Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

Ihre Kürzungen kumulieren sich mit den Kürzungen und Veränderungen, die im Zusammenhang mit der Reform der Bundesanstalt für Arbeit entstehen. Schauen Sie sich einmal in den einzelnen Arbeitsämtern, aber auch bei den Weiterbildungsträgern um. Denen gehen die Weiterbildungsgutscheine schon im März aus. Das kumuliert sich miteinander. Wenn die Landesregierung ihre Maßnahmen in diesem Bereich noch mit Kürzungen draufsattelt, wird das im Effekt bei den einzelnen Betroffenen Löcher reißen, die sich nicht mehr qualifizieren können und aus unterschiedlichen persönlichen Startpositionen nicht die Angebote zur Wiedereingliederung in die Arbeitswelt bekommen. Dies wird in eine Trägerstruktur Löcher reißen, auf die Sie auch nach der Re

form der Bundesanstalt für Arbeit wieder zurückgreifen müssen. Diese Kürzungen können wir in dieser Art nicht mittragen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Auswirkung wird besonders im sozialen Bereich ähnlich wie bei der Erziehungshilfe drastisch sein.

Der zweite Punkt wird in einem späteren Beitrag separat vorgestellt. Deswegen werde ich ihn nur kurz anreißen. Hierbei handelt es sich um unsere Maßnahmen, die wir im schulischen Bereich vorgesehen haben. Wir sind der Meinung, dass wir vor dem Hintergrund der PISAErgebnisse und der anderen internationalen Vergleiche, insbesondere bei dem, was wir bei der Sprachförderung in den Vorschulen, Grundschulen und im Sonderschulbereich anbieten, nicht nur in den Ganztagsschulen zusätzliche Maßnahmen benötigen. Wir brauchen Mittel für die Schulen, damit sie dem strukturellen Unterrichtsausfall entgegentreten, aber auch Qualitätsentwicklung und Fort- und Weiterbildung in Verantwortung der Schulen vornehmen können. Hier haben wir Kürzungen zurückgenommen.

Darüber hinaus haben wir Kürzungen in wesentlichen Bereichen zurückgenommen, zum Beispiel, was die Ausstattung für Forschung und Lehre für die Hochschulen anbelangt. Diese sind für uns einer der wichtigsten Zukunftsmotoren in diesem Land. Die Hochschulen werden es bei ansteigenden Studierendenzahlen nicht verkraften, über interne Reformen und Veränderungen nur zusätzliche Effekte zu mobilisieren, in einen Wettbewerb mit Hochschulen der anderen Länder einzusteigen und eine attraktive und qualitativ hohe Ausbildung zu bieten. Mit Ihren Kürzungen in Höhe von 14,4 Millionen Euro, die Sie in diesem Jahr vorschlagen, bringen Sie die Hochschulen in eine Zwangslage. Wir wollen nicht, dass qualifizierte Menschen, die sich für das Fortkommen von Rheinland-Pfalz engagieren, in eine Zwangslage gebracht werden. Wir wollen sie so ausstatten, dass sie ihrem Auftrag nach Forschung und Entwicklung, aber insbesondere nach Lehre und guter Ausbildung nachkommen können.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der vierte Bereich betrifft unsere Vorschläge hinsichtlich der Förderprogramme für den Bereich erneuerbare Energien und der Solarenergie. Wer gestern den Parlamentarischen Abend mit dem VDI besucht hat – Herr Creutzmann, Sie waren dort; ich habe es mir erzählen lassen –, hat nicht aus der politischen, sondern aus der Perspektive der Fachleute und Ingenieure deutlich gesehen, was aus diesem Bereich an Arbeitsplätzen, Klimaschutz und Veränderungen in dieses Land gebracht werden kann. Auch für diesen Bereich sind sämtliche Fördermittel des Landes bereits ausgebucht. Deswegen haben wir gesagt, dass wir gezielt in diesen Bereich erneuerbare Energien, aber auch in die Anschubfinanzierung für die Biomasseverwertung noch einmal etwas einsetzen wollen.

Das sind nicht die Riesenbeträge, aber damit können Sie Riesiges im Land bewegen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Bereich, den ich eben nur kurz angesprochen habe, nämlich das, was Sie an Kürzungen vorgesehen haben für den Landesbetrieb Forsten – das ist bei der Diskussion immer gesagt worden –, sind 4,2 Millionen, die Sie dort noch einmal kürzen. Aber man muss wissen, dass es insgesamt 12 Millionen sind, die Sie innerhalb von zwei Jahren von diesem Landesbetrieb fordern. Ich meine, man müsste einmal vergleichen, was von den anderen Landesbetrieben in dem gleichen Zeitraum an zusätzlichem Effekt und Ähnlichem gefordert wird. Wenn Sie diese Kürzungen in der Form vornehmen – das haben viele Fachleute bestätigt –, dann wird das, was wir an nachhaltiger Waldbewirtschaftung machen wollen, so nicht umgesetzt werden können.

Sie gehen weiter voran in dem, was Sie in der Forstreform machen wollen. Sie wollen an die Revierreform. Dabei habe ich eine dringliche Bitte, diesen nächsten Schritt der Reform nicht ohne die Fachleute zu machen. Es gibt gewichtige Stimmen, die davor warnen, einfach die Reviergröße zu verändern und dann zu sagen, dann kann man aber trotzdem noch die gleiche Qualität erbringen. Das ist für uns eine Grundvoraussetzung. Wir sagen gar nicht, dass dieser Bereich unbeackert liegen soll. Aber das muss mit Beteiligung der Fachleute geschehen, sonst geht das in die falsche Richtung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben im Gegenzug dafür auch Kürzungsvorschläge gemacht. Diese sind diskutiert worden, mehr oder weniger vertiefend und intensiv. Natürlich haben wir in Bereichen gekürzt, in denen es auch weh tut. Herr Mertes hat vorhin gesagt: Planung bei den Bundesstraßen. – Das haben wir gestern bei der Diskussion um die B 10 gesehen. Wir sind nicht der Meinung, dass man Planungen für Straßen, für einzelne Straßenbaumaßnahmen – darin sind wir einfach unterschiedlich in der Bewertung – jetzt vorziehen sollte, puschen sollte, damit man diese Maßnahmen umsetzen kann. Natürlich gibt es einen durchgerechneten Bundesverkehrswegeplan; aber Rheinland-Pfalz erhält nur eine bestimmte Summe. Wenn wir Planungen für Baumaßnahmen erarbeiten, die darüber hinausgehen, dann planen wir in demselben Rhythmus wie vorher, nämlich zum Teil für die Schublade, zum Teil, weil es nicht vorangeht.

Wir fühlen uns bestärkt durch die Stellungnahmen des Landesrechnungshofs, was die Planungsmaßnahmen in der Straßenbauverwaltung angeht. Er sagt, man kann dort sehr viel effektiver arbeiten, man muss nicht diese Vorratsplanungen in dem großen Bereich machen. Wir sehen uns deshalb darin bestärkt, diese Vorschläge zu machen und für ihre Umsetzbarkeit zu werben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ähnlich ist es mit anderen Kürzungen, die wir beim LSV vornehmen. Wir haben das transportiert und gesagt: Das, was an Pachtzahlung erfolgt, kürzen wir noch einmal. Ich will Ihnen einmal in dem Zusammenhang zwei Zahlen nennen. Schauen Sie sich doch einmal an, wie hoch der Personaletat oder die Personalpositionen im Wirtschaftsplan des LSV sind. Das sind rund 160 Millionen Euro. Ich weiß, ich könnte die abziehen, die für Straßenunterhaltung und andere Dinge vorhanden sind. Dann bleibe ich immer noch bei 100 Millionen Euro, wenn ich die ganzen Straßenmeistereien herausnehme. Sie bewegen mit Ihrem Bauprogramm in diesem Jahr 57 Millionen Euro Investition. Dann schauen Sie sich dieses Verhältnis an.

Ich sage Ihnen noch eine dritte Zahl. Sie nehmen rund 150 Millionen Euro Kredite nur für den LSV auf. Das ist doch kein Verhältnis, meine Damen und Herren. Wenn Sie dann beim LSV veranschlagen, dass Sie noch 15 Millionen Euro zusätzlich für Aufträge nach außen veranschlagen, dann sage ich, dann gibt es dort Luft. Dann muss man dort sehen, dass man diese Verwaltung in den Tritt bekommt. Dann muss man auf Unnötiges verzichten. Dann hat nicht jede Kürzung, die wir vorschlagen, eine Kürzung im investiven Bereich zur Folge, wenn man das, was man an Anforderungen an andere Landesbetriebe stellt, auch an Anforderungen an den LSV stellt und ihn nicht in Watte packt, meine Damen und Herren. Deswegen kann man diese Vorschläge umsetzen, ohne den Niedergang des Landes auszurufen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben natürlich auch in anderen Bereichen Kürzungen vorgeschlagen, im Wirtschaftsförderungsbereich, im Bereich von einzelnen Subventionsmaßnahmen, im Bereich, was Zuschüsse zum Beispiel an Handwerkskammern oder IHK angeht, und so weiter und so fort. Aber meine Damen und Herren von der FDP, ich habe von Ihnen nicht einen Vorschlag gehört, wie Sie das umsetzen wollen, was im Haushaltsplan Ihres Wirtschafts- und Verkehrsministers steht, nämlich dass dort 25 Millionen Euro globale Minderausgabe enthalten ist. Das juckt Sie gar nicht, das rührt Sie gar nicht. Dann sagen Sie: Machen Sie das doch einmal im Haushaltsvollzug, dann merkt es auch niemand mehr. Das ist doch das Prinzip Ihrer Politik: Es merkt dann keiner mehr.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wären als Fraktion gefordert, eine solche Vorgabe mit einem Nachtragshaushalt zu machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der FDP)

Es gibt keinen Haushalt wie den von Herrn Bauckhage, keinen Einzeletat, der das nicht leisten kann. Ich will Ihnen das jetzt einmal sagen; denn das geht ansonsten an den Diskussionen vorbei.

Er sagt in der Öffentlichkeit: 100 Millionen Euro muss er für diesen Nachtragshaushalt erbringen. Ich habe gesagt: 25 % davon entfallen auf globale Minderausgaben. Diese beziffern Sie nicht, jedenfalls nicht in den einzel

nen Punkten. Da bleiben Sie jede Konkretisierung schuldig. 20 Millionen Euro – das sind wieder 20 % – verschieben Sie in die ISB und in die RIM. Herr Bauckhage hat doch bei den Haushaltsberatungen gesagt: Das macht die ISB doch nicht aus der Portokasse, sondern sie muss für ihre Maßnahmen Kredite aufnehmen, stellvertretend für die Landesregierung. Das taucht nirgendwo mehr auf. Das ist doch keine Kürzung. Das ist doch keine Sparmaßnahme. Das ist ein Verschiebebahnhof, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vier Millionen Euro pumpt der Wirtschaftsminister vom Landesbetrieb Wasserstraßen ab, der natürlich auch für seine Maßnahmen Kredite aufnehmen muss, stellvertretend für Herrn Bauckhage und für diese Landesregierung. Für 12 Millionen Euro will der Vizeministerpräs ident Darlehen aus dem Landwirtschaftsbereich verkaufen – – –

(Zuruf von der FDP)

Ich bin nicht aggressiv – das sage ich hier klipp und klar –, das geht mir wirklich auf die Nerven. Wenn ich mir andere Haushaltspläne anschaue, zum Beispiel den der Sozialministerin, und ich sehe, dass sie in Ihrem Haushalt veranschlagt und offenlegt, dass sie im Landesverband Pro Familia 10.000 Euro wegstreichen muss, weil sie Sparmaßnahmen erbringen muss, und sehe, dass Sie nicht in der Lage sind, in einem Haushalt mit einem deutlich größeren Volumen und auch einem deutlich größeren freiwilligen Bereich, dann bin ich sicher, Frau Ahnen, Frau Conrad und viele andere wären froh, wenn sie in ihren Ressorts eine Einrichtung wie die ISB hätten, die stellvertretend für ihre Maßnahmen Kredite aufnehmen könnte. Deswegen bin ich so sauer und vielleicht auch aggressiv an diesem Punkt, Herr Kuhn, weil ich der Meinung bin, dass ich im Recht bin. Das geht so nicht, und das ist ungerecht, was Sie vorgelegt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das muss man doch einmal im Vergleich sehen. Es reicht auch nicht, irgendwie mit der großen Malerkelle darüber zu gehen und zu sagen: Das ist doch alles für die Wirtschaft und für die Wirtschaftskraft im Land. – Das ist nicht so. Da sind Sie in vielen Bereichen den Nachweis schuldig geblieben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich will noch zu einem Punkt etwas sagen. Ich habe mich doch etwas hinreißen lassen. Es geht um den Bereich „Zukunft der Polizei in Rheinland-Pfalz“. Das hat den größten Teil der öffentlichen Diskussion im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt eingenommen. Wir sagen, das, was Sie an Verlängerung der Lebensarbeitszeit vorschlagen, ist gemessen an den Anforderungen, die wir haben, bei den Lösungen, die wir gemeinsam suchen, letztlich unwirksam. Mit den Personalkosten, mit den Entwicklungen der Personalkosten, die zum Teil für wichtige Dinge aufgebracht werden – der schulische Bereich, der Hochschulbereich, der Polizeibereich, der Justizbereich – das sind

alles keine Ausgaben, bei denen wir einfach streichen können; wir sind zu diesen Ausgaben verpflichtet. Sie haben sich aber mit Ihren Vorschlägen vergaloppiert. Sie haben gedacht, Sie hätten das Ei des Kolumbus gefunden. Dann gab es einen unglaublichen Widerstand. Das hat Herr Mertes selbst gesagt. Ich sage auch dazu: In der Form des Widerstands oft fragwürdig. Aber dass es darüber eine breite öffentliche Diskussion geben musste, damit haben Sie gerechnet.

(Vizepräsident Dr. Schmidt übernimmt den Vorsitz)

Ihre Gesetzeskorrekturen sind Verschlimmbesserungen. Es ändert aber nichts daran, dass das nicht die Lösung des Problems ist, meine Damen und Herren.

(Dr. Schiffmann, SPD: Darauf bin ich aber gespannt!)

Worauf?

(Dr. Schiffmann: Auf die Lösung des Problems!)

Ich habe schon im Februar gesagt, dass wir meiner Meinung nach mit einem viel umfassenderen Ansatz an die Frage der Personalkosten herangehen müssen, dass wir mit einem Ansatz herangehen müssen, der nicht nur die aktiv Beschäftigten, sondern auch die Versorgungsempfängerinnen und -empfänger im Blick hat,

(Dr. Schiffmann, SPD: Was heißt das?)

dass wir uns an Vorschläge, die in der Bull-Kommission in Nordrhein-Westfalen gemacht werden, heran machen müssen, dass wir nicht an jeder Form und Festschreibung dessen, was wir an Berufsbeamtentum kennen – das sage ich auch in Richtung von Herrn Böhr –, festklammern dürfen. Ich bin der Meinung, auch da müssen wir herangehen.

Ich bin durchaus der Meinung, dass das, was die Experten in der Rürup-Kommission oder in den Rentendiskussionen sagen, wir uns unter einem hohen Anspruch an Gerechtigkeit auch mit der Frage der Verlängerung der Lebensarbeitszeit beschäftigen müssen.

Sie greifen einen kleinen Punkt heraus. Aber Sie sehen doch, wie die Diskussionen zum Teil in den anderen Bundesländern laufen. Darüber haben wir in der letzten Woche auch kurz gesprochen: Tarifrecht, Tariferhöhungen, Öffnungsklauseldiskussion im Bundesrat und das, was in den einzelnen Bundesländern läuft.

Wir können lesen, was Stoiber in Bayern und Teufel in Baden-Württemberg planen.

(Dr. Schiffmann, SPD: Wie bewerten Sie das?)

Wir konnten die ersten Reaktionen von Herrn Mittler damals lesen, als der Tarifabschluss kam und er sagte, es ist gar nicht sicher, ob wir in der Tarifgemeinschaft der Länder bleiben können. Anschließend gab es einen

Ruf zurück, und dann gab es wieder eine Rückbewegung.

Dieses Angebot unserer Fraktion besteht jetzt im Herangehen an den Doppelhaushalt und die Jahre danach, dieses Problem gemeinsam anzugehen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.