Protokoll der Sitzung vom 09.05.2003

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Nink das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Den geschilderten Leistungsdefiziten der DB AG kann ich in der Form nur zustimmen. Herr Kollege Bischel, ich bedanke mich für die ausführliche Beschreibung. Ich verbinde damit die Hoffnung, dass sich die rheinland-pfälzische CDU endgültig vom Positionspapier der Bundestags-CDU absetzt, die noch im Herbst vergangenen Jahres durch die Umstellung der Finanzierung zumindest einige Nebenstrecken der Gefahr der Aufgabe ausgesetzt hätte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, spricht man mit Logistikern oder sonstigen Sachkundigen, werden eigentlich immer nur zwei große Kritikpunkte genannt. Der erste Punkt ist die fehlende Trennung von Bahn und Netz. Wenn man manche Ausschreibungen insbesondere im Schienenpersonennahverkehr betrachtet, muss man feststellen, dass die Länder an dieser Stelle erpressbar geworden sind. Wir müssen letztlich immer mit der Faust in der Tasche manchen Verträgen zustimmen, ohne hundertprozentig zu wissen, ob wir wirklich die günstigste Lösung eingekauft haben.

Als zweiter großer Punkt werden immer wieder die Gewinne und Verluste innerhalb des DB-Konzerns angesprochen, die hin und her geschoben werden, die aber nicht dort eingesetzt werden, wo sie erwirtschaftet wurden. Vergleicht man heute die eher symbolhaften Trassenpreise für die ICE-Züge mit dem Trassenpreis im Personennahverkehr, stellt man fest, dass da etwas nicht stimmen kann, wenn man gleichzeitig weiß, dass

65 % der Einnahmen aus den Trassenerlösen aus dem Nahverkehr kommen. Zurück fließt das Geld dann in die großen Schnellfahrtrassen der DB, die sich offensichtlich zum Ziel gesetzt hat, zwar große Städte miteinander zu verbinden, aber all das, was rechts und links davon liegt, zu vernachlässigen.

(Beifall der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, aus meiner Sicht kann man an dieser Stelle den Hebel ansetzen, um Verbesserungen zu erzielen. Hierzu bedarf es aber eines großen Konsenses aller Länder. Hier muss Einigkeit herrschen. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Landesregierung alles tun wird, um hier mitzuarbeiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Kiltz das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Creutzmann, ich habe leider heute Morgen meine Flügel vergessen. Daher muss ich zu Fuß zum Redepult gehen. Ich hoffe, Sie sind deshalb nicht zu sehr enttäuscht.

(Kuhn, FDP: Das können wir uns gut vorstellen!)

Wir sind uns meiner Meinung nach in der Aussage hundertprozentig einig, sodass man sagen kann, da passt zwischen uns alle kein Blatt Papier, wenn wir sagen, die DB AG als Quasi-Monopolist braucht Druck. Herr Schwarz nickt, Herr Kuhn nickt, alle sind einverstanden. Sie braucht empfindlichen Druck. Ich will noch einmal deutlich machen, auf welche Art und Weise wir diesen Druck entfalten können.

Zum einen braucht sie Wettbewerb, weil sie sich dann anderen Anbietern stellen muss.

(Schwarz, SPD: Frau Kiltz, dann müssen Sie ihr das Netz wegnehmen!)

Ja, da sind wir uns doch einig, Herr Schwarz. Setzen Sie sich doch einmal in Berlin durch. Ich versuche das auf meiner Schiene.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Connex hat einiges in Sachen Fernverkehr bewegt. Es wäre schön, wenn Connex in Rheinland-Pfalz in Sachen Nahverkehr auch das eine oder andere bewegen könnte, zum Beispiel als Ersatz für die InterRegios. Der Wettbewerb wird sich aber noch hinziehen. Wie ich höre,

hat Rheinland-Pfalz wahrscheinlich große Zugeständnisse in den Ausschreibungspaketen machen müssen

(Schwarz, SPD: Das ist eine Unterstellung!)

vielleicht wird man uns darüber in der nächsten Sitzung informieren –, um mit der DB AG einen günstigen Preis aushandeln zu können. Der eine Punkt ist also der Wettbewerb.

Der andere Punkt sind die gesetzlich normierten Kundenansprüche. Das ist auf mehreren Ebenen möglich. Ich habe eben gesagt, die EU-Genraldirektion handelt. Die sollten wir unterstützen und das flankieren. Auch der Bund wird gesetzliche Änderungen einbringen. Ich habe ein Positionspapier von meinen Bundestags-Kollegen Albert Schmidt und Ulrike Höfken vorliegen. Die haben ganz konkret formuliert, was ansteht und was sie umsetzen wollen. Es wäre schön, wenn die SPD das alles im Bundestag vorbehaltlos unterstützen würde

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und die CDU und die FDP nicht nur Beifall klatschen, sondern die Hand dafür heben würden.

(Glocke der Präsidentin)

Nur noch ein Satz. Ich habe die Schlichtungsstelle und die besseren Vertragsverhandlungen erwähnt.

Herr Dr. Gölter, Sie haben mir mit der Flugverkehrsphilosophie und dem Personalabbau so sehr aus der Seele gesprochen. Nicht alle Menschen lieben Flugzeuge. Das gilt nicht für die Menschen im Vorstand der DB AG. Das ist klar. Es gibt aber Leute, die nicht so gern fliegen. Auf die wirkt die Flugzeugphilosophie, die auch sprachlich in der Werbung, in der Fahrplangestaltung usw. zum Ausdruck kommt, nicht besonders ansprechend. Bei der konkreten Umsetzung im Konzern hat das in der Tat großen Schaden angerichtet. Es wäre gut, wenn man die DB AG nicht mit Flugzeugmanagern, die dort irgendwie nicht mehr gebraucht werden, weiterführen würde.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen mir keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt vor. Ich rufe nun das zweite Thema der AKTUELLEN STUNDE

auf:

„Notwendige Konsequenzen aus dem Urteil des VG Trier zum Ausreisezentrum Trier“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/2182 –

Bevor wir mit der Aussprache beginnen, begrüße ich weitere Gäste im Landtag, und zwar Mitglieder der Jusos Rhein-Lahn. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Marz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der Theorie soll das Trierer Ausreisezentrum dazu beitragen, Menschen, Flüchtlinge, die nach Deutschland gekommen sind und die nicht abgeschoben werden, zu einer freiwilligen Ausreise zu bewegen.

(Vizepräsident Creutzmann übernimmt den Vorsitz)

In der Praxis ist es so, dass man versucht, sie dermaßen unter Druck zu setzen, dass sie am Ende freiwillig ausreisen.

(Lewentz, SPD: Das ist doch dummes Zeug, Herr Marz!)

Das werden wir gleich noch sehen.

Zum Thema „Druck“ will ich Ihnen zunächst einmal mit Genehmigung des Herrn Präsidenten ein Zitat vorlesen, in dem geschrieben wird, was in diesem Ausreisezentrum geschieht: „Bei den aufgenommenen Personen zeigt sich, dass die deutlichen Leistungseinschränkungen, der Ausschluss einer Arbeitsaufnahme sowie das sich in einem allmählichen Prozess entwickelnde Bewusstsein über die Ausweglosigkeit ihrer Lebensperspektive in Deutschland die Menschen in eine gewisse Stimmung der Hoffnungs- und Orientierungslosigkeit versetzt.“ Das stammt nicht von einem radikalen Flüchtlingshelfer, sondern vom Leiter des Amtes für Ausländerangelegenheiten der Stadt Trier. Er meint das auch nicht bedauernd, sondern er sieht das als Erfolg an. Er will, dass das so ist. Ich sage Ihnen, das ist inhuman. Das ist auf jeden Fall inhuman!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist mit den Prinzipien der Menschenwürde nicht zu vereinbaren. Sie müssen darauf nicht hören, aber wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt, weil das Verwaltungsgericht Trier vor kurzem ein Urteil gefällt hat, in dem es sich ähnlich äußert. Das Verwaltungsgericht Trier hat nämlich klargestellt, dass diese inhumane Praxis rechtswidrig ist.

Ich kann auch aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Trier zitieren: „Die Beugung des Willens durch psychologische Maßnahmen ist rechtsstaatlich nicht vertretbar. Wann eine solche Maßnahme nur als Schikane oder als eine strafähnliche Maßnahme anzusehen ist, ist im Einzelfall zu prüfen.“ Es kommt in diesem Einzelfall zum Ergebnis, dass es Schikanen und strafähnliche Maßnahmen sind. Deshalb durfte die betroffene Familie aus dem Ausreisezentrum ausziehen. Weitere Verfahren sind angekündigt bzw. die mündliche Verhandlung dazu

ist bereits gelaufen. Die Tendenzen sind eindeutig. Die Sache wird irgendwann auch obergerichtlich geklärt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Ausreisezentrum Trier ist Bestandteil eines Modellversuchs des Landes.

Nach meinem Verständnis von Modellversuchen haben diese die Aufgabe zu überprüfen, ob eine bestimmte Maßnahme geeignet oder nicht geeignet ist. Abgesehen davon, dass dieser Modellversuch auch in Ihrem Sinn, im Sinn der Erfinder, nicht sonderlich erfolgreich ist, sind die Hinweise und Urteile der Gerichte in dieser Sache ganz eindeutig, nämlich dass das Modell nicht nur nicht erfolgreich, sondern gescheitert und rechtsstaatlich nicht möglich ist.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb stehen Sie im Grunde genommen vor der Wahl – hier geht es um die Beachtung der Menschenwürde –, ob Sie diesen unrühmlichen Versuch dieses unrühmlichen Modells jetzt von sich aus beenden oder die Unterkunft mit der Zeit von den Gerichten leer räumen lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Hintergrund des aktuellen Verfahrens – ich möchte einmal deutlich machen, um was es geht – war eine chinesische Familie mit Kindern, die man sage und schreibe fast vier Jahre in dieser Einrichtung wie bei einer strafähnlichen Maßnahme untergebracht hat.