Protokoll der Sitzung vom 05.06.2003

Ich vermute, dass wir durch diese Reform sicherlich nicht erreichen werden – wie es die „Wirtschaftswoche“ ausführt –, dass im Februar rund 8.500 Juristen arbeitslos waren und wir das damit irgendwie nach unten fahren können. Das wird ein Traum bleiben. Das glaube ich nicht. Aber zumindest ist das, was hier jetzt vorgesehen wird, die Praxis und soll die Praxis nach vorn bringen.

Zu begrüßen ist deshalb des Weiteren, dass Prüfungsund Widerspruchsgebühren – das wurde von Ihnen jetzt nicht angesprochen, das halte ich aber für eine ganz interessante Neuerung – eingeführt werden könnten. Dadurch wird ein Regulativ geschaffen, das dazu führen kann, Widersprüche und Prüfungen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, wenn ein Widerspruchsführer sich dann bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit natürlich – sofern er es zu bezahlen hat – überlegen wird, ob er dieses Begehr weiter verfolgt.

Insgesamt werden wir der Angelegenheit zustimmen und begrüßen die Umsetzung. Sie ist sicherlich ein Schritt nach vorn. Man wird sehen, ob man auch da wieder etwas ändern muss. Aber die Praxis wird uns das lehren.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Grützmacher.

Meine Damen und Herren! Von meinen Vorrednerinnen wurde schon gesagt, dass es mit diesem Gesetzentwurf um eine Umsetzung geht, um das, was auf Bundesebene als Rahmengesetzgebung ausgeführt wurde. Es ist

eine lange Diskussion gewesen. Das ist auch schon durch die Worte von Frau Reich deutlich geworden. Es hat auf beiden Seiten sehr viele andere Ideen gegeben: auf der einen Seite die einphasige Ausbildung und auf der anderen Seite alles so zu lassen wie immer. Nur gut, dass es jetzt zu einem Kompromiss gekommen ist. Ich finde, es ist ein tragbarer Kompromiss. Das begrüßen auch wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir denken, es ist richtig, dass das so schnell wie möglich in Rheinland-Pfalz umgesetzt wird.

Es ist wichtig, dass mit dieser neuen Ausbildungsordnung eine stärkere Orientierung an der Praxis einhergeht. Es ist dann aber auch notwendig, dass das mit der angemessenen Straffung des Pflichtstoffs für die Studierenden einhergeht. Es gibt sicher noch viele Umsetzungsdinge, die im Einzelnen verfolgt werden müssen und, was auch Sinn dieser Reform ist, dass dies in der Praxis sichtbar wird.

Alle haben schon gesagt, dass es richtig ist, dass der Teil, was die spätere anwaltliche Tätigkeit, die Vorbereitung auf diese anwaltliche Tätigkeit angeht, diese Pflichtstation jetzt auf neun Monate ausgedehnt ist. Wenn man will, kann man sogar noch drei Monate als Wahlfach anhängen. Das ist sicher eine Anerkennung der Realität, was sich später im Beruf dann auch zeigt.

Von den Studierenden wird besonders positiv aufgenommen oder aufgefasst, dass die Wahlfachgruppen zu Schwerpunkten ausgeweitet wurden und 30 % in der Gesamtnote der ersten Prüfung, früher erstes Staatsexamen, ausmachen. Das gibt den Studierenden die Möglichkeit, sich schon während ihres Studiums zu spezialisieren, eine fachliche Ausrichtung zu wählen, die sie später im Referendariat und in der Praxis weiterführen können. Dies gibt aber auch den Universitäten die Möglichkeit, sich im juristischen Bereich ein besonderes Profil zu erarbeiten, weil sie dann spezielle Kurse oder Schwerpunkte anbieten.

Ich habe im Ausschuss schon darauf hingewiesen, und ich möchte dies hier auch noch einmal sagen, dass dadurch Mehrbelastungen auf die Universitäten zukommen, weil sie in diesen Wahlpflichtfächern auch die Prüfungen abnehmen.

Herr Mertin, ich bin mir nicht sicher. Sie haben im Ausschuss gesagt, dass als Kompensation 35.000 Euro angeboten werden, weil im Prüfungsamt beim Justizministerium nicht mehr so viele Prüfer und auch nicht mehr so viele Klausuren überwacht werden müssen. Ich weiß nicht, ob das reicht. Gut, darum wird sich dann das Wissenschaftsministerium kümmern.

Auch die Ausweitung der Fächer auf Schlüsselqualifikationen, wie Streitschlichtung, Mediation und andere Dinge, ist natürlich zu begrüßen. Auch eine verpflichtende Sprachausbildung und die Möglichkeit, die praktische Vorbereitung bei ausländischen, internationalen oder überstaatlichen Organisationen abzuleisten, zeigt, dass dieser Gesetzentwurf sich den Erfordernissen der Zeit anpasst.

Einen Punkt sehen wir mit besonderer Freude. In diesem Gesetzentwurf wurde die geschlechtsgerechte

Rechtssprache umgesetzt. Das ist gerade im Bereich der Justiz ganz wichtig; denn inzwischen sind 50 % und mehr der Absolventen einer juristischen Ausbildung Frauen. Das macht es besonders wichtig, dass die geschlechtsgerechte Sprache eingeführt wurde.

Herr Mertin, zum Schluss habe ich noch eine Frage an Sie. Vielleicht können Sie das gleich beantworten. Warum wurde darauf verzichtet, dass gleichzeitig mit dem ersten Staatsexamen oder mit der ersten Prüfung, wie dies jetzt heißt, das Diplom in Jura zu verleihen? In anderen Bundesländern wird diskutiert, und man macht sich darüber Gedanken. Ich glaube, dass gerade für Studierende, die wegen ihrer Familienplanung nicht das zweite Staatsexamen absolvieren, dies von besonderer Bedeutung sein könnte. Wenn wir unter GenderGesichtspunkten diese Reform betrachten, dann ist dies noch einmal ein ganz wichtiger Punkt; denn es ist so, wenn ich sage, Personen in der Familienplanung, dann sind es vor allem Frauen. Vielleicht können Sie uns dazu noch etwas sagen.

Als Fazit möchte ich festhalten, dass diese Reform auch unserer Meinung nach in die richtige Richtung geht, wenn auch in Mäuseschrittchen. Wir hätten uns mehr gewünscht. Aber immerhin: Wichtig ist, dass es jetzt an den Universitäten mit Leben gefüllt wird und die Umsetzung der neuen Gestaltungsspielräume, die die Universitäten jetzt haben, jetzt auch vom Land tatkräftig unterstützt wird.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich begrüße weitere Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag, und zwar Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Senioren-Gymnastikkurses des Deutschen Roten Kreuzes Altenkirchen. Meine Damen und Herren, seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kaum einer hat es noch zu hoffen gewagt: „Nach jahrzehntelanger Debatte tritt die bundesweite Reform des Jurastudiums nun definitiv zum 1. Juli 2003 in Kraft.“ So titelte die „Rheinpfalz“ am 7. Juli 2002 auf ihrer Landesseite. Zutreffender könnte man meines Erachtens die unsägliche und teilweise zermürbende Diskussion um eine Verbesserung der Ausbildung unseres juristischen Nachwuchses nicht beschreiben.

Mit der Reform des Jurastudiums wird im Wesentlichen dem Umstand Rechnung getragen, dass die traditionelle Juristenausbildung in ihrer derzeitigen Ausgestaltung weitgehend auf den Richterberuf ausgerichtet ist. Rechtsberatung und Rechtsgestaltung spielen, wenn

überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle. Für die Praxis wichtige Rechtsgebiete und Anwendungstechniken werden vernachlässigt. Insbesondere bereitet die Ausbildung unseres juristischen Nachwuchses völlig unzureichend auf den Anwaltsberuf vor, und das, obwohl schon seit Jahren dem überwiegenden Anteil der Absolventen mit bestandenem zweiten juristischen Staatsexamen angesichts der großen Absolventenzahlen und des schrumpfenden Stellenangebots in der Justiz überhaupt keine Alternativen zum klassischen Beruf des Rechtsanwalts geboten wird.

(Vizepräsidentin Frau Grützmacher übernimmt den Vorsitz)

Ich denke, hier kann mir jeder frei oder im Angestelltenverhältnis tätige Rechtsanwalt beipflichten. Es ist allerdings mehr erforderlich, als nur in die Robe eines Rechtsanwalts zu schlüpfen. Man sollte zumindest auch einmal etwas davon gehört haben, wie eine Kanzlei geführt wird und Mandanten gewonnen werden. Weniger Paragraphenreiterei und dafür mehr Praxisbezug sollen die Neuerungen auf Bundesebene bringen. Dafür wird zum einen das bislang ausschließlich von den Landesprüfungsämtern am Ende des Studiums abgenommene erste juristische Staatsexamen aufgespalten. Es wurde schon erwähnt. Die Universitäten nehmen zukünftig in eigener Regie die als Schwerpunktfächer bezeichneten Wahlfächer ab, während die Landesprüfungsämter für die Pflichtfächer zuständig bleiben. Auch hier haben wir eine Stärkung der Autonomie der Hochschulen. Wir begrüßen dies ausdrücklich.

Als zweite wesentliche Neuerung müssen die Rechtsreferendare während des Vorbereitungsdiensts künftig mindestens neun statt bisher nur drei Monate bei einem Rechtsanwalt mitarbeiten. Auch dies ist sehr vernünftig, weil dort mehr Praxis erfahren wird und auch später angewendet werden kann.

Die FDP-Fraktion begrüßt mit Nachdruck, dass mit dem Gesetz zur Reform der Juristenausbildung die Verbesserung unseres juristischen Nachwuchses endlich einen entscheidenden Schritt vorankommt. Entscheidend aus liberaler Sicht war, dass am Leitbild des Einheitsjuristen nicht gerüttelt wurde – dies war in der Reformdiskussion nicht unumstritten – und die Zweistufigkeit als tragende Säule der juristischen Ausbildung erhalten bleibt.

Meine Damen und Herren, mit dem Landesgesetz über die juristische Ausbildung wird das Bundesgesetz über die Reform der Juristenausbildung in Rheinland-Pfalz umgesetzt und trägt somit maßgeblich mit dazu bei, dass künftig in unserem Bundesland die Juristenausbildung praxisnäher gestaltet und mit der autonomen Festlegung von Studienschwerpunkten der Einfluss der Universitäten auf Studium und letztendlich Studienabschluss vergrößert wird.

Ich habe es schon im Ausschuss gesagt, und ich möchte dies auch heute im Parlament sagen: Wir stellen immer wieder fest, gerade in der Wirtschaft, dass Juristen hervorragende Juristen sind, dass sie aber zum Beispiel im Steuerrecht nicht immer Bescheid wissen und der Praktiker, der aus der Finanzverwaltung kommt, oft einen

besseren Beitrag zur Lösung von Steuerfällen leisten kann.

Meine Damen und Herren, das Gleiche gilt nach meiner Erfahrung auch für das Wirtschaftsrecht. Auch in diesen Bereichen gibt es Defizite. Ich begrüße die Neuerung, dass ein Schwerpunkt bei der Juristenausbildung auf Sprachen gelegt werden kann; denn eine Mehrsprachigkeit ist heute in fast allen Berufsbildern unerlässlich. Dies gilt mit Sicherheit auch für die Juristenausbildung.

Meine Damen und Herren, von dieser Reform profitiert letztlich auch der Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz. Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei FDP und SPD)

Das Wort hat Herr Staatsminister Mertin.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf, der heute verabschiedet wird, setzen wir in RheinlandPfalz den Schlusspunkt unter einen Reformanstoß, der unter anderem von Rheinland-Pfalz ausgegangen ist. Auf der Justizministerkonferenz in Trier haben wir einmütig beschlossen, diesen Reformprozess in Gang zu setzen. Daher haben wir dort einen entsprechenden Gesetzentwurf für die Länder beschlossen, der danach im Bundesrat eingebracht wurde. Insofern bin ich froh, dass es uns heute gelingt, diese Reformdiskussion zu einem fruchtbaren Ende zu bringen.

Im Hinblick auf den vorhergehenden Tagesordnungspunkt verhehle ich nicht, dass der rheinland-pfälzische Wein durchaus hilfreich dabei war, diesen Kompromiss herbeizuführen. Insofern konnte er durchaus fruchtbar angebracht werden und stand sozusagen als Taufpate für diesen Kompromiss zur Verfügung.

Frau Kollegin Grützmacher hat angesprochen, weshalb wir in diesem Gesetzentwurf darauf verzichten, einen Diplomstudienabschluss zu zertifizieren. Darüber ist diskutiert worden. Das ist aber mehrheitlich abgelehnt worden. Deshalb habe ich, der mit daran interessiert war, einen Kompromiss herbeizuführen, darauf verzichtet, eine solche Lösung vorzusehen. Im Übrigen könnte sie auch nicht das Ministerium der Justiz mit seinem Justizprüfungsamt herbeiführen, weil das Ministerium der Justiz nur eine Staatsprüfung abnehmen kann. Für Diplome sind insoweit die Hochschulen zuständig.

Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen ganz herzlich für die konstruktive Mitarbeit. Sie haben allesamt zutreffend die Ziele des Gesetzentwurfs dargestellt, weshalb ich darauf verzichten möchte, dies noch einmal zu tun. Herzlichen Dank für Ihre Bereitschaft, diesen Gesetzentwurf konstruktiv zu beglei

ten. Ich hoffe, dass wir bei der Juristenausbildung einen Schritt nach vorn gehen können.

(Beifall bei FDP und SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Ende der Debatte über das Landesgesetz über die juristische Ausbildung.

Wir kommen zur Abstimmung über das Landesgesetz über die juristische Ausbildung – Drucksache 14/2015 –. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen! – Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/2015 – in der Schlussabstimmung zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Damit ist der Gesetzentwurf der Landesregierung einstimmig angenommen.

Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zu der Vereinbarung über die Rückgabe der Rhein-Main Air Base Frankfurt und der Wohnsiedlung Gateway Gardens sowie die Durchführung und Finanzierung von Baumaßnahmen auf den Luftwaffenstützpunkten Spangdahlem und Ramstein Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/2137 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses – Drucksache 14/2244 –

Kündigung des Staatsvertrages Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Entschließung – – Drucksache 14/2252 –