Protokoll der Sitzung vom 05.06.2003

einen richtigen Weg, um Rahmenbedingungen, die die Politik setzen kann, auch wirklich zu schaffen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bevor ich in einem zweiten Durchgang auf einzelne Punkte eingehe, möchte ich gern Ihre Rede mit einem Wein vergleichen. Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten einen vollmundigen, charaktervollen, vielleicht auch samtigen Rotwein mit voller Blume und einem leichten Barrique-Aroma präsentiert, und zwar eine Herausforderung für den Gaumen, einen intellektuellen und sinnlichen Genuss, vielleicht ein Spätburgunder, ein guter Dornfelder oder einen fruchtigen spritzigen Riesling, wie die Scheurebe meines Lieblingswinzers an der Mosel, erfrischend und aufbauend für Geist und Seele.

(Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Herr Minister, leider haben Sie uns nur einen dünnen Verarbeitungswein mit einem Hektarertrag von 200 Hektolitern ohne komplexe Struktur – Herr Weiland, Sie erinnern sich an Südtirol – und ganz schwach im Abgang präsentiert.

Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Geisen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In vino veritas, der Schwindel wird anders verkündet.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, auf die Bedeutung des Weinbaus hat Herr Minister Bauckhage reichlich hingewiesen, sodass ich mir das sparen möchte. 93 % der Weinexporte Deutschlands, die aus Rheinland-Pfalz stammen, müssen dementsprechend auch qualitätsmäßig abges ichert sein. Es muss ein Hauptpunkt der Weinmarktpolitik sein, dass die Qualität stimmt und abgesichert ist; denn jeder von uns weiß, dass Wein nur getrunken wird, wenn er schmeckt. Das steht für mich im Vordergrund.

(Beifall bei FDP und SPD)

Weinbau ist aber viel mehr als Weinerzeugung. Gerade die Erhebung des Mittelrheintals zum Weltkulturerbe wäre möglicherweise nicht erfolgt, wenn wir nicht den Steillagenweinbau hätten. Gepflegte Weinkulturlandschaften bilden einen entscheidenden Faktor für einen prosperierenden Tourismussektor. Hiervon profitieren vor allem aufgrund einer erfolgreichen Verbesserung des Weinimages die Regionen in Rheinland-Pfalz, die Regionen Pfalz, Rheinhessen, die Flusstäler von Mosel,

Saar, Ahr und Nahe. Die schönen Weinregionen sind auch besonders attraktive Wohnstandorte für unsere Bevölkerung. Ich darf an dieser Stelle für die FDPLandtagsfraktion betonen, dass für uns der Weinbau ein wesentlicher Teil der gesamten liberalen Wirtschaftspolitik ist. Deshalb ist es auch klar, dass der mittelständisch strukturierte Weinbau, der entscheidend zur Erhaltung geschlossener Weinbergsareale in unserer Heimat beiträgt, erhalten werden muss.

Demzufolge begrüßen wir ausdrücklich, Maßnahmen und umfangreiche ausgewogene Maßnahmenbündel der Landesregierung in den letzten Jahren, um auf den Märkten im In- und Ausland erfolgreich zu sein und den Weinbau gerade auch in den Steil- und Steilstlagen an Mosel, Mittelrhein, Ahr und Nahe zu erhalten. Ich darf einfügen, meine Damen und Herren, bemühen wir uns alle, nicht unseren Wein schlechtzureden und unseren Weinbau kaputtzureden. Ich bin dagegen. Wir betreiben einen sehr guten Weinbau. Der Weinbau der letzten Jahre ist maßgeblich von dieser Politik bestimmt worden.

(Beifall bei der FDP)

Aus diesem Grund spricht sich die Landtagsfraktion der FDP auch für die Beibehaltung der Förderung des Weinbaus in Steil-, Steilst- und Terrassenlagen aus. In diesem Zusammenhang teile ich aber auch ausdrücklich die Aussage von Herrn Minister Bauckhage, dass der Steillagenweinbau nicht allein durch staatliche Förderung erhalten werden kann, vielmehr müssen wir die Rationalisierung im Weinberg durch Maßnahmen der Bodenordnung, die Mechanisierung und die betrieblichen Kooperationen vorantreiben. Die FDP-Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass die Förderinstrumentarien des Weinbauministeriums konzentriert und konsequent an den Eckpunkten ausgerichtet werden.

(Beifall bei der FDP)

Dem Steillagenwein muss dringend eine bessere Position am Markt verschafft werden, indem durch gezielte Maßnahmen des Marketings die Hochwertigkeit des Steillagenweinbaus betont wird.

Meine Damen und Herren, Wein hat Zukunft. Gestützt wird meine These durch das gute Konsumklima für Wein in Deutschland und auch weltweit. Kein anderes alkoholisches Getränk hat eine solch stabile und nachhaltige Nachfragedynamik in den letzten Jahren entwickelt. Auffallend ist der zunehmende Anteil an vermarkteten Rotweinen durch die deutschen Produzenten. Insgesamt wurden im Jahr 2001 31 % Rotweine, 60 % Weißweine und 9 % Rosé-Weine in Deutschland vermarktet. Hieran lässt sich auch gut der seit den 80er-Jahren zu beobachtende Trend, weg von den Weißweinen, hin zu den Rotweinen, ablesen. Dies schlägt sich unter anderem auch in den Betriebsergebnissen nieder. Fassweinbetriebe mit hohem Rotweinanteil, wie dies in der Pfalz vorherrscht, konnten im Gegensatz zu Fassweinbetrieben mit nur weißen Sorten den Preisverfall aufgrund stabiler Rotweinpreise zum größten Teil kompensieren.

Ein Grund für die vergleichsweise positive Entwicklung in der Pfalz liegt in der frühzeitig begonnenen Umstel

lung auf rote Sorten. So werden derzeit mehr als 40 % der Erntemenge als Rotwein, Rosé und Weißherbst vermarktet. Damit wird nur noch einmal unterstrichen, was Minister Bauckhage völlig zu Recht gesagt hat. Wichtig ist es, die entscheidenden Trends im Konsumverhalten rechtzeitig zu erkennen und das Angebot an den Kundenpräferenzen auszurichten. Das heißt aber auch – lassen Sie mich das einschieben –, dass jeder Trend, wie eine Mode, begrenzt ist. Lassen Sie mich daher auch persönlich erwähnen, dass nach meinen Einschätzungen bald mit einem positiven Weißweintrend in Deutschland auch für den Export zu rechnen ist. Dabei sehe ich beim Moselriesling eine besonders gute Chance.

(Schmitt, CDU: Sehr gut!)

Das sind Dinge, die wir im Kopf haben. Wir müssen immer die Nase vorn haben und frühzeitig erkennen, wie die Trends sich wechseln, wie sich die Trends ändern. Der deutsche Markt bietet noch weitere Entwicklungschancen. Man muss aber auch die Zukunftsprobleme offen ansprechen können. Das möchte ich tun. Eines vor allen Dingen: Der Konflikt zwischen der für Deutschland typischen klein strukturierten Erzeugerstruktur im Gegensatz zu großen global strukturierten Weltmärkten. Der Trend geht dahin, dass große Genossenschaften, Handelsketten mit einem gestrafften Sortiment, in derem Mittelpunkt klare Profilweine bzw. Markenprodukte stehen, die breite Palette des Lebensmitteleinzelhandels bedienen und somit künftig dieser bedeutenden Vertriebsschiene besonders Rechnung zu tragen ist. Wir müssen uns vor Augen führen, dass mittlerweile jede zweite Flasche Wein beim Lebensmitteldiscounter gekauft wird.

Kernpunkte der Weinpolitik sind daher Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement. Schon beginnend bei der Traubenproduktion ist eine Anpassung an internationale Standards erforderlich. Ich meine, staatlich verordnete Hektarerträge, wie Sie, Frau Kiltz, sie fordern, helfen uns nicht weiter. Es helfen uns eher gut motivierte Verträge zwischen den Traubenerzeugern und den Kellereien weiter. Dann kommen wir ein gutes Stück weiter; denn die staatlichen Vorschriften bedürfen eher weiterer undurchführbarer Kontrollmechanismen.

Je nach Zielgruppen und den damit verbundenen Teilmärkten müssen unterschiedlich spezifische Weine zur Verfügung stehen. Allen diesen Produkten ist gemeinsam, dass sie im internationalen Qualitätswettbewerb bestehen müssen. So muss die Produktion im Weinberg auf klare Zielsetzungen des Lebensmitteleinzelhandels wie auch auf den Einzelkunden ausgerichtet werden. Die standort-, insbesondere die klimaspezifischen Besonderheiten des Weinbaus in Deutschland müssen für die Traubenproduktion von Profilweinen und Markencharakter explizit hervorgehoben werden. Gegenüber vielen Weinbauregionen weltweit eignen sich speziell rheinland-pfälzische Standorte zur Produktion moderner, hochwertiger, harmonischer, trockener und fruchtiger, aber auch edelsüßer Weißweine. Zu nennen sind hier die Rebsorten Riesling und Silvaner sowie auch die weißen Burgundersorten. Mit Weinen von diesen Rebsorten treffen wir nach Auffassung der Marktfor

schungsinstitute sehr gut den Geschmack der künftigen Konsumentengeneration.

Meine Damen und Herren, wichtig ist jedoch, dass uns ere Winzer für ihre harte Arbeit im Weinberg entsprechend honoriert werden. Die Winzer, die Trauben und Fasswein produzieren und die ihre Produktion auf die Grundproduktion ausrichten, müssen unter kostenoptimalen Bedingungen wirtschaften, um zukünftig wettbewerbsfähig zu sein. Für diese Betriebe ist es geradezu überlebenswichtig, dass der mechanisch-technische Fortschritt auf dem Gebiet der Weinbergsbewirtschaftung möglichst schnell umgesetzt wird. Das ist Voraussetzung für die Lebensfähigkeit dieser Weinbaubetriebe.

Meine Damen und Herren, deshalb war das Umstrukturierungsprogramm der Landesregierung auch richtig und sinnvoll; denn der mechanisch-technische Fortschritt lässt sich nur realisieren, wenn auch die Rahmenbedingungen, wie ausreichend und gut bewirtschaftete Parzellen kombiniert mit optimalen Zeilenbreiten, stimmen.

Die FDP-Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass der Weinbauminister die Umsetzung des technischen Fortschritts als eine der Hauptaufgaben in der Zukunft sieht. Die Probleme bei den Weinbaubetrieben liegen, wie es die Buchführungsergebnisse ausweisen, vor allem im Bereich der Winzer mit weißen Fassweinen.

Die direkt vermarktenden Weingüter sind hingegen in ihrer überwiegenden Anzahl erfolgreich am Markt, jedoch können diese allein keine flächendeckende Bewirtschaftung aller Weinberge auf alle Zeiten gewährleisten. Um die Kulturlandschaft sicherzustellen, gilt es, seitens der öffentlichen Hand Unterstützung zu geben.

Da der deutsche Weinbau gerade bei der Weißweinherstellung große Kompetenz besitzt, sollte hiermit ein Schwerpunkt der zukunftsgerichteten Weinbaupolitik ansetzen.

Beispielhaft waren in diesem Zusammenhang die in den letzten Jahren von Rheinland-Pfalz auf dem Weißweinsektor im In- und Ausland entwickelten Aktivitäten, um das Augenmerk des Verbrauchers auf gute deutsche Weißweine zu lenken.

Ich nenne die Beispiele „Große weiße Welt“ oder „Best of Riesling“. Diese Aktionen waren vorausschauende Aktionen für eine Renaissance des Riesling-Weißweins. Ich denke, Marketing allein reicht nicht aus. Im Produktionsbereich sind Verbesserungen möglich und nötig, um insgesamt die Situation am Weinmarkt zu verbessern.

(Zuruf der Abg. Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das betrifft Rot- wie Weißweine. Dazu bedarf es auch eines ausreichenden Qualitätsmanagements. Die großen Weinbaubetriebe in Übersee machen ebenso wie die Spitzenweinerzeuger in Rheinland-Pfalz vor, dass der Ansatz zur besseren Weinqualität mit den Maßnahmen im Weinberg beginnt.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns langfristig nur mit überdurchschnittlichen Qualitäten in Rheinland

Pfalz den guten Ruf erhalten und verbessern können und unsere Weinbautradition sichern.

(Beifall der FDP und der SPD)

Einen wichtigen Schritt in diese Richtung stellen die Kooperationen in der Weinwirtschaft dar, um die qualitative und quantitative Ausrichtung der Weinerzeugung an den Erzeugnissen des Marktes weiter zu verbessern sowie die Marktposition der Winzer gegenüber den Vermarktungs- und Verarbeitungsunternehmen zu stärken.

Noch einmal um des Verständnisses halber: Wenn wir von „Kooperation“ sprechen, dann sehe ich das im weitesten Sinn natürlich auch in bestimmten und allen möglichen denkbaren vertraglichen Gestaltungen zwischen den Partnern, sprich dem Winzer, dem Traubenproduzenten oder dem Fassweinerzeuger bzw. den Kellereien; denn ausreichend große Partien von qualitativ überzeugenden Weinen für den Discount lassen sich meist nur durch partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Kellereien und den Winzern erzeugen. Hierbei ist positiv zu erwähnen, dass unter aktiver Beteiligung der staatlichen Weinbauberater inzwischen eine Vielzahl großer und kleiner so genannter vertikaler Kooperationen entstanden sind.

In diesem Zusammenhang ist es deshalb für die FDPFraktion wichtig, dass unseren Winzern glaubwürdig vermittelt wird, dass auch der nach qualitätsorientierten Grundsätzen arbeitende Trauben abliefernde Betrieb ein Unternehmen ist. Es gilt, dafür Sorge zu tragen, dass die Erzeuger solcher hochwertiger Produkte die gebührende Wertschätzung, die sich auch im Preis ausdrückt, bei den aufnehmenden Kellereien erfahren.

Wir brauchen unsere Winzer. Wir werden sie aber nur behalten, wenn ihr Einkommen ausreicht. Dies gilt für die Traubenablieferer, für die Fassweinvermarkter und für die Flaschenweinvermarkter gleichermaßen. Die Wege zum Ziel sind vorgegeben. Sie müssen nur beschritten werden.

Dies zu begleiten, darin liegt auch ein zukünftiges Aufgabengebiet der staatlichen Beratung in den neuen Dienstleistungszentren für den ländlichen Raum.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP und der SPD)

Das Wort hat Frau Kollegin Christine Schneider.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Baumann, wenn ich in der ersten Reihe sitze und Sie vorn am Rednerpult stehen, habe ich immer das Gefühl, ich sitze in der Schule und vorn spricht die Frau Oberlehrerin.

Sie haben nichts von dem verstanden, was ich im ersten Redebeitrag dargelegt habe.

(Pörksen, SPD: Was sollte man davon verstehen?)

Im Gegenteil, Sie greifen meinen Kollegen Lutz Frisch mit seiner Aktion „Kultursommer“ an. Ich würde sagen, kümmern Sie sich einmal um Ihren Bundespräsidenten und -kanzler, dass bei Empfängen kein italienischer Prosecco und französischer Rotwein mehr ausgeschenkt wird, dann reden wir weiter.