sierungsartikel 95 des EG-Vertrags mehr oder minder eine Kompetenz für alles für sich beansprucht. Damit dies dann auch wirksam kontrolliert werden kann, muss ein starkes Verfahren der politischen und gerichtlichen Kontrolle der Kompetenzabgrenzung und des Subsidiaritätsprinzips verankert werden.
Notwendig ist begleitend aber auch, dass wir alle auf allen Ebenen deutscher Politik begreifen, dass europäische Politik keine Außenpolitik im traditionellen Sinn mehr ist, sondern europäische Innenpolitik. Ich denke, die Debatte, die wir vorhin zu dem Thema „Emissionsrechtehandel“ geführt haben, ist ein Beleg dafür, dass auch diese Botschaft angekommen ist.
Es ist dann aber auch innerstaatlich erforderlich, dass es dann, wenn der Rat zu einer Staatenkammer umgestaltet wird, einen deutschen Europaminister geben sollte – Herr Kollege Dr. Gölter hat heute ebenfalls diese Forderung schon erhoben –, wo immer er auch angesiedelt werden sollte, als ein ständiger Vertreter Deutschlands zur europapolitischen Bündelung und zur Mitwirkung in den verschiedenen Politikbereichen.
Die Mitwirkung der Parlamente aller Ebenen in den europäischen Angelegenheiten muss erheblich verbessert werden, wenn ihre demokratische Legitimation durch das Europa der Exekutiven nicht noch weiter ausgehöhlt werden soll. Das ist nur zum Teil auf der europäischen Ebene zu lösen. Es ist vor allem unsere eigene Hausaufgabe in den Landtagen sowie im Bundestag.
Ein Alarmsignal gerade in dieser Richtung ist zum Beispiel der Artikel von Sir Ralph Dahrendorf von Ende August in der Süddeutschen Zeitung mit der Überschrift „Sprachlose Parlamente“, in dem es in Bezug auf den – ich zitiere – „Niedergang der Parlamente“ heißt: „Die Europäische Union geht bei alledem mit besonders schlechtem Beispiel voran.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, es ist wichtig, dass sich der rheinland-pfälzische Landtag in dem vom Konvent angestoßenen breiten europäischen Zukunftsdialog laut zu Wort meldet und eine Positionsbestimmung aus unserer spezifischen Interessenslage, aber auch aus gesamteuropäischer Verantwortung heraus vornimmt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Um ein lebendiges und von allen akzeptiertes gemeinsames Europa zu schaffen, braucht es neben festen Regeln vor allen Dingen engagierte Menschen, die es verstehen, durch Transparenz und Bürgernähe Begeisterung für Europa zu erzeugen und zu verstärken. Dies allein schaffen keine statischen Reden.
Wie alle sind gemeinsam aufgerufen und dafür verantwortlich, über Parteigrenzen hinweg und unter Einbeziehung aller Parteien unsere gemeinsamen Interessen, Wurzeln und Grundwerte in den Herzen und Köpfen der Menschen zu verankern. Nur wenn uns das gelingt, werden die Bürger auch für ein gemeinsames und lebendiges Europa hinter uns stehen.
Meine Damen und Herren, gerade Rheinland-Pfalz grenzt an zahlreiche europäische Regionen. Daher fällt es uns leicht, durch partnerschaftliche Kontakte und Aktivitäten die Menschen in den Regionen zu verbinden. Hier ist der Ausschuss der Regionen als einziger institutioneller Sprecher für lokale und regionale Körperschaften der EU zu nennen. Jedoch gilt es, seine Kompetenzen zu verstärken und seine Mitwirkung durch Anerkennung des Organstatus, durch Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof und zur Wahrung seiner Rechte, des Subsidiaritätsprinzips, zu erhöhen.
Meine Damen und Herren, bisher hat der Ausschuss der Regionen nur Beratungsfunktionen, das heißt, er ist zwar ein sachkompetenter, aber zahnloser Tiger. Ich sagte es schon einmal.
Die für ein gedeihliches Zusammenwachsen nötigen Regeln wurden bereits unter Führung von Roman Herzog mit der Grundrechtscharta erarbeitet, die als Kernstück in eine lebendige, von allen Beitrittsländern zu tragende und zu akzeptierende europäische Verfassung münden wird.
Grundwerte sind die Würde des Menschen, das Recht auf Leben und Unversehrtheit, das Recht auf Freiheit und Sicherheit, Achtung des Privat- und Familienlebens, Datenschutz, Recht auf Ehe und Familie, Gedanken-, Religions- und Gewissensfreiheit, Freiheit der Meinungsäußerung, Recht auf Bildung, Berufsfreiheit, Eigentumsrecht, das Recht auf Gleichheit, Schutz der Kinder, Integration von Behinderten sowie die Solidarität, Arbeitnehmerrechte, Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz, Einklang von Familien- und Berufsleben, Bürgerrechte, justizielle Rechte und vor allen Dingen Verbot des Missbrauchs von Rechten. Ich nannte diese Punkte nur stichwortartig, weil sie wichtige Eckpfeiler für ein gedeihliches Zusammenleben regeln, die wir in unserer Verfassung als selbstverständlich empfinden. Diese Regeln gelten jedoch noch nicht in allen beitrittswilligen Ländern. Das muss man einmal betonen.
Die Ausarbeitung eines europäischen Verfassungsvertrags auf der Grundlage der bestehenden Verträge unter
Einbeziehung der vorgenannten Grundrechtscharta ist daher vordringliche Aufgabe des Konvents zur Zukunft Europas. Die Europäische Union soll durch den europäischen Verfassungsvertrag bürgernah, klar und verständlich aufgebaut werden. Die Bürgerinnen und Bürger müssen die Vorteile der EU, ihre Bedeutung und Interessen und ihre Wertegemeinschaft klar erkennen können, was äußerst wichtig ist, um sich voll dahinter zu stellen.
Der europäische Verfassungsvertrag soll die Handlungsfähigkeit der EU auch nach der Erweiterung wahren, die demokratische Legitimation von EUEntscheidungen verbessern und die Aufgaben der EU auf Bereiche von europäischer Dimension ausrichten, wobei die politische Verantwortung klar zuzuweisen ist.
Meine Damen und Herren, vergessen wir bei der notwendigen Gestaltung eines Regelwerks nicht, durch persönliches Engagement die Bürger von den Vorteilen des gemeinsamen Europas zu überzeugen, sie in die Entscheidungen einzubinden, zum Mittun zu motivieren, kurz, das Regelwerk mit Leben zu erfüllen.
Zur weiteren Ausgestaltung eines lebendigen europäischen Lebens und der Verfassung wird mein Kollege Gerd Schreiner noch Stellung nehmen.
Ich begrüße sehr herzlich Gäste im rheinlandpfälzischen Landtag, und zwar Senioren des Deutschen Bundeswehrverbandes Kreis Ahrweiler. Herzlich willkommen im Landtag Rheinland-Pfalz!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf den Bericht über die Arbeit Ihrer Vertreterinnen und Vertreter im Ausschuss der Regionen eingehen. Frau Schmidt hat eben den Ausschuss als zahnlosen Tiger bezeichnet. Ganz so würde ich es nicht sehen. Ich spreche nicht nur für die Region Rheinland-Pfalz, von der wir reden, sondern für alle Regionen Europas. Es ist für uns als Regionen wichtig, dass wir zukünftig unsere Rechte stärker einfordern können. Dazu gehören auch die Rechte für den Ausschuss der Regionen, die Sie genannt haben. Diese fehlen zurzeit noch. Der Einfluss auf europäische Prozesse ist aber durch die Kooperation mit den anderen Regionen sicherlich gegeben. Das gilt auch für uns als Mitglieder des Parlaments, die wir in der letzten Periode im Ausschuss der Regionen auch als Mittler zwischen
der europäischen Ebene und dem vertreten waren, was an europäischen Prozessen und bis hin zum Bürger vor Ort passiert, wie Sie das dargestellt haben. Ich denke, das ist eine wichtige Rolle, dort die Interessen der Bürgerinnen und Bürger hier vor Ort darzustellen. Ich denke, das ist uns insgesamt gut gelungen.
Wir haben im Ausschuss der Regionen im Moment durch die nicht festgeschriebenen Rechte noch die Situation, dass wir auch auf die Kooperation mit den anderen EU-Gremien angewiesen sind. Da ist das Parlament zu nennen. Da hat es in den vergangenen Jahren erheblich besser funktioniert als in der vorherigen Periode, die ich noch nicht live miterleben durfte. Die Kontakte zum Rat sind allerdings eher noch eingeschränkt. Die Kontakte zur Kommission sind auch gut. Da würde man sich natürlich nach wie vor ein Fragerecht wünschen.
Nicht zuletzt durch das große Engagement des Staatssekretärs Dr. Klär konnten wir als Rheinland-Pfälzer gerade bei dem Themenkomplex „Bürgernähe“ Profil zeigen. Dieser Komplex steht auch auf der Agenda für den Konvent. Wir konnten uns dort mit sehr starker Stimme artikulieren. Vielen Dank hierfür.
Ein weiterer Schwerpunkt lag in der europäischen Struktur- und Regionalpolitik, in der Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auch in engem Zusammenhang mit der Bewertung der Agenda 2000. Dr. Klär konnte als Vorsitzender der Fachkommission 1 und als Berichterstatter einen Schwerpunkt setzen. Für Rheinland-Pfälzer ist es sehr wichtig, dass er eine spürbare Regional- und Strukturpolitik auch für die Regionen eingefordert hat, die finanziell bessergestellt sind. Ich denke, das ist für die Akzeptanz eines zusammenwachsenden Europas vor Ort besonders wichtig.
Dr. Schiffmann hat sich als einziger deutscher Berichterstatter um die Themen „transeuropäische Netze“, „Verkehr“ und „Informationsgesellschaft“ gekümmert. Ich selbst konnte in der Fachkommission „Bildung, Berufsbildung, Kultur, Jugend, Sport und Bürgerrechte“ aktiv mitwirken. Das ist ein großes Themengebiet. Ich habe dort eine Stellungnahme zu einem Ratsbeschluss zur Bekämpfung des Menschenhandels, der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Kinderpornographie abgegeben. Das klingt zunächst einmal so, als dass es uns nicht so extrem betrifft. Allerdings geht es da auch um grenzüberschreitende Zusammenarbeit gerade bei der Strafverfolgung, die nach wie vor verbessert werden muss. Auf regionaler Ebene sind wir letzten Endes mit diesen Fällen bei der Umsetzung beschäftigt. Deshalb sind auch dies Themen, die nicht unbedingt Randthemen sind.
Inhaltlich möchte ich es hierbei belassen. Eine wichtige Rolle für die künftige aktuelle Arbeit des Ausschusses der Regionen spielt der Konvent, in den der Ausschuss der Regionen Hoffnungen setzt. Die Wertediskussion innerhalb der EU ist dazu zu nennen. Im Interesse der Regionen und kommunalen Gebietskörperschaften geht es auch um eine deutlich klarere Kompetenzverteilung
zwischen den politischen Ebenen innerhalb der EU. Es geht um die Sicherheit in der eigenen institutionellen Stellung des Ausschusses der Regionen, der nach wie vor ein Klagerecht zur Wahrung seiner eigenen Rechte und zur Überprüfung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips einfordert. Ein Fragerecht gegenüber der Kommission in regionalen Angelegenheiten ist noch zu nennen.
Ziel ist es, die Position der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in einem zusammenwachsenden Europa zu stärken. Sie spielen eine immer wichtiger werdende Rolle. Diese Forderung hat der Landtag in Beschlüssen bereits mehrfach bekräftigt. Das gilt auch für die grundsätzliche Forderung nach einer europäischen Verfassung.
Ich kann deshalb für meine Fraktion nur begrüßen, dass jetzt der Konvent in einem transparenten Entscheidungsverfahren die Integration mit dem Erstellen einer europäischen Verfassung um einen Meilenstein voranbringen will, was für die Bürgerinnen und Bürger hoffentlich mehr Transparenz über die Grundlagen der Europäischen Union schaffen kann.
Wir brauchen immer noch eine viel bessere Akzeptanz, als wir sie derzeit haben. Eine bessere demokratische Legitimation und eine gesteigerte Handlungsfähigkeit fehlen noch. Die wichtigen Schritte hierzu hat Herr Kollege Dr. Schiffmann gerade angesichts der Osterweiterung genannt, für die wir unbedingt die Akzeptanz brauchen, weil wir die Osterweiterung wollen und brauchen.
Die europäischen Grund- und Menschenrechte, die auch in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zum Ausdruck kommen, müssen eindeutig sein. Sie müssen rechtsverbindlich und einklagbar sein. Dazu gehört eine Offenheit nach innen in der EU, Toleranz, eine klare Absage an Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Ferner gehört ein klares Bekenntnis dazu, in der Außenpolitik stärker zusammenzustehen und Verantwortung als Gemeinschaft zu tragen. Eine gemeinsame Verantwortung in der Asyl- und Einwanderungspolitik gehört auch dazu.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich, dass es zumindest drei Fraktionen gelungen ist, über die Ziele des Konvents ein gemeinsames rheinland-pfälzisches Votum abzugeben. Wir waren gern bereit, Ergänzungen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den Antrag zu integrieren. Leider hat das nicht geklappt.
Wenn ich mir Ihren Antrag anschaue, ist das ein Problem. In den Zielen, die den Konvent selbst betreffen, sind wir uns in der Debatte und in den Anträgen völlig einig. Herr Wiechmann hat eben draußen bemängelt, dies und jenes würde noch fehlen. Das sind zum Teil Dinge, die wir hier schon beschlossen haben. Diese sind in anderen Drucksachen enthalten. Man muss sie nicht ewig wiederkäuen. Deshalb ist der Antrag, der zum
Konvent gestellt werden soll, ein Antrag, den wir in einem großen Konsens beschließen könnten. Aber wenn man dann schaut, was Sie noch zusätzlich drin haben wollen, dann ist das die nachhaltige Entwicklung von Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutz. Das sind Fragen, über die man sich unterhalten kann. Diese gehören aber da nicht hinein. Es geht sogar noch weiter. Sie wollen den Atomausstieg drin haben.
Sie wollen die Förderung regenerativer Energien drin haben. Man kann natürlich alles Mögliche hineinschreiben. Man kann kommunalpolitische Themen, Schulpolitik mit aufnehmen. Das ist alles ganz hübsch. Das entspricht Ihrer Ideologie, was Sie da hinein haben wollen. Das gehört einfach in den Antrag nicht hinein. Wir konnten uns deshalb leider nicht einigen. Ich bedauere das. Wenn wir uns auf europäischer Ebene artikulieren wollen, brauchen wir eine starke Stimme. Wenn wir in den Zielen, die hier zu formulieren sind, einen Konsens haben, sollten wir die Kräfte bündeln und gemeinsam auftreten. In dem großen Kanon der EU-Politik haben wir nur so eine Chance, überhaupt anzukommen.