Protokoll der Sitzung vom 20.06.2002

Pfalz gehört. Ich stelle einmal fest, dass der Weinbau ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist. Daher gehe ich davon aus, dass diese Wirtschaft gleiche Rahmenbedingungen – diese gelten nun einmal EU-weit – haben sollte, Frau Kollegin Baumann. Das war in unserem Antrag ausgedrückt; das sagt auch jeder. Wenn Sie ein bisschen Ahnung von Wirtschaft hätten, müssten Sie wissen, wenn Sie sich in einem Markt bewegen, können Sie keinen Wettlauf mit jemandem machen, der nicht nach gleichen Bedingungen laufen muss.

Es kommt jetzt umso dicker. Wir haben in der jüngsten Kürzungsliste erfahren müssen – der Herr Staatssekretär ist leider nicht anwesend, der uns diese Hiobsbotschaft übergebraten hat –, dass denen, die sich in der Kooperation einhellig so engagiert haben, 1,25 Millionen gekürzt wurden. Jetzt, siehe da, man glaubt es kaum, die heile Welt in Rheinland-Pfalz, die bestimmte Probleme hat, zum Beispiel im Steillagenweinbau, ist auch wieder satt getroffen worden.

Deswegen kommt es mir so vor, wenn Sie wie „Klein Christine“ die heile Welt hochhalten, wie eine Kooperation, dass das wie die Erfolgsstory von ham and eggs ist.

(Zuruf der Abg. Frau Spurzem, SPD)

Der Minister als Hahn zettelt bestimmte Dinge an, „Klein Christine“ als Henne versucht, die Eier zu legen, und die dummen Schweine, die Winzer, sind dann die, die zum Schlachthof geführt werden.

(Frau Spurzem, SPD: Das ist arg daneben!)

Von der Seite her müssen wir uns richtig bemühen. Herr Kollege Geisen hat das richtig gesagt. In der Zielsetzung sind wir uns einig. Nur, die Weinwirtschaft und der Weinbau haben nicht die Mittel, diese Ziele allein zu erreichen. Wir müssen die gleichen Rahmenbedingungen wie die Wettbewerber in der EU, die sich auf uns erem Markt befinden, bekommen. Wir müssen auch Hilfestellung bekommen, um diese Zielsetzung zu erreichen. Darum bitte ich im Namen des Berufsstands. Die Ablehnung, dass zum Beispiel die Aufgabe der Kellerwirtschaft nicht gewährt wird, müssen wir uns noch einmal sehr reiflich überlegen.

Ich bitte nachdrücklich, dass dieser eingeschlagene Weg beibehalten wird, dass wir Partien für den Markt herstellen und wir uns am Markt behaupten können. Es sind alle bestrebt, dies zu erreichen, aber Hilfestellung muss sein.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Kiltz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir könnten dem Antrag der SPD zumindest in Teilen zustimmen,

wenn er nicht erstens herzlich wenig mit der konkreten Weinbaupolitik der Landesregierung zu tun hätte, wenn er nicht zweitens in sich widersprüchlich vor allem im Forderungsteil wäre und wenn er nicht drittens das formulierte Ziel „unternehmerische Gestaltungsräume zu schaffen“ gleich in sich konterkarieren würde.

Ich will das begründen. Meine Damen und Herren, zu den unternehmerischen Gestaltungsräumen gehören auch unternehmerische Pflichtaufgaben, wie zum Beispiel die Orientierung am Markt und das Einkalkulieren eines möglichen Risikos.

Die Politik der Landesregierung hat in der Vergangenheit wenig dazu beigetragen, dass die Weinwirtschaft sich im Fassweinbereich am Markt orientieren musste. Es wird nach wie vor zu viel und nicht in der gewünschten Qualität produziert. Statt lenkende Wirkung auf die Überproduktion zu entfalten, haben Sie – damit meine ich jetzt die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen, auch die CDU hat zugestimmt – mit dem neuen Segment „Verarbeitungswein“ ein neues Fass zum Auffangen von Überproduktionen aufgemacht.

Mit der Unterstützung der Aufkaufaktion der Pfälzer Gesellschaft für Weinabsatz sollte gleichfalls wieder eine Überproduktion abgefedert werden. Das hat dann zwar nicht wie gewünscht funktioniert und hat auch der Wiederaufbaukasse sehr geschadet. Aber die Botschaft lautete auch hier wieder: „Produziert nur. Wenn es der Markt nicht aufnimmt, hilft die Landesregierung.“ Das sehe ich doch richtig, Herr Glahn?

Nicht zu vergessen die diversen Destillationsbeihilfen, mit denen man sich auch des Übermaßes an Wein entledigen kann. Dazu nenne ich gern einige Zahlen für die, die sie vielleicht nicht parat haben. EU-weit werden im nächsten Jahr 443 Millionen Euro für die Weinförderung ausgegeben, 345 Millionen Euro für die Vernichtung der Überproduktion, das heißt für die Destillation zu Alkohol, und 257 Millionen Euro, um diesen Alkohol dann auch exportieren zu können. Das steht in keinem Verhältnis mehr.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei handelt es sich um Steuergelder.

Meine Damen und Herren, das, was ich aufgezählt habe, ist nichts anderes als die Aufforderung, am Markt vorbei zu produzieren. Das ist nicht die Erweiterung unternehmerischer Gestaltungsräume, von der Frau Kollegin Baumann zu Recht gesprochen hat. Nötig wäre sie.

Die unternehmerische Gestaltung würde auch die Verantwortung für das unternehmerische Risiko beinhalten. So weit zu Punkt 1 unserer Ablehnungsgründe.

Zu Punkt 2, die Widersprüchlichkeit im Antrag selbst. Wenn Sie sich das noch einmal durchlesen, haben Sie im Forderungsteil die erste Forderung sehr offen form uliert. Die Landesregierung soll den Aufbau von zukunftsfähigen Kooperationen im Sinn von Hilfe zur Selbsthilfe nachhaltig unterstützen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Das ist so banal wie richtig.

Man kann sich viel darunter vorstellen, aber man kann sich auch ganz unterschiedliche Dinge darunter vorstellen; der Phantasie ist freier Lauf gelassen. Es hat den Vorteil, es ist offen, und es passt viel hinein.

Sie haben im Vorfeld einiges an horizontalen und vertikalen Kooperationen aufgezählt; dagegen ist nichts einzuwenden. In Nummer 2 Ihrer Forderung sagen Sie dann aber, die Beratungstätigkeit soll sich beschränken auf die Förderung von Modellprojekten, die Anreize schaffen sollen, damit Weinbaubetriebe, Genossenschaften, Erzeugergemeinschaften und Handelskellereien beitreten.

Warum wieder die Begrenzung? Erst machen Sie weit auf, dann holen Sie es wieder zusammen. Wer gibt Ihnen die Hoffnung, dass diese Wege immer gute Wege sind? Die Erfahrungen zeigen doch auch andere Beispiele. Ich erinnere an die Initiative 1985, bei der private Kellereien – ich erinnere an den Namen Pieroth, der in diesem Zusammenhang allen noch in schlechter Erinnerung ist –

(Kramer, CDU: Was!)

für die Schaffung von Lagerraum gefördert wurden, wenn sie Verträge mit Winzern über fünf Jahre vorlegen konnten.

Was ist damals passiert? Nach den fünf Jahren haben die Kellereien die Winzer rausgeschmissen, und diese standen allein da. Wem ist damit gedient? Niemandem. Den Winzern nicht und der Fortentwicklung des Weinbaus auch nicht. Man muss schauen, dass man diesen Fehler nicht wiederholt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wieso müssen Weinbaubetriebe dazu gedrängt werden, sich Erzeugergemeinschaften oder Genossenschaften anzuschließen? Eine solche Entscheidung sollte Teil des unternehmerischen Gestaltungsspielraums sein, den Sie doch ausweiten wollen. Es ist eine Aufgabe der Genossenschaften und der Erzeugergemeinschaften, ihre Arbeit und ihre Mitgliedschaft so attraktiv zu gestalten, dass die Winzer sich aus eigener unternehmerischer Entscheidung anschließen wollen.

Im Übrigen ist eine Genossenschaft oder Erzeugergemeinschaft keine Gewähr für erfolgreiche Weinwirtschaft. Trotz Erntebergungskrediten etc., die die Wiederaufbaukasse gewährt, ist auch schon die eine oder andere drohende oder vollzogene Insolvenz einer Genossenschaft dort diskutiert worden.

(Frau Ebli, SPD: Hätte sie auch kooperieren müssen!)

Meine Damen und Herren, wir halten den Kooperationsansatz an sich für viel versprechend. Darauf haben wir auch in den vergangenen Anträgen hingewiesen. Eine Menge unserer jungen, gut ausgebildeten Winzerinnen und Winzer haben das auch schon längst erkannt. Sie haben auch schon längst erkannt, dass sie ihre Erzeugung an der Nachfrage orientieren müssen.

Sie brauchen keine staatlichen Mengenbegrenzungen, um auf Klasse statt auf Masse zu setzen. Sie tun das aus unternehmerischem Denken heraus. Für die anderen, die das nicht tun, wäre in der Tat eine Neuordnung der Hektarhöchsterträge dringend notwendig.

Jetzt zum Wichtigsten, meine Damen und Herren. Bevor neue Fördertatbestände geschaffen werden, diesmal für Kooperationen, müssen die bestehenden Fördertöpfe erst einmal auf den Prüfstand. Es muss gefragt werden: Wohin ist das Geld gegangen? Hat es die Zielgruppen erreicht? Ist das Ziel damit erreicht worden, oder ist es folgenlos versickert? Woran lag es, wenn Mittel nicht abgerufen worden sind oder nicht die erreicht haben, an die sie adressiert waren? Woran lag es, wenn sie nicht zielgenau verwendet wurden? – Ein solches Controlling fehlt in der Weinbauförderung. Das wäre nötig.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der nächste Schritt wäre dann eine Verständigung über die Ziele der rheinland-pfälzischen Weinbaupolitik und damit über die Rahmenbedingungen, die wir im Parlament zu setzen haben – Herr Schmitt, ich bin froh, dass Sie Ihre Rolle als Parlamentarier annehmen; sonst haben Sie immer nur das Lied hinterhergepfiffen, das die Weinbauverbände vorgesungen haben –, – –

(Kramer, CDU: Nein!)

Doch, hat er.

(Schmitt, CDU: Das war umgekehrt, wir waren immer Vordenker!)

die für die Erreichung dieser Ziele notwendig sind.

Werte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, da Sie sich mit Ihrem Antrag auf Ihren alten Antrag aus dem Jahr 2000 beziehen, lege ich Ihnen heute noch einmal die Lektüre unseres Alternativantrags dazu ans Herz. Dort haben wir unsere Vorstellung über die Rahmenbedingungen festgehalten, die ein zukunftsfähiger Weinbau in Rheinland-Pfalz braucht.

Ich sage noch einmal: Klasse statt Masse muss eine Devise sein. Die zweite muss sein, dass wir die Ökologisierung des Weinbaus vorantreiben müssen. Das sind die besten Garanten dafür, dass die Kulturlandschaft erhalten bleibt und die rheinland-pfälzischen Winzerinnen und Winzer Existenz sichernde Einkommen ohne Subventionen der Überproduktion erzielen können.

Meine Damen und Herren, nun zum Änderungsantrag der CDU. Sie klammern sich im Wesentlichen an der Vorlage, an der Sie sich abarbeiten, fest. Sie lassen dann verständlicherweise die Replik auf den Antrag der SPD außen vor. Das kann ich nachvollziehen; den hatten Sie damals abgelehnt. Sie fügen dann noch eine Menge Unsinn dazu oder zumindest ein wenig.

(Zurufe von der CDU)

Zum Beispiel die Rolle rückwärts beim Thema „Heizöl“ als Treibstoff für die Landwirtschaft. Es ist Ihnen anscheinend entgangen, dass jetzt die biogenen Treib

stoffe von der Steuer befreit worden sind. Populistisch finden wir dann auch – –

Herr Schmitt, ich habe Ihnen eben zugehört, Sie können mir jetzt auch zuhören.

(Kramer, CDU: Das fällt aber schwer! – Schmitt, CDU: Ich hätte eine Zwischenfrage!)

Sie dürfen auch eine Kurzintervention machen.

eine Forderung zu den Saisonarbeitskräften und die Forderung nach Entbürokratisierung; das schreiben Sie in jedem Antrag.

(Schmitt, CDU: Welchen denn? Reden Sie einmal genau!)