In dem Bericht ist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass von einer Trendwende nicht ausgegangen werden kann. Da steht drin – ich weiß gar nicht, was Ihre Kritik soll –, dass sogar die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten in der Nazi-Szene angestiegen sei.
Sorgen müssen wir uns insbesondere über den Einfluss der Rechtsextremisten auf junge Menschen machen, an die sie über gewisse Musikveranstaltungen und das Internet herankommen, welches sie gut zu nutzen wissen.
Die Uhr: Ich kann gar nicht erkennen, wie viel Zeit ich noch habe. Aber es ist egal. Ich mache weiter.
Auf dem Gebiet des Linksextremismus macht der Verfassungsschutz insbesondere darauf aufmerksam, dass die autonome Szene zunehmend die Bewegung der Globalisierungsgegner nutzt und mißbraucht, um insbesondere gegen die USA zu agieren und Gewalt einzusetzen.
Wie schwierig es bei friedlichen Demonstrationen ist, sich diese Personen vom Hals zu halten, haben wir selbst anläßlich einer Veranstaltung in Bad Kreuznach erleben dürfen. Auch die Autonomen bedienen sich inzwischen moderner elektronischer Kommunikationsmittel, um sich einer Kontrolle bzw. einer Beobachtung zu entziehen.
Ein weiteres Feld linksextremistischer Betätigung ist die sogenannte Antifa-Bewegung, die ebenfalls oft genug friedlich angelegte Demonstrationen und Kundgebungen dazu auszunutzen versucht, ihre eigenen Dinge vorzubringen. Einzelheiten sind dem Bericht zu entnehmen.
Ein besonderes Kapitel – dass Frau Grützmacher das nicht erwähnt, ist eigentlich logisch – ist den CastorTransporten gewidmet. Dazu haben Sie gar kein Wort gesagt. Ich hatte eigentlich erwartet, dass Sie das als eine Frechheit empfinden, dass dies auch noch beobachtet wird; denn wir haben von Ihnen einmal so eine Anfrage gehabt, die einen Castor-Transport betraf.
Wir sind schon der Auffassung, dass da genau hingeguckt werden muss, was dort passiert, auch wenn es auf diesem Gebiet anscheinend so ist, dass die Luft so ein bisschen aus der Sache heraus ist, sodass Transporte inzwischen unbehelligt durchgeführt werden können.
Zusammenfassend können wir feststellen: Die Wachsamkeit wurde verstärkt, keine Überreaktion – das ist dem Bericht ganz klar zu entnehmen –, insgesamt eine gute Verfassungsschutzarbeit, die unser volles Vertrauen verdient und für die wir – Herr Dr. Dostmann ist anwesend – recht herzlich danken.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Andreas Müller und Dr. Armin Dostmann, der Leiter unseres Verfassungsschutzes, haben 1997 einen Artikel, einen Aufsatz „Terrorismus im Wandel der Zeiten“ verfasst.
Diese beiden Verfassungsschutzexperten warnten angesichts verschiedener Entwicklungslinien vor neuen terroristischen Herausforderungen und Gefahren. Sie sahen einen der primären Bedrohungsfaktoren in dem stetigen Anwachsen immer komplizierterer wirtschaftlichtechnischer Strukturen in den städtischen Zentren der modernen Industriegesellschaften. Sie belegten anhand des verhältnismäßig noch glimpflichen Anschlags auf das World Trade Center in New York im Jahr 1993, dass sich nicht nur die Zahl der potenziellen Anschlagsziele um ein Vielfaches vergrößert, sondern auch Auswirkungen der Anschläge eine neue irrationale Dimension entwickeln dürften. Ihre Prognose sollte sich am 11. September 2001 traurigerweise bestätigen.
Man kann gesichert davon ausgehen, dass die Verfassungsschutzexperten ihre Erkenntnisse und ihre Sichtweise auch in ihrer Arbeit im Bereich unseres Verfassungsschutzes praktisch angewendet haben. Ich denke – Herr Kollege Pörksen hat es eben erwähnt –, das belegt auch der Verfassungsschutzbericht 2001.
Der Bericht blickt auf das vergangene Jahr 2001 zurück. Dass dabei die Ereignisse des 11. September einen Schwerpunkt bilden, ist zum einen zwangsläufig, zum anderen mussten sie auch Anlass sein, speziell in den islamistischen Terrorismus hineinzuleuchten.
Die Ereignisse nach dem 11. September belegen, dass der internationale Terrorismus in einer solchen Dimension, wie sie bei den Anschlägen in den USA sichtbar geworden ist, mit den Maßnahmen auf dem Gebiet der Inneren Sicherheit der betroffenen Staaten allein nicht erfolgreich bekämpft werden kann.
Wenn Staaten ihr Territorium zur Verfügung stellen, um Terroristen Unterschlupf und Trainingsmöglichkeiten zu
bieten, ist die internationale Staatengemeinschaft gefordert, gegen diese Staaten vorzugehen. Dies kann und muss letztlich bis zu einem militärischen Eingreifen führen.
Sicherheit ist als Voraussetzung von Freiheit stärker ins Bewusstsein gerückt. Dies dokumentieren Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, der Bericht „Forderungen nach Antiterrorismusmaßnahmen“, und Sicherheitspakete der Bundesregierung, die die Abschaffung des Religionsprivilegs, die Verfolgung auch im Ausland tätiger Krimineller oder terroristischer Vereinigungen, die Rasterfahndung, den Fingerabdruck im Ausweis sowie die Vernetzung des BKA, des BND und des Bundesverfassungsschutzes beinhalten.
Allerdings ist das Problem des Terrorismus durch die Sicherheitsbehörden allein nicht zu bewältigen. Es ist im Kern ein gesellschaftliches Problem. Auch das ist heute schon gesagt worden. Alle Gruppierungen sind aufgefordert, die Voraussetzungen für die Grundauffassung zu schaffen, dass Gewalt weder gegen Sachen noch gegen Personen ein Mittel zur Durchsetzung eigener Ziele in einer Demokratie sein kann.
Das gilt für die in den 90er-Jahren sicher noch mehr als heute virulenten Erscheinungen des Rechtsextremismus und der Fremdenfeindlichkeit ebenso wie für das Phänomen des internationalen Terrorismus ebenso wie für den Linksextremismus.
Die Bürger unseres Landes sind zu Toleranz gegenüber jeweils Andersgläubigen aufgefordert und aufzufordern. Das gilt für Christen ebenso wie für Juden und Moslems.
Terrorismusbekämpfung muss allerdings auf Extremismusbekämpfung aufbauen. Auch das ist heute bereits zum Ausdruck gekommen. Es geht nicht um die Zugehörigkeit zu irgendeiner Glaubensrichtung, sondern um das Beobachten und In-den-Griff-bekommen extremistischer Personen in diesen Bereichen oder solcher Personen, die eine Glaubensrichtung missbrauchen, um ihre Ziele durchzusetzen. Dabei handelt es sich um Personen, die in ihrem Glauben zu sehr verhaftet sind oder ihn falsch verstehen, jedenfalls aus unserer Sichtweise heraus.
Die Gefahren des islamistischen Extremismus und Terrorismus lassen sich nicht mit kurzzeitigem Aktionismus beseitigen. Wir haben es hierbei mit einer Daueraufgabe zu tun. Deshalb müssen auf Dauer Instrumente angewendet werden, um auf Dauer Lösungen herbeizuführen. Es kann nicht sein, dass wir extremistische Mitbürger in unserer Gesellschaft agieren lassen, die dabei sind, Parallelgesellschaften aufzubauen. Ich denke, das würde in die völlig falsche Richtung führen.
Der Bericht des Verfassungsschutzes gibt einen Hinweis, dass deutlich wird, dass durch verstärkte Einbürgerungsanträge eine Staatsangehörigkeitskampagne gestartet wird, die aber gar nicht darauf abzielt, Integration zu erreichen, sondern die möglichst effiziente Verfolgung eigener Ziele abdeckt und bezweckt. Mithilfe eingebürgerter Muslime will die IGMG eine Wahlgruppe gründen und damit islamistisch-extremistische Positionen, wie sie von ihrer türkischen Mutterpartei, der inzwischen verbotenen „Fazilet-Partisi“ vertreten wurden, im
Ich denke, die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes müssen uns dazu veranlassen, deutlich zum Ausdruck zu bringen, dass man das nicht zulassen kann und auch nicht darf. Deshalb gilt es in solchen Fällen – das sage ich ganz deutlich –, die Einbürgerung und Aufenthaltsverfestigung von Islamisten mit extremer Auftretensweise zu verhindern.
Bedenklich stimmt die Erkenntnis sowohl im rechtsextremistischen als auch im linksextremistischen Bereich, dass sich eine Grundstimmung breit macht, die antiamerikanische Züge aufweist. Das gilt für Rechts und Links. Die Erkenntnisse, die gewonnen worden sind, lassen feststellen, dass man dies zum einen mit Antisemitismus kombiniert, zum anderen mit der Globalisierungsgegnerschaft. Auch das ist insbesondere in der linken Szene ein dankbares Thema, weil man den Einsatz der USA in Afghanistan als Beleg nehmen kann. Aber auch dort ist erkennbar, dass zwar der Tod unschuldiger Opfer moniert und bedauert wird, gleichzeitig wird dies aber mit dem Hinweis auf amerikanisch verschuldete Kriegsopfer wiederum relativiert.
Meine Damen und Herren, der Verfassungsschutzbericht 2001 gibt die Situation, so wie sie im Jahr 2001 vorgefunden wurde, wieder. Dies verbinde ich mit einem Dank an den Verfassungsschutz dafür, dass er uns den Tätigkeitsbericht in dieser Form vorgelegt hat.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Beitrag der Frau Kollegin Grützmacher hat einmal mehr gezeigt – trotz der Tatsache, dass sie eine Brille trägt –, dass sie auf dem linken Auge blind ist; denn sonst hätte sie diesen Bereich des Extremismus nicht ausgelassen.
Meine Damen und Herren, bevor ich auf Einzelheiten des Verfassungsschutzberichts 2001 eingehe, sage ich Herrn Dr. Dostmann und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes Danke für das Engagement und die hervorragende Arbeit, die zur Bewahrung des Friedens und der Grundwerte unserer Gesellschaft und damit zur Aufrechterhaltung der Inneren Sicherheit in Rheinland-Pfalz und darüber hinaus in ganz Deutschland unerlässlich ist.
Auch wenn die Institution „Verfassungsschutz“ nicht immer unumstritten war, so ist sie als Teil unserer Demokratie heute unverzichtbar. Gerade die Entwicklung im Bereich der islamisch-extremistischen Gruppierungen – dies hat sich gerade wieder in den vergangenen Wochen gezeigt – unterstreicht dies mehr als deutlich. Deshalb ist es für mich völlig unverständlich, wie Teile unseres Parlaments – zumindest war dies noch bis vor kurzem so, heute habe ich das aber noch nicht gehört – die Auflösung des Verfassungsschutzes gefordert haben.
Meine Damen und Herren, unsere Verfassung, unsere Freiheit, die Demokratie und die Menschenrechte bedürfen des Schutzes vor Extremisten, und zwar gleich welcher Gesinnung. Um diesen Schutz zu gewährleisten, müssen die Sicherheitsbehörden möglichst rechtzeitig und umfassend über verfassungsfeindliche Bestrebungen informiert sein, um frühzeitig notwendige Gegenmaßnahmen treffen und den Verfassungsfeinden somit begegnen zu können.
Diese Erkenntnisse über Extremisten und ihre Tätigkeiten liefert der Verfassungsschutz. Er informiert die Sicherheitsbehörden über die Ziele der verfassungsfeindlichen Organisationen, wie sie arbeiten und wie sie sich zusammensetzen. Er wird deshalb zu Recht als Frühwarnsystem für unsere Freiheit bezeichnet.
Meine Damen und Herren, die vom Verfassungsschutz gewonnenen Informationen sind eine wichtige Grundlage für die politische Auseinandersetzung mit den Verfassungsfeinden, egal aus welcher Richtung. Der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz hat immer aktuellen Bedrohungen umfänglich Rechnung getragen.
So ist als Antwort auf die besorgniserregende Entwicklung aus dem Bereich des Rechtsextremismus eigens ein neues Referat „Rechtsextremismus, Öffentlichkeitsarbeit“ geschaffen worden, um eine noch effizientere Aufgabenerfüllung in diesem Bereich zu gewährleisten.
Im Zuge der Entwicklung nach dem 11. September wurde das Personal des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes mit der Wiederbesetzung acht freier Stellen auf insgesamt 136 Mitarbeiter aufgestockt. Je nach Lageentwicklung können 13 zusätzliche Stellen besetzt werden.
Da die Abwehr von Verfassungsfeinden zudem in weitem Maße gleichbedeutend mit der geistig-politischen Auseinandersetzung derselben ist, wurde darüber hinaus ein Islamwissenschaftler eingestellt.
Meine Damen und Herren, die überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger trägt die Grundwerte unserer Verfassung und bekennt sich zu Demokratie und Rechtsstaat. Der aktuelle Verfassungsschutzbericht 2001 zeigt jedoch, dass leider nach wie vor einzelne Gruppen, Organisationen und Parteien mit verfassungsfeindlichen Zielen unseren Rechtsstaat und die Innere Sicherheit bedrohen.
Insbesondere Extremisten von rechts und links, aber auch zunehmend aus dem islamischen Bereich sind eine nicht zu unterschätzende Gefahr für unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie und somit für die Aufrechterhaltung der Inneren Sicherheit.
Meine Damen und Herren, der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz hat nicht erst seit dem 11. September ein wachsames Auge auf islamistische Extremisten. So zählte er im vergangenen Jahr in Rheinland-Pfalz rund 800 islamistische Extremisten und damit rund 27 % mehr als im Jahr zuvor. Meine Damen und Herren, dieser Anstieg sollte meines Erachtens Beachtung finden und uns veranlassen, gerade islamistischen Extremisten, aber auch den gesamten Bereich des Ausländerextremismus, wie beispielsweise die Entwicklung der PKK, weiter verstärkt zu beobachten.
Die Rasterfahndung ist hierfür ein unverzichtbarer Bestandteil einer effektiven Sicherheitsarbeit, da islamistische Extremisten, im Gegensatz beispielsweise zu den Rechtsextremisten, weitgehend gewaltfrei und nach außen nicht sichtbar agieren. Belegt wird dies durch die jüngsten Verhaftungen von Mitgliedern der Terrororganisation Bin Ladens. Deshalb ist es zu begrüßen, dass die Rasterfahndung in Rheinland-Pfalz anders als beispielsweise in unserem Nachbarland Hessen der gerichtlichen Überprüfung standgehalten hat.
Meine Damen und Herren, neben dem Ausländerextremismus muss auch der Rechtsextremismus weiter ein zentraler Beobachtungsschwerpunkt des Verfassungsschutzes bleiben. Auch dies zeigt der Verfassungsschutzbericht 2001 mehr als deutlich.
Rassistisches, fremdenfeindliches und antisemitistisches Gedankengut gilt es uneingeschränkt zu bekämpfen.