Wir brauchen nicht zuletzt eine gute und bessere Hochschule, weil wir einen steigenden Anteil junger Menschen wissenschaftlich ausbilden wollen und müssen. Wir brauchen – ich habe dies bereits im Zusammenhang mit der Globalisierung der Wissenschaft angeführt – auch eine weltoffene Hochschule, die international denkt, sich international einbettet und den europäischen Hochschulraum voranbringt. Die rotgrüne Bundesregierung hat mit dem, was sie in die Hochschulrahmengesetzgebung eingeführt und vorgegeben hat, Entscheidendes vorangebracht. Es gilt, das in Rheinland-Pfalz mit umzusetzen.
Trotzdem will ich einen Wermutstropfen hineingießen. Frau Schleicher-Rothmund hat gestern im Zusammenhang mit der Diskussion um den Nachtragshaushalt über das Hochschulgesetz und die Novellierung gesprochen. Ich will es anders herum machen. Ich will im Zusammenhang mit dem Hochschulgesetz auch an die finanzund haushaltspolitische Situation im Land und im Speziellen der Hochschulen erinnern.
Wir haben gestern thematisiert, dass die Hochschulen nach unserer Meinung besser ausgestattet werden müssen, und zwar durchaus auch in Konkurrenz zu anderen Bereichen im Land. Sie sind – Frau Kohnle-Gros hat Recht – chronisch unterfinanziert. Es wird eine entscheidende Voraussetzung dafür sein, auch die finanzielle Absicherung der Leistungen und Anforderungen, die wir an die Hochschulen stellen, wenn es darum geht, rheinland-pfälzische Hochschulen wettbewerbs- und konkurrenzfähig zu halten, sicherzustellen.
Ich will Ihnen an dieser Stelle noch einmal Vergleichszahlen nennen, die wir laut Statistischem Bundesamt zitieren können. Rheinland-Pfalz hat pro Studierendem im Jahr 1999 7.000 Euro Grundmittel für Lehre und Forschung ausgegeben. Wenn wir über die Landesgrenze nach Baden-Württemberg schauen, sind es dort deutlich mehr, nämlich 11.000 Euro. Wir bleiben nicht nur in unserem „Ländle“ oder in den bundesdeutschen Ländern, sondern wir wissen, dass internationale Spitzenhochschulen noch einmal das Vier- und Fünffache von dem ausgeben, was Baden-Württemberg ausgibt.
Ich will nicht einer reinen Inputbetrachtung das Wort reden. Mit der finanziellen Ausstattung und der finanziellen Grundlage für die Forschung, insbesondere für die Lehre, sind die Voraussetzungen zu schaffen, dass das, was wir an Reformfreudigkeit, an Effizienz, an Profilbindung von den Hochschulen erwarten, geschaffen wird. In diesem Zusammenhang muss die wirtschaftliche Grundlage geschaffen werden.
Es kann nicht sein, dass wir aufgrund eines Modells, das Herr Zöllner angesprochen und vor einiger Zeit auch öffentlich vorgestellt hat, nämlich das Studienkontenm odell, sagen: Was nicht mehr über die öffentliche Hand kommt, soll möglicherweise von den Studierenden kommen. – Wir müssen durch Diskussionen, die wir in anderen Bundesländern verfolgt haben, vorgewarnt sein. Ich nenne nur das Stichwort „NRW“. Der Finanzminister war schnell dabei, Studiengebühren zu fordern, weil er damit zusätzliche Finanzierungen oder andere Einflussmöglichkeiten sieht.
Wenn wir es nicht schaffen, die öffentliche Finanzierung sicherzustellen und hinzubekommen – das will ich Ihnen als Intention gar nicht absprechen –, dass Sie mit einem Studienkontenmodell auch andere Steuerungsmöglichkeiten schaffen und gleichzeitig die wirtschaftliche Grundlage für die Hochschulen sicherstellen, können wir einem solchen Studienkontenmodell, wie Sie es vorschlagen, nicht folgen.
Ich will in dem Zusammenhang noch einmal eine Zahl nennen. Sie haben gestern in Ihrem Nachtragshaushalt beschlossen, dass in diesem Jahr 14,4 Millionen Euro weniger Mittel an die Hochschulen fließen werden. Wir haben gehört, dass es sich nicht um eine einmalige Angelegenheit handelt, sondern es sich über die nächsten Jahre fortsetzen wird. Die Rücklagen, die sich die Hochschulen für Innovation, für Projekte, die sie im Kopf haben, für Schwerpunktsetzung und anderes aufgebaut haben, müssen sie jetzt für ihren Normalbetrieb mit aufbringen. Darauf greift die Landesregierung quasi im Nachhinein zurück.
Meine Damen und Herren, das können nicht die Sicherheit und die Ausgangsposition der Hochschulen in diesem Zusammenhang sein.
Ich will etwas zu den Grundlagen stärkerer Autonomie und stärkerer Eigenverantwortlichkeit der Hochschulen sagen. In diesem Zusammenhang werden nicht nur gesetzliche Regelungen zurückgenommen, sondern es werden ganz bestimme Positionen gestärkt, unter anderem die Hochschulpräsidentin bzw. der Hochschulpräsident.
Mit der Einsetzung eines Hochschulrats versuchen Sie, zwei Fliegen mit einer Klappe zu fangen. Sie wollen auf der eine Seite ein Stück Entscheidung aus der Ministerialbürokratie herausnehmen und auf der anderen Seite ein Stück mehr Öffnung zur Gesellschaft.
Wir sind durchaus bereit, einem Teil Ihrer Vorschläge in Bezug auf den Hochschulrat zu folgen. Nach den Einsprüchen auf Ihren ersten Vorschlag hin, der ein Wirr
warr von Kompetenzen und Gremien zur Folge hatte, haben Sie die Zusammensetzung geändert. Das war aber nicht neu; denn das haben wir in den anderen Bundesländern schon gesehen.
Wir müssen nachfragen, welcher Legitimationspflicht dieser Hochschulrat nachkommen muss. Das kann ich an diesem Gesetzentwurf und an Ihren Vorschlägen nicht erkennen. Wenn der Hochschulpräsidentin bzw. dem Hochschulpräsidenten eine so hervorgehobene Position eingeräumt wird – – – Sie haben gesagt, er bzw. sie müsse abwählbar sein. Im Rahmen der Beratung würde ich mir aber dennoch die Frage stellen, ob wir es schaffen, die Legitimation bzw. den Wahlvorgang breiter zu öffnen, also nicht auf den Senat zu beschränken. Ich habe mich in dieser Hinsicht noch nicht festgelegt, aber im Prinzip würde ich es begrüßen, wenn wir eine Hochschulpräsidentin bzw. einen Hochschulpräs identen mit den entsprechenden Kompetenzen hätten, der – ich sage es einmal ganz global – von der ganzen Hochschule gewählt werden könnte. Darüber möchte ich gern mit Ihnen diskutieren.
Im Zusammenhang mit dem Hochschulrat möchte ich Ihnen einen Kommentar vorlesen, weil ich der Auffassung bin, dass wir sehr genau darauf achten müssen. Es handelt sich um einen Kommentar zum Hochschulrat der Universität Konstanz: „Derzeit ist der Konstanzer Rat überwiegend alt, wirtschaftsnah, konservativ und männlich. Mehr als die Hälfte der 8.000 Studierenden sind Frauen.
Doch findet die Universität keinen ihr für den Rat würdig erscheinenden Unifremden, keine Umweltschützerin, kaum eine Frau und kein geeignetes junges Mitglied, dessen Studium näher ist als die Rente.“
Ich habe das deswegen in dieser Ausführlichkeit vorgelesen, weil ich der Auffassung bin, dass die Befürchtungen mancher Hochschulen richtig sind, ob wir überhaupt ausreichend Personen haben, die das im Ehrenamt und mit einer solchen Verantwortung tun. Es handelt sich nicht um ein Kuratorium, das begleitend berät, sondern der Hochschulrat soll über Grundlagen mit entscheiden.
Wenn wir uns auf diesen Weg „Hochschulrat“ machen, dann müssen wir nach einer gewissen Zeit überprüfen, ob die Regelung tragfähig ist und wie viel Innovationspotenzial wir tatsächlich aus der Gesellschaft mit hineingenommen haben. Nur unter diesem Vorbehalt würde ich mich auf solch eine Regelung einlassen können, meine Damen und Herren.
Darüber hinaus spreche ich die Frage an, ob wir ein modernes Hochschulgesetz haben, wenn wir das Fachhochschulgesetz und das Universitätsgesetz zusammenlegen – nachdem es einmal auseinander genom
men worden ist – oder ob es nicht zukunftsweisend und innovativ wäre, wenn wir im Zusammenhang mit dem Hochschulgesetz genauer überlegen, ob es noch zeitgemäß ist in Zeiten von Bachelor und Master, in Zeiten von stärkerer Kooperation von Fachhochschulen und Universitäten usw. Dazu haben Sie einzelne Punkte genannt. Es ist die Frage, ob es sinnvoll ist, diese klare Unterscheidung zwischen Universitäten und Fachhochschulen in so vielen Punkten durchzudeklinieren, wie Sie es getan haben. Ich will mich auf die Empfehlung des Wissenschaftsrats berufen, der im vergangenen Jahr Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen herausgegeben hat, die den Unterschied nicht wegwischen wollen, aber sagen, dass eine Grundlage geschaffen werden muss, damit sich Fachhochschulen im Sinn eines stärkeren Ausbaus der Forschung weiterentwickeln müssen. Darüber hinaus müsse die Möglichkeit der Promotion, meinetwegen der kooperativen Promotion, und vieles andere gegeben sein.
Deshalb frage ich mich gemeinsam mit denjenigen, die mit Vehemenz für die Weiterentwicklung der Fachhochschulen eintreten, ob es Sinn macht, die Profildefinition an der Institution Universität oder Fachhochschule fes tzumachen, oder ob es nicht sinnvoller und zukunftsweisender ist, wenn ein stärkeres Augenmerk auf die Einzelprofilierung der Hochschulen mit zeitlich befristeten Zielvereinbarungen gelegt wird und nicht zuvörderst auf den Unterschied zwischen Fachhochschulen und Universitäten gesetzt wird. Auch über diesen Punkt würde ich gern intensiver mit Ihnen diskutieren.
In dieser Hinsicht fühle ich mich gar nicht allein, sondern getragen von dem, was an Bewegung im Land durch die Fachhochschulen entstanden ist. Eine solche Entwicklung würde ich gern durch dieses Hochschulgesetz noch weiter befördern.
Meine Damen und Herren, der Herr Minister hat bei seiner Vorstellung darauf abgestellt, welche Maßnahmen und Regelungen das Hochschulgesetz vorschreiben, um einen Abbau bestehender Nachteile für Frauen zu erreichen. Ich verwende nicht so gern das Wort „Frauenförderung“, weil ich der Auffassung bin, dass man sie nicht fördern muss, sondern man muss Nachteile abbauen. Dazu haben Sie einige wichtige Punkte genannt. In diesem Zusammenhang bin ich der Auffassung, dass die Universitäten und Hochschulen vieles selbst regeln müssen. Es ist aber die Frage, ob wir nicht konkretere gesetzliche Festlegungen benötigen als die Festschreibung des Gender-Mainstreaming-Prinzips. Ich räume ein, dass Sie im Vergleich zu vielen Hochschulpräsidenten in dieser Hinsicht einen Vorsprung haben, was die Beherzigung und Durchdringung dieses Prinzips angeht, Herr Minister. Bei den Präsidenten und den Hochschulleitungen kann ich das noch nicht in der Form erkennen.
Ich bin der Auffassung, dass uns die Festschreibung dieses Prinzips nicht von der Pflicht entbindet, konkrete Regelungen zur Beseitigung bestehender Nachteile von Frauen gesetzlich festzulegen. Das hätte ich gern im
Zusammenhang mit der Zusammensetzung verschiedener Gremien diskutiert. Ich bin durchaus eine Freundin der Quote, auch wenn es im Einzelnen die Zusammensetzung von Gremien angeht.
Herr Creutzmann, ich sitze in so vielen Gremien, bei denen ich mir eine Quote wünsche. Ich weiß nicht, ob es Ihnen umgekehrt nicht genauso gehen würde.
Es ist ein Mechanismus, der Wirkung entfaltet, bis ein Ausgleich stattgefunden hat. Frauenförderung muss darüber hinaus als wesentlicher Parameter für die Mittelzuweisung funktionieren. Sie haben das lediglich in dem „Innovationstopf“ mit untergebracht. Auch in dieser Hinsicht habe ich noch erheblichen Diskussionsbedarf.
Ich darf noch zwei Sätze zur Qualitätssicherung sagen. Ich halte es für wichtig, dass das im Hochschulgesetz festgeschrieben ist. In diesem gibt es zwei Punkte, die wir explizit mit unterstützen, insbesondere wenn es um die verbindliche Beratung und Unterstützung der Studierenden geht. Ich bin der Meinung, dass diese Pflicht den Hochschulen und den einzelnen Lehrenden explizit auferlegt werden muss. Dies soll keine Kritik, sondern eine Absicherung aus der Sicht der Studierenden sein. Die Festschreibung der Zentren für Lehrerbildung bringt uns meines Erachtens im Hinblick auf die Qualitätssicherung und Verbesserung der Ausbildung künftiger Lehrerinnen und Lehrer ein ganzes Stück voran.
Nicht den ganzen Gesetzentwurf abdeckend halte ich fest, dass wir mit der Anhörung und der Diskussion zwei Dinge verfolgen sollten, nämlich eine intensive Diskussion über die Einzelregelungen, aber auch eine Fokussierung auf die Hochschullandschaft in diesem Land.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst einmal ein Wort zu der Bescheidenheit von Herrn Kollegen Dr. Schmidt. Ich hoffe, dass sie mir als Fast-Nachbar auch zugeordnet wird.
Gestatten Sie uns bitte, dass wir trotz unserer bekannten natürlichen Bescheidenheit gemeinsam stolz sein können und sehr selbstbewusst auf die Entwicklung der
Ich konzentriere mich ganz bewusst – zumindest im Gegensatz zu Frau Kohnle-Gros – auf diesen Gesetzentwurf, weil er so viele Aspekte beinhaltet, dass sie auch in diesem Hause beleuchtet werden sollten.
Zum Grundsätzlichen und zum Visionieren, Frau KohnleGros: Ich bleibe dabei – Herr Kollege Dr. Schmidt hat das auch so ausgedrückt –, mit diesem uns vorliegenden Entwurf eines neuen Hochschulgesetzes wird Rheinland-Pfalz – das sage ich auch voller Stolz – mit zu den Vorreitern für die Befreiung der Hochschulen