Protokoll der Sitzung vom 04.06.2003

(Glocke des Präsidenten)

Ich meine nicht den Landeshaushalt.

(Glocke des Präsidenten – Heiterkeit im Hause – Mertes, SPD: Darauf wären wir nicht gekommen!)

Es muss auch nicht alles mit Häkelarbeiten und Handarbeitssachen sein. – Ich sage Ihnen nur, wenn das die Perspektive an der Spitze eines Ministeriums ist, das in einem solchen Bereich vorankommen müsste, das federführend ist und wirklich Innovatives leisten könnte, dann würde ich sagen, ist in diesem Land in GenderFragen Hopfen und Malz verloren. Ich wünsche allen Kollegen, die dort mehr tun, vor allen Dingen den Kolleginnen, viel Durchhaltekraft. Wir unterstützen sie dann von der anderen Seite.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung erteile ich Frau Staatsministerin Ahnen das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir den Bericht über Gender Mainstreaming heute besprechen können. Ich bedanke mich bei Ihnen ganz ausdrücklich dafür, dass dies auch zeitlich möglich war, weil es damit im Vorfeld der Frauen- und Gleichstellungsministerinnen- und -minister

konferenz, die morgen und übermorgen in Mainz stattfindet und an der ich teilnehmen werde, geschieht. Dort wird auch die Frage von Gender Mainstreaming ein Beratungspunkt sein.

Frau Abgeordnete Thomas, Sie haben den Schluss des Berichts zitiert und sind insbesondere auf das Wort „Suchweg“ eingegangen. Ich sage ganz klar, dieser Begriff steht dort sehr bewusst, weil es aus meiner Sicht eine ehrliche Beschreibung des Zustands ist.

Ich glaube schon, dass der Bericht deutlich macht, dass eine ganze Reihe von Ansätzen, Projekten und Initiativen in einer überschaubaren Zeit auf den Weg gekommen ist. Ich glaube aber auch, dass es in vielen Bereichen nach wie vor Bedarf gibt, nach geeigneten Wegen zu suchen, diesen Grundansatz tatsächlich in allen Politikbereichen und in allen Politikfeldern entsprechend zu verankern.

Ich habe mich sehr gefreut, dass in der Debatte eine große Übereinstimmung im Parlament zu dieser Frage deutlich geworden ist, da dies eine Unterstützung für den Ansatz ist, den wir auf Landesebene gewählt haben.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen, dass Gender Mainstreaming auch Zeit braucht. Ich sage dies auch deswegen, weil ich immer wieder höre: Na ja, wenn wir jetzt alle Gender Mainstreaming machen, wie verhält es sich dann mit der klassischen Frauenförderpolitik. – Mir ist schon wichtig, an dieser Stelle sehr deutlich zu machen, man darf solche Instrumentarien auch nicht aus der Hand geben, solange man in neuen Bereichen noch neue Wege gehen muss. Wir haben nach wie vor Bereiche, in denen Frauen erheblich unterrepräsentiert sind, zum Beispiel im Bereich der technischen und naturwissenschaftlichen Studiengänge, was Herr Abgeordneter Geis deutlich gemacht, in denen ganz gezielte und zusätzliche Maßnahmen in Form von Girl’s Days, Ada-Lovelace-Projekten und Ähnlichem mehr erforderlich sind, um die Unterrepräsentanzen ein wenig abbauen zu können.

Gender Mainstreaming darf aus meiner Sicht nicht mit dem klassischen Ansatz, Frauenpolitik als Querschnittsstrategie zu betreiben, verwechselt werden, sondern es geht tatsächlich darum, Geschlechterpolitik in den unterschiedlichen Politikfeldern zu verankern.

Dies bedeutet für mich, bei der Planung, Durchführung, Begleitung und Bewertung von Programmen und Maßnahmen von Anfang an in allen Bereichen und auf allen Ebenen tatsächlich die unterschiedliche Lebenswirklichkeit von Frauen und Männern zu berücksichtigen oder, einfacher ausgedrückt, Ungleichbehandlungen möglichst erst gar nicht mehr entstehen zu lassen, ohne dabei zu übersehen, dass sie in bestimmten Bereichen existieren.

Ich glaube, ein Vorteil von Gender Mainstreaming ist, dass es, so verstanden, auch eine Strategie sein kann, dass bestimmte Kosten, die durch Reparatur im Nachhinein entstehen, worauf Sie hingewiesen haben, vielleicht gar nicht erst entstehen müssen und Gender Mainstreaming in der mittelfristigen Perspektive tatsächlich auch positive ökonomische Aspekte haben kann.

Die Landesregierung hat sich mit ihrem Beschluss vom November 2000 auf Gender Mainstreaming als Strategie verpflichtet. Die Ressorts hatten seither den Auftrag, eigenständig Verfahren und Maßnahmen zu entwickeln und Gender Mainstreaming umzusetzen.

Ich glaube, der wirkliche Paradigmenwechsel bei Gender Mainstreaming ist, dass es eine sehr anspruchsvolle Strategie ist, weil es nicht mehr wenige Personen gibt, die sozusagen korrigierend eingreifen, wenn etwas an einer Stelle nicht so gut gelaufen ist, sondern bei Gender Mainstreaming wird tatsächlich von den Dienststellenleitungen, von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und von allen, die damit befasst sind, erwartet, dass es auch die entsprechende Sensibilität und die entsprechende Kenntnis gibt, tatsächlich solche Auswirkungen beurteilen zu können.

Unterstützend haben wir als Frauenministerium Handreichungen, Leitfäden und Checklisten entwickelt, um sie den Ressorts zur Verfügung zu stellen. Das kann aber nur eine Orientierung sein und ersetzt nicht die Auseinandersetzung mit den geschlechtsspezifischen Komponenten des jeweiligen eigenen Handelns und der Entscheidung.

Der Schwerpunkt der Landesregierung bei der Umsetzung von Gender Mainstreaming lag deshalb aus meiner Sicht zu Recht auf Schulungsmaßnahmen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und insbesondere der Führungskräfte. Ich kann sagen, diese sind in allen Ressorts und in der Staatskanzlei durchgeführt worden. Ich glaube, dies war der Einstieg, der auch erforderlich war, um in die Fläche zu kommen.

Viele Ressorts haben zusätzlich Wege der modellhaften Umsetzung von Gender Mainstreaming gewählt. Ich glaube, auch dies ist eine geeignete Strategie, um zu einer Verbreiterung zu kommen.

Bei der Novellierung von Gesetzen und Verordnungen ist es zusätzlich notwendig, in bestimmten Bereichen Gender Mainstreaming auch für die Bereiche, die in dem Gesetz geregelt werden, als Prinzip zu verankern, wie dies zum Beispiel auch im Hochschulgesetz vorgesehen ist. Es gibt sicher auch andere Bereiche, in denen dies eine Rolle spielen wird.

Einige Ressorts haben speziell für den Bereich der Gesetzgebung Workshops gemacht, um zu trainieren und zu erlernen, wie man mit einem Gesetz gerade den mittelbaren Konsequenzen tatsächlich auf den Ursprung gehen kann und Ungleichbehandlungen hoffentlich vermeiden kann.

Sie haben darauf hingewiesen, dass es unterschiedliche Stände in den Ressorts gibt. Das ist so. Das bringt der Bericht zum Ausdruck. Von Frau Huth-Haage ist darauf hingewiesen worden, dass sich das im Sozialministerium bisher nur im Leitbild niedergeschlagen hätte. An dieser Stelle ist es mir ein Anliegen, deutlich zu machen, dass gerade im Sozialministerium große Bereiche nach dem Gender Mainstreaming-Prinzip arbeiten. Ich denke zum Beispiel an den gesamten Bereich der Arbeitsmarktpolitik. Ich glaube, im Bericht haben Sie nur eine Stelle gesehen und nicht die Vielzahl von Projekten, die mit

aufgeführt sind. Gerade in diesem Bereich wird einiges auf den Weg gebracht. Aus meiner Sicht zeigt der Bericht insgesamt, dass wir auf Landesebene Schritte weitergekommen sind und noch eine Menge Aufgaben vor uns liegen.

Darüber hinaus ist gefragt und mit konkreten Dingen angeregt worden, wie wir das stärker in den Bereich der privaten Wirtschaft und der Kommunen transferieren. Im Bereich der privaten Wirtschaft haben Sie selbst auf ein Projekt mit dem Gendertraining, Baustein für ein Management der betrieblichen Gleichstellungspolitik, hingewiesen. Das haben wir zusammen mit Unternehmen und Verbänden aus dem Bereich der Chemischen Industrie gemacht. Ich denke, es muss darum gehen, solche positiven Ergebnisse und konkreten Beispiele anderen zur Verfügung zu stellen. Das ist die Unterstützung, die wir leisten können.

Im Bereich der Kommunen gibt es Ansätze. Ich erinnere nur an das Projekt „e-Quality“ in Kaiserslautern, das im Rahmen des Multimediawettbewerbes des Landes ausgezeichnet worden ist. Entsprechende Unterstützung ist zur Verfügung gestellt worden. Die Stadt Kaiserslautern will ein digitales Nachschlage- und Informationssystem zu Gender Mainstreaming einrichten und dieses auch für die Bürgerinnen und Bürger erfahrbar machen. Ich weiß, dass ähnliche Ansätze in Mainz oder in Ludwigshafen in den Kommunen diskutiert werden.

Ich nenne einen Ansatzpunkt, den das Land dort hat, wo es gemeinsam mit den Kommunen gemeinsame Dinge auf den Weg bringt, um dieses in besonderer Weise zu fördern. In Bereichen der Sozialhilfe gibt es in diesen Fragen eine enge Kooperation zwischen Land und Kommunen in bestimmten Projekten, in denen diese Gender-Mainstreaming-Ansätze mit gesehen werden.

In unserem Bereich können wir Einfluss auf Initiativen im Bereich der Jugendarbeit nehmen. Dort haben wir Gender Mainstreaming prinzipiell zur Fördervoraussetzung gemacht. Dazu gehört die Zusammenarbeit mit einer Reihe von Verbänden. Zum Beispiel im sportlichen Bereich ist Gender Mainstreaming als Aufgabe gesehen, und entsprechende Schritte sind auf den Weg gebracht worden.

Abschließend ist mir wichtig, weil Sie es problematisiert haben, in vielen Bereichen liefe das von oben nach unten, Ihnen ganz explizit zu sagen: Der Ansatz bei Gender Mainstreaming ist genau der, dass es von oben nach unten laufen muss, weil es nicht mehr bestimmte einzelne Personen gibt, deren Aufgabe es ist zu schauen, dass das auch in der Frage der Geschlechtergerechtigkeit einigermaßen vernünftig läuft. Gender Mainstreaming setzt tatsächlich darauf, dass die Leitung eines Unternehmens, die Dienststellenleitung einer Verwaltung sich dies zur Aufgabe macht und gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und insbesondere mit den Führungspersönlichkeiten Strategien der Umsetzung von Gender Mainstreaming entwickelt. Ich bin froh, dass innerhalb des Kabinetts diese Aufgabe so von den Kolleginnen und Kollegen angenommen wurde. Wir als Frauenministerium wollen bei dem weiteren Weg Unterstützung leisten. Wir wollen die anderen Ressorts unterstützen. Wir wollen vor allen Dingen in unserem eigenen Bereich möglichst vorbildlich vorgehen.

Ich weiß und freue mich darüber, dass wir auf diesem Weg die Unterstützung des Landtags haben. Ich glaube, die werden wir in dieser Frage noch gut gebrauchen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich möchte noch Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen, und zwar Mitglieder der Frauen-Union Bad Kreuznach.

Da wir am Ende der heutigen Tagesordnung sind, wünsche ich Ihnen allen einen guten Nachhauseweg und lade Sie für morgen zur 50. Plenarsitzung am 5. Juni um 9:30 Uhr ein.

Die Sitzung ist geschlossen.