Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich behaupte nicht, dass die Beratung dieses Nachtragshaushalts eine Sache ist, die man vergnüglich tut. Es ist eine große Herausforderung. Wir bieten gern noch einmal an, das, was geht, gemeinsam auf den Weg zu bringen. Am Ende tragen wir aber die Verantwortung, und wir werden sie auch wahrnehmen. Es wird darum gehen, dass wir für das Land Rheinland-Pfalz Weichen stellen. Diese Weichenstellungen tragen heute dazu bei, dass wir uns wirtschaftlich mindestens an der gleichen Rangposition halten, aber insgesamt vom Niveau her wieder besser werden können in Deutschland.
Wir werden uns darum bemühen, dass wir als Region im zusammenwachsenden Europa unsere Rolle spielen. Wir werden die soziale Dimension des Zusammenlebens von Menschen immer ganz hoch ansiedeln. Wir werden vor allem auch die Chancengleichheit ganz hoch ansiedeln. Darauf zielt nicht zuletzt unsere Schul- und Bildungspolitik ab. Ferner werden wir darauf achten, dass
wir das, was wir heute tun, gegenüber künftigen Generationen verantworten können. Das gilt für die Ökonomie und die Ökologie. Das gilt für die soziale und kulturelle Dimension unseres Zusammenlebens. Aber das gilt auch – ich hoffe, dass dazu auch stilbildend etwas getan werden kann – für den guten Ton, der in diesem Land Rheinland-Pfalz beibehalten werden sollte.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zunächst einmal auf ein paar Dinge eingehen, die der Herr Ministerpräsident angesprochen hat. Ich will deutlich machen, dass er erneut zu Beginn und auch zum Schluss wieder eine seiner bekannten Konsensreden gehalten hat. Er hat an das Parlament und insbesondere an die Opposition appelliert, gemeinsam die Dinge mitzugehen und mitzumachen. Herr Ministerpräsident, wir hören dies erneut gern. Es wäre nur an der Zeit, wenn Sie nun endlich nach den vielen Reden, die Sie in dieser Hinsicht gehalten haben, Ihren Worten einmal Taten folgen lassen würden. Bisher war das noch nicht der Fall.
Das letzte und beste Beispiel sind die zurückliegenden Haushaltsberatungen, bei denen wir uns wirklich Mühe gegeben haben, konkrete Vorschläge zu machen, um gemeinsam die Probleme, die das Land in der Finanzpolitik hat, zu lösen. Sie haben nichts besseres zu tun gehabt, als diese Vorschläge einfach vom Tisch zu wischen. So sind Sie nicht glaubwürdig. Ich hoffe, dass das, was Sie gesagt haben und was gestern der Herr Minister gesagt hat, jetzt von etwas mehr Glaubwürdigkeit in der Praxis geprägt sein wird.
Sie haben empfohlen, ich solle die „WirtschaftsWoche“ lesen. Herr Ministerpräsident, Sie können davon ausgehen, dass ich sie regelmäßig lese. Ich würde mir aber wünschen, Sie würden sie auch regelmäßig lesen; denn wenn Sie das ernst nehmen, was dort steht, käme mit Sicherheit eine bessere Regierungspolitik heraus als Sie sie derzeit praktizieren. Herr Ministerpräsident, noch wichtiger wäre es, wenn Sie den Rechnungshofsbericht – dass war das Stichwort, das ich in dem Zusammenhang gebracht habe – regelmäßig lesen würden
und daraus Schlüsse ziehen würden, die daraus zu ziehen sind, weil darin eine sehr deutliche Sprache bezüglich der Haushalts- und Finanzpolitik dieses Landes gesprochen wird.
Sie haben uns vorgeworfen, wir würden in Bezug auf die Ausgaben mit unrichtigen Zahlen argumentieren, Sie haben gesagt, dass in den 80er-Jahren beträchtliche Ausgaben getätigt worden seien, die höher gewesen seien als die heutigen. Das ist wohl wahr. Wir haben da auch nicht immer alles korrekt gemacht. Wer in der Verantwortung steht, macht auch Fehler. Wenn Sie aber behaupten, dass Sie in dieser Frage heute alles besser machen, ist das wirklich ein Witz; denn Sie rechnen Ihre Ausgabenquote, die Sie vergleichen, ganz gezielt und ganz bewusst herunter, indem Sie massenhaft Ausgaben aus dem Landeshaushalt ausgliedern.
Jedes Jahr kommen neue Ausgliederungen. Sie haben die Landeskrankenhäuser ausgegliedert; Sie haben den LBB ausgegliedert; Sie haben den Straßenverkehrsbereich mit dem LSV ausgegliedert; Sie haben die Unikliniken ausgegliedert usw. Damit senkt man natürlich die Ausgabenquote – da haben Sie völlig Recht –, und man senkt damit natürlich auch die Kreditfinanzierungsquote im Kernhaushalt. Das ist aber keine redliche Argumentation, die Sie da führen. Das sollten Sie so nicht noch einmal machen. Meines Wissens habe ich Ihnen das beim vorhergehenden Mal auch schon einmal gesagt.
Herr Ministerpräsident, die deutsche Einheit ist für alle westlichen Länder in Deutschland gekommen. Die Rahmenbedingung gilt für alle. Die Tatsache, dass in Rheinland-Pfalz die Fakten und Daten – der Rechnungshof hat das belegt – in den Jahren danach so viel schlechter sind als in anderen Ländern, hat seine Ursache in diesem Land. Die Ursache liegt nicht in der deutschen Einheit. Diese Argumentation können wir so nicht gelten lassen.
Sie haben den FCK angesprochen. Sie wissen, dass auch wir den 15 Millionen Euro zugestimmt haben, als es vor eineinhalb bis zwei Jahren um diese Frage ging. Wir haben gesagt, ja, wir stehen gemeinsam dafür, dass diese Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit Kaiserslautern zu einem WM-Standort ausgebaut wird. Dazu stehen wir auch weiter.
Herr Ministerpräsident, wir halten es aber nicht für richtig, wenn Sie heute so tun, als würden wir, nur weil wir heute kritisch hinterfragen, dem FCK ans Leder wollen.
Das ist eine Unmöglichkeit, die Sie praktizieren. Das können wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Das Gegenteil ist nämlich der Fall. Wir wollen, dass der FCK weiterbesteht und er eine gute Zukunft in Rheinland-Pfalz im Interesse der Menschen hat. Ich muss Ihnen aber auch sagen – das wollen Sie vielleicht nicht hören, was
ich sogar verstehe –, dass es unsere Verantwortung als Opposition ist, sehr genau zu prüfen, ob diese Landesregierung eine Mitverantwortung für das Desaster trägt, das sich in Kaiserslautern beim FCK ergeben hat.
Das ist unsere Aufgabe, und dieser Verantwortung werden wir sehr genau und sehr konkret in den nächsten Wochen und Monaten gerecht werden.
Jetzt komme ich zu Ihnen. Meine Damen und Herren, „das Leben hat seine eigene Geschichte geschrieben und sich nicht nach den Propheten gerichtet“. Herr Finanzminister, dieses Zitat wird Ihnen nachgesagt. Sie sollen das zur Wirtschaftsentwicklung in Deutschland im Jahr 2002 gesagt haben. Herr Minister, ja, das Leben verläuft manchmal anders, als man es sich wünscht, erhofft oder vorhersagt. So war es auch in unserem Land mit der Wirtschaftsentwicklung und aufbauend darauf mit den Steuereinnahmen im vergangenen Jahr. Dies führen Sie im Wesentlichen als Ursache für den Nachtragshaushalt an. Sie kritisieren die wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute.
Sie verbinden damit die Frage, was der Politik angesichts dieser kurzen Halbwertszeit wissenschaftlicher Prognosen dennoch Hilfe sein könne für eine zumindest halbwegs zuverlässige Haushaltsplanung.
So haben Sie das genau gesagt. Ich kann Ihnen das sagen, Herr Minister: Erhöhen Sie endlich die Halbwertszeit Ihrer Politik im Land und im Bund.
Machen Sie endlich eine verlässliche Politik, die die Chance auf Besserung bietet, und praktizieren Sie nicht ständig dieses Hin und Her, das für jeden Unternehmer, der investieren soll, ein Gräuel darstellt. Sie im Land und Rotgrün im Bund sind verantwortlich für diese miserable Entwicklung. Das nun den Wirtschaftsinstituten vorzuwerfen, ist wirklich das Aberwitzigste, das man sich vorstellen kann.
Die Institute haben eine bestimmte Politik unterstellt, die Sie nicht betrieben haben. Das ist der Punkt. Deshalb ist und bleibt die Verantwortung für diese Politikergebnisse bei Ihnen und Ihren Kumpanen in Berlin.
Wenn der deutsche Industrie- und Handelskammertag vorgestern ein Nullwachstum für dieses Jahr angenommen hat, nimmt er das auch deshalb an, weil er nicht glaubt, dass Sie in Rheinland-Pfalz und in Berlin im Besonderen das Ruder herumreißen können. Damit hat er Recht. Ich würde mich auch nicht auf bessere Prophezeiungen verlassen, erst recht nicht dann, wenn sie von Vertretern der SPD kommen.
Das gilt im Übrigen auch für die Landesregierung. Sie haben das alles in Berlin mitgemacht. Ich habe kein Aufbäumen und kein Dagegenhalten bemerkt. Das gilt im Besonderen für die abstruse Steuerreform, wo Sie sich hier sogar beweihräuchert haben, weil Sie angeblich etwas Tolles für den Mittelstand getan haben wollten. Wir müssen heute feststellen: Schlimmer geht‘s nimmer. – Sie haben im Bundesrat Ihre Hand für eine Steuerreform gehoben, die nicht nur maßlos ungerecht ist und die Stütze unserer Wirtschaftsordnung und den Mittelstand kaputtmacht, sondern zudem die Eckpfeiler der Staatsfinanzierung über den Haufen wirft.
Sie haben eine Steuerreform gemacht, die die großen Unternehmen entlastet und zu einem massiven Einbruch bei der Körperschaftsteuer geführt hat.
Herr Minister, wenn Sie in Ihrer Einbringungsrede die gesunkene Steuerquote anführen, die einer Steuersenkung von 45 Milliarden Euro entsprechen soll, geht dies zum größten Teil auf die Körperschaftsteuer zurück. Ihre Argumentation ist insofern sehr unredlich. Sie wissen selbst ganz genau, dass die Steuerquote nicht die Gänze der Belastung zum Ausdruck bringt; denn wenn man die Steuerquote senkt und die Abgabenquote erhöht, was Sie getan haben, hat man null Effekt, außer vielleicht Verschiebungen zwischen den Lastenträgern.
Sie haben nämlich insgesamt die Belastung erhöht. Sie haben im Bundesrat mitgemacht. Deshalb ist Ihr Jammern fehl am Platz.
Meine Damen und Herren, neben Berlin hat auch die Außenkonjunktur Anteil an der schwierigen Entwicklung.