Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Hörter, Ihre Rede hat das übertroffen, was ich heute seitens der CDU erwartet habe. Dieser gewaltige Populismus, diese Gefälligkeitspolitik, dieser Zynismus, den Sie hier präsentiert haben, ist der Start in eine Diskussion, die wir wirklich ernsthaft führen sollten und müssten. Wenn das der Start in diese Diskussion ist, dann gnade uns Gott, was eine sinnvolle und sachliche Auseinandersetzung in den nächsten Wochen und Monaten anbelangt.
Meine Damen und Herren, es wurde der Zeitplan angesprochen. Das, was Sie präsentieren, ist voller Widersprüche. Gerade die Tatsache, dass die SPD- und FDPFraktion diesen Gesetzentwurf heute einbringen, zeigt, dass wir in dem Verfahren, das notwendig ist, richtig handeln. Wir haben alle zu Recht darauf gedrungen, dass der Nachtrag zügig verabschiedet wird und möglichst früh die notwendigen Gesetzesänderungen präsentiert werden und darüber geredet werden kann. Das ist auch ein Angebot an die Opposition und das Gegenteil von dem, was Sie eben gesagt haben, als Sie von Durchpeitschen gesprochen haben. Es ist ein Zeitplan, der mit Ihnen abgesprochen worden ist. Diese Gesetzesänderungen werden frühzeitig auf den Weg gebracht. Das ist in der Tat auch eine Chance für die Opposition. Sie werden sie wahrscheinlich nicht nutzen.
Meine Damen und Herren, wir bringen diese Gesetzesänderungen ein, weil wir einen Nachtragshaushalt vorlegen werden, der der Einnahmensituation angepasst ist. Sie kennen die Zahlen. Wir haben nicht nur uns heute, sondern den künftigen Generationen gegenüber die Verpflichtung, eine Haushaltspolitik auf den Weg zu bringen, die den Ansprüchen der Menschen gerecht wird. Wir sind uns mit der SPD-Fraktion und der Landesregierung einig, (Beifall bei der SPD)
dies geht nicht mit zusätzlicher Neuverschuldung. Dies werden wir im Nachtragshaushalt auch so durchsetzen. Wenn Sie mit Ihrem gnadenlosen Populismus auf Kosten anderer weitermachen, ist das schlecht.
Meine Damen und Herren, natürlich sind viele Bevölkerungsgruppen betroffen. Das sind Gruppen in RheinlandPfalz, das wissen wir. Das sind harte Maßnahmen, die keinem Freude bereiten. Es sind Maßnahmen, die wehtun. Meine Damen und Herren, sie sind aber unumgänglich. Sie können sich auf den Kopf stellen, wir werden aber diese Maßnahmen auch im Interesse des Landes Rheinland-Pfalz durchsetzen.
Meine Damen und Herren, wir werden diesen verfassungskonformen Nachtrag nicht nach dem Rasenmäherprinzip gestalten, erst recht nicht so, wie Sie das wollen, dass Sie jeweils alle Gruppen ausnehmen. Dann würden wir nie zurechtkommen. Wir werden es nicht nach dem Rasenmäherprinzip machen.
Wir werden auf die Hausforderungen der Konjunktur Rücksicht nehmen. Wir werden politische Prioritäten setzen. Wir werden klar machen, dass wir Mobilität in diesem Land brauchen. Es wird klar werden, das Bildung weiterhin absolute Priorität in diesem Land hat. Das gilt auch für die Innere Sicherheit.
Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf von SPD und FDP verdient das Landesfinanzausgleichsgesetz besondere Beachtung. Das wollten Sie eben niederreden.
Herr Kollege Mertes hat es deutlich gemacht – das kann man nur unterstreichen –, die kommunalen Spitzenverbände haben dieses Angebot anerkannt und akzeptiert. Herr Hörter, das verschweigen Sie. Es ist so. Das ist ein Angebot im Rahmen des finanziell Möglichen. Das ist ein Angebot des Landes an die Kommunen, um ihnen Planungssicherheit zu geben, um kommunale Haushalte in dieser finanziell sehr schwierigen Situation einigerm aßen gleichmäßig fahren zu können. Das ist anerkannt worden. Das wollen wir mit diesem Gesetzentwurf auf den Weg bringen.
Meine Damen und Herren, wir alle wissen, dass die Schmerzgrenze nicht nur in diesen Bereichen erreicht ist. Daran führt kein Weg vorbei. Es ist äußerst wichtig und entscheidend, dass wir den Menschen in diesem Land Klarheit und Wahrheit über die wirtschaftliche und finanzielle Situation deutlich machen, damit sie nachvollziehbar und vermittelbar ist.
Es ist genauso wichtig, dass den Menschen nicht vorenthalten wird, welche Wege notwendig und geplant sind, um aus dieser Misere herauszukommen. Unverzichtbar ist ein Höchstmaß an Standfestigkeit. Das gilt für uns in der Tat, damit aus einer Inneren Sicherheit Vertrauen wachsen kann. Das sind auch die Grundvoraussetzungen für eine Belebung der Konjunktur, der Wirtschaft und der Beschäftigung.
Meine Damen und Herren, wir werden mit diesem Gesetzentwurf die notwendigen Voraussetzungen für den Nachtrag 2003 schaffen. Ich bitte dringend darum, sich um eine sachgerechte Diskussion des Nachtrags zu bemühen und nicht in dieser populistischen Art und Weise weiter zu verfahren. Ich hoffe, dass dieser Appell ein wenig fruchten kann.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie herzlich bitten, den Geräuschpegel etwas zu senken. Sie erleichtern es damit dem Redner. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, lieber Herr Kollege Kuhn, ich glaube, Sie hatten noch drei Minuten Redezeit. Vizepräsident Creutzmann wollte für Ruhe sorgen, damit Sie auch wahrgenommen werden.
Meine Damen und Herren, Haushaltskonsolidierung und Haushaltspolitik in heutigen Zeiten ist kein einfaches Geschäft. Ich will mir das in dieser Diskussion und in den folgenden Diskussionen nicht einfach machen, wenn wir über Haushaltspolitik und über verantwortliche Haushaltspolitik im Land reden. Wir haben es übrigens in der Vergangenheit auch nicht gemacht. Das war auch nicht immer so geräuschlos, Herr Mertes.
Wir haben das Thema „Haushaltskonsolidierung“ zu einem frühen Zeitpunkt in vielen Politikfeldern einfließen lassen. Das war zu einem Zeitpunkt, als die GRÜNEN noch für Ihre Skepsis an dem permanenten Wachstum und an der Verträglichkeit eines permanenten Wachstums belächelt wurden. Damals wurden wir auch von Ihnen belächelt, wenn wir gesagt haben, es sei vor allen Dingen ein Stück Generationengerechtigkeit, wenn wir Nachhaltigkeit auch in der Finanzpolitik einfordern. Das war unser Leitprinzip der Haushaltspolitik der vergange
nen Jahre im Land. Auch dafür wurden wir das eine oder andere Mal belächelt, wenn wir dies angesprochen haben.
Jetzt sind wir konjunkturbedingt in einer Situation, die im wesentlichen keinen anderen Ausweg mehr läßt. Man muss sich die Frage stellen lassen, wie man einen Haushalt gestaltet, von dem man weiß, es gibt nur ein gewisses Maß an Einnahmen, und man nicht unbegrenzt die Einnahmenschraube nach oben drehen will. Wie gestaltet man die Ausgaben?
Herr Mertes, zwischen den Koalitionsfraktionen läuft es nicht ganz geräuschlos, wie Sie uns glauben machen wollten. Ganz geräuschlos ist das mit den Vorschlägen der Landesregierung auch nicht. Ich weiß, der eine oder andere hört nicht mehr so gut. Die Diskussionen um die Sportförderung fand ich überhaupt nicht geräuschlos. Dazu gehört vor allem die Meldung des Sport- und Innenministers, der sagte, so schlimm komme es doch nicht. Ich frage mich dann immer, wo Sie die Millionen noch herholen bzw. auf wessen Kosten das geht, wenn Sie die Kürzungen für den Sport zurücknehmen. Ganz geräuschlos ist es auch nicht in der Verkehrspolitik. Das haben wir heute schon in den Diskussionen gehabt. Geräuschlos geht es in anderen Bereichen auch nicht zu.
Die Geräusche liefen schon vor der Debatte im Parlament. Am Wochenende haben Sie die entsprechenden Aufschreie verfolgen können. Wenn Sie in der Pfalz Bahn gefahren wären, wären Ihnen noch andere Geräusche zu Ohren gekommen.
Herr Kuhn, ich spreche insbesondere in Ihre Richtung. Es läuft auch nicht so, dass die Politik und vor allen Dingen diejenigen, die lange Zeit einem Wachstumsfetischismus gefrönt haben, jetzt darüber jammern, dass die Gesellschaft so reformunfähig ist, weil die Politiker jetzt in die Situation kommen, Reformen und Reformvorschläge machen zu müssen und diese mit Interessengruppen und der gesamten Gesellschaft zu diskutieren. Ich möchte sagen, die Politik sollte nicht der Gesellschaft den Vorwurf machen, sie sei reformunfähig. Über lange Zeit haben Sie Gruppen, Klientel und was weiß ich nicht wen immer gefüttert und eine solche Reformunfreudigkeit produziert. Deswegen sollten auch die Politiker aufhören zu jammern und das Gespräch, die Diskussion und die Debatte suchen.
Meine Damen und Herren, für uns stehen die Fragen und die Diskussion über den Nachtragshaushalt, auf den wir eigentlich schon bei der ersten Haushaltsberatung gedrängt haben, unter zwei Oberbegriffen. Der eine ist der der Gerechtigkeit und der andere ist der der Nachhaltigkeit. Diese beiden Grundprinzipien muss man an das anlegen, was Sie an Sparvorschlägen machen.
Herr Mertes, ich bin froh, dass Sie nicht formuliert haben, obwohl ich es eigentlich erwartet habe, wer Ihnen nicht folgt, kann nicht sparen.
Na ja, Sie wird noch kommen. Sie kommt meistens dann, wenn wir unsere Änderungsanträge vorlegen und Sie sagen: Damit haben Sie wieder einmal bewiesen, Sie können gar nicht sparen.– Dabei setzen wir andere politische Prioritäten.
An Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit werden sich Ihre Vorschläge messen lassen. Ich will Ihnen aus dem Gesetzentwurf nur einmal einen herausgreifen. Wir werden es über die Haushaltsberatungen verfolgen. Im Bereich der Jugendhilfe wollen Sie 10 Millionen Euro streichen. Ich will sagen, auf welche Felder das Auswirkungen hat. Ich glaube, dass dieser Vorschlag in der Auswirkung weder gerecht noch vor allen Dingen nachhaltig ist, wenn man die Folgekosten betrachtet.
Das sind Maßnahmen bei der Hilfe zur Erziehung, zur Erziehungsarbeit, zur sozialen Gruppenarbeit, zum Erziehungsbeistand, sozialpädagogische Familienhilfe, Erziehung in einer Tagesgruppe usw.
Sie müssten erstens wissen, welche Probleme die Institutionen, aber auch die Kommunen im Bereich der Jugendhilfe aufgrund der Probleme haben, die es tatsächlich mit und bei Jugendlichen gibt.
Sie müssten zweitens wissen, dass das ein Bereich ist, in dem die Kommunen, die die Verantwortung in diesem Bereich tragen, in vielen Feldern schon das Letzte herausgeholt haben.
Diese fehlenden Zuschüsse werden nicht zu Synergieeffekten und Ähnlichem führen, sondern sie werden zu einer Ausdünnung führen. Ich kann Ihnen kommunale Gebietskörperschaften nennen, wo mittlerweile der Landrat entscheidet – ich sage, der ist oft bar jeder Kompetenz –, ob ein Jugendlicher in eine Tagespflegestätte oder in ein Heim eingewiesen werden darf. Er entscheidet es nicht aus fachlichen Gründen, sondern allein aus Haushaltsgründen. Solchen Auswüchsen werden Sie noch Unterstützung geben, wenn Sie in diese Maßnahme treten.
Gehen Sie einmal in den Westerwaldkreis. Da widerspricht Ihnen noch nicht einmal der Landrat, wenn ich ihm das so beschreibe. Es gibt aber auch andere.