Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade vor dem Hintergrund, dass die Europäische Union innerhalb der nächsten Jahre weiter wächst, ist Solidarität – dies nicht nur in finanzieller Hinsicht – ein unverzichtbarer Wert für alle beteiligten Staaten und Nationen.
Die Europäische Union muss die nationale Identität, die Tradition und die Strukturen ihrer Mitgliedstaaten achten. Das Recht der kommunalen Selbstverwaltung ist Bestandteil des Subsidiaritätsprinzips und muss deshalb ebenso wie die innerstaatliche Kompetenzverteilung, die regionale Gliederung und die rechtliche Stellung der Kirchen und der anerkannten Religionsgemeinschaften in einem künftigen europäischen Verfassungsdokument gewahrt und abgesichert werden.
Die Entscheidungsverfahren in der größer werdenden Europäischen Union müssen effizienter, transparenter und zugleich demokratischer werden. Hierzu brauchen wir die weitere Stärkung des Europäischen Parlaments und ein einheitliches und gleiches Wahlrecht.
Die Europäische Union braucht meines Erachtens auch eine stärkere Personalisierung. Ein wesentlicher Schritt hierzu stellt die Wahl des Kommissionspräsidenten aus der Mitte des Europäischen Parlaments dar.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die FDPFraktion ist der Meinung, der rheinland-pfälzische Beitrag zur europäischen Zukunftsdebatte, wie dieser Tagesordnungspunkt überschrieben ist, kann und muss darin bestehen, die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes zu artikulieren, ihre Sorge und Ängste ebenso wie ihre Wünsche in unsere politische Willensbildung mit einzubeziehen und ihnen somit Gehör auf der europäischen Ebene zu verschaffen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hoffe, ich konnte auch in der Kürze meiner Rede aufzeigen, dass die FDP-Fraktion voll und ganz hinter der Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten steht.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war eine sehr warmherzige Rede von Ihnen, Herr Ministerpräsident. Wenn es darum geht, die Handlungsfähigkeit Europas zu stärken und in Europa die regionale Vielfalt zu bewahren, herrscht in diesem Haus große Harmonie, wie man sieht.
Ihre Rede war aber auch überschrieben: „Der rheinlandpfälzische Beitrag zur europäischen Zukunftsdebatte“. Herr Dr. Geisen hat eben eine sehr gute Definition davon gegeben, was ein rheinland-pfälzischer Beitrag zur Zukunftsdebatte wäre.
Erlauben Sie mir, dass ich zu Ihrer Rede noch einige Fragen haben. Sie fordern Spielraum für Strukturförderung, insbesondere für die Regionen mit Gesetzgebungskompetenz. Es ist ein Beispiel, das ich jetzt herausgreife. Da sind wir uns einig.
Ich darf die entsprechenden Ausführungen noch einmal vorlesen: „Doch muss die EU künftig den Regionen beispielsweise bei eigenen Strukturfördermaßnahmen einen größeren Handlungsspielraum einräumen, und vor allem die Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen müssen mehr als bisher als ernst zu nehmende Partner akzeptiert werden.“
Das ist eine gute Forderung, die wir alle unterstützen. Herr Dr. Geisen hat gesagt, es muss eingespeist werden. Die interessante Frage ist, was der rheinlandpfälzische Beitrag ist und wo etwas wie konkret eingespeist worden ist. Gesetzte Worte sind das eine, gesetzte Taten das andere.
CDU und CSU werden sehr konkret. Ich erinnere daran, was beispielsweise Herr Schäuble und Herr Bocklet formuliert haben. Sie schreiben und kämpfen dafür, dass Maßnahmen in den Mitgliedstaaten, die bisher über EUStrukturfonds finanziert worden sind, in Zukunft auch von den Mitgliedstaaten mit eigenen Mitteln finanziert werden sollen. Das wäre ein solcher Beitrag zu dem, was Sie fordern, nämlich Spielraum. Würden Sie diese Forderung unterstützen? Wir sind in dem Prozess schon sehr weit fortgeschritten. Viel interessanter ist, wo Sie sie unterstützt haben. Sie wollen Spielräume, wir wollen Spielräume. Hier werden sie eröffnet.
Sie haben darauf hingewiesen, dass Ihnen die religiösen Traditionen und die Werte, auf denen Europa fußt, wich
tig sind. Sie haben rechtzeitig zur Karwoche auch in Ihrer Osterpresseerklärung darauf hingewiesen, dass die Grundrechtscharta rechtsverbindlich hinein soll und die religiösen Traditionen auch benannt werden sollen. Darin sind wir uns einig. Sie haben aber selbst darauf hingewiesen, dass es unterschiedliche Positionen gibt.
Vor dem Hintergrund, dass es unstrittig ist, dass die Charta nicht angetastet werden soll und in der Charta schon der Begriff des geistig-religiösen und sittlichen Erbes steht, auf dem Europa fußt, wäre es doch eine interessante Frage gewesen, ob Sie sich hinter die Katholische Bischofskonferenz und hinter die EKD stellen, die eine weitergehende Formulierung haben, in der die menschliche Verantwortung vor Gott, die wir aus unserer deutschen Verfassung kennen, für eine europäische Verfassung gefordert wird. Zu nennen ist auch der Änderungsantrag von Herrn Teufel, der davon spricht, dass Gott auch Quelle von Wahrheit, Gerechtigkeit und dem Guten und Schönen ist. Die Frage ist: Stellen Sie sich hinter solche Forderungen, oder wären Sie zufrieden, wenn alles so läuft, wie es jetzt schon ist? Ist das der rheinland-pfälzische Beitrag?
An einer anderen Stelle, von der Sie gesprochen haben, wird es wirklich ganz konkret. Das ist mir aufgefallen. Rheinland-Pfalz ist ein Grenzland. Unser Beitrag zu einer europäischen Zukunftsdebatte als Landespolitiker muss vor allen Dingen sein, dass wir die Sprache fördern. Die Nachbarschaftssprache ist das Entscheidende. Jetzt sagen Sie natürlich, dass wir die Programme „Lerne die Sprache des Nachbarn“ haben.
Interessant ist aber, wenn wir zu unseren Nachbarn schauen, wie die es machen. Wie viele Stellen haben wir mit wie vielen Stunden in welchen Einrichtungen? Es stellt sich dann die Frage, ob wir in Deutschland bzw. in Rheinland-Pfalz dem Vergleich mit Frankreich standhalten. Ich war in Bitsch in der école maternelle „Champ de mars“. Das Interessante ist, dort haben Kindergartenkinder jede Woche fünf Stunden Deutsch. Zusätzlich sprechen sie noch vier Stunden je Woche beim Spielen Deutsch. Das sind Aktivitäten auf Deutsch. Das hat mich beeindruckt. Das ist „Lerne die Sprache des Nachbarn“. Diese französischen Kinder sind fit für Europa. Das ist ein Beitrag für Europas Zukunft, der dort regional geleistet wird. Ich glaube, da haben wir in Rheinland-Pfalz und in Deutschland ein wenig Nachholbedarf.
Ich würde mir wünschen, dass wir die harmonischen Aspekte, die Punkte, bei denen wir einig sind, durchaus benennen, wenn wir solche Debatten führen. Darüber hinaus sollen wir deutlich machen, an welcher Stelle wir Verantwortung haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine größere Union bei den Bürgerinnen und Bürgern nur dann Akzeptanz finden könne, wenn auf deren Sorgen und Nöte eingegangen werde. Die wichtige Arbeit, die auf hoher Ebene jetzt bald durch den Verfassungskonvent zum Abschluss gebracht wird, muss durch eine eigene Dynamik in ganz Europa, durch eine Bewegung von unten begleitet werden. Rheinland-Pfalz kann dabei mit guten Beispielen aufwarten.
Herr Kollege Schreiner, wir haben eine gute und schon sehr lange Partnerschaft mit Burgund. Dies müsste ich als erstes Beispiel nennen. Diese Partnerschaft brachte Menschen zweier Nationen zueinander und half schon bald nach dem Krieg, die Grenzen in den Köpfen abzubauen, bevor Menschen überhaupt daran dachten, diese tatsächlich existierenden Grenzen in der Realität abbauen zu können.
Es ist etwas Faszinierendes, wenn wir in unserer Zeit erleben durften, dass wir uns in weiten Teilen Europas von Norden bis Süden bewegen können, ohne ein einziges Mal an Schlagbäumen Halt machen zu müssen. Umso faszinierender wird es sein, wenn wir dies ab 2004 auch tun können, wenn wir zum Beispiel in unsere Partnerregion nach Oppeln fahren.
Dies will ich aus unserer Sicht als ein weiteres Beispiel eines gelebten Europas nennen. Ich kann mich noch sehr genau an die Situation vor und zu Beginn dieser Partnerschaft mit Oppeln erinnern. Ich stelle auch hier eine tolle Entwicklung fest.
Es ist etwas ganz Normales, wenn wir zum Telefon greifen oder uns des Internets bedienen, um kurzfristig und ohne behördliche Genehmigung Kontakt zu unseren Freundinnen und Freunden zu suchen, dass wir diese einladen, an dem Geschehen bei uns teilzunehmen, und dies umgekehrt genauso normal ist, vielleicht auf polnischer Seite noch etwas normaler. Ich hoffe, dies gilt auch dann, wenn diese Partnerschaft in allernächster Zeit durch die gemeinsame Partnerschaft zwischen Rheinland-Pfalz, Oppeln, Burgund und Mittelböhmen ergänzt wird.
Neben den vielen regelmäßigen Kontakten zwischen den Institutionen des Parlaments und den Regierungen gibt es eine immer größer werdende Zahl offizieller Partnerschaften zwischen Kommunen, Verbänden und Schulen. Das ist ein Beleg dafür, wie wichtig wir diese Partnerschaft in diesem Hause nehmen. Der Freundschaftskreis Rheinland-Pfalz – Oppeln ist sehr nah an diesem Parlament angesiedelt.
Durch diese fast alltäglichen Kontakte gelingt es auf beiden Seiten, die Sorgen und Nöte der Menschen zu erfahren, unterschiedliche Sichtweisen zu erkennen, diese bei den eigenen Überlegungen zu berücksichtigen und somit eine echte Integration zu bewerkstelligen.
Lassen Sie mich an dieser Stelle nur noch unsere intensiven Kontakte zu Ost-Belgien, Luxemburg und dem Elsass aufführen. Das wird durch institutionalisierte Kooperationen, zum Beispiel im Oberrheinrat oder im Interregionalen Parlamentarierrat dokumentiert.
Eines wird uns allen bei diesen Kontakten klar. Wir haben es innerhalb Europas mit unterschiedlichen, über Jahrhunderte gewachsenen Strukturen, unterschiedlichen kulturellen Sichtweisen und religiösem Verständnis zu tun. Unterschiedliche gesellschaftspolitische Kompetenz, zum Beispiel der Verbände gehört dazu. Dies macht das Zusammenwachsen nicht einfach, hält es aber immer spannend.
In diesem Europa brauchen wir einmal Sprachkompetenz, damit wir uns über das Hören und Sprechen auch verstehen lernen, aber auch um an dem großen innereuropäischen Wirtschaftsmarkt zufrieden stellend teilhaben zu können. Unsere polnischen Partner sind naturgemäß weiter als wir. Wir haben mit unserem Arbeitskreis „Europa“ vor einigen Monaten erfahren können, wie sich gerade Frankreich darauf vorbereitet und über die schulischen Aktivitäten hinaus in den Wirtschaftsverbänden aktiv ist. Es wäre vielleicht eine interessante Anregung an die Verbände, die Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer, sehr viel mehr aktiv zu werden, um für ihr Personal solch eine Sprachkompetenz zu erreichen.
Wo viel Licht ist, gibt es naturgemäß auch Schatten. Einige dieser Schatten zeigen sich gelegentlich in Überschriften in Printmedien wie: „Westpfalz droht der Verlust von EU-Millionen“. – Das war eine der Überschriften der letzten Zeit. Tatsache ist, dass viele der heute im EUDurchschnitt armen Regionen in der erweiterten EU zu den reicheren gehören und deshalb nach dem Auslaufen der Übergangsfrist 2006 nicht mehr mit Fördermitteln in bisheriger Höhe rechnen können. Dies war schon seit langem klar und liegt in der Systematik der EUFörderung.
Lassen Sie mich als Letztes noch einen Hinweis an die Adresse der ab 2004 erweiterten EU geben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, schon heute müssen wir uns über die Bedeutung der zukünftigen Grenzen klar werden und die Rolle der neuen Anrainerstaaten berücksichtigen. „Außengrenzen“, „Innere Sicherheit“, „Handelsbarrieren“ sind unter anderem nur einige Themen, die wir in der Vergangenheit unter anderen Vorzeichen diskutiert haben. Diese werden neu definiert. Es gilt schon heute, den neuen Anrainer frühzeitig an die EU heranzufühern oder anzubinden. Sie sehen, Europa ist und bleibt spannend. Schade, man müsste noch einmal 30 Jahre jünger sein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Vorsitzende des Europaausschusses begrüße ich Form und Stil der heutigen Debatte. Europa sollte im Landesparlament häufiger eine Rolle spielen. Es täte uns, den Europäern und vor allem der Jugend gut, im Detail zu erfahren, was der Beitrag des Landes Rheinland-Pfalz zum gemeinsamen Europa konkret sein kann. Darauf will ich mich wegen der Kürze der Redezeit stichwortartig beschränken.
Neben der verstärkten Zusammenarbeit von regionalen Gremien und Ausbau deren Kompetenzen, zum Beispiel mehr Rechte für den IPR, Wahrung der Subsidiarität, muss das Geschehen für die Bürgerinnen und Bürger transparenter dargestellt werden. Wir haben die Pflicht, die Bürger zu informieren, zu motivieren, sie einzubinden, von Vorteilen zu überzeugen, kurz: Wir wollen ein Europa für die Bürger schaffen, in dem sich die Bürger angenommen fühlen. Es muss von den Bürgern mitgetragen und mitgestaltet werden können.
Meine Damen und Herren, starten wir außerhalb der Europawochen Aktionen, die informieren und begeistern können.
Das kann zum Beispiel durch Schulbesuche geschehen, wie das innerhalb der Europawoche gemacht wurde. Ich möchte von dieser Stelle aus die vielfältigen Aktionen, die während dieser Wochen getätigt wurden, loben. Sie sind ein gutes Beispiel, wie man den Bürgern Europa näherbringen, sie motivieren und begeistern kann.
Ich fasse mich in Stichworten kurz. Fazit der Veranstaltungen war, dass wir zum Beispiel bei der Preisverleihung mehr Anreize zum Erlernen europäischer Sprachen geben. Das ist ein Auftrag, den die Landeskulturpolitik sicher zu leisten in der Lage ist.
Verdeutlichen wir die Vorteile für ein gemeinsames Europa zur Sicherheit. Nutzen wir die Sicherheit durch EUROPOL, verstärken wir landesseits aber auch hierzu unsere Sicherheitssysteme gegenüber dem Organisierten Verbrechen. Die müssen kompatibel sein. Hierzu gehört neben einer guten Personalausstattung auch modernes technisches Gerät.