Ich will Ihnen zwei Beispiele nennen, bei denen diese Ermessensspielräume so wichtig sind. Wenn Sie das nicht in Ihren Wettbewerb aufnehmen, dann liegen Sie quer. Es gibt in Rheinland-Pfalz Sozialämter, die diejenigen, die sich in Elternzeit befinden und deshalb schlechtere Einkommensverhältnisse und Wohngeldansprüche haben, drängen, dass sie ihre Wohnungen aufgeben, weil die Miete so hoch ist. Sie wissen alle, dass man Elternzeit nur für eine begrenzte Zeit nimmt. Dann müssen Ermessensspielräume genutzt werden, und es soll nicht gesagt werden, dass diejenigen dann die Miete zu reduzieren haben. Sinnvoller wäre es, in diesem sehr begrenzten Zeitraum soziale Unterstützung zu leisten, um damit das Wohnumfeld und alles Mögliche, das damit verbunden ist, aufrechtzuerhalten.
Ähnliches gilt für viele Alleinerziehende, die Sozialhilfe erhalten und oft nur über kurze Zeiträume solche sozialen Transferleistungen erhalten. Bei diesem Personenkreis wird darauf gedrängt, dass sämtliche Vermögenswerte, also Auto, Lebensversicherungen, sogar Sparbücher der Kinder, angerechnet werden für diesen begrenzten Zeitraum. In diesem Fall ist die Nutzung von Ermessensspielräumen nicht nur aus sozialen Gesichtspunkten wichtig, sondern ein grundlegendes Element. Deshalb müssen Sie, wenn es um „Best practice“ geht, die Ziele formulieren, und zwar für die unterschiedlichen Hilfsbereiche. Mit diesem Antrag liegen Sie dabei nicht richtig.
Ich will Ihnen einen dritten Punkt nennen. Die kommunalen Gebietskörperschaften arbeiten bereits nach der „Best-practise“-Methode.
Wenn Sie Jahresversammlungen des Städtetags oder des Landkreistags besuchen, dann gibt es immer ein Thema, zum Beispiel „Kultur in der Kommune“, „Sozialhilfe“, „Arbeitsvermittlung“ oder „Hilfe statt Arbeit“. Dabei präsentieren sich die Kommunen. Sie stellen sich die Arbeitsweise vor und vergleichen in „Best practiceMethode“. Es muss nicht erst ein Herr Schmitz kommen und dies in eine Antragsform gießen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Thomas, die subtile Art der Kritik muss ich als junger Abgeordneter von Ihnen vielleicht noch lernen. Auch mir tut es nicht gut, wenn ich auf Dinge hingewiesen werde, bei denen ich ein wenig danebenliege, aber das muss jetzt nicht – – –
(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie sind genauso wie Ihr Herr Kollege Brüderle! Der hat auch immer noch eins draufgesetzt! – Creutzmann, FDP: Sie sind doch nicht nur die Heilige, Frau Thomas!)
Zur Sache selbst, auf die Sie abstellen wollen: Letztlich geht es um die Frage, ob wir eine höhere Transparenz auf diesem schwierigen Feld schaffen wollen oder nicht schaffen wollen. Dann muss man sich entscheiden. Ich sage noch einmal, dass wir Gelegenheit haben, im Ausschuss darüber zu sprechen. Wir wollen diese Transparenz. Ich glaube, auch viele Mitarbeiter von Sozialverwaltungen wollen diese Transparenz, weil sie auch ein Interesse daran haben festzustellen, wo sie im Vergleich zu anderen liegen. Ich halte das für sehr interessant und aufschlussreich. Es ist insbesondere im Sinn der Betroffenen sehr hilfreich für diese Gruppen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Praxis der Sozialhilfeträger ist nicht so schlecht, wie sie oft gemacht wird. Sie ist aber auch nicht so gut, dass sie nicht noch verbessert werden könnte.
Dem Landtag wurde vor kurzem der Bericht der Landesregierung über die Praxis der Sozialhilfeträger in Rheinland-Pfalz zugeleitet. Entsprechend den Vorgaben der drei dem Bericht zugrunde liegenden Landtagsbeschlüsse haben wir darin ausführlich den Umgang der Sozialämter mit den Instrumenten des Sozialhilferechts dargestellt.
Leider ist das Bild nicht ganz vollständig, das wir dort zeichnen konnten; denn einige Kommunen haben es nicht für notwendig gehalten, auf diese Umfrage zu reagieren. Jedenfalls haben sich nicht unerhebliche
Unterschiede in der Verwaltungspraxis gezeigt. Zum einen ist es sicher sachgerecht, wenn die kommunalen Gebietskörperschaften die Sozialhilfevorschriften unterschiedlich handhaben. Die Probleme stellen sich angesichts der Verschiedenheit der Sozialstrukturen nicht überall in gleicher Weise dar. Sozialhilfe soll gerade dem Einzelfall gerecht werden und nicht alles über einen Kamm scheren.
Der Bericht dokumentiert aber auch zahlreiche Unterschiede, für die es andere Ursachen geben muss. Es gibt nicht erklärbare Unterschiede. Es gibt auf der anderen Seite seit 1994 eine positive Entwicklung der Sozialhilfe. Ich will diese kurz darstellen:
Der Ausgabenhorizont der Sozialhilfe für die Hilfe zum Lebensunterhalt bewegt sich seit 1994 in der Bandbreite von 350 Millionen Euro bis 400 Millionen Euro. Er ist von 1998 bis 2000 gestiegen. Dann ging er deutlich zurück und ist wieder an dem Punkt angekommen, den er 1994 verlassen hat. Ich glaube, es ist damit sichtbar, dass Maßnahmen wie „Arbeit statt Sozialhilfe“ und „Arbeit und Bildung statt Sozialhilfe“ in der Wirklichkeit bereits Einfluss auf die Ausgaben der Sozialhilfe erhielten. Nicht weniger an Hilfen, sondern die richtige Hilfe ist offensichtlich in der Zwischenzeit erreicht worden. Die Unterschiede machen uns jedoch Probleme.
Die Landesregierung sieht es als ihre Aufgabe an, für den Austausch von Informationen über erfolgreiche Arbeit von Sozialhilfeträgern zu sorgen und zur Nachahmung anzuregen. Auch den kommunalen Kämmerern – dies ist eine Teilfrage, die sehr wichtig ist – muss nahe gelegt werden, dass es sich lohnt, das Sozialamt mit guten und sehr guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu besetzen.
Vor diesem Hintergrund sehe ich den Antrag der Koalitionsfraktionen „‘Best practice‘ in der Sozialhilfeverwaltung“ als eine gute Chance, diese Entwicklung fortzusetzen und sie an der Stelle besonders zu intensivieren, wo wir über diesen ausführlichen Bericht der Landesregierung auch viele Informationen haben, einen entsprechenden Anstoß gezielt zu geben und nicht nur im Nebel zu stochern.
Wir sollten dabei auch die Grundsätze berücksichtigen, die die Arbeits- und Sozialministerkonferenz im Oktober 2000 für eine konzertierte Aktion zur Überwindung von Sozialhilfebedürftigkeit formuliert hat. In dem einstimmig gefassten Beschluss – in dem größten gemeinsamen Nenner in dieser Frage – wurden unter anderem folgende vier Feststellungen getroffen:
1. Sozialhilfe als soziale Dienstleistung darf die effiziente Abwicklung von Zahlungsvorgängen nicht als Kerngeschehen betrachten, sondern muss vorrangig Hilfeem pfänger vor allem befähigen, ein Leben ohne Sozialhilfe zu führen.
2. Durch eine weitgehende Pauschalierung der Hilfe zum Lebensunterhalt soll ein eigenständiges, wirtschaftliches Verhalten gestärkt, Verwaltungskapazitäten bei den Sozialhilfeträgern freigesetzt und dadurch andere Prioritäten ermöglicht werden. Eine zentrale Bedeutung im Hilfeprozess muss der persönlichen Hilfe zukommen.
3. Ein solches Selbstverständnis der Sozialhilfe lässt sich nur unter bestimmten Voraussetzungen realisieren. Organisation, Arbeitsweise, Personalführung und Qualifizierung, Steuerungs- und Evaluationsverfahren müssen eine ziel- und erfolgsgerechte Dienstleistung ermöglichen und unterstützen.
4. Deshalb sind die Kommunen bei der Organisation eines systematischen Erfahrungsaustauschs, der Auswertung innovativer Praxisansätze, der Entwicklung von Instrumenten, der Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei dem Einsatz von EDV und der Realisierung eines systematischen interkommunalen Vergleichs der Träger der Sozialhilfe zu unterstützen.
So weit die Arbeits- und Sozialministerkonferenz einm ütig. Wir sollten diese Schritte in einem Maßnahmenkatalog umsetzen, der dem Antrag entspricht. Ein Wettbewerb „Best practice“, Benchmarking, Kennziffernvergleich und Qualifizierungsangebote sind dafür geeignete Instrumente.
Mit einem solchen Vorhaben betreten wir Neuland. Hier müssen Vereinbarungen getroffen werden, um ein erfolgreiches methodisches Vorgehen zu gewährleisten. Das Land will die Moderatorenrolle übernehmen, weil wir sicher sind, dass wir dazu beitragen, uns im Ausgabenhorizont möglicherweise den 350 Millionen Euro und darunter zu nähern und damit zur Stabilisierung der kommunalen Haushalte beizutragen. Dazu wollen wir den Sachverstand nicht nur der Kommunen, sondern auch von weiteren Experten nutzen, um möglichst rasch zu einer Änderung der jetzigen Situation beizutragen.
Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Debatte über diesen Tagesordnungspunkt beendet. Es wird vorgeschlagen, den Antrag an den Sozialpolitischen Ausschuss – federführend – und an den Innenausschuss und den Ausschuss für Gleichstellung und Frauenförderung zu überweisen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
10-Punkte-Programm für mehr Verbraucherschutz und bessere Qualitätskontrolle im Ernährungsbereich Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/1156 –
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der aktuelle Nitrofen-Skandal hat uns noch einmal drei Notwendigkeiten deutlich vor Augen geführt:
Zu Punkt 1: Die Futtermittelindustrie braucht strengere Vorgaben, um ihre Verantwortung für die Erzeugung gesunder Lebensmittel wahrzunehmen. Sie braucht mehr Kontrollen und ein dichteres Netz, in dem krim inelle Energie, nachlässige Schlamperei und verantwortungsloses Wirtschaften schnell entdeckt und entsprechend geahndet werden können.
Dazu gehört auch, die Verflechtungen zwischen dem Berufsstand der Landwirtschaft und der Futtermittelindustrie offen zu legen und im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher und auch der Landwirtinnen und Landwirte zu entflechten.
Zu Punkt 2: Wir brauchen mehr und nicht weniger Öko. Nitrofen ist eine Hinterlassenschaft der konventionellen Landwirtschaft und auch dort aus guten Gründen seit zehn Jahren verboten. Es ist übrigens skandalös, dass dieses Zeug noch immer in Deutschland zu Exportzwekken produziert wird. Wir müssen daran denken, dass im Zeitalter der Globalisierung alles Gift, das wir als Pflanzenschutzmittel hinausschicken, irgendwann als Nahrungsmittelrückstand wieder auf unserem Teller landet. Daran sollte man denken.
Meine Damen und Herren, jeder Betrieb, der in Rheinland-Pfalz oder anderswo seine Wirtschaftsweise auf ökologische Wirtschaftsweise umstellt, mindert das Rückstandsproblem und leistet einen Beitrag nicht nur zum Erhalt unserer natürlichen Ressourcen, sondern auch zur Lebensmittelsicherheit. Deshalb muss die in Berlin angestoßene Agrarwende mit Nachdruck weiterverfolgt werden. Minister Bauckhage wäre gut beraten, wenn er seine ideologischen Scheuklappen absetzen und sich mithilfe der Vorgaben aus Berlin und unserer rheinland-pfälzischen Standortvorteile an die Spitze der Agrarwende setzen würde.
Zu Punkt 3: Wir müssen unser System der Futtermittelund Lebensmittelkontrolle zukunftsfest machen, damit es mit den wachsenden Anforderungen Schritt halten und präventiv wirken kann. Es gab und gibt Lücken im Kontrollsystem auf EU-, Bundes- und Landesebene und auch vor Ort in den Landkreisen.
Auf EU-Ebene hat es mit dem Weißbuch für Verbraucherpolitik und mit dem Beschluss, die neue Behörde einzurichten, und mit dem Schnellwarnsystem, in dem Futter und Lebensmittel miteinander verbunden worden sind, etc. große Schritte in die richtige Richtung gegeben. Die rotgrüne Bundesregierung hat sich besonders seit Amtsantritt der neuen Agrar- und Verbraucherministerin Renate Künast schnell und effizient daran ge
Sie hat neue Rahmenbedingungen für mehr Transparenz, bessere Informationsflüsse und mehr Informationsrechte für Verbraucherinnen und Verbraucher geschaffen. Das fängt mit ganz banalen Sachen an. Ausbildungsregelung für Lebensmittelkontrolleure, seit Jahren angemahnt, Sachmittelnachweis für Futtermittelkontrolle etc., bis hin zum Ökolandbaugesetz und zum Verbraucherinformationsgesetz sind erlassen worden. Ich kann nur sagen, es wäre gut, wenn die Kolleginnen und Kollegen der CDU ihren Berliner Menschen auf die Füße treten würden, damit sie diesem Gesetz zustimmen würden.