Meine Damen und Herren, die Entwicklung in der Genund Biotechnologie berührt Werte und Grundrechte. Darauf haben alle Vorredner hingewiesen. Ich will nur noch einmal darauf aufmerksam machen, dass es um konkurrierende Grundwerte geht, um den Schutz des menschlichen Lebens, auch im frühen Stadium, um den Anspruch Kranker und Behinderter auf Heilung und um die Frage, in welcher Gesellschaft wir in Zukunft leben wollen. Es geht aber auch um die Frage, welchen Wert Freiheit und Selbstbestimmung in diesem Zusammenhang haben.
Diese konkurrierenden Grundwerte werden sicherlich überragt von dem im Grundgesetz festgelegten Grundsatz der Unantastbarkeit der Würde des Menschen. Ich bin der Meinung, dass wir auch zu Abwägungsprozessen zwischen diesen konkurrierenden Grundwerten kommen müssen. Es ist so, dass alle Menschen in unserer Gesellschaft – uns geht es wahrscheinlich auch nicht anders – immer wieder hin- und hergerissen sind zwischen den verschiedenen moralischen Aspekten. Auf der einen Seite erfahren wir etwas von den Heilungschancen, die sich eröffnen, und sehen die Chancen der Technologie. Etwas später hören wir Neuigkeiten über das Klonen und über Forschung mit Verbrauch von Embryonen. Das rührt wieder an Skepsis und Ablehnung. Meiner Meinung nach tragen wir alle ein Stück dieser Ambivalenz in uns. Dabei geht es meines Erachtens nicht um das Konkurrieren von Moralischem einer
Vor diesem Hintergrund können simple Botschaften, die zum Teil von Politikern vertreten werden, aber auch von der Medizinindustrie, so nicht stehen bleiben, die da heißen: Wer heilt, hat Recht! Wer damit die Wirtschaft ankurbelt, hat doppelt Recht! – Heribert Prantl hat das in der „Süddeutschen Zeitung“ den „therapeutischen und ökonomischen Imperativ“ genannt, der darauf basiere, dass Wachstum per se gut sei.
Wir sollten in der Gentechnik nicht Fehler wiederholen, die wir beispielsweise im Bereich der Atomtechnik gemacht haben. Der Wille, zu heilen, gibt uns nicht allein einen Maßstab an die Hand. Wenn nur der Wille, zu heilen, Maßstab wäre, gäbe es keine Grenzen, die aus dem Respekt vor dem Lebensrecht eines anderen Menschen geboten wäre.
Wenn wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN uns insbesondere bei der Präimplantationsdiagnostik und bei der Forschung an embryonalen Stammzellen sowie beim so genannten therapeutischen Klonen mehrheitlich für enge Grenzziehungen aussprechen, schneiden wir damit nicht der gesamten Forschungsrichtung der Gen- und Biotechnologie oder allen neuen Heilungsarten den Weg ab. Wir nehmen die Sorgen und Hoffnungen der Kranken und Eltern sehr ernst und wollen Gentechnik in den Bereichen zulassen, in denen sie den Menschen tatsächlich hilft und sie nicht gefährdet. Bei der Herstellung von pharmazeutischen Produkten, in der Diagnostik und in der Therapie beispielsweise gibt es viele neue Möglichkeiten.
Bei der Präimplantationsdiagnostik stehen wir aber vor der Frage, ob wir zulassen wollen, dass sich menschliche Embryonen nur dann zu Menschen entwickeln sollen, wenn sie nicht Träger einer bestimmten genetischen Krankheit sind. Ich verstehe die Angst der Eltern vor der Belastung für sie und für das Kind. Dennoch wollen wir im Grundsatz nicht damit beginnen, Kinder nach ihren gesundheitlichen Eigenschaften vor der Schwangerschaft auszuwählen.
Die Überlegungen in Richtung enger Indikationen, wie sie zum Beispiel auch von der Bioethik-Kommission der Landesregierung empfohlen werden, lassen mich doch auch skeptisch sein; denn ich frage mich, inwieweit wir solche engen Indikationen halten können, inwieweit wir dort nicht eine Nachfrage für ein Verfahren schaffen, das dort mehr genutzt wird. Schwieriger ist die Frage noch bei der Forschung an embryonalen Stammzellen. Wir müssen uns auch fragen, welche sozialen Folgen es hat, wenn wir solche Forschungsmöglichkeiten oder auch PID mit Auslesemöglichkeiten zulassen. Diese Aspekte sind in dem gesamten Komplex zu erörtern.
Wir sind der Meinung, dass es auch aus der Perspektive von kranken und behinderten Menschen heraus wichtig ist, dass menschliches Leben nicht verfügbar ist. Erleichtert wird das in der Forschungsfrage für mich durch die Haltung, dass die Forschungsfortschritte an adulten Stammzellen größer geworden sind und sich dort eine Alternative auftut.
Diese Gründe machen meiner Auffassung nach deutlich, dass wir mit einer kritischen Grundhaltung an diese Fragen herangehen, aber offen sind für die Diskussion mit vielen. Ich hoffe, dass wir die Diskussion in einem gegenseitigen Respekt voreinander und ernsthaft führen werden. Hochmut ist da ganz fehl am Platz.
Ich bin gleich am Ende. Wir dürfen meiner Meinung nach nur nicht in die Lage kommen, eine breite und offene Diskussion als Alibiveranstaltung zu führen. Wenn es heute Vorfestlegungen gibt oder wenn es einen Druck gibt, wie er zum Beispiel Wolfgang Clement mit seinen Feststellungen ausgeübt hat oder so, wie zum Teil auch durch den Bundeskanzler mit der Einrichtung des nationalen Ethikrats eine Diskussion ausgelöst wurde, tun wir der gesamten Diskussion keinen Gefallen. Wir verhindern damit auch eine Selbstverständigung in der Gesellschaft.
Ein letzter Satz noch: Dieses Symposium, das der Landtag veranstalten will, darf keine Alibiveranstaltung werden. Insofern erwarte ich von der Landesregierung, dass sie sich ebenfalls auf diesen Prozess einlässt und Entscheidungen nicht forciert oder nicht vorprescht, was nach den jüngsten Stellungnahmen des Justizministers zur Stammzellenforschung zu befürchten ist. Auch wir müssen uns meiner Meinung nach Zeit dafür nehmen, auch wir müssen in die Tiefe gehen. In diesem Sinn kann ich unsere Kooperation, aber auch unsere Offenheit in dieser Diskussion mit kritischen Grundüberzeugungen schon heute ankündigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bedanke mich bei allen Sprechern der Fraktionen für diese Erörterung.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Der Wunsch nach neuer Erkenntnis, geradezu die menschliche Neugier, die dem zugrunde liegt, ist zunächst einmal nicht verwerflich. Dieser Wunsch ist legitim; er hat die Menschen seit vielen Jahrtausenden bewegt, und er hat auch in der Vergangenheit, wenn man sich mit der Geschichte befasst, immer wieder zu Auseinandersetzungen geführt. Das ist auch der Grund, weshalb der Wunsch nach neuer Erkenntnis bei uns als Grundrecht, als Freiheit der Forschung im Grundgesetz sehr breit und sehr weit verankert ist, weil er nämlich ohne Gesetzesvorbehalt verankert worden ist. Das zeigt, welche Bedeutung dieser Wunsch nach neuer Erkenntnis für die Menschheit hat.
Das bedeutet aber nicht, dass nicht darüber diskutiert werden kann, auf welche Art und Weise und auf welchem Weg wir zu dieser neuen Erkenntnis kommen und ob dieser Weg vertretbar ist. Auch da gibt es in unserer Geschichte Beispiele, bei denen wir uns sicherlich schnell einig sind, dass die Wege, die dort eingeschlagen wurden, auf keinen Fall vertretbar gewesen sind.
Genauso muss darüber diskutiert werden, auf welche Art und Weise eventuell in ethisch vertretbarer Weise gewonnene Erkenntnisse auch angewandt werden. Auch das muss in ethisch unbedenklicher Weise geschehen. Insofern sind diese beiden Aspekte bei der Diskussion selbstverständlich zu berücksichtigen. Deshalb bedeutet die Tatsache, dass die Freiheit der Forschung im Grundgesetz nicht unter einen Gesetzesvorbehalt gestellt worden ist, nicht, dass es keine ethischen Grenzen gibt. Solche Grenzen können sich bereits aus dem Grundgesetz selbst ergeben. In Artikel 1 heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ In Artikel 2 ist festgehalten, dass der Schutz des Lebens zu gewährleisten ist. Aber auch daraus folgt nicht unbedingt ein absoluter Schutz des Lebens. Er wird bereits bei uns an vielen Stellen relativiert.
Wenn man die gesellschaftliche Diskussion betrachtet, ist sicherlich die Haltung der Kirchen an dieser Stelle am konsequentesten, die den Schutz des Lebens am wenigsten zu relativieren bereit sind. In unserem gesellschaftlichen Umfeld, in unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit vollzieht sich diese Relativierung aber an vielen Stellen, an die wir uns schon sehr lange gewöhnt haben, sei es der finale Rettungsschuss im Polizeirecht, sei es der Einsatz der Bundeswehr im Rahmen von Kriseninterventionen und in anderen Fällen oder sei es auch beim Schwangerschaftsabbruch. Wenn wir uns dazu die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ansehen, sind wir dort sicherlich an die Grenze dessen gegangen, was unsere Verfassung überhaupt noch zulässt. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass der Schwangerschaftsabbruch als solcher rechtswidrig bleibt, er unter bestimmten Voraussetzungen lediglich nur straflos sein darf. Es ist hier aber schon eine sehr starke Relativierung des Lebens vorgenommen worden. Damit möchte ich nicht die Debatte neu aufrollen, sondern ich möchte nur darlegen, dass wir an vielen Stellen bereits den absoluten Schutz des Lebens, wie er postuliert wird, in unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit zurückgedrängt haben.
Wenn wir jetzt vor der Frage stehen, in welchem Umfang wir unter Umständen neue Erkenntnisse gewinnen können, die uns gesetzten Grenzen vielleicht verschoben werden sollen, oder wenn wir die Erkenntnisse gewonnen haben, deren Anwendung unter Umständen ein Verschieben der Grenzen mit sich bringt, ist es sicherlich klug, dies sehr sorgfältig zu beraten und sich mit Umsicht und unter Umständen mit Vorsicht voranzutasten.
Die Landesregierung begrüßt es daher, dass der Landtag die aufgeworfenen Fragen breit in einem Symposium mit allen gesellschaftlichen Kräften diskutieren und sich damit auseinander setzen möchte. Die 1985 von der Landesregierung eingesetzte Bioethik-Kommission hat sich in der Vergangenheit bereits mit einer Reihe von Fragen, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spie
len können, zum Beispiel der PID, befasst und dazu Vorschläge unterbreitet, die selbstverständlich nicht für sich in Anspruch nehmen, Gesetzesqualität zu haben oder den Landtag in irgendeiner Weise zu binden, sondern die einfach nur als Vorschläge zu verstehen sind. Wir sind gern bereit, die dort gesammelten Erkenntnisse und die dort gemachten Vorschläge in die Kommission und in das Hearing mit einzubringen.
Wir sind auch gern bereit, im darüber hinausgehenden Ausmaß an dieser Diskussion mitzuwirken. Die BioethikKommission wird sich in den nächsten Sitzungen auch mit der Problematik der Stammzellenforschung befassen und auseinander setzen. So weit bis zum Hearing Erkenntnisse vorliegen, sind wir gern bereit, diese einzubringen.
Wir halten es aus der Sicht der Landesregierung für wichtig, die anstehenden Entscheidungen sorgfältig vorzubereiten und sehr sorgfältig die Abwägung zwischen Chancen und Risiken zu treffen. Es ist nicht so, dass das, was Menschen erforscht haben, immer nur Gutes mit sich bringt, sondern es bringt selbstverständlich auch Schlechtes mit sich. Man muss versuchen, sehr sorgfältig eine Bilanz zu ziehen, um festzustellen, ob mehr Gutes bei dem, was beschlossen wird, und bei dem Weg, der eingeschlagen wird, für die Menschen herauskommt. In diesem Sinn will die Landesregierung gern mitwirken und zu guten Erkenntnissen beitragen.
Ich bedanke mich ausdrücklich für alle Redebeiträge. Wir kommen nun zur Abstimmung. Ich will in zwei Schritten vorgehen. Zunächst wird über den Antrag abgestimmt, ein Symposium durchzuführen. In einer zweiten Abstimmung beschließen wir dann die Vorbereitung und die Auswertung des Symposiums.
Ich lasse zunächst über den gemeinsamen Antrag aller Fraktionen abstimmen. Wer ihm zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Es ist einstimmig beschlossen, ein Symposium zu aktuellen Fragen der Bioethik durchzuführen.
Ich schlage dann vor, dass der Ältestenrat die Abstimmungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Symposiums vornimmt und dann nach der Durchführung des Symposiums in den Ausschüssen für Wissenschaft, Forschung und Kultur sowie im Rechtsausschuss die Auswertung des Symposiums stattfindet. Wer diesem Verfahren zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen!
Wir können im Ältestenrat darauf noch einmal zurückkommen. Die vier genannten Ausschüsse nehmen wir in das Protokoll auf. Im Ältestenrat kann man dann erörtern, ob eine Ausweitung stattfindet.
Wir freuen uns, zwei Besuchergruppen im rheinlandpfälzischen Landtag begrüßen zu dürfen, und zwar den Bürgerverein St. Josef im Orsberg. Seien Sie uns herzlich willkommen, meine Damen und Herren!
Ebenso freuen wir uns, dass sich die Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse des Gymnasiums auf der Morgenröte Eiserfeld für die Arbeit im rheinland-pfälzischen Landtag interessieren. Herzlich willkommen!
Mehr Chancen für kleine und mittlere Unternehmen in der Europäischen Union Antrag der Fraktionen der SPD und FDP – Drucksache 14/40 –
Zukunftschancen mittelständischer Unternehmen in Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 14/43 –
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon bemerkenswert, dass die beiden Koalitionsfraktionen ganz am Anfang unserer neuen Wahlperiode die Lage der mittelständischen Wirtschaft unseres Landes aufgreifen.