Protokoll der Sitzung vom 09.07.2003

Meine Damen und Herren von der SPD- und der FDPFraktion, ich kann noch nicht sehen, dass Sie dieses Modell mit dem, was Sie in das Gesetz geschrieben haben, eindeutig geändert haben. Für uns hat es vor dem Hintergrund der rückwirkenden Einführung, aber auch vor der Ausgestaltung des Modells einen Strafcharakter. Sie tragen das, was Sie in den vergangenen Jahren nicht in die Hochschulen gesteckt haben und was Sie in den nächsten Jahren nicht hineinstecken werden, auf dem Rücken der Studierenden aus, auch auf dem Rücken der Studierenden, die unter völlig anderen Bedingungen ihr Studium begonnen haben.

Frau Kohnle-Gros, in dem Zusammenhang würde ich mir auch ein bisschen mehr Ehrlichkeit von der CDU wünschen. Sie machen zwar die verfassungsrechtliche Frage, wenn es im Gesetz um die Regelung im Zusammenhang mit Studienkonten geht, immer wieder geltend, aber Sie vergessen immer, den zweiten Teil Ihres Satzes zu sagen, nämlich dass die CDU von heute auf morgen Studiengebühren einführen würde und Sie damit Studierende noch in einer ganz anderen Form belasten würden.

Diesen zweiten Satz sollten Sie auch einmal dazusagen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für eine Reform braucht man reformwillige Leute und Leute, die bei einer Reform der Hochschulen mitziehen.

Dafür braucht man Motivation und Bewegung. Dafür braucht man einen anderen finanziellen Rahmen. Dafür brauchen wir so etwas wie einen Hochschulpakt, mit dem das Land klar und deutlich äußert, dass künftig nicht an den Hochschulen gespart wird, wie Sie es Jahr für Jahr und insbesondere beim Nachtragshaushalt getan haben.

Wir wollen aber dafür sorgen, dass finanzielle Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit der Reformmotor angeworfen wird und mit der steigenden Zahl der Studierenden so umgegangen wird, dass solche Angebote an den Hochschulen gemacht werden, damit ein sinnvolles, zeitgemäßes und zukunftsorientiertes Studium möglich ist.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kuhn das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit dem uns heute vorliegenden neuen Hochschulgesetz wird den Hochschulen ein großes Maß an Verantwortung und Entscheidungskompetenz für ihre Angelegenheiten mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen übergeben. Damit folgen wir einem klaren Leitbild. Der seit dem Jahr 1991 kontinuierlich verfolgte Reformprozess findet mit dem Gesetzentwurf seinen Abschluss. Der Weg zu mehr Eigenverantwortung, finanzieller Flexibilität und damit einer gesteigerten Wettbewerbsfähigkeit – national wie international – ist mit dem neuen Hochschulgesetz geebnet.

Mittelbemessungskonzepte und Personalbemessungsmodelle werden nun Teil des Gesetzes. Die Hochschulen können künftig so genannte Eigenbetriebe gründen, um zum Beispiel Flächenmanagement als weitere Säule einer eigenverantwortlichen Finanzverwaltung zu betreiben. Die Hochschulhaushalte können darüber hinaus komplett aus dem Landeshaushalt ausgegliedert werden. Dazu werden die Hochschulen ihr bisheriges System der kameralistischen Buchführung auf die kaufmännische doppelte Buchführung umstellen.

Damit das Landesparlament die erforderliche Kontrolle der öffentlichen Gelder weiter gewährleisten kann, müssen die Hochschulen dabei transparente Informationsund Steuerungsinstrumente verwenden. Die schriftlichen Stellungnahmen der Hochschulen zum Entwurf der Landesregierung für den Landeshaushalt werden dem Landtag als Information für die parlamentarische Anhörung der Präsidentinnen und Präsidenten dienen. Sie ersetzen den bisher dem Landtag zugeleiteten Haushaltsvoranschlag, der aufgrund der heute und künftig praktizierten Budgetfortschreibung nur noch begrenzte Aussagekraft besitzt.

Meine Damen und Herren, mit diesem umfassenden Rückzug aus der Detailsteuerung haben wir in Rhein

land-Pfalz bundesweit eines der modernsten und flexibelsten Finanzwesen für die Hochschulen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, die verstärkte Autonomie erhöht massiv die Verantwortung der Hochschulen und verlangt deshalb klare Regulierungs- und Entscheidungswege. Leitungs- und Organisationsstrukturen müssen entsprechend angepasst werden. Die Beratungsorgane müssen weiterentwickelt sowie Entscheidungs- und Kontrollkompetenzen eindeutig zugeordnet werden. Auch diesen Erfordernissen wird der Gesetzentwurf gerecht.

Zentrales Element künftiger Beratungs- und Organisationsstrukturen sowie der Kooperation zwischen der Gesellschaft und der Hochschule ist der Hochschulrat. Dem Hochschulrat gehören zehn Personen an. Fünf werden vom Wissenschaftsministerium aus den Bereichen Wirtschaftsleben, Wissenschaft und öffentliches Leben berufen. Das ist in Ordnung so. Fünf weitere werden seitens der Hochschule aus dem Senat heraus benannt.

Für die FDP-Fraktion war eine Veränderung – die auch in unserem Änderungsantrag zum Ausdruck kommt – dahin gehend wichtig, dass der Senat aus der Hochschule die Mitglieder wählt. Sollte ein Senatsmitglied gewählt werden, gibt dieses seine Mitgliedschaft im Senat zurück. Das ist eine konsequente und verantwortliche Trennung. Das war im Übrigen auch der Wunsch der Hochschulen und der Kuratorien. Mit unserem gemeinsamen Änderungsantrag sind wir diesem Wunsch gerecht geworden.

(Beifall bei FDP und SPD)

Die Zusammensetzung des Hochschulrates trägt der gewünschten Verknüpfung zwischen Hochschule und Gesellschaft Rechnung und gewährleistet die notwendige Legitimation zur Erfüllung seiner Aufgaben. Der Hochschulrat erhält grundlegende Beratungs- und Zustimmungsrechte für alle wichtigen Angelegenheiten. Er muss der vom Senat beschlossenen Grundordnung für die Hochschule genauso zustimmen wie dem Gesamtentwicklungsplan. Es bedarf weiterhin seiner Zustimmung zu den allgemeinen Grundsätzen des Senats zur Verteilung der Finanzen an die Fachbereiche und Institute. Das Gesetz enthält also klare und saubere Regelungen.

Auf der Grundlage der Vorschläge des Hochschulrates wählt der Senat den Präsidenten, den Vizepräsidenten sowie den Kanzler. Der Hochschulrat unterbreitet schließlich dem Präsidenten Vorschläge über Leistungsbezüge für besondere Funktionen in der Hochschule sowie besondere Leistungen in Forschung, Lehre, Kunst, Weiterbildung und Nachwuchsförderung. Das Leistungselement wird im Übrigen immer größere Bedeutung erlangen. So wie es in diesem Gesetzentwurf geregelt ist, ist es in Ordnung. Wir gehen davon aus, dass gerade in Bezug auf die Zuordnung der Leistungsbezüge Klarheit herrscht und vor allem klare Kompetenzen gegeben sind.

Der Senat wird von den Mitgliedern der Hochschule gewählt. Der Senat wählt den Präsidenten, hat Satzungsrecht und fasst Beschlüsse über alle wichtigen grundsätzlichen Fragen der Hochschule.

Die Stellung des Präsidenten der Hochschule wird wesentlich gestärkt. Er leitet und vertritt die Hochschule und regelt alle wichtigen Angelegenheiten der Hochschule nach innen und außen. Er entscheidet über Leistungsbezüge, soweit dies nicht dem Ministerium obliegt. Die Entscheidung über Funktionsleistungsbezüge des Präsidenten, des Vizepräsidenten und des Kanzlers obliegt logischerweise dem Ministerium.

Im Rahmen der allgemeinen Grundsätze entscheidet er eigenständig über die interne Mittelverteilung. Er hat Antragsrecht an den Hochschulrat und bestellt auf dessen Vorschlag den Kanzler. Zusätzlich kann der Präs ident den Fachbereichen die Dekane zur Wahl vorschlagen. Darüber hinaus entscheidet der Präsident über Studienpläne, die an die Stelle der früheren Studienordnung treten. Er erteilt Vertretungsaufträge und stellt für Forschungssemester frei. Auf Wunsch kann ihm auch durch den Antrag der Koalitionsfraktionen die Dienstvorgesetzteneigenschaft vom Ministerium übertragen werden. Das war für die FDP-Fraktion ein entscheidender Punkt. Ich denke, dass wir dadurch die Handlungsfähigkeit des Präsidenten gegenüber den Mitgliedern des Hochschulrats und den Professoren stärken.

Der Präsident wird mit der Übertragung dieser vielfältigen anspruchsvollen Aufgaben massiv gestärkt. Das Präsidentenamt wird ein hoch qualifizierter und hoch verantwortlicher Managerjob.

Meine Damen und Herren, neben der Stärkung der Hochschulleitung wird in dem vorliegenden Gesetzentwurf die besondere Verantwortung der Hochschulleitung und der Lehrenden für die Studierenden hervorgehoben. Das ist sehr wichtig; denn Studierende in unserem Land sollen optimal ausgebildet werden und müssen dafür optimal betreut werden. Das Gesetz wird das Eigeninteresse der Hochschulen erhöhen, Studienangebote zu modernisieren und zu entschlacken. Das Studium muss in der vorgegebenen Studienzeit tatsächlich zu absolvieren sein.

Das wird auch das fundamentale Interesse der Hochschule selbst werden. Orientierende Gespräche nach Abschluss des ersten Studienjahres über den bisherigen Studienverlauf werden künftig genauso zum Pflichtkanon der Hochschule gehören wie die Verpflichtung der Professorenschaft, regelmäßig persönliche Sprechstunden zu halten, falls die nicht schon bereits stattfinden. Das ist nach unserer Einschätzung eine Selbstverständlichkeit.

Darüber hinaus werden sie verpflichtet, gegenüber dem Dekan konkret nachzuweisen, dass sie ihr Lehrdeputat erfüllt haben. Von der regelmäßigen Leistungsbilanz werden auch die künftigen Leistungsbezüge abhängen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, um mehr Leistungsorientierung in die Hochschule zu bringen.

Für den überwiegenden Teil der Professorenschaft sind diese Regelungen im Übrigen überhaupt kein Problem, sondern sie sind eine Selbstverständlichkeit. Es geht

auch nicht darum, die Professorenschaft insgesamt zu diskreditieren und an das Gängelband zu legen. Diese Regelungen zielen lediglich auf die geringe Zahl derjenigen, die ihre Freiheit in Forschung und Lehre auf Kosten der Studierenden und im Übrigen auch auf Kosten ihrer Kollegen missbrauchen. Die gibt es leider, so wie das in unserer Gesellschaft insgesamt nicht zu vermeiden ist. Diesem Problem wird man mit diesem Teil des Hochschulgesetzes Herr werden. Es wird klar, dass der Leistungsbezug deutlich wird und solche Missbräuche unterbunden werden.

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil zur Weiterentwicklung unserer Hochschulen ist das Studienkontenmodell. Erstmals führen wir damit Studiengebühren für Langzeitstudierende ein. Das Studienkontenmodell sichert jedem Studenten in Rheinland-Pfalz ein gebührenfreies Erststudium. Wer sein Konto jedoch aufgebraucht hat, muss in Zukunft Studiengebühren bezahlen. Das sind wir auch dem Steuerzahler schuldig.

(Beifall der FDP)

Das staatliche Angebot ist großzügig, aber es muss auch verantwortungsvoll limitiert werden.

Meine Damen und Herren, vielen ist noch nicht deutlich geworden, dass wir mit diesem Studienkontenmodell in der Tat einen Paradigmenwechsel vollziehen. Das Studienkontenmodell dient nicht nur dazu, Bildungsangebote angemessen zu limitieren, sondern es eröffnet auch die Chance, Weiterbildung in Rheinland-Pfalz verstärkt anzubieten. Die wissenschaftliche Weiterbildung wird im Gesetzentwurf weiter ausgebaut und gestärkt. Gerade über dieses System der Studienkonten wird sie in hoher Qualität angeboten werden können.

Das Studienkontenmodell trägt also mit seinen Weiterbildungsimpulsen maßgeblich zum Ausbau eines qualifizierten und wettbewerbsfähigen Weiterbildungsmarkts in Rheinland-Pfalz bei.

Meine Damen und Herren, mit der Einführung der Juniorprofessur haben bereits sehr junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Möglichkeit, sich für eine ordentliche Professur zu qualifizieren. Das wird auch im Zusammenhang mit der Einführung von Bachelor- und Master-Studiengängen unsere Hochschulen international wettbewerbsfähiger machen.

Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass hoch begabten Schülerinnen und Schülern Studiermöglichkeiten eingeräumt werden, die ihnen nach dem Schulabschluss bei der Aufnahme eines Studiums komplett angerechnet werden. Das ist neu. Das fügt sich hervorragend in das Konzept der Hochbegabtenschulen ein und ist ein weiterer Schritt zur Förderung besonders Begabter und Leistungsbereiter und damit zur Förderung von Spitzennachwuchskräften in Rheinland-Pfalz.

Ein Durchbruch ist auch die geplante Schaffung dualer Studiengänge an den Fachhochschulen. Die neuen berufsbegleitenden Studiengänge vereinen die Vorteile von Berufsakademien und Fachhochschule.

Meine Damen und Herren, im Hinblick auf die Universität Mainz möchte ich noch etwas ergänzen. Das neue Hochschulgesetz lässt in § 101 „Sonderbestimmungen für Sport“ die Möglichkeit zu, dass der Fachbereich „Sport und Sportwissenschaft“ sich in der Zukunft „Hochschule für Sport und Sportwissenschaft an der Johannes Gutenberg Universität Mainz“ nennen darf. Die Entscheidung darüber kann im Zusammenhang mit der laufenden Diskussion über die Fachbereichsneugliederung an der Universität Mainz getroffen werden.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erwähne dies, weil gerade dieser Fachbereich eine ganz große Tradition in Mainz und in Rheinland-Pfalz hat.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was soll denn das?)

Zum Abschluss noch zwei Bemerkungen zu Ihren Kritikpunkten, Frau Thomas. Die Kritik zur mangelnden Förderung von Frauen und zur Stärkung der Fachhochschulen möchte ich gerne entkräften. Schauen Sie sich die §§ 1 und 2 an. Das ist ein gemeinsames Gesetz für alle Hochschulen des Landes. Bedingt durch die Geltung des Hochschulgesetzes sowohl für die Fachhochschulen als auch für die Universitäten wird in § 2 die differenzierte Aufgabenstellung deutlich gemacht. Dadurch wird die Bedeutung der anwendungsbezogenen Forschung an den Fachhochschulen deutlich gestärkt.

In § 2 wird Gender Mainstreaming – ich will das nicht weiter ausführen – gesetzlich verankert und als Grundposition in allen Bereichen Eingang finden.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist aber einfach etwas anderes!)

Es geht darum, dass die handelnden Personen vor Ort dies auch umsetzen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Zusammenfassend halte ich fest: Befreit von staatlicher Reglementierung, ausgestattet mit einem hohen Maß an Eigenverantwortung und Entscheidungskompetenz werden die rheinland-pfälzischen Hochschulen sowohl national als auch international zukunfts- und konkurrenzfähig sein. Die SPD/FDP-Koalition macht den Wissenschaftsstandort Rheinland-Pfalz zu einem wettbewerbsfähigen Markenzeichen des Landes.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP und der SPD – Frau Kohnle-Gros, CDU: Halleluja!)

Ich begrüße Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag, und zwar Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis