwas.

Man kann das Ganze natürlich in Prozentzahlen ausrechnen. Aber in absoluten Stellen muss man sich einmal überlegen, wie viel Schülerinnen und Schülern man in Rheinland-Pfalz damit helfen kann. Wenn Sie sagen, Sie würden dort helfen, wo es notwendig ist, und so viel, wie nötig ist, dann sage ich Ihnen, selbst 32 Stellen, also selbst 30 % mehr, reichen nicht. Ich erinnere daran, die CDU hat eine stärkere Erhöhung im Haushaltsverfahren vorgeschlagen. Selbst diese 32 Stellen sind weniger als erforderlich.

Das Gleiche gilt auch für das Thema der arbeitsweltorientierten Schulen. Es wird als Erfolg gefeiert, dass es dies an acht Standorten in Rheinland-Pfalz gibt. Das ist besser, als wenn es dies an keinem Standort gäbe; das ist unbestritten. Wenn man sich aber die Anzahl der Hauptschulen in Rheinland-Pfalz anschaut, dann sind acht Standorte doch wirklich sehr wenig.

Wir sagen also nicht, alles sei in der Bildungspolitik schlecht, aber wir nehmen die Herausforderungen von Bildungspolitik ernst. Das letzte Mal haben wir über PISA diskutiert. Wir erlauben uns als Oppositionspartei, den Finger in die Wunde zu legen.

(Zurufe von der SPD – Mertes, SPD: Ach du meine Güte!)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD, es ist jetzt nicht die Zeit, mit großen Papieren einen riesigen Papierwust über die Probleme zu häufen, sondern jetzt ist die Zeit für Taten gekommen, weil sonst die Jugendlichen, die darauf warten müssen, bis die Papiere geschrieben sind, zu kurz kommen und diese Jugendlichen keine Chance mehr haben werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Keller zu einer Kurzintervention das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man soll die Hoffnung nie aufgeben, dass die SPD-Fraktion vielleicht doch noch einmal richtig zuhört.

(Hartloff, SPD: Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben!)

Vielleicht lernt sie auch noch einmal etwas. Jedesmal zeigt sich, was Frau Ministerin Ahnen auch gesagt hat, dass die SPD-Fraktion ein gestörtes Demokratieverständnis hat.

(Zurufe und Widerspruch von der SPD – Frau Spurzem, SPD: Unverschämtheit!)

Jeder, der Sie nicht lobt und andere Vorstellungen hat, ist für Sie schon ein verdächtiges Subjekt.

(Heiterkeit bei der SPD – Mertes, SPD: Wir lieben Sie! Wir lieben Ihre Art!)

Sie machen anscheinend alles richtig. Wer diese politische Hybris von Ihnen in Zweifel zieht – – –

(Weitere Zurufe im Hause – Glocke der Präsidentin)

Ich bitte Sie, Herrn Kollegen Keller zuzuhören.

Herr Ministerpräsident!

(Beck, SPD: Ihnen entgleist der Verstand!)